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ADHS und Angst

Geschrieben von Georgia Weigt
  • Angst ist ein natürliches Gefühl, das den Menschen befähigt, auf Gefahr oder Herausforderungen zu reagieren.
  • Nimmt Angst jedoch überhand, beeinträchtigt sie das Tun und Wollen und bestimmt den Alltag, spricht man von einer Angststörung.
  • ADHS-Patienten sind mehr als doppelt so häufig davon betroffen wie andere Menschen.
  • Die Symptome von ADHS und Angststörungen sind sehr ähnlich – welche Erkrankung vorliegt, muss fachärztlich diagnostiziert werden.
  • Für die Therapie kommen verschiedene Wege in Frage – ob dieser medikamentös oder verhaltenstherapeutisch sein soll, ist strittig und sollte im einzelnen Fall entschieden werden.

Angst ist ein Gefühl, das dem Menschen hilft, mit den Herausforderungen im täglichen Leben zurechtzukommen und auf gefährliche Situationen zu reagieren.

Als Furcht verursacht sie körperliche Veränderungen – wie zum Beispiel eine erhöhte Durchblutung von Herz und Muskeln – die den Betroffenen energischer und kräftiger werden lässt, um auf lebensbedrohliche Situationen zu reagieren.

Sie begleitet aber auch psychische Erkrankungen wie ADHS in Form von Phobien, Panikstörungen und generalisierten Angststörungen.

Haben Betroffene mit ADHS häufiger Angststörungen?

Die Zahlen sprechen für sich: Für Menschen, die von ADHS betroffen sind, ist die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens unter einer Generalisierten Angststörung (GAS) zu leiden, viermal höher als bei Menschen ohne Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung.

Schließt man bei einer näheren Betrachtung Faktoren aus, die eine Erkrankung (mit-)verursachen oder fördern können – wie traumatische Ereignisse im Kindesalter (sexueller und körperlicher Missbrauch und chronische häusliche Gewalt. 60 Prozent der Menschen mit ADHS , die unter Angststörungen leiden, geben mindestens eine dieser Kindheitserfahrungen an.) – ist das Risiko, an einer Angststörung zu erkranken, für Personen mit ADHS mehr als doppelt so hoch wie für andere, nicht von dieser Störung betroffene Menschen.

Die Beurteilungskriterien, ab wann Angstgefühle so massiv sind, dass sie als Störung bezeichnet werden können, sind definiert als:

  • Die Angstgefühle sind für den Betroffenen sehr belastend
  • Sie beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit der Person in dem Ausmaß
  • Die Angstzustände sind langanhaltend und immer wieder auftretend

Bei ihren Untersuchungen versucht das medizinische Fachpersonal, die Erkrankungen oder auslösende Faktoren ausfindig zu machen, die die Angstzustände hervorrufen und aufrechterhalten.

Dabei kommen neben ADHS auch Depressionen, Schlafstörungen, Herz- und Lungenkrankheiten, Autismus, hormonelle Erkrankungen wie Nebennieren- oder Schilddrüsenüberfunktion, genetische Faktoren, Drogen-, Alkohol- und Tablettenmissbrauch in Frage.

Umgekehrt können Angststörungen auch Erkrankungen wie Depressionen hervorrufen.

Kinder

In Deutschland gelten zehn Prozent aller Kinder- und Jugendliche als Betroffene einer akuten Angststörung. Damit ist dieses Störungsbild eine der häufigsten psychischen Erkrankungen dieser Altersstufe. Der Großteil aller Angststörungen beginnt in der kindlichen und/oder jugendlichen Lebensphase und bleibt bis ins Erwachsenenalter erhalten.

Angst zu haben gehört in jeder Entwicklung eines Menschen dazu.

  • Die meisten Babys erleben ab einem gewissen Alter Trennungsängste, wenn sie von der Mutter allein gelassen werden;
  • Kleinkinder fürchten sich häufig vor Monstern, Insekten und Dunkelheit;
  • Schüchterne Kinder fühlen Ängste vor neuen Situationen und Unbekannten;
  • Ältere Kinder ängstigen sich vor Unfällen oder dem Tod;
  • Jugendliche fürchten sich vor Situationen, in denen sie sich allein vor einer Gruppe beweisen müssen (Referat, Auftritt).

Erwachsene

Fachleute gehen davon aus, dass 25 bis 50 Prozent aller ADHS-Betroffenen an Angststörungen leiden.

Bei vielen Erwachsenen, die an ADHS erkrankt sind, wird ihr Leiden von beruflichen oder privaten Misserfolgen begleitet, die Selbstzweifel hervorrufen können.

Daraus können sich Angststörungen und Depressionen entwickeln; ebenso Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Häufig werden diese Komorbiditäten, also Begleiterkrankungen, auffälliger als die Symptome der Grunderkrankung, der ADHS-Störung, selbst.

Kann man Angstzustände von ADHS unterscheiden?

Angststörungen werden bei 3 Prozent der 6-Jährigen, im Jugendalter bei 5 Prozent der Jungen und 10 Prozent der Mädchen festgestellt. Ihre Symptome ähneln denen der ADHS .

Rund 25 Prozent bis zu 50 Prozent aller ADHS-Kranken sind von Angststörungen betroffen. Es sei allerdings schwierig, so Prof. Dr. Kai Kahl von der psychiatrischen Klinik der MHH (Medizinische Hochschule Hannover), eine ADHS von Ängsten und affektiven Störungen klar abzugrenzen.

Die Erscheinungsformen der Symptome ähneln sich: Stimmungswechsel, Unaufmerksamkeit, Desorganisation, Impulsivität und Hyperaktivität finden sich sowohl bei ADHS als auch bei bipolarer Erkrankung, so Prof. Dr. Kahl.

Beispiel Aufschiebeverhalten, auch Prokrastination genannt: Patienten mit ADHS berichten von der ausgeprägten Tendenz, Tätigkeiten aufzuschieben, die sie als (zu) aufwendig oder schwierig ansehen.

Stattdessen wechseln sie zu Aktivitäten, die ihnen angenehmer und leichter sind. Dieses Vermeidungsverhalten kennen auch Personen mit einer Angststörung, die wiederholt vor allem Aufgaben oder Tätigkeiten vor sich her schieben, bzw. letztlich ganz vermeiden, bei denen sie Misserfolge befürchten oder auch schon erlebt haben, oder die für sie angstbesetzt sind (Auftritte, Prüfungen).

Das Umgehen einer solchen Situation, die Angst auslösen könnte, ist Symptom einer Angststörung.

Welche Auswirkungen haben ADHS-Medikamenten auf Angstzustände?

Der Einsatz einer medikamentösen Therapie muss von dem behandelnden Mediziner entschieden werden.

Strittig ist unter Experten die Gabe von Neuroleptika, bei der Kritiker eine Zunahme der ADHS-Symptomatik befürchten.

Auch der Einsatz von Antidepressiva (häufig die SSRI/Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) wird kontrovers diskutiert, da sie, so die Befürchtung, die grundlegende Ursache der ADHS nicht verändern.

Und während einige Ärzte die Verschreibung von ADHS-Medikamenten wie Methylphenidat oder Lisdexamphetamin mit dem Hinweis ablehnen, diese führten zu einem Anstieg der Herzfrequenz und damit einer Zunahme der Angststörung , betonen andere die Möglichkeit des Einsatzes einer medikamentösen Therapie von ADHS schon in der Kindheit der Patienten, um damit die Angststörung rechtzeitig einzudämmen oder gar nicht erst entstehen zu lassen.

Wie behandelt man Angstzustände bei ADHS?

Gesprächspsychotherapie, aber auch verhaltenstherapeutische Methoden werden bei der Behandlung von Angststörungen wie der GAS (generalisierte Angststörung) eingesetzt.

Als vielversprechend gilt ihren Befürwortern die gesprächsbasierte Therapie, abgekürzt CBT, die sich als wirksam bei der Verbesserung von Angstzuständen und ADHS-Symptomen herausgestellt haben soll.

Die kognitive Verhaltenstherapie ist meist die bevorzugte Psychotherapie, wenn zusätzlich zur ADHS auch Angststörungen oder Depressionen vorliegen. Für die ADH-Störung allein hingegen gilt die Verhaltenstherapie bei manchen Kritikern als weniger zielführend, da Wille und Einsicht seitens der Patienten bei der Behandlung dieser Erkrankung (Performance-Störung) keine führende Rolle spielen und daher dem Gefühl des Versagens bei einer nicht hilfreichen Psychotherapie Vorschub geleistet werden könnte.

Die Betroffenen könnten zu der Annahme gelangen, ein ausbleibender Therapie-Erfolg läge an ihrem inneren Widerstand und ihrem eigenen ablehnenden Verhalten.

Letzte Änderung: 14. Januar 2024

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