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Diabetes Typ 1: Anzeichen & Symptome

Profilbild von Leyla Al-Sayegh Geschrieben von Leyla Al-Sayegh
  • Typ-1-Diabetes entsteht in den allermeisten Fällen durch eine Fehlregulation des Immunsystems, weswegen er zu den Autoimmunerkrankungen zählt. Deswegen sind oft schon Kinder oder Jugendliche von der Erkrankung betroffen.
  • Symptome entwickeln sich meist relativ schnell. Typisch für Diabetes mellitus sind erhöhter Harndrang, vermehrtes Durstgefühl sowie ein allgemeines Schwächegefühl, Konzentrationsschwierigkeiten und Leistungsknick.
  • Durch erhöhte Blutzuckerwerte und dem Auftreten von Autoimmun-Antikörpern kann ein Diabetes mellitus Typ 1 auch schon vor Auftreten von Symptomen diagnostiziert werden.
  • Als schwerwiegendste erste Manifestation gilt die diabetische Ketoazidose - eine lebensbedrohliche Stoffwechsel-Störung, die umgehend von medizinischen Fachpersonal behandelt werden muss.
  • Die richtige Blutzuckereinstellung muss vor allem zur Vermeidung von Langzeitschäden an verschiedenen Organen, allen voran der Niere, Nerven, Augen und Beinen erfolgen, sodass ein langes, beschwerdefreies Leben gewährleistet werden kann.

Im Unterschied zum Typ 2 Diabetes mellitus wird die Entstehung des Diabetes mellitus Typ 1 NICHT durch den eigenen Lebensstil beeinflusst! Die Typ 1 Zuckerkrankheit wird durch das Zusammenspiel von gewissen Umweltfaktoren und genetischer Vorbelastung ausgelöst. Aus diesem Grund erkranken in der Vielzahl der Fälle schon Kinder und Jugendliche am Diabetes mellitus Typ 1.

Der Typ 1-Diabetes kann sich dabei in verschiedenen Schweregraden äußern. Die Erstmanifestation reicht von Zufallsbefunden bis hin zu einer schwerwiegenden Stoffwechselentgleisung, der sogenannten diabetischen Ketoazidose.

Es ist wichtig, die Symptome des Diabetes mellitus Typ 1 zu kennen, um im Ernstfall rasch reagieren zu können beziehungsweise damit die Therapieeinstellung möglichst gut funktioniert.

Was macht Typ-1-Diabetes zu einer Autoimmunerkrankung?

In 95% der Fälle kann der Typ-1-Diabetes den Autoimmunerkrankungen zugewiesen werden.

Das Immunsystem ist sehr komplex und besteht aus verschiedenen Mechanismen, die alle zur Abwehr von schädigenden Erregern oder Stoffen von außen beitragen. Ein Teil des Abwehrsystems wird spezielles Immunsystem genannt und funktioniert vereinfacht gesagt, indem unser Körper sogenannte "Antikörper" produziert, die schädigende Eindringlinge bekämpfen.

Diese Antikörper werden von speziellen weißen Blutzellen ausgebildet und sind erregerspezifisch (d.h. für jede Art von Erreger werden eigene, nur diesen Erreger abwehrende Antikörper vom Körper hergestellt).

Eine Autoimmunerkrankung entsteht aus einem „Fehlverhalten“ des Immunsystems, bei dem sich diese Antikörper fälschlicherweise nicht nur gegen Erreger von außen, sondern gegen körpereigene Strukturen wenden. Sie werden dann "Auto-Antikörper" (griechisch "auto = selbst") genannt.

Je nach Erkrankung werden verschiedene Arten von Auto-Antikörpern produziert, die sich eben dann gegen verschiedene Gewebe richten und diese zerstören, bis das betroffene Organ seiner normalen Funktion nicht mehr regelrecht nachgehen kann.

Im Falle des Autoimmun-Diabetes wenden sich vereinfacht gesagt durch diesen Fehlmechanismus Antikörper gegen die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Diese Zellen finden sich grüppchenweise in der Bauchspeicheldrüse, weswegen sie auch "Inselzellen bzw. "Langerhans-Inseln" genannt werden.

Durch die Zerstörung diese Inselzellen wird die Insulinproduktion im Krankheitsverlaufs immer weiter reduziert, bis gar kein Insulin mehr hergestellt werden kann.

Das Insulin ist ein unglaublich wichtiges Hormon für den Körper. Man kann sich das Insulin wie den Hauptschlüssel zur Toröffnung für Blutzucker in jeder Zelle vorstellen: Erst durch das Insulin kann Glucose in die Zelle eintreten um dort für die Energiegewinnung genutzt zu werden.

Der Autoimmun-Mechanismus beim Diabetes-mellitus Typ1 kurz erklärt: Durch Autoantikörper gibt es wenig Insulin. Ohne Insulin gelangt der lebensnotwendige Zucker nicht in die Zellen. Die Zellen können ohne Zucker keine Energie gewinnen. Der Körper kann ohne Energie nicht weiter funktionieren.

Im tiefer ins Detail zu gehen, gibt es nicht nur eine Unterart von Autoantikörper, die sich gegen die Insulinproduktion wenden, sondern mehrere unterschiedliche Gruppen, die man im Blut durch modernste Techniken schon auffinden kann:

  • Inselzell-Antikörper (ICA)
  • Insulin-Auto-Antikörper (IAA)
  • Glutamatdecarboxylase-Antikörper (GADA)
  • Tyrosin-Phosphatase-Antikörper IA2 (IA2A)
  • Zinktransporter-8-Antikörper (ZnT-8A)

Bei vielen Betroffenen können schon vor Ausbruch der Erkrankungssymptome Antiköper im Blut nachgewiesen werden. Daher gelten gesunde Individuen, bei denen ein oder mehrere dieser Autoantikörper im Blut nachgewiesen werden, als sehr gefährdet, später an Diabetes mellitus Typ 1 zu erkranken. Der Nachweis dieser Autoantikörper dient daher der Früherkennung der Erkrankung.

In ganz seltenen Fällen (etwa 5%) kann keine Autoimmun-Reaktion als zugrundeliegender Mechanismus festgestellt werden. In diesem Fall wird die Erkrankung als "idiopathisch" (also ohne Ursachenfindung) beschrieben. Wie es hierbei zur Entwicklung der Erkrankung kommt, konnte trotz intensiver Forschung noch nicht festgestellt werden.

Früherkennung: Was sind typische erste Anzeichen für Typ-1-Diabetes?

Der Typ-1-Diabetes kann sich typischerweise auf drei verschiedene Arten präsentieren.

  1. 01
    Typische Diabetes-Symptomatik Am häufigsten wird der hohe Blutzucker durch die relative rasche Entwicklung von typischen Diabetes-Beschwerden innerhalb weniger Wochen oder gar Tagen bemerkt.
  2. 02
    Die diabetische Ketoazidose Das ist die bedrohlichste Form der Erstmanifestation. Betroffene leiden an plötzlicher Bewusstseinseintrübung und brauchen dringend medizinische Hilfe.
  3. 03
    Zufallsbefund bei Beschwerdefreiheit Es kann auch sein, dass Erkrankte erstmal keinerlei Beschwerden verspüren und die Diagnose durch einen Zufallsbefund - beispielsweise erhöhte Blutzuckerwerte in einer Routinekontrolle - gestellt wird.

1. Typische Symptomatik

Grundsätzlich entwickelt sich Symptome bei Typ 1 Diabetes mellitus eher rasch. Neue Beschwerden treten oft innerhalb von Wochen oder gar nur Tagen auf. Verursacht werden die Symptome durch die hohen Blutzuckerwerte, die zu Veränderungen in der normalen Organfunktion im Körper führen.

Klassische frühe Symptome beim Diabetes mellitus sind:

  • häufiges Harnlassen ("Polyurie")
  • übermäßiges Durstgefühl ("Polydipsie")
  • Gewichtsverlust trotz Heißhunger und gutem Essverhalten
  • allgemeine Schwäche, Krankheitsgefühl, Konzentrationsschwierigkeiten und Leistungsknick, Kopfschmerzen

Der Typ 1 Diabetes kann auch schon bei sehr kleinen Kindern auftreten. Hier ist eine Einordnung der Symptome oft schwieriger, weil sich die jungen Betroffenen natürlich nicht so gut über ihre Beschwerden äußern können.

Daher ist bei Kleinkindern, die ungewöhnlich feuchte Windeln (auch nachts), (nächtliches) Einnässen, Gewichtsverlust trotz gutem Essverhalten und unspezifischen heftigen Bauchschmerzen haben, an eine Zuckerkrankheit zu denken.

Auch das Auftreten von Hautausschlägen in der Leiste durch eine Pilzinfektion kann dann (insbesondere bei Kleinkindern mit Windeln) einen Hinweis auf erhöhte Blutzuckerwerte geben.

2. Die diabetische Ketoazidose

Die diabetische Ketoazidose ist ein lebensgefährlicher Zustand, der durch eine Stoffwechselentgleisung entsteht. Er geht mit einer Veränderung des Bewusstseins (bis hin zum Koma) einher und bedarf sofortiger medizinische Hilfe.

Die diabetische Ketoazidose präsentiert sich durch folgende Symptome:

  • stärkere Ausprägung der typischen Diabetes-Symptome (Durst, Harndrang, Untergewicht)
  • starke Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
  • Veränderungen im Bewusstseinszustand: starke Müdigkeit, Schläfrigkeit bis zum Bewusstseinsverlust
  • schnelle, tiefe Atemzüge (sogenannte "Kussmaulsche" Atmung)
  • süßlich-fruchtiger Geruch in der Ausatemluft, auch als "Acetongeruch" bezeichnet

Daten zeigen, dass sich etwa 30 Prozent der an Typ-1-Diabetes erkrankten Personen durch eine diabetische Ketoazidose erstmanifestieren. Besonders Kleinkinder unter sechs Jahren und mit niedrigem sozioökonomischen Status sind davon betroffen.

3. Zufallsbefund bei Beschwerdefreiheit

Die Diagnose Diabetes mellitus Typ 1 kann theoretisch schon vor dem Auftreten von Symptomen oder gar vor erhöhten Blutzuckerwerten gestellt werden.

Das ist allerdings äußerst selten und erfolgt nur durch regelmäßige Kontrollen bei Kindern mit hohem Erkrankungs-Risiko, beispielsweise weil beide Eltern an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt sind. Zum einen kann natürlich ein erhöhter Blutzuckerwert in regelmäßigen Laborkontrollen schon vor Auftreten der Symptome auf einen bereits bestehenden Diabetes mellitus hinweisen.

Andererseits kann zur Risikoabschätzung einer Diabetes Typ 1 Entwicklung ein "Diabetes-Autokörper-Nachweis" aus Blutabnahmen durchgeführt werden.

Durch den positiven Nachweis von Autoantikörpern im Blut kann der Diabetes mellitus Typ 1 dann in drei Stadien unterteilt werden:

  1. 01
    Stadium 1 Es liegen keine Symptome vor, der Blutzucker liegt im Normbereich. Im Blut können aber zumindest zwei Diabetes-Auto-Antikörper nachgewiesen werden.
  2. 02
    Stadium 2 Es treten weiterhin keine Symptome auf. Auto-Antikörper werden nachgewiesen und zusätzlich bestehen erhöhte Blutzuckerwerte.
  3. 03
    Stadium 3 Hier treten erstmals Symptome auf. Autoantikörper können natürlich weiter nachgewiesen werden und unbehandelt bestehen außerdem erhöhte Blutzuckerwerte.

Zum aktuellen Zeitpunkt wird ein routinemäßiger Antikörpertest auch bei Risikopersonen nicht empfohlen.

Das liegt einerseits daran, dass bis heute keine zugelassene Therapie zur Verzögerung der Diabetes-Typ-1-Entwicklung gefunden wurde. Andererseits kann auch beim Nachweis von Autoantikörpern die Ausbildung eines Diabetes mellitus bis zum Lebensende ausbleiben.

Der einzige riesige Vorteil, wenn man um das Risiko einer Diabetes Typ 1 Entwicklung durch den Nachweis von Autoantikörpern weiß, ist, dass lebensgefährliche Umstände wie die diabetische Ketoazidose frühestmöglich erkannt und behandelt werden können.

Welche Symptome treten im späteren Verlauf auf?

Neben der typischen Frühsymptome des Diabetes mellitus, sollte auch Beschwerden, die im späteren Verlauf auftreten, Beachtung geschenkt werden. Permanent erhöhte Blutzuckerwerte sorgen nämlich für eine Vielzahl von Symptomen, die man in erster Linie vielleicht gar nicht mit Diabetes mellitus in Verbindung bringt.

  • Allgemeine Schwäche und Leistungsknick Personen mit unregulierten Blutzuckerwerten fühlen sich häufig schlapp, schwach und unkonzentriert. Das liegt daran, dass die körpereigene Energiegewinnung gestört ist.
  • Hautveränderungen Die hohen Blutzuckerwerte können zu trockner, juckender Haut führen. Meistens ist der ganze Körper betroffen. Ständiges Kratzen bzw. Kratzspuren können auch für Außenstehende Hinweise dafür geben. Auch Hautausschläge (v.a. durch Pilzinfektionen) sind keine Seltenheit bei schlecht eingestellten Blutzuckerwerten.
  • Sehstörungen Erhöhte Blutzuckerwerte verändern das normale Gleichgewicht zwischen Wasser und löslichen Kleinstteilchen im Blut. Besondere Auswirkung hat das am Auge. Genauer gesagt verliert die Augenlinse ihre Fähigkeit sich adäquat zu verformen, sodass es zu Schwierigkeiten beim "Scharf stellen" kommt. Zusätzlich ist das Risiko, einen grauen oder grünen Star zu entwickeln durch erhöhte Blutzuckerwerte vielfach gesteigert.
  • Infektanfälligkeit Ein hoher Blutzucker erhöht die Häufigkeit von Infektionen. Das liegt daran, dass sich Bakterien und Pilze in "süßer Umgebung" besonders Wohl fühlen. Die häufigsten Infekte entstehen durch den Zuckerverlust durch den Urin: Harnwegsinfektionen ("Blasenentzündungen") und - bei Kleinkindern - Pilzinfektion im Bereich der Windel, sind häufige Begleiter bei erhöhten Blutzuckerwerten.
  • Autoimmunerkrankungen: Patienten, die am Autoimmun-Diabetes mellitus erkrankt sind, entwickeln gehäuft weitere Autoimmunerkrankungen, wie Zöliakie ("Glutenintoleranz") und Autoimmun-Thyreoiditis (Entzündung der Schilddrüse)
  • Gedeihstörungen bei Kindern Größe und Gewicht sollten regelmäßig (etwa 2x/Jahr) kontrolliert werden. Es kann sowohl zu Untergewicht und Kleinwuchs, als auch zu Übergewicht durch Heißhungerattacken kommen

Neben dieser allgemeinen lebensbeeinträchtigenden Symptome der Zuckerkrankheit, sollte eine gute Blutzuckereinstellung bei der Zuckerkrankheit vor allem zur Vermeidung von gefährlichen Folgeschäden durchgeführt werden.

Welche Folgen hat ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel?

Das Tückische an erhöhten Blutzuckerwerten ist: sie verursachen keine Schmerzen.

Bestehen dauerhaft über Monate und Jahre hinweg zu hohe Blutzuckerwerte, bringt das allerdings vielerlei Komplikationen mit sich.

Die meisten Diabetes-Komplikationen entstehen durch Schäden an großen und kleinen Blutgefäßen. Permanent erhöhte Blutzuckerwerte führen nämlich zum Verschluss kleiner und zur "Verkalkung" großer Gefäße.

Das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte sowie Nieren-, Augen- und Nervenerkrankungen ist durch ständig erhöhte Blutzuckerwerte stark erhöht.

Typischerweise sind folgende Organe und Körperteile betroffen:

Augen

Eine der häufigsten Spätfolgen von Diabetes mellitus ist die sogenannte "diabetische Retinopathie". Das ist eine Erkrankung der Netzhaut im Auge, die durch permanent erhöhte Blutzuckerwerte entsteht. Betroffene bemerken oft eine Beeinträchtigung des Sehvermögens.

Diese kann sich allerdings verschieden äußern: Manche meinen sie sehen einen "Vorhang" der sich über das Augenlicht legt, bei anderen schwimmen Pünktchen in der Luft herum, wieder andere haben eine verschwommene Sicht, die auch durch Brillen nicht verbessert werden kann.

Auch die Entstehung des grauen Stars, der sich durch Verlust des Farbsehens äußert, oder des grüne Stars, der durch eine Erhöhung des Augendrucks zu starken Schmerzen führen kann und weitere Augenerkrankungen werden mit Diabetes mellitus in Verbindung gebracht.

Patienten mit Diabetes mellitus sollten zumindest 1x im Jahr eine Kontrolle beim Augenarzt durchführen lassen.

Nieren

Durch Schädigungen der kleinen Nierengefäße im Rahmen von erhöhten Blutzuckerwerten entwickelt sich eine sogenannte "diabetische Nephropathie". Betroffene bemerken erstmal nichts von dieser schleichenden Nieren-Schädigung.

Nur durch Urinuntersuchungen und dem Nachweis von Eiweiß im Harn kann das Anfangsstadium des Nierenschadens detektiert werden. Wenn Betroffene Symptome verspüren, ist meist schon das Endstadium der chronischen Nierenschädigung erreicht und giftige, harnpflichtige Substanzen sammeln sich im Körper an.

Allgemeine Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen und Juckreiz sind die Folgen.

Ein Testen des Urins auf erhöhte Eiweißspiegel sollte mindestens 1x im Jahr beim Urologen oder Hausarzt/ der Urologin oder Hausärztin erfolgen. Die beste Therapie ist die Vorbeugung.

Dazu sollten neben der optimalen Blutzuckereinstellung auch Blutdruck-senkende Medikamente zum Schutz der Nieren eingenommen werden.

Nerven

Auch die Nerven werden durch kleine Blutgefäße versorgt, die im Rahmen des Diabetes mellitus verschlossen werden könnten. Aber erhöhte Zuckerwerte schädigen nicht nur die Blutgefäße, sondern auch die Nerven selbst. Insgesamt entsteht damit eine sogenannte "diabetische Neuropathie".

Es kommt damit zum Verlust der Nervenfunktion, zu allererst des Vibrationsempfinden, nach und nach des Schmerz-, Tast-, Berührungs- und Temperaturempfindens. Auch Brennen und Kribbeln in den Füßen sowie Beinkrämpfe und nächtliche Schmerzen ("restlegs legs") werden verspürt.

Neben dieser Symptome sind auch Beschwerden wie Herzrasen, Durchfälle/Verstopfungen oder Blasenentleerungsstörungen durch die Nervenschädigung möglich.

Über den Hausarzt sollte zumindest 1x jährlich eine neurologische Basisuntersuchung inklusive Überprüfen des Vibrationsempfindens durchgeführt werden.

Beine

Hohe Zuckerwerte im Blut fördern die Verkalkung der Blutgefäße im Körper - unter anderem der Arterien im Bein. Vor allem wenn weitere Risikofaktoren, wie Rauchen, hohe Blutfettwerte, Bewegungsmangel und schlechte Ernährung hinzukommen, kann sich die sogenannte "Schaufensterkrankheit" - medizinisch perpipher arterielle Verschlusskrankheit ("pAVK") - entwickeln: Dabei zwingen Schmerzen in den Waden nach wenigen Metern an Gehstrecke Betroffene zum ständigen Stehenbleiben beim Zufuß Gehen (als wollten sie sich Schaufenster in Ruhe anschauen)

Vorbeugung ist die beste Therapie! Daher sollten Risikofaktoren (Rauchen, hohe Blutzuckerwerte, schlechter Lebensstil) möglichst minimiert werden. Regelmäßige Kontrolle der Fußdurchblutung über den Arzt/die Ärztin sollten erfolgen!

Füße

Die Schädigung der Nerven in Kombination mit der pAVK führt vor allem an den Füßen zu Problemen und chronischen Wunden. Erstens sind trockene Haut und rissige Fußsohlen eine Folge der verminderten Schweißproduktion beim Diabetes mellitus .

Zweitens führt die Gefühlslosigkeit schnell zu nicht spürbaren Verletzungen, die sich entzünden können. Und drittens ist durch die Schädigung der Blutgefäße die Wundheilung beeinträchtig. Verletzungen und Geschwüre können nicht mehr abheilen.

Chronische Wunden mit massiver Infektionsgefahr am Knochen, die bis zur Amputation des betroffenen Beins, sind die gefürchteten Folgen.

Es sollten tägliche Selbstkontrollen auf Wunden an den Füßen durchgeführt werden (am besten einen Spiegel verwenden!). Regelmäßige Kontrollen durch FußpflegerInnen und/oder HausärztInnen sollten zusätzlich eingehalten werden. Barfußgehen sollten unbedingt vermieden und zusätzliche Risikofaktoren sollten minimiert werden.

Herz

Als Spätfolge eines erhöhten Blutzuckerwerts kann es zur Verengung der Herzkranzgefäße kommen. Das sind jene Arterien, die das Herz selbst mit Blut versorgen. Durch diese Verengung wird das Herz unterversorgt, vor allem, wenn es mehr Blutversorgung als in Ruhe braucht.

Gespürt wird das durch eine belastungsabhängige Atemnot und einem Druckschmerz hinter dem Brustbein. Das wird dann "Angina pectoris" genannt. Die Gefahr eines Herzinfarkts steigt dadurch natürlich immens.

Um das Risiko eines Herzinfarkts bei Diabetes mellitus so gering wie möglich zu halten, sollte nicht nur der Blutzucker im Normalbereich, sondern das LDL-Cholesterin ("böses Blutfett") unter 70mg/dl gehalten werden. Meistens gelingt das nur durch eine Kombination aus einem gesunden Lebensstil und Tabletten.

Daher sollten Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung möglichst gering gehalten werden.

Gehirn

Ähnlich eines Herzinfarkts kann es durch eine Verengung der Gefäße im Schädel zu einer Minderversorgung des Hirns kommen. Ein Schlaganfall ist die Folge. Leider gibt es keine Vorboten für Schlaganfälle. Symptome treten plötzlich auf und äußern sich unter anderem durch Sprachstörungen, Kraft-Ausfälle, Lähmungserscheinungen, Sehstörungen oder Gleichgewichtsverlust.

Auch hier gilt: Das Ausschalten von Risikofaktoren (Rauchen, ungesunder Lebensstil, Vorhofflimmern - eine Herzrhythmusstörung, hohe Blutfettwerte) ist der wichtigste Faktor zur Verhinderung eines Schlaganfalls.

Neben dieser typischen Diabetes-Komplikationen, häufen sich noch andere Erkrankungen bei DiabetikerInnen:

  • Zahnfleischentzündungen Es gibt Hinweise darauf, dass erhöhte Blutzuckerspiegel die Häufigkeit und Schwere von Zahnfleischentzündungen ("Paradontitis") negativ beeinflussen.
  • Potenzstörungen Permanent erhöhte Blutzuckerwerte führen bei vielen Betroffenen zu Störungen der Erektion. Dabei sind Typ 2 Diabetiker ("Altersdiabetes") zwar deutlich häufiger betroffen, aber auch bei Diabetes Typ 1 ist das Problem nicht zu unterschätzen.
  • Psychiatrische Erkrankungen Die Diagnose "Diabetes mellitus" hat häufig negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit. Verglichen mit gesunden Gleichaltrigen leiden mehr Menschen an Depressionen sowie Angst-, Ess- und Persönlichkeitsstörungen.

Wie steuert Insulin den Blutzuckerspiegel?

Die korrekte Regulation des Blutzuckerspiegels ist für die Energiegewinnung im Körper von äußerster Relevanz. Kommt es zu einem Ungleichgewicht im Zucker-Stoffwechsel, kann das schwerwiegende körperliche Komplikationen verursachen!

Insulinfreisetzung

Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse produziert. Durch die Nahrungsaufnahme kommt es zur Stimulation der Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse - allen voran wegen einer Steigerung des Blutzuckerspiegels.

Zusätzlich sind noch andere Hormone und komplizierte Körpermechanismen im Spiel, die eine korrekte Regulation erst möglich machen. Im Blut kann daher sowohl Glucose als auch Insulin zu Beginn der Nahrungsaufnahme in hohen Mengen festgestellt werden.

Die Hauptaufgabe des Insulins

Insulin steigert die Aufnahme des Blutzuckerspiegels in die Zelle. Das ist vor allem für die Energiegewinnung in jeder Körperzelle wichtig. Überschüssiger Blutzucker, der gerade nicht gebraucht wird, wird mit Hilfe des Insulins in den Zellen in spezielle Speicherformen umgewandelt, damit es im Bedarfsfall verwendet werden kann.

Insbesondere wirkt Insulin dabei auf die Muskelzellen, die Leber und das Fettgewebe aus. Etwa 50% der aufgenommenen Glucose gelangt dabei zur Energiespeicherung in die Leber. Ein großer weiterer Teil in die Skelettmuskeln und der restliche, kleinere Anteil wird im Fettgewebe zur weiteren Speicherung aufgenommen.

Die Arbeitsweise von Insulin

Bildlich gesprochen fungiert Insulin als Schlüssel, der das Tor für die Glucosemoleküle in jeder Zelle öffnet.

Um näher ins Detail zu gehen, kann man sich die Insulinwirkung aber viel eher so vorstellen:

An jeder Zelle sitzen sogenannte Transporter für verschiedenste Moleküle. Im Falle der Glucoseaufnahme heißen diese Transporter GLUT-Transporter. Man kann sich diese tatsächlich wie Tore zur Zelle vorstellen. Es gibt einerseits GLUT-Transporter, durch die die Glucoseteilchen immer hindurch gehen können. Das Tor ist quasi immer geöffnet.

Ist jetzt allerdings viel Blutzucker im Blutkreislauf vorhanden oder die Zelle verbraucht mehr Energie (beispielsweise beim Sport) muss mehr Energie gewonnen werden. Das heißt, die Zelle muss mehr Glucose aufnehmen. Es müssen also mehrere "Tore" in die Zellwand eingebaut werden.

Hier kommt das Insulin ins Spiel. Durch das Insulin werden nämlich sogenannte GLUT4-Rezeptoren in die Zellwand angebracht , durch die die Glucose nun durchmarschieren kann. Also: Erst durch den Einbau dieser insulinabhängigen GLUT4-Rezeptoren gelangt bei entsprechenden Energiebedarf mehr Glucose als im Ruhezustand in die Zelle.

GLUT-Transporter werden im Übrigen auch durch vermehrte Bewegung bzw. Sport in die Zelle eingebaut, weswegen Bewegung auch natürlicherweise den Blutzuckerspiegel senkt.

Was genau ist eine Ketoazidose und wie entsteht sie?

Die diabetische Ketoazidose ist eine potentiell lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung, die im Rahmen des Diabetes mellitus Typ 1 vorkommen kann.

Symptome

Bei der diabetische Ketoazidose kommt es neben der typischen Diabetes-Symptome (starkes Durstgefühl, vermehrter Harndrang) zu starken Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. In weiterer Folge kann relativ rasch eine Veränderungen im Bewusstseinszustand mit starker Müdigkeit oder Schläfrigkeit auftreten.

In voller Ausprägung präsentieren sich PatientInnen mit Bewusstseinsverlust, die Atemzüge werden schnell und tief (sogenannte "Kussmaulsche" Atmung) und die Ausatemluft riecht nach Aceton (süßlich fruchtig).

Mechanismus

Ausgelöst wird die diabetische Ketoazidose durch einen starken Insulinmangel. Dem Diabetes mellitus Typ 1 liegt ein sich relativ rasch entwickelndes Versagen der Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse zu Grunde.

Jeder Typ-1-Diabetiker ist von der Zufuhr von ausreichend Insulin abhängig.

Damit wird klar, dass sich die Typ 1-Zuckerkrankheit durch eine diabetische Ketoazidose erstmanifestieren kann. Allerdings ist auch eine zu geringe Insulinzufuhr von außen eine häufige Ursache für die Entstehung der diabetischen Ketoazidose.

In manchen Fällen wird der Bedarf an Insulin unterschätzt und daher fälschlicherweise zu wenig Insulin gespritzt. Manchmal ist aber auch der Insulinbedarf gesteigtert, beispielsweise bei einer Infektion, Operation oder bei der zusätzlichen Einnahme von Cortison oder Entwässerungsmittel.

Dabei liegen zwei verschiedene Mechanismen hinter der Symptomentstehung der diabetischen Ketoazidose:

  • Verstärkter Flüssigkeitsverlust durch hohe Blutzuckerwerte Wenn das Zuckerlevel im Blut eine gewisse Schwelle erreicht, wird der überschüssige Zucker über die Niere ausgeschieden. Dabei zieht er Wasser mit sich mit (der typische übermäßige Harndrang entsteht ja genau durch diesen Mechanismus). Logischerweise führt das zu einem Flüssigkeitsmangel im Körper, der im schlimmsten Fall ein Versagen des Herz-Kreislauf-Systems verursacht.
  • Produktion von sogenannten Ketonkörpern Der Haupt-Energielieferant für den Körper ist Glucose - unser Blutzucker. In Zeiten, wo ein Blutzucker-Mangel in den Zellen herrscht (beispielsweise beim Fasten oder im Rahmen eines Insulinmangels bei Diabetes mellitus Typ 1) kann der Körper zum Ausgleich des Energiedefizits auf den Abbau des Körperfetts zurückgreifen. Dabei entstehen sogenannte "Ketonkörper", die allerdings als Nebenwirkung den sensiblen pH-Werts des Körpers absenken. Es entsteht also eine "Übersäuerung" und als Folge eine Veränderung der Blutsalze. Insgesamt führt das zu einer massiven Störung der normalen Körperfunktionen, die sich durch die typischen Symptome einer Ketoazidose zeigt.

Therapie

Die diabetische Ketoazidose verlangt eine sofortige Therapie im Krankenhaus!

Im Krankenhaus werden SpezialistInnen zuerst viel Flüssigkeit über die Vene verabreichen um den Verlust auszugleichen. Dann muss natürlich das fehlende Insulin ersetzt werden. Eine engmaschige Kontrolle der Lebensfunktionen, des Blutzuckerspiegels und der Blutsalze ist dabei unbedingt erforderlich!

Letzte Änderung: 13. Januar 2024

Quellen
  • Herold G. Innere Medizin 2023. Innere Medizin 2023. De Gruyter; 2023. 540–541 p.
  • Tiemann D, Schäffler A, Pschyrembel W. Pschyrembel klinisches Wörterbuch [Internet]. 2020 https://www.pschyrembel.de/
  • Danne T, Kordonouri O, Lange K. Kompendium pädiatrische Diabetologie 2. Aufl age.
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  • Duale Reihe Pädiatrie. Duale Reihe Pädiatrie. 2018 May 24;

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