Experteninterview mit Susanne Breuer
Susanne Breuer ist derzeit im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln, Nordrhein-Westfalen, Deutschland, tätig, eine Position, die sie seit August 2011 innehat. Zuvor arbeitete sie von Februar 2002 bis Juli 2011 im gleichen Bereich beim DIMDI, ebenfalls in Köln.
Ihre akademische Ausbildung umfasst einen Master of Health Administration in Gesundheitswissenschaften und Gesundheitskommunikation, den sie zwischen 2009 und 2011 an der Universität Bielefeld absolvierte. Zuvor erwarb sie ein Diplom in Biologie mit Schwerpunkt Zoologie und Paläontologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (1985–1991).
Das IQWiG ist ein unabhängiges Institut, dass sich auf die Untersuchung des Nutzens und Schadens medizinischer Maßnahmen für Patientinnen und Patienten konzentriert. Es informiert über die Vor- und Nachteile von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren durch wissenschaftliche Berichte und allgemein verständliche Gesundheitsinformationen. Das Institut legt besonderen Wert auf Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und überprüft objektiv die Vor- und Nachteile medizinischer Leistungen. Seit seiner Gründung im Jahr 2004 erstellt das IQWiG unabhängige, evidenzbasierte Gutachten zu verschiedenen Themen, einschließlich Arzneimitteln, nichtmedikamentösen Behandlungsmethoden, Diagnose- und Früherkennungsverfahren sowie Behandlungsleitlinien und Disease Management Programmen.
Was ist die Hauptaufgabe des IQWiG im Gesundheitswesen?
Das unabhängige Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht den Nutzen und den Schaden von medizinischen Maßnahmen für Patientinnen und Patienten. Über die Vorteile und Nachteile von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren informieren wir in Form von wissenschaftlichen Berichten (auf www.IQWiG.de) und allgemein verständlichen Gesundheitsinformationen (auf www.gesundheitsinformation.de).
Wie bewertet das IQWiG, den Nutzen und Schaden von medizinischen Verfahren?
Das IQWiG hat unter anderem den gesetzlichen Auftrag, Vor- und Nachteile von medizinischen Verfahren zu bewerten, also zum Beispiel verschiedene Arzneimittel oder Operationsverfahren untereinander zu vergleichen. Dafür suchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts in der internationalen Fachliteratur systematisch nach Studien, in denen die gefragten Vergleiche beschrieben sind. Für die Auswahl und Bewertung der Studien nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Methoden der evidenzbasierten Medizin. Mit dieser internationalen Standardmethode lässt sich einschätzen, wie zuverlässig das vorhandene Wissen tatsächlich ist.
Wichtig ist dabei: Das IQWiG führt keine eigenen klinischen Studien mit Patientinnen und Patienten durch. Vielmehr sucht das Institut aus den vorhandenen Studien systematisch diejenigen heraus, die ausreichend verlässliche Ergebnisse liefern. Aus diesen Ergebnissen entsteht dann ein zusammenfassendes Gutachten.
Das IQWiG publiziert alle Ergebnisse auf seinen Webseiten und richtet sich damit sowohl an Fachleute und Akteure aus dem Gesundheitswesen als auch direkt an Bürgerinnen und Bürger. Es stellt damit Wissen zur Verfügung, das es allen Beteiligten im Gesundheitswesen ermöglichen soll, informierte Entscheidungen über Untersuchungen und Behandlungen zu treffen.
Welche Rolle spielen Patientenperspektiven in der Arbeit des IQWiG?
Unabhängig. Patientenorientiert. Evidenzbasiert. Das sind die wichtigsten Grundsätze unserer Arbeit im IQWiG. Wie wir diese Grundsätze bei unseren Nutzenbewertungen umsetzen, erklären wir hier kurz und knapp. Detaillierte Informationen zu unserer Arbeitsweise finden Sie in den Methodenpapieren des Instituts.
Bei der Bewertung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode ist der Nutzen für die Patientinnen und Patienten das zentrale Kriterium. Wird durch die Maßnahme das Leben verlängert oder werden Beschwerden verringert? Wird die Lebensqualität von Patienten verbessert? Um diese Fragen zu beantworten, fragen wir regelmäßig Betroffene nach ihrer Perspektive: https://www.iqwig.de/sich-einbringen/betroffenensicht-einbringen/ .
Darüber hinaus stellt sich bei der Bewertung die Frage, wie Patientinnen und Patienten die verschiedenen Aspekte, zum Beispiel Schmerzreduktion oder Nebenwirkungen gewichten. Das IQWiG hat deshalb Methoden getestet, wie sich solche Patientenpräferenzen ermitteln lassen.
Mit seinen Gesundheitsinformationen informiert das Institut neutral über den Stand des medizinischen Wissens, um eine informierte Entscheidung über medizinische Maßnahmen für Patientinnen und Patienten zu ermöglichen.
Bürgerinnen und Bürger können beim ThemenCheck Medizin des IQWiG auch selbst medizinische Themen für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren vorschlagen. Betrifft ein Vorschlag eine dringende und noch offene medizinische Frage, entsteht in Zusammenarbeit mit externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dazu ein ThemenCheck-Bericht.
https://www.iqwig.de/sich-einbringen/themencheck-medizin/
Welche Einfluss haben Gutachten die das IQWiG erstellt für die Finanzierung von medizinischen Verfahren?
Das IQWiG ist ein fachlich unabhängiges wissenschaftliches Institut. Das heißt, keine Interessengruppe kann die Ergebnisse der vom Institut erstellten Gutachten beeinflussen.
Aufträge darf das IQWiG ausschließlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) oder vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) annehmen.
Der G-BA ist das oberste Beschlussgremium der sogenannten Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und entscheidet zum Beispiel darüber, welche medizinischen Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
Die Ergebnisse der Aufträge des G-BA werden als Berichte, Rapid Reports (Schnellberichte), Dossierbewertungen oder Potenzialbewertungen veröffentlicht.
Das Institut kann aber auch in eigener Regie Fragen von grundlegender Bedeutung aufgreifen und bearbeiten. Dazu wurde ihm vom G-BA 2004 ein sogenannterGeneralauftrag erteilt. Ergebnisse dieser Projekte werden als Arbeitspapiere veröffentlicht.
Das IQWiG entscheidet als nicht über die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen, sondern erstellt Gutachten als wissenschaftliche Evidenzgrundlage für die Entscheidungen des G-BA und des BMG. Die Berichte über den Nutzen von medizinischen Maßnahmen im Auftrag des G-BA enthalten als Fazit eine Empfehlung an den G-BA, ob ein (Zusatz-)Nutzen vorhanden ist.
Darüber hinaus kann das Institut auch den Auftrag erhalten zu prüfen, ob dieser Zusatznutzen (also ein Mehrwert) die Kosten rechtfertigt, und dazu ebenfalls eine Empfehlung an den G-BA abgeben. Das IQWiG trifft dann aber nicht die Entscheidung, ob die Kosten einer Leistung von den Krankenkassen erstattet werden. Das entscheidet allein der G-BA.
Wie wird das IQWiG finanziert?
Finanziert wird das IQWiG durch Zuschläge für stationäre und ambulante medizinische Behandlungen, also letztlich aus den Beiträgen der Mitglieder aller Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Die Höhe der Zuschläge legt der G-BA jährlich fest.