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Unterzuckerung - Was tun bei niedrigem Blutzucker

Profilbild von Leyla Al-Sayegh Geschrieben von Leyla Al-Sayegh

Die Hypoglykämie bzw. die Unterzuckerung ist ein potenziell lebensgefährlicher Zustand, der vor allem bei PatientInnen mit Diabetes mellitus auftreten kann. Insbesondere wenn eine Insulintherapie notwendig ist, werden gehäuft Hypoglykämien beobachtet, da eine überschießende Reaktion der blutzuckersenkenden Insulinwirkung durch unkorrekte Anwendung erreicht werden kann. Zustände des Unterzuckers sollten bestmöglich vermieden werden, da sie einerseits im Akutfall große Komplikationen verursachen können, andererseits auch Langzeitschäden bei immer wieder auftretenden Anfällen zu beachten sind.

Was ist eine Unterzuckerung?

Im Blut des Menschen werden verschiedenste lebensnotwendige Partikel transportiert, damit die Zellen und Organe im Körper mit allen nötigen Nährstoffen für den optimalen Ablauf versorgt werden. Darunter fallen auch kleinste Zuckerteilchen - die Glukose, oder auch Blutzucker genannt. Sie sind für die Energiegewinnung jeder einzelnen Zelle zuständig.

Im Normalfall wird der Blutzuckerspiegel - also die Konzentration der Glukose im Blut - relativ konstant gehalten und sollte zwischen 60-100mg/dl Blut liegen.

Von Unterzuckerung bzw. Hypoglykämie spricht man, wenn das sogenannte Whipple-Trias zutrifft:

  • der Blutzucker liegt unter 50mg/dl
  • es treten typische Symptome auf UND
  • mit der Zufuhr von Zucker tritt eine Besserung dieser Symptome ein

Es ist hier allerdings ebenfalls zu erwähnen, dass es auch auf die Geschwindigkeit des Blutzuckerabfalls ankommt, wie stark die auftretenden Symptome bemerkt werden. Menschen, die schon länger (unbehandelt) an der Zuckerkrankheit leiden, können beispielsweise schon bei Blutzuckerwerten von um die 100mg/dl typische Symptome der Hypoglykämie verspüren.

Umgekehrt verhält es sich z.B. bei untergewichtigen Personen: Sie sind Blutzuckerwerte unterhalb der 50mg/dl-Grenze manchmal schon gewöhnt und verspüren auch trotz niedriger Werte keinerlei Symptome. Für alle gilt dennoch: Fällt der Blutzuckerspiegel sehr rasch, merkt jeder etwas davon!

Symptome: Wie erkenne ich eine Unterzuckerung?

Viele von uns sind mit den Symptomen des Anfangsstadiums einer Unterzuckerung vertraut: Haben wir beispielsweise für längere Zeit keine Nahrung zu uns genommen, plagen uns Heißhunger, Magenschmerzen, Schwächegefühl, Zittern oder auch innere Unruhe, Konzentrationsschwäche sowie leichte Reizbarkeit. Welche Symptome auftreten und wie stark diese ausgeprägt sind, ist individuell verschieden.

Aus dem Englischen kommend, verbreitet sich im Übrigen auch im deutschsprachigen Raum der Begriff "hangry", der als Zusammensetzung aus den Worten "angry" (dt. wütend) und "hungry" (dt. hungrig) eine perfekte Beschreibung für die auftretenden Symptome bietet.

Bei einem echten gesundheitsgefährdenden Unterzucker kommen neben diesen bekannten Beschwerden noch weitere Symptome auf.

Zusammengefasst erkennt man die Auswirkung von geringen Blutzuckerwerten im Anfangsstadium typischerweise durch folgende Anzeichen:

  1. 01
    körperliche Symptome Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, Schwächegefühl, Zittern, Schwitzen, vergrößerte Pupillen, Herzrasen, erhöhter Blutdruck und schnelle Atmung
  2. 02
    psychisch-neurologische Symptome Heißhunger, Unruhe, Gemütsverstimmungen (Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche, Verwirrtheit)

Bei stärkerer Ausprägung machen sich dann auch weitere, schwerwiegendere Auffälligkeiten bemerkbar:

  • unbewusstes Grimassen ziehen, Greifen oder Schmatzen
  • Sprachstörungen, Sehstörungen (z.B.Doppelbildersehen), vorübergehende Lähmungserscheinungen
  • Krampfanfall
  • Schläfrigkeit

Die schwerste Form ist der sogenannte hypoglykämischer Schock. Dabei kommt es zu Bewusstlosigkeit und schlussendlich zu Atem- und Kreislaufstörungen. Dieser gilt also als vollkommene Notfallsituation und kann tödlich enden.

Welche Risiken und Komplikationen können bei Unterzuckerung auftreten?

Mögliche Schädigungen bei akuten Zuständen der Unterzuckerung

Eine Hypoglykämie ist ein ernstzunehmender, potenziell lebensbedrohlicher Zustand. Wird eine Unterzuckerung nicht rechtzeitig erkannt beziehungsweise nicht behandelt, können ernstzunehmende schwerste Komplikationen auftreten:

Während einer Hypoglykämie wird das Gehirn zu wenig mit Nährstoffen versorgt. Das kann zu ernsthaften Schäden am Gehirn führen. Diese äußern sich durch Kopfschmerzen, Krampfanfälle und trotz Beseitigung des Unterzuckers stunden- bis tagelang anhaltende Komazustände bis hin zum Tod.

Aber nicht nur das Gehirn wird bei einer Hypoglykämie geschädigt, sondern auch die Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System sind nicht zu unterschätzen. Es kommt zu einem Blutdruckanstieg und einem Herzfrequenzanstieg, was wiederum zu unregelmäßigem Herzschlag, erhöhtem Sauerstoffbedarf im Herzen, bis hin zum Herzinfarkt führen kann.

Vor allem nächtlichen Unterzuckerungen sollte große Beachtung geschenkt werden. Es gibt Daten, die zeigen, dass bei DiabetikerInnen gehäuft Todesfälle in der Nacht - vermutlich im Zusammenhang mit niedrigen Zuckerwerten im Schlaf - auftreten.

Auch auf die erhöhte Verletzungsgefahr im Rahmen niedriger Zuckerwerte muss hingewiesen werden. Schon bei leichten Formen von Hypoglykämie treten Schwindel und Schwäche auf. Das kann vor allem bei älteren Betroffenen leicht zu Stürzen mit Verletzungsfolgen, wie Knochenbrüchen oder Schädel-Hirn-Traumen, führen.

Besonders gefährlich ist das natürlich im Straßenverkehr. Für jeden Menschen mit Zuckerkrankheit gilt daher: Bei plötzlichem Auftreten von Unwohlsein während der Beteiligung am Straßenverkehr, MUSS unbedingt umgehend an einer sicheren Stelle angehalten und Gegenmaßnahmen getroffen werden!

Langzeitfolgen bei wiederholten Zuständen der Unterzuckerung

Aber auch die Langzeitfolgen von wiederholten Zuständen der Unterzuckerung sollten nicht unterschätzt werden.

Neueste Daten zeigen, dass bei wiederholten Unterzuckerungszuständen das Risiko von Folgeschäden am Herz-Kreislauf-System steigt. Auch ein Zusammenhang mit der Entwicklung von psychischen Problemen oder sogar einer Demenz wurde bei Menschen, die an wiederholten Unterzuckerungszuständen leiden, gefunden.

Zudem gibt es Hinweise, dass manche Erkrankungen, wie beispielsweise Migräne, Panikattacken und Angstzustände bei immer wiederkehrenden Episoden von Unterzucker verstärkt werden.

Zuletzt darf auch die eingeschränkte Lebensqualität nicht vergessen werden. Gerade bei schweren oder nächtliche Hypoglykämie-Episoden steigt bei Betroffenen die Angst vor einem erneuten Vorfall. Manchmal führt dies dazu, dass die wichtige Diabetes-Therapie selbstständig verändert wird, was wiederum auf lange Sicht zu einer verminderten Lebensqualität führen kann.

Die richtige Aufklärung über die Erkrankung ist daher eine der wichtigsten Grundsäulen der korrekten Diabetes-Therapie.

Behandlungsmöglichkeiten: Was hilft bei einer Unterzuckerung?

Notfallsituationen

Bei der Behandlung von einem gerade auftretenden Unterzucker wird zwischen leichten und schweren Formen der Hypoglykämie unterschieden.

Bei den leichten Formen ist der Patient noch bei Bewusstsein, ansprechbar, kooperativ und orientiert. Als Orientierungshilfe kann man bei Blutzuckerwerten <70mg/dl von leichten Unterzuckerungs-Formen ausgehen (natürlich je nach individueller Toleranz). Dabei wird darauf gesetzt, dass die Betroffenen sich noch selbst helfen können: Sie sollten sich den nötigen Zucker selbst zuführen.

Es sollte eine Kombination von schnell wirksamen und langsamer wirksamen Kohlenhydraten verwendet werden. Zuerst sollte zum schnellen Blutzuckeranstieg ein Glas gezuckertes Getränk, wie Limonade oder Fruchtsaft, beziehungsweise Traubenzucker, eingenommen werden.

Danach sollte noch ein eher langsam resorbiertes stark kohlenhydrathaltiges Lebensmittel, beispielweise ein Stück Brot, gegessen werden, damit nach dem anfänglichen Zucker-Hoch ein darauf folgendes rasch einsetzendes Zucker-Tief auch verhindert wird. Es müssen unbedingt regelmäßige Blutzuckerkontrollen erfolgen (etwa alle 15 Minuten) um einen anfänglichen "Zuckerschock" zu vermeiden.

Denn Achtung: Auch wenn der Blutzucker zuerst sehr schnell hohe Werte erreicht, sollten weitere Messungen erfolgen, um einen danach auftretenden, raschen Glucose-Abfall frühzeitig erkennen und darauf reagieren zu können.

Bei schweren Hypoglykämien sind die Betroffenen nicht mehr dazu fähig, sich selbst zu helfen. Der Blutzucker liegt in den meisten Fällen bei <54mg/dl. Sie sind darauf angewiesen, dass sie von außen Zucker zugeführt bekommen. Das bedeutet, sie müssen so schnell wie möglich zu einem geschulten Personal wie RettungssanitäterInnen, KrankenpflegerInnen oder ÄrztInnen kommen, um dort über die Vene Glukoselösungen zu erhalten.

Als Alternative zu Zuckerlösungen könnte auch Glucagon verabreicht werden. Das ist ein Hormon, das als natürlicher Gegenspieler des Insulins bekannt ist. Es kann in den Muskel, unter die Haut oder als Nasenspray verabreicht werden. Dieses Glucagon kann auch von zuvor geschulten Angehörigen bei einer schweren Form von Unterzuckerung im Notfall appliziert werden.

Vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Vorfälle

Nachdem ein Unterzuckerungsnotfall erfolgreich behandelt wurde, sollte man sich auch der Langzeitbehandlung bzw. Risikominimierung eines erneuten Auftretens zuwenden. Wiederholte Hypoglyzämien sind nämlich unbedingt zu vermeiden, da sie den Krankheitsverlauf massiv verschlechtern können.

Der Unterzuckerungsprävention sollte man sich übrigens nicht erst nach schon erfolgter Notfallsituation zuwenden. Sie ist ein großes Teilgebiet der Diabetesbehandlung bei SpezialistInnen!

Zu den Konzepten der Langzeittherapie zählen folgende:

  • PatientInnen-Edukation und Krankheitsschulung
  • regelmäßige Blutzuckerkontrolle (entweder durch Fingerstich oder neuere kontinuierliche Gewebezuckermessgeräte (CGM))
  • Das Setzen und Einhalten individueller Zielwerten des Blutzuckers gemeinsam mit den behandelnden ÄrztInnen
  • flexible Anpassungen der Insulin- bzw. oralen Blutzuckertherapie gemeinsam mit den behandelnden ÄrztInnen
  • kontinuierliche ärztliche Kontrollen in spezialisierten Diabeteszentren zur weiteren Therapieeinstellung

Glukagon-Spritze und -Nasenspray

Da das Medikament Glucagon in Notsituationen als gute Alternative für Glucose-Zufuhr gilt und es auch von geschulten Angehörigen verwendet werden kann, widmen wir uns dem Glucagon hier genauer: Glucagon ist ein Hormon, das als natürlicher Gegenspieler des Insulins bekannt ist. Im Körper bewirkt es also die genaue gegenteilige Wirkung vom blutzuckersenkenden Insulin. Als Medikament kann es als Nasenspray oder als Spritze in den Muskel oder unter die Haut verabreicht werden. Es ist unbedingt notwendig, dass es nur von zuvor geschulten FreundInnen oder Verwandten eingesetzt wird. Diese müssen fähig sein, einen Zustand von Unterzucker zu erkennen und das Glucagon auch fachgerecht zu applizieren. Im Normalfall führt die Anwendung von Glucagon innerhalb von 15 Minuten zu einer Besserung des Zustands. Glucagon sollte nur bei PatientInnen ohne Bewusstsein angewendet werden, die sich also nicht selber helfen können. Typische Nebenwirkungen des Glucagons sind Übelkeit und Erbrechen.

Damit diese Nebenwirkungen so gut es geht verhindert werden, sollte nach Erlangen des Bewusstseins sofort schnell wirksame Kohlenhydrate, also beispielsweise Traubenzucker oder, falls nicht vorhanden, ein Glas süßes Getränk zugeführt werden. Aber bitte Achtung: hier besteht aufgrund des möglichen Verwirrtheitszustands die Gefahr, sich zu verschlucken.

Unterzuckerungsnotfall: Erste-Hilfe-Schema

Ist man DiabetikerIn und besteht der Verdacht gerade an zu niedrigen Blutzuckerwerten zu leiden, kann man sich an diese Tabelle zum Vorgehen in einer Notsituation wenden:

Ursachen: Was führt zu einer Unterzuckerung?

Um tiefer ins Detail zu gehen, wenden wir uns kurz der normalen Körperfunktion in Bezug auf den Blutzucker zu: Der Zucker ("Glukose") gelangt primär über die Nahrungsaufnahme ins Blut und kann so nach Bedarf von den Körperzellen zur Energiegewinnung aufgenommen werden.

Überschüssige Glucose wird in Form von Glykogen (zur schnellen Energiebereitstellung im Bedarfsfall) gespeichert oder in Fett (als langsame Energiereserve) umgewandelt. Wird also über die Nahrungsaufnahme zu wenig Glucose ins Blut aufgenommen, verfügt der Körper über mehrere Mechanismen um selbst Glucose zu produzieren um ausreichend Energie für alle Zellen zu sichern.

Bei gesunden Erwachsenern entsteht durch diese komplexen Mechanismen also normalerweise extremst selten ein Unterzucker. Sollten also sehr niedrige Blutzuckerwerte auftreten, ist unbedingt eine weitere medizinische Abklärung erforderlich!

Ursachen für Unterzuckerungen bei Nicht-DiabetikerInnen

Die Ursachen für Unterzuckerungen bei Nicht-DiabetikerInnen sind vielfältig, kommen aber jedes für sich nur in Ausnahmefällen vor:

  • als häufigste Ursache für Unterzucker gelten überschießende Reaktionen auf Medikamente. Vor allem die Anwendung von manchen Diabetesmedikamenten, wie Sulfonylharnstoff und Insulin erhöht das Hypoglykämie-Risiko. Einige Menschen reagieren auch nach der Einnahme von manchen Herzkreislaufmedikamente, wie Betablocker oder ACE-Hemmer mit sehr niedrigen Blutzuckerwerten. Wird die Einnahme von Medikamenten als Auslöser suspiziert, sollte im Übrigen der Grund der Einnahme (vor allem mit Augenmerk auf selbstverletzende Absichten) genauer unter die Lupe genommen werden.
  • manchmal steckt eine bis lang unerkannte Zuckerkrankheit im Frühstadium hinter einem auftretenden Unterzucker
  • übermäßiger Alkoholkonsum, vor allem in Form von tagelangen Alkoholexzessen oder Alkoholabhängigkeit kann schwere Unterzuckerungen hervorrufen
  • Unterzucker können bei PatientInnen mit schweren Herz-, Leber- oder Nierenerkrankungen sowie Magenentleerungsstörungen vorkommen
  • Schwere Mangelernährung, beispielsweise im Rahmen der Magensucht kann zu Unterzuckerungen führen
  • Im Rahmen einer Blutvergiftung ("Sepsis") kann es zu einer Zuckerstoffwechselstörung und damit zu Unterzucker kommen
  • eine schwere Schilddrüsenunterfunktion (lat. Hypothyreose) - beispielsweise im Rahmen einer Hashimoto-Ekrankung - führt zu einer Reduktion des gesamten Stoffwechsels. Bevor es zu Einschränkungen des Zuckerhaushalts kommt, treten typische Smyptome wie Frieren, leichte Ermüdbarkeit, Schwäche, Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme oder Veränderungen in der Haar- und Hautstruktur auf
  • in seltenen Fällen können Tumore der Bauchspeicheldrüse (dem Bildungsort des Insulins) - sogenannte "Insulinome" - überschießende Mengen an Insulin produzieren, die zu Hypoglykämien führen. In ganz seltenen Fällen kann eine Unterzuckerung auch durch andere Wucherungen, die zur selbstständigen Freisetzung von Insulin in der Lage sind, provoziert werden.
  • Bei einer Störung der Nebennierenrinde oder der Hirnanhangsdrüse kann es zu schweren Hormon- und Stoffwechselstörungen - unter anderem Hypoglykämien durch Cortisolmangel - kommen. Das wird dann Addison-Krise genannt.
  • Nach einer operativen Magenverkleinerung kann das sogenannte Dumping-Syndrom auftreten, bei dem es nach Nahrungsaufnahme zu plötzlichen, rasanten Blutzuckerabfällen kommt

Ursachen für die Entstehung von Hypoglykämien bei DiabetikerInnen

Aber auch bei DiabetikerInnen sollte bei jeder Hypoglykämie die Ursache ausgeforscht werden! Bei DiabetikerInnen kommen sehr niedrige Blutzuckerwerte wesentlich häufiger vor - vor allem bei lange bestehender Zuckerkrankheit, älteren oder schwer kranken Menschen.

Dies sind die Gründe für die Entstehung von Hypoglykämien bei DiabetikerInnen:

  • Die häufigste Ursache für Unterzucker ist eine Überdosis von Diabetesmedikamenten. Vor allem Sulfonylharnstoffe und Insulinspritzen haben ein hohes Potential einer Hypoglykämie. Insbesondere bei unerwartet hohe körperliche Aktivität, veränderten Essgewohnheiten (weniger Nahrungszufuhr) oder akuten Krankheitszuständen muss besonders auf eine korrekte Insulingabe geachtet werden!
  • Bei einer fälschlichen Anwendung von Diabetesmedikamenten, beispielsweise wenn Insulin versehentlich in den Muskel statt ins Fettgewebe unter der Haut gespritzt wird, kann ebenfalls ein Unterzucker entstehen. Das häufig verschriebene Blutzuckermedikament "Metformin" führt bei alleiniger Anwendung im Übrigen NICHT zu Unterzuckerungen!
  • Kommt es zu Veränderung im gewohnten Tagesablauf bezogen auf die sportliche Belastung oder Gewohnheiten in der Nahrungsaufnahme (z.B. Weglassen einer Mahlzeit, ungewöhnlich wenige Kohlenhydrate), kann unter Umständen ein zu geringer Blutzuckerwert entstehen.
  • übermäßiger Alkoholkonsum führt vor allem bei PatientInnen mit Diabetes mellitus häufiger zu Unterzuckerung
  • gestörte Aufnahmefähigkeit der gegessenen Nahrung im Darm, beispielsweise im Rahmen einer Magen-Darm-Grippe, Durchfallerkrankung oder Magenentleerungsstörungen.

Nächtliche Unterzuckerungen: Was kann ich tun?

Dass man als Diabetiker bzw. Diabetikerin Angst davor hat, im Schlaf plötzlich einen Unterzucker zu entwickeln, ist verständlich.

Insgesamt gilt: Um Unterzuckerungen aus dem Schlaf heraus zu vermeiden, gilt in erster Linie die gesamte Erkrankung in den Griff zu bekommen. Eine optimale Blutzuckereinstellung hilft, auch nächtliche Episoden von Unterzucker zu vermeiden.

Ist der Blutzucker nach eigenem und ärztlichem Befinden gut eingestellt? Kommt man mit der Ernährungs- und medikamentösen Therapie an sich gut klar und hat untertags keine Probleme mit zu niedrigen oder zu hohen Blutzuckerwerten? Bestehen trotzdem immer wieder typische Symptome wie morgendliche Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerz? Dann sollte man dem Verdacht von zu niedrigen Blutzuckerwerten im Schlaf unbedingt nachgehen!

Einerseits könnte man zwischen 2 und 3 Uhr nachts den Blutzucker mittels Fingerstich messen. Einfacher geht es natürlich, wenn man kontinuierliche Glucosemesssysteme (CGM) verwendet (Bei Interesse an einem CGM sollte man mit dem behandelnden Ärzteteam Rücksprache halten.)

Stellt man dann fest, dass zu niedrige Blutzuckerwerte tatsächlich hauptsächlich nachts auftreten, gibt es einige Tipps, die zur Vermeidung von Hypoglykämien in der Nacht beitragen können.

  • Auf leicht erhöhte Blutzuckerwerte vor dem Zu-Bett-Gehen sollte geachtet werden
  • Beim Abendessen sollten keine schnell wirksame Kohlenhydrate (Weißmehl, Zucker, süße Getränke,...) aufgenommen werden. Eher sollte auf langsam wirkende Kohlenhydrate, zum Beispiel Vollkornprodukte, zurückgegriffen werden.
  • Kein Alkohol am Abend
  • Vermeiden von abendlichen Sporteinheiten
  • Bei Insulintherapie: Vorsichtig mit der Korrektur von erhöhte Blutzuckerwerten am Abend! Bei immer wieder auftretenden Episoden von nächtlichen Unterzuckerungen sollte in Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin eine bestehende Insulintherapie angepasst oder umgestellt werden.
  • CGM-Geräte mit Alarmfunktion verwenden: Manche CGM-Systeme haben bei geringen Blutzuckerwerten eine Alarmfunktion. Dadurch erwacht man nachts und kann aktiv gegensteuern.

Unterzucker im Straßenverkehr

Gerade im Straßenverkehr ist das Auftreten von Unterzuckerungen sehr gefährlich. Unterzuckerungen lösen nämlich Symptome wie Schwäche, Konzentrationsschwäche, Müdigkeit bis hin zur Verwirrtheit aus. Man kann sich schon vorstellen, dass das zu gefährlichen Situationen beim Autofahren oder auch Radfahren führen kann.

Im Normalfall sollten Zustände der Hypoglykämie durch korrekte Medikamenteneinstellung bei bekannter Zuckererkrankung eigentlich nicht auftreten. Manchmal hat man noch nicht die optimale Blutzuckereinstellung für sich gefunden, wodurch es bis zur richtigen Medikamenten-Einstellung zu Blutzuckerschwankungen kommen kann.

Wenn man also schon weiß, dass man immer wieder zu niedrigen Blutzuckerwerte mit entsprechenden Symptomen neigt, sollte man vor Teilnahme am Straßenverkehr folgende Maßnahmen beachten:

  • keine schnellen Kohlenhydrate (Süßigkeiten, gesüßte Getränke, Schokolade) vor Fahrtbeginn
  • Blutzuckermessung vor dem Losfahren
  • Bei Anzeichen von Unterzuckerung unbedingt stehen bleiben und Gegenmaßnahmen starten. Ist eine Weiterfahrt geplant, sollte man nicht auf schnell wirksame Kohlenhydrate alleine zurückgreifen, sondern diese immer mit langsam wirksamen Kohlenhydraten kombinieren. Damit verhindert man einen "Zuckerschock" mit anschließenden rasanten Zuckerabfall.
  • einen "Notfallsnack" in Form von schnell wirkende Kohlenhydraten (Traubenzucker, gezuckerte Getränke) immer griffbereit haben um im Ernstfall gegen die Symptome handeln zu können. Trotzdem sollte bei Anwendung immer ein langwirksamens Kohlenhydrat zusätzlich gesnackt werden.

Wie kann ich eine Unterzuckerung vorbeugen?

Für jeden Menschen gilt, dass bei Anzeichen von zu wenig Zucker im Blut (Unruhe, Schwächegefühl, Zittern, Heißhungerattacken,...) die Aufnahme von Kohlenhydraten, insbesondere die Zuckeraufnahme den Symptomen entgegensteuern kann.

Gerade für PatientInnen, die an einer Zuckerkrankheit leiden, gilt dabei, dass keine übermäßige Zufuhr von zu vielen Kohlenhydraten, insbesondere schnell wirksamen Zuckern, zur Korrektur vorgenommen werden sollte. Dies dient dazu, einen zu hohen, zu schnellen Blutzuckeranstieg und den darauffolgenden Zuckerabfall zu verhindern.

Ist bereits eine Zuckerkrankheit bekannt, bestehen mehrere Empfehlungen, um für einen Notfall bestmöglich vorbereitet zu sein:

  • Das nähere soziale Umfeld sollte über die Erkrankung und über Maßnahmen, die bei Notfällen notwendig sind, informiert werden.
  • Es ist sinnvoll, gleich nach erfolgter Diagnosestellung besonders auf seinen Blutzucker und die körperlichen Auswirkungen in gewissen Situationen zu achten. Fällt man z.B. häufig nach dem Essen von bestimmten Mahlzeiten in ein "Zuckerloch" oder misst man nach der geliebten Joggingrunde häufig niedrige Blutzuckerwerte? In diesen Fällen kann man schon vor Auftreten von Symptomen in Zukunft gegenwirken!
  • Es besteht die Möglichkeit, sich einen Diabetes-Notfallausweis zu besorgen. Dieser soll zu Hilfe kommenden Personen über die Diabetes-Erkrankung informieren, sodass die passende Hilfe schnell gefunden werden kann. Ausweise kann man über den behandelnden Arzt/-ärztin, HausärztInnen oder im Internet erlangen.
  • Weiters besteht die Empfehlung immer ein Notfallpäckchen mitzunehmen. In diesem Notfallpäckchen sollte Traubenzucker, ein Blutzuckermessgerät und eventuell ein aktuell gültiger Behandlungsplan auf jeden Fall eingepackt sein. Je nach Absprache mit dem behandelnden Ärzteteam könnte auch ein Glucagon-Nasenspray und bei Insulinpflicht ein Insulin-Pen bzw. nötige Ersatzprodukte mit eingepackt werden.
  • Bei sich anbahnenden Attacken eines Unterzuckers, sollte man solange es noch geht, das aktuelle Umfeld über den gesundheitlichen Zustand informieren, sodass im Ernstfall gleich Hilfe angeboten werden kann.
  • Bei wiederkehrenden Unterzuckerungen sollte man seinen Arzt/seine Ärztin darauf aufmerksam machen, damit die Behandlungsstrategie nochmals evaluiert und gegebenenfalls umgestellt werden kann.
  • Gerade langjährige DiabetikerInnen mit schwankenden Blutzuckerwerten und häufigen Hypoglykämien können eine sogenannte "Hypo-Wahrnehmungsstörung" entwickeln. Das bedeutet, dass der niedrige Blutzuckerwert gar keine körperlichen Auswirkungen mehr hat, bis es plötzlich zum Bewusstseinsverlust kommt. Dann hilft ein spezielles "Hypo-Wahrnehmungstrainings", womit die Interpretation der Warnsignale des Körpers wieder erlernt werden sollen. Solche Trainings sind normalerweise im Diabetes-Zentren absolvierbar. Über die behandelnden SpezialistInnen können mehr Information gesammelt werden.
  • Manchen Menschen helfen Selbsthilfegruppen um durch Erfahrungsberichte anderer Tipps und Tricks im Umgang mit der Zuckerkrankheit zu erlangen.

Unterzuckerung ohne Diabetes: Geht das?

Vor allem sehr schlanke Menschen berichten häufiger von Unterzuckerungs-ähnlichen Symptomen, wenn länger keine Nahrung zugeführt wurde. Viele von uns kennen dann Beschwerden wie Zittern, Schwäche, Unruhe, Blässe, Herzklopfen und Heißhungern. Auch wenn der Blutzucker in diesen Fällen oft im niedrigen Normalbereich ist, deutet das nicht auf einen hypoglykämischen Notfall hin.

Es sind einige spezifische Situationen bekannt, durch welche es häufiger zu so einem "unechten Unterzucker" kommt:

  • Bei Fasten/ während Diäten
  • nach übermäßigem Alkohol oder Kaffeekonsum
  • bei oder nach anstrengenden, langdauernden Sporteinheiten
  • nach der Zufuhr von großen Portionen insbesondere schnell wirksamer Kohlenhydrate (nach dem "Zuckerschock" folgt das "Zuckertief")

Als gesunder Mensch kann man diesen Zuständen durch Nahrungsaufnahme schnell entgegen wirken. Man sollte dabei nur aufpassen, nicht zu schnell zu süße Lebensmittel zu vernaschen, die den Blutzucker hochschnellen und ebenso schnell wieder fallen lassen können.

Selbst wenn nicht sofort Zucker von außen zugeführt wird, ist der Körper beim gesunden Menschen dazu in der Lage, Zucker selbst herzustellen, sodass keine Unterzuckerungen entstehen können.

Eine "echte Unterzuckerung" ohne bekannter Zuckerkrankheit kommt nur extrem selten vor. Sie äußert sich durch die typische "Whipple-Trias": der Blutzucker liegt unter 50mg/dl, es treten typische Symptome der Unterzuckerung auf UND mit der Zufuhr von Zucker tritt eine Besserung dieser Symptome ein. Bei jedem Auftreten von echter Unterzuckerung muss eine umfangreiche Abklärung erfolgen!

Die Ursachen für Unterzuckerungen bei Nicht-DiabetikerInnen sind so selten wie vielfältig.

  • als häufigste Ursache für Unterzucker gelten überschießende Reaktionen auf Medikamente. Vor allem die Anwendung von manchen Diabetesmedikamenten, wie Sulfonylharnstoff und Insulin erhöht das Hypoglykämie-Risiko. Manche Menschen reagieren auch nach der Einnahme von manchen Herzkreislaufmedikamente, wie Betablocker oder ACE-Hemmer mit sehr niedrigen Blutzuckerwerten. Nachdem Nicht-DiabetikerInnen im Normalfall keine Blutzuckermedikamente einnehmen, muss an dieser Stelle auf die absichtliche Selbstschädigung durch Medikamente (möglicherweise in suizidaler Absicht) hingewiesen werden.
  • manchmal steckt eine bis lang unerkannte Zuckerkrankheit im Frühstadium hinter einem auftretenden Unterzucker
  • übermäßiger Alkoholkonsum, vor allem in Form von tagelangen Alkoholexzessen oder Alkoholabhängigkeit kann schwere Unterzuckerungen hervorrufen
  • Unterzucker können bei PatientInnen mit schweren Herz-, Leber- oder Nierenerkrankungen sowie Magenentleerungsstörungen vorkommen
  • eine schwere Schilddrüsenunterfunktion (lat. Hypothyreose) - beispielsweise im Rahmen einer Hashimoto-Ekrankung - führt zu einer Reduktion des gesamten Stoffwechsels. Bevor es zu Einschränkungen des Zuckerhaushalts kommt, treten typische Smyptome wie Frieren, leichte Ermüdbarkeit, Schwäche, Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme oder Veränderungen in der Haar- und Hautstruktur auf.
  • Schwere Mangelernährung, beispielsweise im Rahmen der Magensucht kann zu Unterzuckerungen führen
  • Im Rahmen einer Blutvergiftung ("Sepsis") kann es zu einer Zuckerstoffwechselstörung und damit zu Unterzucker kommen
  • in seltenen Fällen können Tumore der Bauchspeicheldrüse (dem Bildungsort des Insulins) - sogenannte "Insulinome" - überschießende Mengen an Insulin produzieren, die zu Hypoglykämien führen. In ganz seltenen Fällen kann eine Unterzuckerung auch durch andere Wucherungen, die zur selbstständigen Freisetzung von Insulin in der Lage sind, provoziert werden.
  • Bei einer Störung der Nebennierenrinde oder der Hirnanhangsdrüse kann es zu schweren Hormon- und Stoffwechselstörungen - unter anderem Hypoglykämien durch Cortisolmangel - kommen. Das wird dann Addison-Krise genannt.
  • Nach einer operativen Magenverkleinerung kann das sogenannte Dumping-Syndrom auftreten, bei dem es nach Nahrungsaufnahme zu plötzlichen, rasanten Blutzuckerabfällen kommt

Bei Neugeborenen, Babys oder Kindern gibt es noch weitere extremst seltene, angeborene Ursachen, die ohne Zuckerkrankheit zu wiederholten, teils schweren Zuständen der Unterzuckerung führen:

  • angeborene Stoffwechselerkrankungen, den Fett- oder Insulin-Metabolismus betreffend
  • angeborene Störungen der Glukoneogenese (also der körpereigenen Herstellung von Blutzucker nach Zeiten von Fasten)
  • Vergiftungen
  • falsche Medikamenteneinnahme
  • akute, kritische Erkrankungszustände

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Vermeidung von Unterzuckerung?

Die richtige Ernährung spielt eine sehr große Rolle bei der Vermeidung von Unterzuckerungen. Diabetikern und Diabetikerinnen sollten sich darüber bewusst sein, dass eine übermäßige Zufuhr von großen Nahrungsmengen, insbesondere schnell wirksamer Kohlenhydrate, wie sie in Süßigkeiten, Mehlspeisen, Fruchtsäften, gezuckerten Limonaden oder Schokolade zu finden sind, unbedingt vermieden werden sollte.

Diese führen nämlich zu einem raschen, hohen Blutzuckeranstieg. Dieser ist wiederum der Grund, warum der Blutzucker in der Folge wieder rasch sinken und ein gefährlicher Unterzucker entstehen kann. Besteht eine Insulinpflicht, sollte man sich überdies darüber im Klaren sein, wie viele Broteinheiten bzw. Kohlenhydrate die eingenommene Mahlzeit circa beinhaltet, sodass man die Insulineinstellung genau darauf abstimmen kann.

Letzte Änderung: 22. November 2023

Quellen

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