Geschrieben von Dr. Moritz Wieser (Arzt)
Das Lambert-Eaton-Syndrom ist eine häufig übersehene, neuromuskuläre Erkrankung, welche in 50-80% der Fälle mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom einhergeht und myasthenie-ähnliche Symptome einer Muskelschwäche hervorruft.
Es entwickeln jedoch nur ingesamt 3% der Bronchialkarzinom-Patienten ein Lambert-Eaton-Syndrom und Betroffene leiden meist noch an anderen Autoimmunerkrankungen.
Das Syndrom kann grundsätzlich in jedem Lebensalter auftreten, die meisten Patienten befinden sich jedoch im mittleren Lebensalter. Ein nicht-paraneoplastisches Lambert-Eaton-Syndrom (ohne Tumorerkrankung) ist äußerst selten und sollte erst nach mehrfachem Tumor-Ausschluss gestellt werden.
Bei der unter dem Begriff Lambert- Eaton- Syndrom bekannten Erkrankung handelt es sich um eine sehr seltene neurologische Störung. Weltweit erkrankt lediglich ungefähr einer von 250.000 bis 333.300 Menschen.
Das Manifestationsalter des Lamber- Eaton- Syndroms liegt in der Regel bei über 40 Jahren. Jüngere Menschen können zwar auch daran erkranken, dies stellt aber eine Seltenheit dar.
Während die genaue Ursache der diopathischen Form des Syndroms bis heute nicht geklärt werden konnte, ist mittlerweile bekannt, dass eine weitere Erkrankungsform im Zusammenhang mit Bronchialkarzinomen auftritt. Diese Form manifestiert sich zumeist bei Menschen, die das 60. Lebensjahr überschritten haben. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen.
Betroffene der idiopathischen Form des Lambert-Eaton-Syndroms haben meist einen früheren Krankheitsbeginn. In der Vielzahl der Fälle sind vor allem Frauen zwischen 35. bis 60. Lebensjahren gefährdet.
Anders als bei
Dem Lambert-Eaton-Syndrom liegen Antikörper gegen spannungsgesteuerte Kalziumkanäle zugrunde, welche zu einer verminderten Acetylcholin-Freisetzung führen.
Neben der damit verbundenen Muskelschwäche ist auch häufig die cholinerge Übertragung des vegetativen Nervensystems gestört. Andere Antikörper, welche beim Lambert-Eaton-Syndrom häufig und vor allem in Assoziation mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom, Prostata-Karzinomen oder Neuroblastomen nachgewiesen werden können, sind Anti-Hu-Antikörper.
Die Symptome des Lambert-Eaton-Syndroms gehen einer radiologischen Karzinomdiagnose meist um 1-2 Jahre voraus. Weiters kann das Lambert-Eaton-Syndrom vor allem bei Frauen und auch zum Teil bei Kindern im Zuge anderer Autoimmunerkrankungen wie der rheumatoider Arthritis, dem systemischen
Damit man verstehen kann, wie es bei Patienten, die am Lambert- Eaton- Syndrom leiden, zur Ausbildung der typischen Beschwerden kommt, muss man dich vor Augen halten wie die Signalübertragung von einem Nerven auf einen Muskel normalerweise funktioniert.
Außerdem ist es wichtig zu erfahren, welcher Schritt bei der Übertragung im Zuge des Syndroms gestört ist.
Ein Muskel kontrahiert immer dann, wenn er ein elektrochemisches Signal bekommt (Impulsübertragung). Dieses Signal wird vom
Dies geschieht an der sogenannten motorischen Endplatte (Synapse). Sobald ein elektrischer Impuls im Bereich der Nervenden an einer Synapse ankommt, beginnen sich spezifische Kanäle zu öffnen und Kalzium kann in den Nerven einströmen. Auf Grund der steigenden Kalziumkonzentration beginnt der Nerv damit den Botenstoff Acetylcholin freizusetzen.
Der Botenstoff gelangt im Anschluss daran über einen dünnen Spalt bis hin zur Muskelzellmembran. Dort findet er spezifische Andockstellen, sogenannte Rezeptoren, an die er binden kann.
Beim Lambert- Eaton- Syndrom ist eben diese Weiterleitung von elektrischen Impulsen beeinträchtigt. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass bei den betroffenen Menschen Antikörper im Blut zirkulieren, die dazu in der Lage sind Kalziumkanäle zu zerstören.
Im Bereich der Synapsen kann aus diesem Grund weitaus weniger Kalzium ausströmen, wodurch auch die Freisitzung des Botenstoffs Acetycholin gehemmt wird. Da sowohl der Kalzium als auch der Acetycholin-Strom jedoch nicht gänzlich zum Erliegen kommt, wird die Signalübertreibung nur abgeschwächt und nicht vollkommen gestoppt.
In Folge dessen können die Muskeln jedoch weniger stark aktiviert werden. Es resultiert eine deutlich schwächere Muskelkontraktion als bei gesunden Menschen.
Die Symptome des Lambert-Eaton-Syndroms beginnen meist schleichend, wobei sich die Intensität der Symptome zwischen der nicht-paraneoplastischen und der paraneoplastischen Form in der Regel nicht unterscheiden.
Bei der Mehrzahl der vom Lambert- Eaton- Syndrom betroffenen Patienten zeigt sich die Muskelschwäche besonders in der Muskulatur des Schulter- und Beckenbereichs. Bei diesen Muskeln spricht man in der Medizin von der sogenannten Gliedergürtelmuskulatur.
Zumeist beginnt die Beeinträchtigung körpernah an den Oberschenkeln und breitet sich im weiteren Krankheitsverlauf auch auf andere Muskelgruppen aus. Die Folgen der Muskelschwäche sind vor allem Gangstörungen, die dazu führen, dass die Erkrankten nicht mehr wie gewohnt laufen können.
Darüber hinaus kommt es im Zuge des Syndroms zur Entstehung von mitunter besonders starken Muskelschmerzen und -krämpfen. Ein typisches Anzeichen des Lambert- Eaton-Syndroms ist außerdem, dass die Muskelkraft hin und wieder plötzlich zurück kehrt und genauso schnell wieder verschwindet.
Das Lambert- Eaton- Syndrom manifestiert sich manchmal auch im Bereich der Augen. Eine Muskelschwäche der Augenregion ist jedoch in der Regel ein frühzeitiges Anzeichen für das Auftreten einer
Aus diesem Grund leiden sie häufig unter Doppelbildern. Sollte zudem die Muskulatur der Augenlider von der Muskelschwäche beeinträchtigt sein, so zeigt sich das klinische bild der Ptosis. Es kommt also zum Herabhängen der Augenlider. Für die Erkrankten ist es in diesen Fällen kaum noch möglich die Augen zu öffnen.
Wenn es im Verlauf des Lambert- Eaton-Syndroms auch zu einer Beeinflussung der Atemmuskulatur kommt, besteht ernsthafte Gefahr für das Leben der Erkrankten. Der Ausfall der Atemmuskulatur stellt eine lebensbedrohliche Komplikation dar.
Zumindest die Hälfte der Betroffenen leiden zudem an Kau-, Schluck- und Sprechstörungen. Manchmal kann es im Zuge der Erkrankung auch zu autonomen Funktionsstörungen wie Mund- und Augentrockenheit, Blasenentleerungsstörungen,
Es ist außerdem möglich, dass sich im Zuge des Lambert-Eaton-Syndroms deutlich abgeschwächte Reflexe zeigen. In einigen Fällen fallen sie sogar zur Gänze aus. Von den Erkrankten selbst wird dieses Symptom jedoch zumeist nicht selbst erkannt.
Es liefert vielmehr für dessen Arzt einen wichtigen diagnostischen Hinweis. Gestörte oder erloschene Reflexe können allerdings auch bei einer Vielzahl anderer neurologischer Erkrankungen auftreten.
Je nachdem wie stark das Syndrom ausgeprägt ist, können auch autonome Nervenfasern beeinträchtigt werden. Die Nervenzellen und -fasern des sogenannten autonomen Nervensystems sind für das unbewusste Steuern vieler wichtiger Grundfunktionen des Körpers essenziell.
Dazu zählen zum Beispiel die Aktivität des Magen-Darm-Trakts, die Regulation der Speicheldrüsen und die Entleerung der Harnblase. Kommt es im Bereich dieser Nervenzellen und -fasern zu einer Beeinträchtigung, so leiden die Betroffenen unter Beschwerden wie Mundtrockenheit, Verstopfungen und Akkomodationsstörungen (Probleme die Sehkraft scharf einzustellen).
Bei Männern, die am Lambert- Eaton- Syndrom leiden, ist auch das Auftreten von Errektions- und Ejakulationsstörungen keine Seltenheit.
Die Diagnostik bei dem Verdacht auf das Vorliegen eines Lambert-Eaton-Syndrom gliedert sich in der Regel in verschiedene Schritte:
Zu Beginn findet in der Regel ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch, die Anamnese, statt. Im Zuge dieses Gesprächs ist es besonders wichtig, dass der betroffene Patient die bei ihm vorliegenden Beschwerden so genau wie möglich beschreibt.
Eben diese Beschwerden können dem Arzt bereits einen ersten Hinweis darauf liefern, ob die Verdachtsdiagnose stimmt oder ob der Patient womöglich von einer anderen Krankheit betroffen ist. Auch Medikamente, die der Patient regelmäßig einnimmt, spielen bei der Anamnese eine wichtige Rolle.
Im Anschluss an das Arzt- Patienten- Gespräch erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der unter anderem das Gangbild des Patienten begutachtet wird. Im Falle des Lambert- Eaton- Syndroms zeigt sich in den meisten Fällen eine Störung des normalen Gangbildes.
Außerdem prüft der Arzt während der Untersuchung ob die Muskelkraft eingeschränkt ist und ob die sogenannten Muskeleigenreflexe ausgelöst werden können.
Die weitere Diagnostik erfolgt dann mit Hilfe eines Elektromyogramms (EMG) sowie einer Untersuchung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG). Meist zeigt sich bei Betroffenen hier eine abnormal niedrige Muskelantwort nach maximaler Nervenstimulation. Darüber hinaus müssen zur Diagnose Polyneuropathien und Leitungsblöcke der Nerven in den betroffenen Gebieten ausgeschlossen werden.
Routinemäßig sollte bei Patienten mit Lambert-Eaton-Syndrom eine Röntgenaufnahme des Thorax, ein Thorax-CT oder eine Thorax-MRT, sowie eine Bronchoskopie durchgeführt werden, um eventuell frühzeitig ein kleinzelliges Bronchialkarzinom feststellen zu können.
Ist zu Beginn der Erkrankung kein assoziierter Tumor feststellbar, sollten mindestens 5 Jahre lang regelmäßige Kontrolluntersuchungen wie Thorax-MRT oder Bronchoskopien durchgeführt werden.
An erster Stelle der Therapie steht bei der neoplastischen Form eine Therapie der Tumorerkrankung. Weiters kann eine symptomatische Besserung durch 3,4-Diaminopyridin (bis zu 60 - 80 mg täglich auf mehrere Einzeldosen verteilt) erreicht werden, welches die Acetylcholinfreisetzung aus präsynaptischen Vesikeln verstärkt.
Da 3,4-Diaminopyridin toxisch ist muss bei seiner Anwendung auf eine mögliche Leber-, Nieren- und Knochentoxizität geachtet werden.
Eine weitere Therapiemöglichkeit ist der Einsatz von Immunsuppressiva wie Prednison, Azathioprin, Methotrexat oder Ciclosporin. In kleinen randomisierten Studien wurde auch unter der intravenösen Applikation von Immunglobulinen eine signifikante Verbesserung der Muskelkraft beschrieben.
Bei Patienten welche auf keine Therapie gut ansprechen, kann auch eine Therapie mittels Plasmapherese erwogen werden.
Die Prognose des Lambert-Eaton-Syndroms ist je nach zugrundeliegender Ursache unterschiedlich. Bei Tumorerkrankungen kann es nach einer Entfernung des Tumors beziehungsweise nach einer erfolgreichen Tumor-Therapie zu einer spontanen Remission der Symptome kommen.
Die Nachsorge des Labert-Eaton-Syndroms sowie regelmäßige Kontrollen sollten beim Neurologen erfolgen.
Das Lambert-Eaton-Syndrom ist eine neuromuskuläre Erkrankung, bei welcher es vor allem zu einer Schwäche der Muskelkraft an den unteren Extremitäten kommt. Die Erkrankung ist häufig mit dem kleinzelligen Bronchialkarzinom oder auch mit anderen Karzinomen vergesellschaftet.
Zur Therapie der Symptome kommen meist 3,4-Diaminopyridin oder Immunsuppressiva zum Einsatz.
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Geschrieben von
Dr. Moritz Wieser
Medizinisch geprüft am
23. Aug. 2022
Erkrankung zusammengefasst
Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom
Begriffe
Sklerodermie
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