Circa 15 bis 20 % der Erwachsenen in Deutschland haben eine Cholangitis, Frauen sind häufiger betroffen. Fast drei Viertel aller Betroffenen bleiben symptomlos und meist ohne Behandlungsbedarf.
Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Cholangitis?
Eine Cholangitis bezeichnet eine akute Entzündung der Gallenwege. Sie entsteht meistens aufgrund einer vorliegenden Choledocholithiasis, also durch Steine in den ableitenden Gallengängen. Sind die Gallenwege verstopft, so können sich Bakterien vermehren und eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Die Bakterien wandern vom Zwölffingerdarm ausgehend in die Gallengänge, da diese eine direkte Verbindung miteinander haben und das Gallensekret letztendlich über den Darm abgegeben wird.
Die Risikofaktoren unterscheiden sich je nach Form der Cholangitis:
Risikofaktoren der bakteriellen Cholangitis
Risikofaktoren für eine bakterielle Besiedlung der Gallengänge sind Verstopfungen, Engstellen (z.B. durch einen Tumor bedingt) oder andere anatomische Fehlanlagen der Gallengänge. Endoskopische Eingriffe, wie eine ERCP (endoskopisch retrograde Cholangiopancreatikografie), und eingebrachtes Fremdmaterial (Stenteinlage nach einer ERCP) an den Gallengängen, tragen ein Risiko einer bakteriellen Besiedlung der Gallengänge. Auch operative Eingriffe im Bereich des rechten Oberbauches erhöhen das Risiko einer Cholangitis. Die häufigsten bakteriellen Erreger sind E.coli, Enterokokken, Klebsiellen, Enterobacter und Clostridium perfringens.
Risikofaktoren der autoimmunen Cholangitis
Seltener ist eine Cholangitis nicht-bakteriell, infolge einer Autoimmunerkrankung, bedingt. Hier sind die primär biliäre Cholangitis (PBC), von welcher meist Frauen betroffen sind, und die primär sklerosierende Cholangitis (PSC), welche meist männliche Patienten in Kombination mit einer (chronisch entzündliche Darmerkrankung) betrifft, zu erwähnen.
Allgemeine Risikofaktoren für die Bildung von Gallensteinen sind die 6 F's: Fat, Female, Fertile, Fair, Family und Forty - Übergewicht, das weibliche Geschlecht, eine bestehende Schwangerschaft/Fruchtbarkeit, Hellhäutigkeit, eine positive Familienanamnese und ein Alter über 40 Jahren.
Was sind die Symptome einer Cholangitis?
Bei einer Cholangitis kann es zur Ausbildung der sogenannten „Charcot-Trias“ kommen. Es handelt sich hierbei um folgende Kombination:
- rechtsseitige Oberbauchschmerzen
- hohes
- (Ikterus)
Die voll ausgeprägte Trias ist jedoch in höchstens einem Drittel der Betroffenen zu sehen.
Zusätzlich können Symptome eines Gallensteinleidens hinzukommen, wenn dies die Ursache der Cholangitis ist:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Völlegefühl
Manche Patienten erleiden eine Gallenkolik mit starkem kolikartigen Schmerz im rechten Oberbauch, der bis in den Rücken oder die Magengegend ausstrahlen kann. In solchen Fällen wird der Schmerz häufig in die rechte Schulter projiziert. Die rechte Schulterregion ist somit die Head-Zone einer Gallenkolik. Diese Head-Zonen beruhen auf einer Schmerzübertragung in ein bestimmtes Areal, aufgrund von Nervenverläufen. Oft kommt es zu Koliken nach fettreichen Mahlzeiten oder nachts.
Patienten mit einer primär biliären Cholangitis oder einer primär sklerosierenden Cholangitis klagen erst spät über Symptome wie , oder weitere Autoimmunerkrankungen.
Wie entsteht eigentlich eine Gelbfärbung (Ikterus) der und der Skleren? Durch Bilirubinablagerungen. Normalerweise gelangt das Bilirubin über die Gallengänge in den und wird dort weiter verstoffwechselt, sodass es zur charakteristischen Färbung des Stuhls kommt. Sind die Gallengänge nun verlegt, so kann das Bilirubin nicht mehr in den Darm abfließen und der Stuhl ist entfärbt. Der Körper versucht das Bilirubin über die auszuscheiden, wodurch es zu einer rostbraunen Verfärbung des Urins kommen kann.
Wie wird die Cholangitis diagnostiziert?
Untersuchungen bei Cholangitis?
Bereits in einem Gespräch mit den Betroffenen kann herausgefunden werden, ob eine Gallenkolik vorliegt. Es kann erfragt werden, ob ein heller Stuhl oder eine Dunkelfärbung des Urins aufgefallen ist. Zusätzlich sollte man sich über etwaige Vorerkrankungen und Voroperationen informieren, da diese ursächlich an der Entstehung der Cholangitis mitbeteiligt sein können.
Die Cholangitis zeigt sich häufig durch eine schmerzhaft vergrößerte, tastbare Gallenblase unter dem rechten Rippenbogen. Die kann auch bereits vergrößert sein (Hepatomegalie). Werden in der körperlichen Untersuchung eine Abwehrspannung und eine Resistenz des Bauches festgestellt, so deutet dies auf eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) hin und dient als Hinweis auf einen komplizierten Verlauf. In diesem Fall sollte dringlich gehandelt werden.
Der Bauchultraschall ist die Methode der 1. Wahl, denn es lassen sich sowohl die Leber und die Gallenwege als auch die Gallenblase und ggf. vorliegende Steine darstellen. Ist bereits ein Leberabszess vorhanden, so kommt dieser ebenfalls sehr gut zur Darstellung.
Eine Blutentnahme sollte erfolgen, um die Diagnose einer Cholangitis zu sichern und andere Komplikationen, wie eine (Pankreatitis) auszuschließen. Die Entzündungswerte und die Cholestase-Werte können erhöht sein. Unter Cholestase versteht man ein Gallenstau mit Stillstand des Gallenflusses. Zu den wichtigen Cholestase-Parametern zählen:
- Bilirubin
- alkalische Phosphatase (AP)
- Gamma-Glutamyltransferase (GGT)
Diese Parameter sind auch bei den nicht-bakteriell bedingten Cholangitiden, der PBC und der PSC, erhöht.
Geben die Ultraschalluntersuchung und die Laborwerte keinen eindeutigen Befund, so kann je nach Bedarf eine erweiterte Diagnostik erfolgen.
Um Tumore oder kleinste , die mithilfe eines Bauchultraschalles nicht erkannt wurden, auszuschließen, kann eine Endosonografie erfolgen. Es handelt sich hierbei um eine Ultraschalluntersuchung, bei welcher das Endoskop über den Mund und die in den und den Zwölffingerdarm eingeführt wird. Alternativ kann auch eine Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP) erfolgen. Diese Untersuchung ist nicht invasiv, sondern erfordert lediglich ein MRT.
Eine Computertomografie (CT) wird genutzt, um vor einer geplanten Operation die genaue Anatomie der Gallengänge darzustellen.
Besteht bereits der Verdacht auf einen (Ileus) oder eine Perforation der Gallenblase oder des Darms, kann eine Röntgenaufnahme des Bauches weiterhelfen. Kommt es zu einem Zerreißen eines Hohlorgans, so tritt freie Luft in den Bauch, welche mithilfe einer Röntgenaufnahme sichtbar gemacht wird.
Die Diagnose einer primär biliären Cholangitis lässt sich durch typische Antikörper im Blut und einer Probeentnahme der Leber sichern. Die Antikörper IgM und AMA-M2 sind häufig erhöht. Eine primär sklerosierende Cholangitis zeigt sich in der ERCP als perlschnurartige Unregelmäßigkeiten der Gallengänge und zeigt auch mikroskopisch, nach Probeentnahme der Leber, ein typisches Muster. Im Labor sind, neben den Cholestaseparametern, die Antikörper ANA und pANCA erhöht.
Therapie bei Cholangitis
Grundsätzlich unterscheidet sich die Therapie der Cholangitis je nach zugrundeliegender Ursache:
Behandlung bei Steinen in der Galle
Sind Gallensteine der Grund für die Entzündung der Gallenwege, so sollte eine Nahrungskarenz und eine Therapie mit Schmerzmitteln und krampflösenden Medikamenten (Butylscopolamin) erfolgen. Eine antibiotische Therapie ist Mittel der Wahl bei jeder akuten Cholangitis. Eine häufig verwendete Kombination ist die Gabe von Ceftriaxon und Metronidazol. Ceftriaxon zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es gut in der Galle anreichert und somit direkt lokal seine Wirkung entfalten kann. Liegen Zeichen einer (Sepsis) vor, sollte initial mit Piperacillin und Tazobactam gestartet werden, da diese ein breiteres bakterielles Spektrum abdecken. Ist eine Intervention geplant, so sollte, wenn möglich, die antibiotische Therapie bereits vor dem operativen Eingriff gestartet werden.
Behandlung bei Steinen in den Gallengängen
Ist die Cholangitis Folge einer Steinbildung in den Gallengängen (Choledocholithiasis), sollte eine primär endoskopische Intervention durchgeführt werden. Die ERCP dient hierbei sowohl der Diagnostik (Darstellung der ) als auch der Therapie (Entfernung der Gallensteine) in einer Sitzung. Das Prinzip dieser Untersuchung beruht auf einer Kontrastmitteldarstellung der Gallenwege, nachdem diese durch ein, über den Zwölffingerdarm eingeführtes, Endoskop sondiert wurden. Nach der Kontrastmittelgabe folgt eine Röntgen-Durchleuchtung. Liegen Gallensteine vor, so zeigt sich dies durch eine Kontrastmittelaussparung. Diese Steine können daraufhin über das Endoskop entfernt werden. Eine Engstellung der Gallengänge kann durch kleinste Schnitte und das Einbringung eines Stents behoben werden und der Gallenabfluss somit wiederhergestellt werden. Die Komplikationsrate dieses Eingriffes liegt bei etwa 10 %. Es kann unter anderem zu Blutungen, einer (Pancreatitis) oder einer weiteren Cholangitis kommen.
Medikamentöse Therapie
Die primär biliäre Cholangitis und die primär sklerosierende Cholangitis werden mit Urodesoxycholsäure behandelt.
Operative Entfernung der Gallenblase
Eine operative Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) innerhalb der ersten 24 Stunden ist indiziert, wenn eine Cholangitis in Kombination mit einer (Cholezystitis) vorliegt.
Ultima Ratio
Die letzte Möglichkeit der Behandlung stellt eine Lebertransplantation dar.
Wie ist die Prognose einer Cholangitis?
Wird die Abflussbehinderung zügig beseitigt, so ist die Prognose sehr gut. Durch eine frühe Antibiotikagabe kann innerhalb weniger Wochen eine Heilung erzielt werden. Ein wiederholtes Auftreten einer Cholangitis kann nicht verhindert werden, tritt jedoch nur selten auf.
Komplikationen
Kommt es jedoch zu Komplikationen, wie einer Cholangiosepsis oder einem Leberabszess, ist die Sterblichkeitsrate erhöht. Bei einer Cholangiosepsis handelt es sich um eine , bedingt durch eine bakterielle Verschleppung der Erreger über die Blutgefäße in den gesamten Körper.
Auch kann es zu einer Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) oder einem Gallenblasenempyem kommen. Ein Gallenblasenempyem ist eine Eiteransammlung innerhalb der Gallenblase. Schreitet eine solche Entzündung der Gallenblase weiter fort, so kann es zu einem Gallenblasengangrän kommen. Der chronische Entzündungsprozess führt zu einem Absterben der Zellen, sodass das Risiko eines Gallenblasendurchbruches steigt.
Die Prognose der nicht-bakteriellen, autoimmun bedingten Cholangitiden (PBS, PSC) ist weitaus schlechter, da bisher keine kausale Therapie bekannt ist. Bei der primär sklerosierenden Cholangitis besteht zudem ein sehr hohes Risiko für die Entwicklung eines Karzinoms der Gallengänge () oder des Darms (Kolorektales Karzinom).
Empfehlungen zur Nachsorge bei einer Cholangitis
Es sollten regelmäßige ärztliche Kontrollen durchgeführt und in der ersten Zeit eine strenge Bettruhe eingehalten werden. Nach der erfolgten Nahrungskarenz sollte zunächst mit Schonkost gestartet werden, um die und den zu entlasten. Alkohol und fettiges Essen sollte auch nach erfolgreicher Behandlung vermieden werden.
Darüber hinaus sollte die Bildung erneuter Gallensteine prophylaktisch verhindert werden. Daher sollte die Ernährung überwiegend fettarm und faserreich sein. Ist der oder die Betroffene übergewichtig, ist eine förderlich.
Zusammenfassung
Die Cholangitis beschreibt eine bakterielle Entzündung der Gallenwege, nur in seltenen Fällen ist sie autoimmun bedingt. Die häufigste Ursache stellt ein Gallenstein in den Gallengängen dar, welcher sich am besten durch eine Ultraschalluntersuchung des Bauches feststellen lässt. Die Therapie der Wahl ist eine sofortige Antibiotikagabe und eine endoskopische Steinentfernung und Wiederherstellung des Gallenabflusses mithilfe einer ERCP. Schwere Komplikationen stellen eine und ein Leberabszess dar.