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COPD im Endstadium: Anzeichen, palliative Versorgung und Lebenserwartung

Profilbild von Leyla Al-Sayegh Medizinisch geprüft von am 4. September 2023 | Geschrieben von Leyla Al-Sayegh

Wie der Name schon vermuten lässt, zählt die "chronisch obstruktive Lungenerkrankung" (COPD ) zu den langsam fortschreitenden, nicht aufzuhaltenden Krankheitsbildern.

Das bedeutet, dass eine Heilung trotz passender Therapie nicht zu erwarten ist. Mit Hilfe der richtigen Lebensführung und adäquaten Medikation kann ein Fortschreiten allerdings hinausgezögert werden.

Klassifikation der COPD

Um den Schweregrad der COPD besser evaluieren zu können, wird versucht eine Einteilung je nach Ausmaß der Einengung der Atemwege, der Häufigkeit von Exazerbationen (also akuten Verschlechterungen der Beschwerden) und dem Schweregrad der bestehenden Symptome zu treffen.

Die Einengung der Atemwege (medizinisch "Obstruktion") wird durch die sogenannte GOLD-Klassifikation definiert. Mit Hilfe eines speziellen Lungenfunktionstest wird der Grad der Obstruktion in 4 Gruppen (GOLD 1-4) ermittelt.

Die Einteilung nach GOLD gilt als wichtiges Maß zur Abschätzung des Risikos für weitere Exazerbationen und weiterführend der Schwere der Erkrankung.

Dennoch stimmt dieser gemessene Wert häufig NICHT mit der individuellen Belastung von Betroffenen überein. Das bedeutet auch, dass die gewählten Therapiemaßnahmen nicht anhand des GOLD-Grades gewählt werden sollten.

Um also eine adäquate, individuell angepasste Behandlung zu finden, wurde in den letzten Jahren ein System entwickelt, mit welchem das Leiden der PatientInnen anhand ihrer Krankheitsgeschichte besser abgebildet werden kann.

Einerseits werden dabei die bereits stattgefundenen COPD-Exazerbationen berücksichtigt. Als hohes Risiko erneut an einer Exazerbation zu erkranken, gilt, wenn mindestens eine schwere Exazerbation, die im stationärem Krankenhaus-Setting behandelt werden musste ODER mindestens 2 mittelschwere Exazerbationen, die zuhause mit Antibiotika und/oder Cortisontabletten behandelt werden mussten, bereits stattgefunden haben.

Des Weiteren wird an Hand von speziell entwickelten Fragebögen (mMRC und CAT) der individuelle Belastungsgrad durch die typischen COPD-Symptome (Husten, Auswurf, Atemnot, Leistungseinbußen, chronische Müdigkeit, Schlaflosigkeit)erhoben.

Je nach erhobener Häufigkeit der Exazerbationen und der Stärke der bestehenden Symptome wird die COPD dann in die Stadien A-D (A ist die leichteste, D die schwerste Form) eingeteilt.

In Zusammenschau aller 3 Klassifikationsarten (GOLD 1-4 & Stadien A-D) wird dann der individuelle Therapieplan erstellt.

Des weiteren gibt es noch andere Skalen und Einteilungsmöglichkeiten auf die ebenfalls, jedoch seltener zurückgegriffen wird.

Das Endstadium der COPD: Definition

Das Endstadium - oder "end-stage" - gilt als schwerstes Stadium einer chronischen, nicht-heilbaren Erkrankung und wird generell durch eine hohe Alltagseinschränkung und Leistungsminderung mit einer Lebenserwartung von unter 6 Monaten definiert.

Im Falle der COPD steht im Endstadium eine hohe Symptomlast mit starker Einschränkung der Lebensqualität durch die vorhandene Atemnot, chronischer Müdigkeit und körperliche Schwäche im Vordergrund.

Zusätzlich häufen sich akute Exazerbationen. Die Beschwerden verbessern sich oftmals trotz adäquater Therapie nicht.

Es gibt bislang keine exakte Definition zur "end-stage COPD".

Oft wird im Zusammenhang des Endstadium der COPD vom Grad 4 der GOLD-Klassifikation gesprochen, also einer sehr starken Einschränkung der Lungenfunktion ermittelt anhand des Lungenfunktionstests.

Da dieser Wert jedoch - wie schon erwähnt - nicht unbedingt mit dem Zustand des Betroffenen korreliert, wird versucht eine andere Definition zu finden.

Auch zur Definition des Endstadiums der COPD wird also auf das neue kombinierte System der Stadieneinteilung zurückgegriffen. Damit wird der Klassifikationsgrad D als schwerste Form der COPD definiert.

In Hinsicht auf diese Klassifikation lässt sich COPD im Endstadium wie folgt definieren:

  • ≥2 Exazerbationen pro Jahr hohes Risiko an weiteren (lebensbedrohlichen) Exazerbationen zu erkranken
  • hohe Werte bei den speziellen "Symptom-Fragebögen bei COPD" (mMRC und CAT) schwere Ausprägung der COPD-typische Symptome: ständiges Husten, starker Auswurf beim Husten, Atemnot bereits in Ruhe
  • der Lungenfunktionstest ergibt eine starke Einengung der Atemwege (GOLD-Grad 3 oder 4).

Eine andere Definition zielt eher auf das Einordnen der klinischen Ausprägung der COPD zum Erfassen des Endstadiums der COPD ab.

Anhand des Erscheinungsbildes lässt sich COPD im Endstadium wie folgt definieren:

  • Die Leistung ist stark limitiert (Alltag nicht bewältigbar)
  • Der Lungenfunktionstest ergibt eine starke Einengung der Atemwege
  • Zutreffen von mindestens einem der folgenden Kriterien:
    • fortgeschrittenes Alter
    • Vorhandensein von COPD-bedingten Begleiterkrankungen (Herzfehler, Lungeninfektionen, Lungenkrebs , Depression und Angsterkrankungen,..)
    • schwere Komplikationen durch die COPD (chronische schwere Atemnot, Untergewicht (Kachexie), Muskelschwäche, Osteoporose (Knochenschwund), Ödembildung,..)

Man erkennt also, dass eine endgültige Definition der End-stage-COPD nicht so leicht zu treffen ist. Ungeachtet dessen, gibt es jedoch einige Symptome und Anzeichen, die für die schwerste Ausprägung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung sprechen:

Anzeichen der COPD im Endstadium

Die COPD kann nicht geheilt werden. Sie ist eine fortschreitende Erkrankung und führt unweigerlich zu einer langsamen Reduktion des Allgemeinzustands. Das Endstadium ist geprägt durch eine massive Verschlechterung der COPD-Symptome, allen voran der Atemnot. Viele PatientInnen benötigen eine Heimtherapie mit Sauerstoff, um genug Luft zum Atmen zu bekommen.

Gleichzeitig verlieren Betroffene viel Gewicht, was auf eine Reduktion der Muskelmasse zurückzuführen ist. Diese entsteht einerseits, weil Alltagsbewegungen zur Kräftigung der Muskulatur nicht mehr durchgeführt werden können. Andererseits kommt es zum Muskelschwund, weil die angestrengte Atemarbeit viel Energie verbraucht.

Mit dem Verlust des Gewichts geht in weiterer Folge eine allgemeine Schwäche, Leistungsminderung und ständige Müdigkeit einher.

Darüber hinaus kommen Exazerbationen trotz adäquater Behandlung häufiger vor. Diese akuten schweren Episoden von Atemnot können auf die Psyche schlagen: Angst- und Panikerkrankungen sowie Depressionen sind bei COPD-PatientInnen keine Seltenheit.

Krankenhausaufenthalte, mitunter auf Intensivstationen, werden mit dem Fortschreiten der Erkrankung immer häufiger. Bei ganz schweren Formen einer Exazerbation kann ein Lungenversagen eintreten. Dies erfordert dann eine künstliche Beatmung, bis sich die Lunge erholt hat und wieder kräftig genug für die Eigenatmung ist.

Kurz gesagt zeichnet sich das Endstadium der COPD durch folgende Symptome aus:

  • schwere Atemnot, die auch in Ruhe auftritt
  • ständiger Husten mit vermehrtem Aushusten von Sekret
  • starke Leistungsminderung, stark eingeschränkte körperliche Belastbarkeit
  • häufige, heftige Exazerbationen, Erstickungsgefühl, Hustenanfälle
  • erhöhte Anfälligkeit für Infektionskrankheiten, insbesondere der Lunge
  • eventuell bläuliche Hautfarbe wegen des chronischen Sauerstoffmangels, insbesondere an Finger, Zehen und Lippen

Der Verlauf der COPD kann sich je nach PatientIn sehr unterschiedlich gestalten. Manche Betroffene können jahrelang gut mit der Erkrankung leben und sterben nicht an, sondern mit der COPD. Diese hier angeführte Schilderung des Verlaufs und der Symptome im Endstadium spiegeln lediglich eine typische, aber extreme Krankheitsgeschichte wieder.

Vorgehensweise im Endstadium der COPD

Im Endstadium einer schweren chronischen Erkrankung wird das Konzept der "palliativen Behandlung" als geeignetste Therapiemaßnahme angewendet.

Das große Ziel der Palliativbehandlung ist die Linderung von Leid und Schmerzen. Dadurch soll eine möglichst hohe Lebensqualität in der verbleibenden Zeit sowohl für den/die Betroffene(n), als auch für die Angehörigen und Mitmenschen erhalten bleiben. Eine Heilung oder ein Aufhalten der Erkrankung steht nicht mehr im Vordergrund.

Um diese Ziele zu erreichen bedient sich die Palliativmedizin verschiedenen Mitteln. Ein Punkt ist natürlich die Reduktion der Symptome. Aber auch der Erhalt der bestmöglichen Eigenständigkeit und Alltagsbewältigung mittels Ergotherapie, die Stärkung des Körpers mittels Physiotherapie, die Aufrechterhaltung des Körpergewichts mit Ernährungstherapie und Diätberatung und der Umgang mit der emotionalen und psychischen Last durch Psychotherapeuten, Psychologen oder Seelsorgern werden fokussiert.

Darüber hinaus werden auch Gespräche über das Ende des Lebens, die individuellen Wünsche der Betroffenen zu lebensverlängerten Maßnahmen sowie dem Sterbeort und die gewählte Bestattungsart im professionellen Setting geführt.

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    Behandlung der Atemnot Die Linderung der Atemnot und des starken Hustens sind mitunter die wichtigsten Aufgaben in der COPD-Behandlung. Die Behandlung der Luftnot steht mit einer allgemeinen Verbesserung der Lebensqualität, einer Risikoreduktion von Angst- und Panikerkrankungen und einer Steigerung der körperlichen Belastung und Eigenständigkeit einher. Therapeutische Maßnahmen schließen neben der medikamentösen Behandlung mit starken Schmerzmitteln, inhalativen Medikamenten und entzündungshemmenden Tabletten auch die Sauerstofftherapie, Patientenschulungen, Atemtherapie und Lungen-Rehabilitation mit ein. Mitunter werden dabei Methoden wie elektrische Stimulationen oder Brustwand-Vibrationen eingesetzt um das Atmen zu erleichtern.
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    Erhalt des Normalgewichts Viele an COPD-Erkrankte leiden an Untergewicht durch den Schwund der Muskelmasse. Daten zeigen, dass Menschen mit Unterernährung im Allgemeinen eine geringere Lebensqualität und ein erhöhtes Sterberisiko haben. Die Gewichtszunahme, Kräftigung und der Erhalt des Normalgewichts stellt daher eine wichtige Säule der COPD-Behandlung dar. Einerseits ist die richtige und ausreichende Ernährung essentiell. Um Mangelerscheinungen vorzubeugen, sollten ausreichend Vitamine, Spurenelemente und Mineralien, und vor allem Eiweiße zugeführt werden. Bei manchen Menschen ist dies mit der normalen Nahrung nicht möglich. Dafür stehen extra angefertige Tabletten, Shakes oder Getränke zur Verfügung. Speziell ausgebildete DiätologInnen und ErnährungsberaterInnen nehmen sich diesem Aspekt der COPD-Therapie an. Daneben ist aber auch der Wiederaufbau der Muskelmasse zur Durchführung von kleinen körperlichen Belastungen und Alltagsaufgaben nötig. PhysiotherapeutInnen und ErgotherapeutInnen stehen zum Erreichen dieser Ziele zur Verfügung.
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    Stärkung der Psyche Chronische Erkrankungen stehen im engen Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie Panikattacken, Angst und Depression. Einerseits können Panikgefühle durch die starke Atemnot natürlich geschürt werden. Andererseits neigen die meisten chronisch Kranken dazu, über den Fortschreiten der Erkrankung und den weiteren Werdegang zu grübeln, was bei manchen zu Depressionen führen kann. Das ist der Grund weswegen bei allen an COPD-Erkrankten auch die psychische Gesundheit als Therapieziel im Fokus stehen sollte. Einerseits können vor allem Angst- und Panikreaktionen durch das Kontrollieren der Atemnot und Exazerbationen reduziert werden. Andererseits zeigen die kognitive Verhaltenstherapie und das Erlernen von Körper-Geist-Interentionen, wie Entspannungsverfahren oder Yoga, positive Ergebnisse. Natürlich sollen auch Gespräche über die gewünschte Vorgehensweise zum bestmöglichen Erhalt der Lebensqualität, über die auszuführenden Maßnahmen zum Lebensende und über das Sterben und den Tod im professionellem Setting die Angst über das Ende nehmen. Die medikamentöse Therapie mit Antidepressiva hat in Studien bislang keine aussagekräftigen Daten geliefert. Der Einsatz soll nach genauer Abwägung individuell erfolgen.

Um all diese Maßnahmen mit Hilfe eines professionellen Teams setzen zu können, gibt es verschiedene Angebote. Wünscht der/die Betroffene so lang wie möglich in den eigenen 4 Wänden zu bleiben, stehen ambulante Palliativteams, zur Verfügung.

Manche PatientInnen fühlen sich wohler, wenn sie 24h von ausgebildeten medizinischen Personal umgeben sind. Für andere ist die Versorgung zuhause schlicht und einfach nicht möglich. Dann kann auf Palliativstationen in Pflegeheimen und Krankenhäusern sowie eigene Hospiz-Häuser zurückgegriffen werden.

Unabhängig der gewählten Versorgungsart, sorgt ein speziell geschultes, Team aus verschiedensten medizinischen Berufsgruppen für die bestmögliche Versorgung am Lebensende.

Wenn eine Palliativversorgung in Betracht gezogen wird, sollte man sich in erster Linie an den behandelten Arzt/ die behandelte Ärztin wenden. Diese/r wird bei der Anforderung von Palliativteams und/oder einer Platzbesorgung in Palliativstationen unterstützen.

Letzte Änderung: 4. September 2023

Quellen

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