Geschrieben von Dr. Moritz Wieser (Arzt)
Unter dem Begriff „West- Nil- Fieber“ versteht man eine Infektionserkrankung, die zu den sogenannten Zoonosen gezählt wird. Eine Zoonose ist eine Infektion, die von Bakterien, Parasiten, Pilzen, Prionen oder Viren verursacht wird und vom Tier auf den Menschen übertragen werden kann.
Im Falle des West- Nil- Fiebers wird das relevante Virus, das West- Nil- Virus, von Zugvögeln in den europäischen Raum getragen, wo es immer wieder zu epidemieartigen Ausbrüchen der Erkrankung führt. Vor allem innerhalb der letzten Jahre konnten vermehrt Ausbrüche beobachtet werden. Grund dafür ist vor allem die Zunahme der Temperatur.
Das West- Nil- Virus hat seinen Ursprung in den Tropen und Subtropen. Es gehört zur Familie der Flaviviridae und zählt zu den am weitesten verbreiteten Flaviviren überhaupt. Relevant für die unter dem Namen West- Nil-Fieber bekannte Infektion sind die Virussubtypen 1 und 2.
Zum Großteil wird das Virus von Stechmücken aufgenommen und auf verschiedene Wildvögel übertragen. Außerdem ist es möglich, dass der Erreger über Mücken in den Menschen oder andere Säugetiere gelangt. Hierzulande wurde im Spätsommer 2018 zum ersten mal ein mit dem West- Nil- Virus infizierter Vogel gefunden.
Ende des Jahres stieg die Anzahl infizierter Vögel auf ungefähr 12 Tiere an, während im Juli des Folgejahres bereits 100 Fälle bekannt waren. Die Anzahl der Vögel, die den viralen Erreger tragen, scheint demnach stetig zuzunehmen. Außerdem konnten im Jahre 2019 auch die ersten Infektionen beim Menschen nachgewiesen werden.
Die Direkte Ursache für das Auftreten des West- Nil- Fiebers ist eine Infektion mit dem West- Nil- Virus. Der virale Erreger gehört zu den sogenannten Flaviviren, zu denen auch das Gelbfiebervirus gezählt wird. In einem der Ursprungsgebiete (vor allem Südeuropa, Afrika und im mittleren Osten) wird das Virus auf Stechmücken übertragen, deren Stiche letztendlich Menschen und andere Säugetiere erkranken lässt.
Bis heute konnten mehr als 43 unterschiedliche Arten von Stechmücken identifiziert werden, die das Virus tragen können. Besonders häufig zählen die Überträger zur Gattung der Culex-Stechmücken.
Ursprung des West- Nil- Fiebers sind in der Regel infizierte Vögel, die dem Virus als Wirt, beziehungsweise Reservoir dienen. Ausgehend von diesen Wirten kann das Virus auf Stechmücken, die als sogenannte Vektoren (Verbreiter) dienen, übertragen werden.
Über eine Stichverletzung können diese den Erreger letztendlich an den End-Wirt weitergeben. Typische End-Wirte des West- Nil- Virus sind Menschen und andere Säugetiere. Neben der Infektion über einen Stich kann das Virus auch beim unmittelbaren Kontakt mit dem Blut eines angesteckten Säugetiers übertragen werden.
Das bedeutet also auch, dass eine Ansteckung über das Blut von einem Menschen zum Anderen möglich ist. Dies geschieht vor allem über Transplantationen, Bluttransfusionen, die Muttermilch oder transplazentar (über die Plazenta aufs Kind) stattfinden.
Zur Sicherheit gibt es in Deutschland daher eine Sperrfrist für Blutspender, welche vor kurzem in einem bekannten Risikogebiet auf Urlaub waren. Außerdem wird das Blut eines Urlaubsrückkehrer vor der Spende auf das West-Nil-Virus getestet.
Nach der Ansteckung vergeht in der Regel eine Zeit von ungefähr zwei bis vierzehn Tagen, bis die ersten Symptome in Erscheinung treten. Die Zeitspanne von der Infektion bis zum Ausbruch einer Erkrankung nennt man Inkubationszeit.
Die Inkubationszeit des West- Nil- Fiebers beträgt also zwei bis vierzehn Tage. In rund 80 Prozent der Fälle kommt es jedoch auch nach einer Übertragung des viralen Erregers nicht zur Ausbildung von Symptomen. Bei den betreffenden Personen verläuft die Infektion stumm.
Wenn es zum Auftreten von Beschwerden kommt, ähneln dieser den typischen Symptomen einer
Zu den weiteren Anzeichen der Infektion zählen
Ungefähr 50 Prozent der symptomatischen Patienten entwickeln im Krankheitsverlauf zudem einen knotig-fleckigen
Symptome des West- Nil- Fiebers:
Obwohl die meisten der angesteckten Personen das West- Nil- Fieber gut verkraften, gibt es Menschen, die besonders heftig auf das Virus reagieren. In diesen Fällen kommt es häufig zur Entstehung von entzündlichen Prozessen im Bereich des Gehirns (Gehirnentzündung,
Außerdem zeigen sie besonders ausgeprägtes, hohes Fieber. Typischen Anzeichen dafür, dass die Erkrankung einen komplizierten Verlauf angenommen hat, sind Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Lähmungen. Die betroffenen sind in der Regel abgeschlagen oder weisen deutliche Bewusstseinsstörungen bis hin zu komatösen Zuständen auf.
Auch Seh- und Hörstörungen sowie eine Licht- und Geräuschempfindlichkeit zählen zu den typischen Anzeichen einer Hirn- und/oder Hirnhautentzündung. Je nach Ausprägung der Entzündung kann es auch zur Entstehung epileptischer Anfälle, sogenannter Krampfanfälle kommen.
Wenn es im Zuge des West- Nil- Fiebers zu einem komplizierten Verlauf kommt, halten die Beschwerden nicht bloß wenige Tage, sondern über mehrere Wochen an. In einigen Fällen kann es sogar zu dauerhaften Schädigungen kommen. Bei manchen Patienten kommt es zudem zu einer Beteiligung des Herzens oder der
Komplikationen des West- Nil- Fiebers:
Bei den meisten Patienten heilt eine Infektion mit dem WNV komplikationslos aus, bei Patienten mit einer Enzephalitis sind Spätfolgen jedoch relativ häufig (bei etwa 50% der Betroffenen).
Hierzulande ist das West- Nil- Fieber noch nicht weit verbreitet. Aus diesem Grund ist es für die behandelnden Ärzte häufig nicht einfach die Diagnose zu stellen. Aus diesem Grund spielt die Anamnese in der Diagnostik bei dem Verdacht auf eine Infektion mit dem West- Nil-Virus eine entscheidende Rolle.
Neben den vorliegenden Symptomen interessieren den Arzt dabei am meisten, ob Menschen im nahen Umfeld der Betroffenen ähnliche Beschwerden aufweisen. Außerdem sollte der Behandler darüber aufgeklärt werden, dass innerhalb der letzten Wochen ein Auslandsaufenthalt statt gefunden hat.
Außerdem kann eine orientierende körperliche Untersuchung dabei helfen den Zustand des erkrankten Patienten einzuschätzen.
Inerhalb der ersten Tagen nach einer möglichen Infektion erfolgt die eigentliche Diagnose der Infektion mit Hilfe einer sogenannten RT-PCR. Bei dieser Untersuchungsmethode kann im Falle einer Infektion im Vollblut, Serum oder Liquor virale RNA nachgewiesen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt ist ein Antikörpernachweis im Serum oder Liquor mittels IgM-ELISA sinnvoll.
Wie bei nahezu jeder Erkrankung gibt es auch bei der West Nil Virus Infektion Krankheiten, deren Symptome sich sehr stark ähneln, wenn nicht sogar gleich sind. Solche Erkrankungen werden in der Medizin als Differentialdiagnosen bezeichnet.
Wenn ein Patient unter Symptomen leidet, die an eine bestimmte Erkrankung denken lassen, sollte man die möglichen Differentialdiagnosen nicht außer Acht lassen. In einigen Fällen kann eine Verwechslung womöglich tödliche Folgen haben.
Zu den wichtigsten Differentialdiagnosen des West- Nil- Fiebers zählen das Dengue- Fieber,
FSME ist davon die in Deutschland bekannteste Erkrankung. Die Abkürzung FSME steht dabei für Frühsommer-Meningoenzephalitis (Zeckenenzephalitis). Im Zuge der Infektion kommt es bei den betroffenen Menschen zur Ausbildung von entzündlichen Prozessen im Bereich der Hirnhäute oder des Hirns.
Die Übertragung des relevanten Virus erfolgt über einen
In der ersten Erkrankungsphase entwickeln die Betroffenen grippeähnliche Symptome wie Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber und ein allgemeines Krankheitsgefühl. Erst in der zweiten Phase, die bei einigen Patienten bereits wenige Tage nach der Ersten beginnt, kommt es zur Entstehung der Meningoenzephalitis.
Bei dieser Erkrankung ist es jedoch wichtig zu wissen, dass rund 70 bis 95 Prozent der Infizierten keinerlei Beschwerden entwickeln oder nur die erste Krankheitsphase durchleben.
Neben der FSME zählt das Gelbfieber zu den wichtigsten Differentialdiagnosen des West- Nil- Fiebers. Beim Gelbfieber handelt es sich über eine schwere Infektion, die durch Mücken übertragen wird. In einigen Fällen kommt es sogar zur Ausbildung lebensbedrohlicher Beschwerden. Betroffen sind vor allem Menschen, die sich im tropischen Afrika oder Südamerika aufgehalten haben.
Hat man sich mit dem Gelbfieber- Virus infiziert, entwickelt man grippeähnliche Symptome. Die meisten der Betroffenen (ungefähr 85 Prozent der Infizierten) leiden an hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen,
Darüber hinaus kann das West- Nil- Fieber mit Malaria verwechselt werden. Unter dem Begriff Malaria versteht man eine Infektionskrankheit, die durch einzellige Parasiten hervorgerufen wird. Betroffen sind vor allem Urlauber, die sich in den Tropen oder Subtropen aufgehalten haben.
Auch bei dieser Erkrankung wird der ursächliche Erreger über einen Stich in den Menschen übertragen. Der häufigste Überträger ist die sogenannte Anophelesmücke. Nach einer mitunter sehr langen Inkubationszeit (bis zu 1 Jahr) kommt es bei den Infizierten ebenfalls zu grippeähnlichen Symptomen,
Vor dem Aufenthalt in Risikogebieten sollte eine Malariaprophylaxe durchgeführt werden.
Andere Flavivirus-Infektionen wie FSME, Gelbfieber,
Das West- Nil- Fieber kann nicht direkt behandelt werden, da es bislang keine effektive antivirale Therapie gegen das ursächliche Virus gibt. Die betroffenen Patienten können jedoch symptomatisch therapiert werden.
Zur Senkung des Fiebers eignen sich vor allem fiebersenkende Arzneimittel wie
Sollte das nicht über das Trinken möglich sein, so ist eine stationäre Aufnahme mit intravenöser Flüssigkeitssubstitution sinnvoll. Darüber hinaus sollten sich Betroffene über einen Zeitraum von mehreren Tagen ausruhen und auskurieren.
Sollte es im Zuge der viralen Infektion zum Auftreten von Komplikationen kommen, werden weitere Behandlungsschritte notwendig.
Da es sich um eine Virusinfekt handelt, ist die Gabe von Antibiotika in diesem Fall nicht notwendig, beziehungsweise sinnlos. Man sollte aber stets im Auge behalten, ob sich vielleicht bakterielle Erreger auf den Virusinfekt setzen und zu einer bakteriellen Superinfektion führen. In diesen Fällen wäre die Behandlung mit einem Antibiotikum indiziert.
Menschen, die sich mit dem West- Nil- Fieber infizieren, bilden nicht zwangsläufig Symptome aus. Bei ungefähr 80 Prozent der Übertragungen des Virus verläuft die Erkrankung vollkommen symptomlos.
Wenn es im Zuge der Erkrankung doch zur Ausbildung von Symptomen kommt, so heilt der Infekt in der Regel folgenlos ab. Zu Komplikationen kommt es vergleichsweise selten. Ein erhöhtes Risiko einen komplizierten Verlauf zu entwickeln, besteht für Menschen mit ausgeprägter Immunschwäche. Sie können unter Umständen eine Hirnhaut- oder Hirnentzündung entwickeln.
Besonders ältere Personen und Personen die aufgrund einer Immunschwäche davon gefährdet sind schwer am Virus zu erkranken, sollten sich an Orten mit bekannter Mückenbelastung (in Endemiegebieten) entsprechend gut vor Mückenstichen schützen.
Hierzu gehören beispielsweise Vorsichtsmaßnahmen wie das Tragen von langärmeligen Hemden/Blusen, langen Hosen oder auch die Anwendung von Moskitonetzen. Einen Impfstoff gegen das West- Nil- Virus gibt es bis heute noch nicht.
Die meisten Infektionen mit dem WNV heilen komplikationslos ab. Bei komplizierten Verläufen, zum Beispiel im Falle einer Beteiligung des ZNS mit neurologischen Symptomen und möglicherweise auftretenden Spätfolgen, sind regelmäßige neurologische Kontrollen empfehlenswert.
Das West-Nil-Virus ist eine durch Flavi-Viren ausgelöste, weltweit vorkommende Zoonose. Meist betrifft die Erkrankung Vögel, es können jedoch auch verschiedene Säugetiere und der Mensch am Virus erkranken.
Die meisten Fälle des WNV heilen komplikationslos ab, selten kann es im Zuge der Erkrankung zu einer Beteiligung des Zentralnervensystems mit schweren neurologischen Symptomen kommen.
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Geschrieben von
Dr. Moritz Wieser
Medizinisch geprüft am
23. Aug. 2022
Das West-Nil-Fieber wird durch gewisse Stechmücken, meist zwischen wildlebenden Vögeln übertragen. Es kann jedoch auch eine Übertragung durch Mücken auf Säugetiere und den Menschen erfolgen. In seltenen Fällen erfolgt eine Übertragung auch von Mensch zu Mensch über die Muttermilch oder durch Blutprodukte.
Derzeit ist keine spezifische Impfung gegen des West-Nil-Virus verfügbar. Gefährdete Personen sollten sich daher in bekannten Endemiegebieten möglichst gut vor Mückenstichen schützen.
Meist heilt das West-Nil-Virus folgenlos ab. Bei etwa 20% der Betroffenen treten grippale Symptome auf, die meisten Betroffenen sind sogar symptomfrei. Selten (bei etwa jedem 100. Infizierten) kommt es zu einer Beteiligung des Zentralnervensystems mit neurologischen Symptomen und möglichen Spätfolgen.
Erkrankung zusammengefasst
Begriffe
Enzephalitis
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