Einführung
Die Colitis ulcerosa gehört zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CEDs) und bezeichnet eine Erkrankung des Dickdarms, bei der es zu diffusen, schubweise verlaufenden Entzündungen der Schleimhaut mit Ulzerationen kommt. Die Erkrankung beginnt typischerweise im Mastdarm (Rektum) mit einer kontinuierlichen Ausbreitung mundwärts.
Die Colitis ulcerosa gilt in einigen Ländern, insbesondere bei einem längeren Verlauf (über 10 Jahre Krankheitsdauer) als Krebsvorstufe (Präkanzerose).
Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Colitis ulcerosa?
Die genauen Ursachen der Colitis ulcerosa, und auch anderer chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, sind zum heutigen Stand nicht vollständig geklärt. Es wird allerdings vermutet, dass sowohl genetische Defekte, Umweltfaktoren als auch andere Risikofaktoren zur Krankheitsentstehung beitragen.
Männer sind von der Erkrankung insgesamt häufiger betroffen als Frauen. Die Prävalenz der Colitis ulcerosa liegt in Deutschland bei etwa 150-180 Betroffenen pro 100 000 Einwohner. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen liegt bei 5-10/100 000 Einwohnern.
Die Manifestationsgipfel für die Ersterkrankung liegen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, sowie später zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.
Die Symptome der Erkrankung werden durch eine Barrierestörung der Dickdarmschleimhaut hervorgerufen. Man vermutet als Ursache eine vermehrte, unspezifische Abwehrreaktion auf normalerweise harmlose, bakterielle Antigene. Das Befallsmuster der Erkrankung ist in 30-50 % eine Proktosigmoiditis, in 30-50 % eine partielle Kolitis und in 15-20 % der Fälle eine Pankolitis (Befall des ganzen Dickdarms).
Was sind die Symptome einer Colitis ulcerosa?
Die typischen Erstsymptome sind häufige, blutig-schleimige Durchfälle. Die mit einer Frequenz von bis zu 20-mal pro Tag auftreten und den betroffenen Patienten deshalb sehr stark belasten. Darüber hinaus treten in der Regel allgemeine Schwächesymptome und starke auf. Die Patienten leiden unter zunehmendem Gewichtsverlust und besonders ausgeprägtem schmerzhaften Stuhlgang (Temesmen).
Auch Schmerzen im Bereich der Gelenke und das Auftreten verschiedener Augenerkrankungen (zum Beispiel oder Episkleritis) zählen zu den typischen Anzeichen für das Vorliegen einer Colitis ulcerosa. Auch eine Beteiligung der ist bei dieser Erkrankung nicht ausgeschlossen.
Bei einer Vielzahl der Betroffenen bildet sich zuerst ein Erythema nodosum. Zudem kommt es bei vielen Patienten zur Pyoderma gangraenosum oder zur Ausbildung oraler Aphthen.
Im Zuge der Erkrankung kann auch die mitbetroffen sein (primär sklerosierenden ). Die extraintestinalen Manifestationen (Symptome, die nicht den betreffen) sind bei der Colitis ulcerosa jedoch insgesamt seltener als beim .
Bei langfristigem Verlauf kann es, auch durch den Einsatz von entzündungshemmenden Kortikoiden, zu einer kommen.
Die Schweregrade eines Colitis-ulcerosa-Schubes werden folgendermaßen eingeteilt:
- Leichter Schub: bis zu 4 blutig-schleimige Durchfälle pro Tag, kein , geringes Krankheitsgefühl.
- Mittelschwerer Schub: 4-6 blutig-schleimige Durchfälle pro Tag, subfebrile Temperaturen, deutliches Krankheitsgefühl
- Schwerer Schub: über 6 blutig-schleimige Durchfälle pro Tag, hohes Fieber (über 38°C), schweres Krankheitsgefühl, hohe Herzfrequenz (über 100 Schläge pro Minute)
Als besondere Komplikation der Colitis ulcerosa gilt das sogenannte toxische Megakolon. Bei dieser Erkrankung kann sich der Durchmesser des Dickdarms auf bis zu 10 Zentimeter vergrößern. Im Zuge dessen leiden die Patienten unter hohem . Durch die Größenzunahme des Darms wird die Darmwand mehr und mehr gespannt, was letztendlich das Risiko für das Auftreten einer Dickdarmperforation enorm steigern kann.
Andere Komplikationen sind massive Blutungen, Stenosen und Strukturen im Darm und ein iatrogen ausgelöstes Cushing-Syndrom durch Steroide. Die Colitis ulcerosa erhöht zudem das Risiko für Dickdarmkrebs und es kann (wenn auch selten) zu einer Amyloidose kommen.
Das kumulative Karzinomrisiko beträgt bei einer Pankolitis rund 10 % nach 20 Jahren und 20 % nach 30 Jahren. Die Einnahme von 5-Amino-Salicylsäure-Präparaten scheint hier einen schützenden Effekt zu haben.
Die Darmkrebsvorsorge bei Colitis ulcerosa Patienten sollte dennoch engmaschiger als bei gesunden Menschen erfolgen.
Wie wird die Colitis ulcerosa diagnostiziert?
Untersuchung bei Colitis ulcerosa
Die Diagnostik bei Personen, bei denen der Verdacht auf das Vorliegen einer Colitis ulcerosa besteht, gliedert sich in der Regel in verschiedene Abschnitte:
Zu Beginn findet zumeist ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese) statt. Im Zuge dieses Gesprächs ist es besonders wichtig, die bei dem Patienten vorliegenden Beschwerden so genau wie möglich zu besprechen. Darüber hinaus sollten möglicherweise vorliegende Begleitsymptome benannt werden.
Danach ist es wichtig diese Begleitsymptome zu bewerten und zu prüfen, ob sie mit der Verdachtsdiagnose vereinbart wären oder ob die Zusammenschau der vorliegenden Symptome eher auf eine andere Erkrankung hindeutet. Außerdem spielt die Krankengeschichte des betroffenen Patienten und dessen Familienanamnese eine entscheidende Rolle in der Diagnostik bei bestehendem Verdacht auf Colitis ulcerosa.
Im Anschluss an das Arzt-Patienten-Gespräch erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Schwerpunkt auf dem Abdomen liegt. Während dieser Untersuchung wird der Bauch des Patienten inspiziert, auskultiert und auf Druckschmerzhaftigkeit hin geprüft. Sollte die anfängliche Verdachtsdiagnose bis zu diesem Zeitpunkt fortbestehen, können weitere diagnostische Maßnahmen angesetzt werden.
Die weitere Diagnostik wird dann mithilfe einer Darmspiegelung (Coloskopie), mit gleichzeitiger Entnahme von Gewebeproben (Biopsie), gesichert. Vor allem in den frühen Stadien der Erkrankung stellen flächig vorhandene Ulzerationen im Mastdarm einen typischen Befund dar. Nach mehreren Schüben der Erkrankung zeigen sich außerdem besonders oft sogenannte Pseudopolypen aus Granulationsgewebe, welche ins Darmlumen hineinragen.
Die entzündlichen Prozesse bei der Colitis ulcerosa betreffen, im Gegensatz zum Morbus Crohn, die Mukosa- und die Submukosa-Schicht. Die Muskularis (Muskelschicht) hingegen ist bei Colitis ulcerosa nicht von der Entzündung betroffen.
Neben der Darmspiegelung kann auch die Durchführung eines Kolonkontrasteinlauf sinnvoll sein. Bei dieser diagnostischen Maßnahme wird dem betroffenen Patienten ein Kontrastmittel rektal verabreicht. Dieses Kontrastmittel ist dann in der Bildgebung sichtbar. Bei dem Kolonkontrasteinlauf zeigen sich typischerweise Stenosen (Engstellen). Wenn die entzündlichen Prozesse fortlaufen, also in einem späteren Stadium der Erkrankung, zeigt sich im Röntgenbild eine, wie ein Fahrradschlauch aussehende Verformung des Darms.
In diesem Zusammenhang spricht man vom sogenannten Fahrradschlauchphänomen, das nichts anderes bedeutet, als dass die Haustren des Darms verschwunden sind. Im Ultraschall sieht man im akuten Stadium eine deutliche Verdickung der Dickdarmwand.
Während eines akuten Schubs der Colitis ulcerosa lässt sich bei den betroffenen Patienten in der Regel eine Blutarmut () nachweisen. Außerdem kommt es im Zuge des Schubs zu einer Zunahme der Blutplättchen, also zu einer Thrombozytose. Zusätzlich dazu lassen sich die typischen Entzündungsparameter auffinden.
Es kommt zu einer Erhöhung der weißen Blutkörperchen (Leukozytose) und zum Anstieg des C-Reaktiven-Proteins (kurz: CRP). Auch die sogenannte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) als Ausdruck der akuten Entzündungsreaktion ist deutlich erhöht.
Die Colitis ulcerosa hat viele Symptome, die sich mit anderen Darmerkrankungen überschneiden. Dementsprechend gibt es eine Vielzahl von möglichen Differenzialdiagnosen, unter anderem sind das: der , die infektiöse Dickdarmentzündung (durch Campylobacter, Shigellen, Salmonellen, E. Coli, Rota-Viren, Lamblien oder Entamoeba histolytica), die pseudomembranöse Kolitis durch Clostridium-difficile-Toxine, die Proktosigmoiditis durch sexuell übertragbare Erreger wie Gonokokken, oder Herpes-Simplex-Virus-Typ2, die Divertikultis, die Appendizitis, die ischämische Kolitis und das .
Bei der Diagnostik bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Colitis ulcerosa geht es deshalb nicht bloß darum, die für diese Erkrankung typischen entzündlichen Prozesse zu beweisen. Vielmehr ist es genauso wichtig, die möglichen Verdachtsdiagnosen anhand feinster Unterschiede auszuschließen.
Therapie bei Colitis ulcerosa
Die Therapie erfolgt mit 5-Amino-Salicylsäure/Mesalazin (Salofalk, Pentasa) entweder lokal oder als Tablette und mit Immunsuppressiva wie Azathioprin, 6-Mercaptopurin, Methotrexat, Ciclosporin oder Tacrolismus. Diese Therapieformen bieten sich auch als Erhaltungstherapie im schubfreien Intervall an.
Bei einem endständigen Dickdarmbefall und leichten Verläufen können lokal wirksame Kortikoide wie Budesonid als Klysma zur Anwendung kommen. Bei sehr schweren Verläufen ist die intravenöse Gabe von Cyclosporin (1-2 mg/kg Körpergewicht) zusammen mit einem Breitbandantibiotikum sinnvoll.
Als Reservemittel bei Therapieresistenz können TNF-Antikörper wie Infliximab (Remicade) zur Anwendung kommen. Die Bedeutung der sogenannten "Biologika" hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Derzeit etabliert sind auch TNF-Alpha-Blocker wie Vedolizumab und Ustekinumab.
Bei einem schweren Schub ist eine vorübergehende Sondennahrung und parenterale Ernährung empfehlenswert. Die Mangelzustände wie beispielsweise ein müssen entsprechend zusätzlich therapiert werden.
Zudem sollte eine Osteoporose-Prophylaxe mit täglich mindestens 1000 IE Vitamin D und 1000 mg Kalzium durchgeführt werden. Auch im Zuge einer möglichen Kortikoid-Therapie der Erkrankung kommt es zu einem höheren Osteoporose-Risiko.
Bei einem schweren Schub ohne klinische Besserung unter der konservativen Therapie und bei Komplikationen (Perforation, Sepsis, schwere Blutung) sollte eine Operation am Dickdarm (Kolektomie) mit Anlage eines vorübergehenden künstlichen Darmausganges durchgeführt werden.
Wie ist die Prognose einer Colitis ulcerosa?
Die Prognose der Colitis ulcerosa unterscheidet sich von Betroffenem zu Betroffenem, wobei eine länger andauernde Krankheitsdauer (über 10 Jahre) mit einem erhöhten Risiko für ein kolorektales Karzinom einhergeht. Da eine Darmkrebserkrankung natürlich die Prognose der Patienten deutlich verschlechtern kann, ist eine intensive Vorsorge bei Patienten mit Colitis ulcerosa von größter Wichtigkeit.
Meist hilft die Erhaltungstherapie dabei, schwere Schübe zu vermeiden und verbessert die Prognose und die Lebensqualität von Betroffenen drastisch.
Empfehlungen zur Nachsorge bei einer Colitis ulcerosa
Die Kontrolle und Betreuung einer Colitis ulcerosa sollte bei einem spezialisierten Internisten (Gastroenterologen) erfolgen. Im Zuge der Erkrankung kann es immer wieder nötig sein, die Therapie anzupassen und zu optimieren.
Zusammenfassung
Die Colitis ulcerosa ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, bei der es schubweise zu einer Entzündung der Dickdarmschleimhaut mit Ulzerationen kommt. Der Schweregrad der Schübe ist von Patient zu Patient unterschiedlich, bei länger andauernden, komplizierten Schüben ist jedoch meist ein Klinik-Aufenthalt notwendig.
Die Erkrankung wird typischerweise mit Medikamenten behandelt und erhöht mit zunehmender Krankheitsdauer das Risiko für ein Dickdarm-Karzinom.