Viele Menschen haben schon einmal Zuckungen beim Einschlafen, während des Schlafens oder beim Aufwachen erlebt. Die weite Verbreitung der Zuckungen im Schlaf legt nahe, dass diese, wenn sie ab und zu auftreten, ganz natürliche Vorkommnisse sind und man nicht besorgt sein muss.
Wie genau es zu diesen Zuckungen ohne Krankheitswert kommt, ist noch nicht geklärt. Auf der anderen Seite gibt es eine Vielzahl an Erkrankungen, die mit Muskelzuckungen im Schlaf einhergehen.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass Muskelzuckungen dann einen Krankheitswert haben, wenn sie den Alltag von Betroffenen beeinträchtigen.
Vor allem Zuckungen in der Phase zwischen Wach- und Schlafzustand sind den meisten Menschen bekannt. Im Englischen werden sie als „Sleep starters“ oder „hypnic jerks“ bezeichnet, im Deutschen kennt man sie unter dem Fachnahmen „Einschlafmyoklonus“.
Spannend ist, dass diese Zuckungen (meistens der Beine oder Arme) oft von einem passenden Traumereignis (z.B. Stolpern, Fallen, Treten) begleitet werden. Nach heutigem Stand der Forschung, kann aber nicht gesagt werden, ob die Schrecksekunde im Traum die Zuckung auslöst oder ob das Gehirn als Erklärung für die Zuckung eine passende Szene im Nachhinein entwickelt.
Nicht nur in der Einschlafphase, sondern auch während des Schlafens bewegen wir uns mehr, als man annehmen würde. Durchschnittlich kommt man im Schlaf auf 10 Bewegungen mit einer Durchschnittsdauer von lediglich 1.1 Sekunden pro Stunde!
Die Mehrheit der Bewegungen im Schlaf sind durch kurze Muskelzuckungen der Beine (manchmal der Arme oder des Kopfes) geprägt, seltener führen wir komplexere Bewegungsmuster (z.B. Schmatz- oder Greifbewegungen) durch.
Auffallend ist, dass Männer sich scheinbar im Schlaf häufiger bewegen als Frauen – dafür spielt das Alter bei der Menge an Bewegungen im Schlaf keine Rolle. Der Grund für die Muskelzuckungen im Schlaf konnte noch nicht herausgefunden werden.
Es gibt allerdings einige Theorien. Die bekannteste besagt, dass unser Gehirn die Bewegungen im Schlaf braucht, um unser Bewegungssystem zu trainieren.
Eine andere Erklärung liegt darin, dass die Muskeln in der Traumphase des Schlafs für Gewöhnlich „lahmgelegt“ werden, damit wir die Tätigkeiten des Traums nicht in der Realität durchführen. Muskelzuckungen würden dann entstehen, wenn die Unterdrückung der Bewegungen nicht vollständig durchgeführt werden konnte, sodass kurze Inputs zu den Muskeln durchdringen.
Es ist auch ganz normal, dass der gesunde Schlaf bis zu 30 kurze Wachphasen beinhaltet, an die man sich am Morgen erst gar nicht erinnert und die keine subjektive Verschlechterung der Schlafqualität mit sich bringt.
Eine Sonderstellung nehmen Säuglinge und Kleinkindern (vom 1. Tag bis zu 3 Jahren) ein, bei denen ein gutartiger Schlafmyoklonus auftreten kann. Dabei kommt es zu seitengleichen, heftigen Zuckungen von großen Muskelgruppen OHNE Krankheitswert. Der Schlafmyoklonus wird häufig fälschlicherweise mit Epilepsie verwechselt. Wenn Unsicherheiten bestehen, sollte man den Kinderarzt/-ärztin aufsuchen.
Wenn Zuckungen den gesunden Schlaf stören und man sich am Morgen nicht erholt fühlt, sollten sie auf jeden Fall weiter abgeklärt werden. Sowohl Einschlafzuckungen, als auch übermäßige oder häufige Bewegungen in Schlafphasen können Beschwerden bereiten.
Dazu zählen die subjektive Einschränkung der Schlafqualität, ausgeprägte Tagesmüdigkeit, Phasen von Sekundenschlaf untertags, Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen bis hin zu depressiven Verstimmungen, Persönlichkeitsveränderungen und Ängste bezüglich der nächsten Nachtruhe.
Mögliche Erkrankungen, die sich durch Zuckungen im Schlaf zeigen, sind im Folgenden erklärt.
Diese Form ist unter anderem auch als periodic limb movement disorder of sleep (PLMS) oder nächtliches Myoklonus-Syndrom bekannt. Dabei treten wiederholte, zuckende Bewegungen auf, die meistens die Zehen, aber manchmal auch die Sprunggelenke, Knie oder Hüfte betreffen. Oftmals bemerken PatientenInnen diese Zuckungen selbst gar nicht – sie können allerdings vom BettpartnerIn als äußerst störend empfunden werden.
Manchmal berichten Betroffene auch davon, dass ihre Bettlaken am Morgen außerordentlich zerwühlt sind, ohne sich an eine Ursache erinnern zu können. Auch hier gilt: Ein Krankheitswert tritt dann ein, wenn häufigere Wachphasen vorliegen und die Schlafqualität subjektiv gestört wird.
Als Ursache werden entweder genetische Faktoren oder Störungen im Hormonsystem (v.a. von Dopamin) vermutet. Durch einen Eisenmangel werden die Symptome verschlimmert.
Diese seltene Form ist durch plötzliche, heftige Zuckungen des Unterleibs, des Rumpfes oder des Nackens geprägt. In schlimmen Fällen können sie zu Verletzungen der eigenen Person oder des SchlafpartnersIn führen. Charakteristisch ist, dass die „Bewegungsbefehle“ nicht vom Gehirn selbst, sondern vom Rückenmark aus entstehen.
Meistens treten die Zuckungen beim Einschlafen auf, weswegen diese Phase dann verzögert sein kann. Das führt in weiterer Folge oft zu Schlafbeschwerden und -mangel bis zu ausgeprägten Einschränkung des Alltags mit Depressionen und Angstzuständen.
Der hypagnogoge Fußtremor wird als gutartiges Zittern der Füße in der Einschlafphase beschrieben. Er hat keinen Krankheitswert. Als alternierende Beinmuskelaktivität wird ein Phänomen bezeichnet, bei dem es zu kurzen Zuckungen abwechselnd an beiden Beinen in der Schlafphase kommt. Es kann zu kurzen Aufwachphasen kommen. Auch dieses Phänomen hat für gewöhnlich keinen Krankheitswert.
Um zur richtigen Diagnose zu gelangen, sollte in erster Linie ein ausführliches Anamnesegespräch (also ein Gespräch zur Erkrankungsgeschichte) zwischen Arzt/Ärztin, PatientenInnen und im besten Fall Angehörigen, die über auftretende Symptome berichten können, geführt werden.
Dazu werden Fragen zu Symptomen (Dauer, Beginn, Beeinträchtigung, Auffälligkeiten,..) gestellt, aber auch allgemeine Informationen über Vorerkrankungen und Operationen, das soziale, familiäre und berufliche Umfeld, Medikamenteneinnahme, Alkohol-, Nikotin- und Drogenkonsum und zu Stuhl-, Harn-, Ess- und Schlafverhalten eingeholt.
Als Risikofaktoren zählen Veränderungen des Vitamin B12, Eisen und Folsäurewerts und Erkrankungen wie die Zuckerkrankheit, Polyneuropathie (chronische Nervenkrankheit) oder weitere neurologische oder psychische Erkrankungen, weswegen diese über eine Blutprobe und eine körperliche Untersuchung ausgeschlossen werden sollten.
Als spezifische, weiterführende Diagnostik sollte eine Polygraphie (zuhause selbst durchführbar) bzw. eine Polysomnographie (im Schlaflabor) durchgeführt werden. Beide Untersuchungen werden über Nacht durchgeführt und messen die Schlafqualität, -bewegungen und -atmung über spezielle Geräte, die abends selbst oder im Schlaflabor an vorgegebenen Körperstellen angelegt werden.
Im Schlaflabor werden darüber hinaus noch weitere Messapparate angelegt, mittels derer man genauere Aussagen über die Hirn- und Muskelaktivität treffen kann.
Eine Therapie sollte erst dann durchgeführt werden, wenn die unwillkürlichen Bewegungen in der Einschlaf- oder Schlafphase eine Beeinträchtigung des Alltags darstellen.
Für harmlose Formen von Bewegungsstörungen im Schlaf reicht häufig schon ein aufklärendes, einfühlsames Gespräch mit dem Arzt/der Ärztin aus, um wieder eine bessere Schlafqualität zu erreichen.
Bei diagnostizierten Schlaferkrankungen können Arzneimittel Linderung bringen.
Zum einen kann das Hormon Dopamin medikamentös ersetzt bzw. die körpereigene Dopamin Ausschüttung durch Tabletten unterstützt werden.
Zum anderen haben einige Formen von Opioiden, die normal als starke Schmerzmittel eingesetzt werden, Erfolge erzielt. Auch Mittel, die bei Epilepsie besonders gut helfen, können versucht werden (v.a. Pregabalin und Gabapentin).
Als unterstützende Maßnahmen können leichte sportliche Tätigkeiten (Gymnastik, Yoga), Entspannungsmaßnahmen (Massagen, spezielle Trainings) oder das Abduschen mit heißem und kalten Wasser angewendet werden.
Ganz besonders sollte auf die passende Schlafhygiene geachtet werden: keine deftigen Mahlzeiten, Alkohol, Nikotin oder exzessiver Sport kurz vor dem Schlafen gehen, künstliches Licht und Arbeiten am Computer sollte vermieden werden, die Schlafumgebung soll so angenehm wie möglich gestaltet werden (bequemes Bett, kalter, dunkler Raum, keine Ablenkungen), das Bett soll nur als Ort des Schlafens genutzt werden und die Zu-Bett-Geh- und Aufwach-Zeiten sollten täglich dieselben sein.
Abgeraten wird hingegen von Schlafmitteln, Antidepressiva, Antipsychotika und psychotherapeutische Maßnahmen zur direkten Behandlung der Zuckungen.
Letzte Änderung: 19. Dezember 2022
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