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Arthrose der Hand

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Geschrieben von
Inga Jerrentrup (Ärztin)

Arthrose der Hand- und Fingergelenke - kurz erklärt

Die Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung des Erwachsenen und wird im Volksmund auch als Gelenkverschleiß bezeichnet.

Wissenswert

Gelenke bestehen aus Knochen, die an ihren Kontaktflächen von einer dünnen Schicht Gelenkknorpel überzogen sind. Umgeben wird ein Gelenk von einer Gelenkkapsel, welche mit einer Flüssigkeit gefüllt ist, die das Gleiten der beiden Knochenenden gegeneinander ermöglicht.

Dieser Aufbau ermöglicht eine uneingeschränkte, schmerzfreie Bewegung.

Im Rahmen der Arthrose kommt es, meist bedingt durch ein fortgeschrittenes Lebensalter oder Fehlbelastungen, zu einer Abnutzung der Gelenkflächen und einer Zerstörung der Knorpelschicht. Der darunterliegende Knochen reagiert darauf mit einer Verdichtung des Knochengewebes. Außerdem kann es zu Knochenauswüchsen in der Nähe des Gelenks kommen.

Die Folge der langsam fortschreitenden Gelenkzerstörung sind zunehmende Schmerzen: Zunächst treten die Schmerzen zu Beginn von Bewegungen auf, im Lauf der Erkrankung vor allem während körperlicher Belastung.

Neben den Knie- und Hüftgelenken sind vor allem die kleinen Gelenke der Finger und Hände betroffen. In diesem Artikel beschäftigen wir uns daher vor allem mit der Arthrose der Finger- und Handgelenke.

Welche Gelenke sind betroffen?

Die menschliche Hand besteht aus zahlreichen Gelenken. Um verstehen zu können, welche Gelenke der Hand am häufigsten von Arthrose betroffen sind, zunächst ein kurzer Überblick über die anatomischen Strukturen der Hand:

Exkurs: Anatomie der Hand

Das Skelett der Hand lässt sich folgendermaßen einteilen:

Die Handwurzel besteht aus insgesamt acht Knochen. Vier davon bilden die dem Körper zugewandte Reihe und stellen somit die Verbindung zu den beiden Unterarmknochen dar: Kahnbein, Mondbein, Dreieckbein, Erbsenbein. Die anderen vier Knochen liegen der Mittelhand zugewandt und heißen: großes und kleines Vielecksbein, Kopfbein, Hakenbein.

Die Mittelhand besteht aus fünf länglichen Knochen, die sich in den Fingern fortsetzen. Sie bilden zusammen mit zahlreichen Sehnen den Handteller. Bei geballter Faust stellen die Enden der Mittelhandknochen die Handknöchel dar.

Mit Ausnahme des Daumens bestehen die Finger aus jeweils drei Knochen und somit drei Gelenken, die als Fingergrund-, Fingermittel- und Fingerendgelenk bezeichnet werden. Der Daumen verfügt nur über zwei Fingerknochen, das Grund- und das Endglied und somit nur über zwei Gelenke.

Dieser auf den ersten Blick etwas komplexe Aufbau des Handskeletts mit seinen zahlreichen Gelenken ermöglicht uns im Alltag das uns bekannte Bewegungsausmaß der Finger. Schließlich stellen die Hände das wichtigste Werkzeug des Menschen dar.

Arthroseformen

Je nach betroffenen Gelenken werden an der Hand vier häufige Arthroseformen unterschieden.

Es sind vorallem die Fingerendgelenke betroffen. Dort kommt es zu knotigen Veränderungen, den sogenannten Heberden-Knoten.

Bei der Bouchard-Arthrose sind vorallem die Fingermittelgelenke betroffen. Es kommt dort zu Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Verdickungen.

Als Rhizarthrose bezeichnet man die Arthrose des Daumensattelgelenks, welches sich zwischen dem ersten Mittelhandknochen und dem großen Vieleckbein befindet. Sie betrifft meist beide Hände und bereitet Probleme bei Greifbewegungen oder dem Öffnen von Flaschen.

Die Polyarthrose bezeichnet einen generalisierten Befall der Fingergelenke, vorallem der Mittel- und Endgelenke, sowie der Daumengelenke. Meist sind beide Hände betroffen. Auch bei dieser Form der Arthrose können Heberden-Knoten auftreten.

Arthrose der Finger – häufiger bei Frauen

Neben einem fortgeschrittenen Lebensalter zählt das weibliche Geschlecht zu einem der Hauptrisikofaktoren für das Auftreten einer Arthrose. Frauen sind deutlich häufiger von Arthrose betroffen als Männer.

Wissenswert

In einer Studie aus dem Jahr 2017 gaben 22% der Frauen an, in den letzten 12 Monaten von Arthrose betroffen gewesen zu sein. Bei den Männern waren dies nur 14%.

Wie lässt sich dieser geschlechtsspezifische Unterschied erklären?

Bis heute sind die Gründe für den deutlichen Unterschied in der Auftretenswahrscheinlichkeit der Arthrose noch nicht abschließend geklärt. Mögliche Erklärungsansätze sind eine unterschiedliche Anatomie der Knochen, Muskeln und Bänder - aber auch ein Unterschied in der Knochenqualität und hormonelle Faktoren kommen in Frage.

Ursachen und Risikofaktoren für Hand-Arthrose

Der Arthrose im Allgemeinen liegen sich über Jahre entwickelnde Abnutzungserscheinungen der Gelenkflächen zugrunde, die im Verlauf das gesamte Bild einer Arthrose ergeben.

Es gibt einige Faktoren, die die Entstehung einer Arthrose begünstigen:

  • hohes Lebensalter
  • Übergewicht
  • gehäuftes Auftreten von Arthrose in der Familie (genetische Veranlagung)
  • entzündliche Gelenkerkrankungen, z.B. rheumatoide Arhtritis, bakterielle Entzündungen
  • mangelnde Bewegung des Gelenks
  • hormonelle Faktoren
  • Fehlbelastungen bzw. Überbelastungen des Gelenks z.B. nach traumatischer Verletzung, bei Schonhaltung, bei Gelenkfehlstellung

Die Arthrose der Hand im Speziellen zeigt sich häufig als Polyarthrose, das heißt: sie betrifft eine Vielzahl der kleinen Fingergelenke an beiden Händen, meist mit einem symmetrischen Befallsmuster. An der linken und der rechten Hand sind die gleichen Gelenke betroffen.

Bei dieser Form der Arthrose ist der Geschlechterunterschied besonders auffällig: Etwa 7 - 10 mal häufiger sind Frauen betroffen. Daher steht besonders bei dieser Arthroseform eine hormonelle Umstellung im Rahmen der Wechseljahre im Verdacht, den fortschreitenden Gelenkverschleiß auszulösen.

Eine konkrete Ursache für das Auftreten einer Arthrose zu bestimmen, ist häufig schwierig. Wenn das Gelenk bereits zuvor eine Schädigung im Rahmen einer anderen Erkrankung hatte, zum Beispiel einen Knochenbruch bei einem Unfall oder eine Gelenkentzündung, spricht man in der Medizin von einer sekundären Arthrose.

Was verursacht die schmerzhaften Schübe?

Es kann zwischen der normalen "ruhenden" Arthrose und der aktivierten Arthrose unterschieden werden. Die aktivierte Arthrose stellt dabei eine Art entzündlichen Schub der Grunderkrankung dar.

Zusätzlich zu den bereits bekannten Bewegungseinschränkungen bekommen Betroffene starke Schmerzen in einzelnen Gelenken, die in dieser Phase auch belastungsunabhängig auftreten können. Man findet die typischen Zeichen einer akuten Gelenkentzündung.

Wissenswert

Die typischen Zeichen einer akuten Entzündung sind:

  • Rötung (rubor)
  • Schwellung (tumor)
  • Schmerz (dolor)
  • eingeschränkte Funktion (functio laesa)
  • Überwärmung (calor)

Auslöser der akuten aktivierten Arthrose ist meist eine Überbelastung eines stark vorgeschädigten Gelenks. Kommt es im Rahmen der fortschreitenden Arthrose zu einem Abbau des Gelenkknorpels, stoßen die freiliegenden Knochenenden aneinander. Die Schutzfunktion der Knorpelschicht entfällt. Dies führt reaktiv zu einer akuten Entzündung.

Unsere Hände sind in unserem Alltag im Regelfall stark beansprucht: So kann es zum Beispiel nach ausgiebiger Gartenarbeit oder Handarbeiten wie dem Stricken zu einem entzündlichen Schub der Erkrankung kommen.

Symptome der Hand-Arthrose

Da die Arthrose eine langsam fortschreitende Erkrankung ist, kommt es im Anfangsstadium in vielen Fällen zunächst zu keinen Beschwerden. Im Laufe der sich entwickelnden Gelenkschäden treten Schmerzen auf. Diese stellen das Hauptsymptom der Arthrose dar. Sie zeigen sich primär zu Beginn von Bewegungen und werden daher auch als Anlaufschmerzen bezeichnet.

Mit fortschreitender Erkrankung treten sie auch in Phasen besonderer Belastung des betroffenen Gelenks auf. Sie werden dann Belastungs- oder Ermüdungsschmerzen genannt. Neben den Schmerzen als eines der wichtigsten Symptome kommt es in vielen Fällen auch zu Bewegungseinschränkungen.

Bei der Arthrose der Hand kommt es, je nach betroffenen Gelenken, häufig vor allem zu Einschränkungen des Faustschlusses, jedoch kann auch die Streckung der Fingergelenke erschwert sein. Mit der Zeit kann die Fingerbeweglichkeit erheblich eingeschränkt sein.

Seitlich der betroffenen Fingergelenke kann es zur Entstehung von Verdickungen kommen, die Finger sehen an diesen Stellen geschwollen und aufgetrieben aus. Da diese Verdickungen knöchern sind, sind sie von außen als harte Knoten tastbar. Ein spätes Zeichen der Fingerarthrose sind schiefe Finger: durch den Gelenkschaden weichen die Finger von ihrer natürlichen Achse ab und verkrümmen sich zur Seite.

Diagnose: So stellt der Arzt eine Hand-Arthrose fest

Das ausführliche Gespräch mit dem Betroffenen stellt den ersten Baustein bei der Diagnosestellung einer Arthrose dar. Der Arzt fragt dabei vor allem nach den aktuellen Beschwerden, der genauen Lokalisation, ob es zu Schwellungen, Überwärmungen oder Rötungen im Bereich der Hände kommt und wenn ja, wann diese auftreten. Vorangegangene Verletzungen, Knochenbrüche aber auch das Ausmaß der alltäglichen Belastung, zum Beispiel im Beruf, spielen eine wichtige Rolle.

Anschließend folgt die körperliche Untersuchung: Dazu tastet der Arzt die Gelenke systematisch ab, um gegebenenfalls Auffälligkeiten wie Gelenkschwellungen oder knotige Veränderungen zu fühlen. Meist lassen sich auch äußerlich bereits Veränderungen mit bloßem Auge erkennen, dazu zählen zum Beispiel die Achsabweichungen der Finger.

Mit Hilfe einer Röntgenaufnahme der Hände können bereits eingetretene Gelenkveränderungen dargestellt werden. Da im Röntgenbild der Gelenkknorpel selbst nicht zu erkennen ist, gibt es einige indirekte Zeichen, die auf eine Schädigung des Knorpels hinweisen. Zum Beispiel stellt sich der Gelenkspalt verschmälert dar.

Eine Blutuntersuchung kann helfen, eine entzündliche Beteiligung auszuschließen. Dazu werden im Labor die Entzündungsparameter gemessen, sowie gegebenenfalls der Rheumafaktor. Diese Werte dienen dazu, die Arthrose von Erkrankungen, die im Allgemeinen unter "Rheuma" zusammengefasst werden, abzugrenzen. Unter "Rheuma" versteht man prinzipiell eine Vielzahl an Erkrankungen, die primär durch eine Entzündungsreaktion geprägt sind, sodass in der Blutuntersuchung die Entzündungsparameter erhöht sind. Dies ist bei Arthrose meist nicht der Fall.

Therapie der Hand-Arthrose

Arthrose ist nicht heilbar, denn Gelenkknorpel, der bereits geschädigt ist, lässt sich nicht wieder aufbauen. So kann lediglich eine Behandlung erfolgen, die die Beschwerden lindert und ein Fortschreiten der Knorpelzerstörung verlangsamt. Dies nennt man auch symptomatische Therapie.

Je nach Ausprägung der Arthrose und Stärke der Beschwerden, können entweder Medikamente zum Einsatz kommen oder operative Eingriffe erwogen werden.

Begleitend bei allen Therapieansätzen sollte die Beweglichkeit der Gelenke gefördert werden, um sie bestmöglich aufrecht zu erhalten. Auch wenn die Arthrose häufig als Gelenkverschleiß bezeichnet wird und somit der Eindruck entstehen kann, dass eine umfangreiche Schonung hilfreich sei, gilt es vorallem mit zielgerichteten und durchdachten Beweglichkeits- und Kraftübungen, die Mobilität der Gelenke zu bewahren.

Dies kann zum Beispiel im Rahmen einer Ergo- oder Physiotherapie erfolgen, bei der Betroffene angeleitet werden und entsprechende Übungen erlernen können.

Hinweis

Auch Ausdauersport mit gleichmäßigen Bewegungen, so zum Beispiel das Schwimmen oder Nordic Walking, können helfen, die Beweglichkeit aufrechtzuerhalten und tragen zu einem gesunden Lebensstil bei.

Im entzündlichen Schub hingegen sollten die betroffenen Gelenke bestmöglich geschont und entlastet werden. Eine Kühlung erweist sich in diesen Fällen ebenfalls häufig als hilfreich.

Medikamente gegen Schmerz und Entzündung

Die medikamentöse Therapie beinhaltet vor allem eine wichtige Medikamentengruppe, die als NSAR bezeichnet wird. Dies steht für nicht-steroidale Anti-Rheumatika. Dabei handelt es sich um Schmerzmittel, die gleichzeitig eine entzündungshemmende Wirkung haben. Zwei Faktoren, die in der Behandlung der Arthrose eine zentrale Rolle spielen. Zu den NSAR gehören zum Beispiel bekannte Medikamente wie Ibuprofen oder Diclofenac. Sie können als Tabletten eingenommen werden oder in Form von Salben und Gels auf betroffene Gelenke aufgetragen werden.

Nicht-steroidale Antirheumatika können jedoch eine Vielzahl unerwünschter Wirkungen haben: Sie reduzieren die schützende Schleimschicht im Magen , sodass es aufgrund der Magensäure zu einer Magenschleimhautentzündung , im schlimmsten Fall zu einem Magengeschwür kommen kann. Je nach eingesetztem Medikament können auch das Herz-Kreislauf-System und die Blutgefäße negativ beeinflusst werden.

Eine Therapie mit Medikamenten dieser Gruppe sollte daher nicht eigenständig erfolgen, es gilt regelmäßig Nutzen und Risiko gegeneinander abzuwägen. Gegebenenfalls kann parallel eine Therapie mit magenschonenden Medikamenten erfolgen, um die Gefahr einer Magenschleimhautentzündung zu reduzieren.

Operation

Operative Eingriffe kommen zum Einsatz, wenn die konservative und medikamentöse Therapie keinen ausreichenden Erfolg bringen und die Betroffenen weiterhin unter starken Beschwerden leiden. Die Wahl des operativen Verfahrens richtet sich dabei vor allem nach den betroffenen Gelenken und dem Ausmaß des Gelenkschadens.

Grundsätzlich unterscheidet man drei Operationsprinzipien. Es kann gelenkerhaltend operiert werden: Dabei können zum Beispiel Fehlstellungen korrigiert werden oder Knorpelanteile entfernt werden, was eine Verbesserung der Symptome bewirken soll.

In manchen Fällen können die betroffenen Gelenke durch Prothesen ersetzt werden. Bei starken Schäden und damit einhergehenden Schmerzen kann auch eine Gelenkversteifung hilfreich sein.

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