Geschrieben von Dr. Moritz Wieser (Arzt)
Bei der progressiv systemischen Sklerose (Sklerodermie) handelt es sich um eine Erkrankung des Bindegewebes mit Fibrosierung und Sklerosierung aufgrund einer gesteigerter Kollagensynthese. Häufig kommt es im Zuge der Erkrankung zur Beteiligung des Gefäßsystems mit einer sogenannten "Zwiebelschalenangiopathie" und der inneren Organe.
Die Häufigkeit der Erkrankung beträgt etwa 1-15 Betroffene/1 Million Einwohner, wobei Frauen etwa 3-Mal so häufig betroffen sind wie Männer. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt meist zwischen dem 30. - 50. Lebensjahr, wobei die Erkrankung ein breites Spektrum an Symptomen zeigt. Die Ursache der Erkrankung liegt in einer genetischen Veranlagung, die daraufhin durch Umwelteinflüsse ausgelöst wird. Diffuse Verlaufsformen sind mit HLA-DR5, limitierte Verlaufsformen mit HLA-DR1, HLA-DR4 oder HLA-DR8 assoziiert.
Die Einteilung der Systemischen Sklerose erfolgt aufgrund der betroffenen Körperabschnitte. Es wird zwischen einer limitierten oder auch akralen progressiven Sklerodermie und einer diffus-kutanen progressiven systemischen Sklerodermie (diffus sklerosierende PSS) unterschieden.
Die limitierte progressive Sklerodermie beginnt meist an den Händen mit einem Fortschreiten in Richtung des Körperstamms. Zudem treten hier typische Hautveränderungen an den Enden der Extremitäten (Hände und Füße), am Hals und am Gesicht auf. Klinische Merkmale dieser Form sind das Raynaud-Syndrom, Madonnenfinger mit Rattenbissnekrosen, die mimische Starre und ein zu kleiner Mund (Mikrostomie). Eine Sonderform dieser Art der Sklerodermie ist das sogenannte CREST-Syndrom (Calcinosis cutis, Raynaud-Syndrom, Esophageal Disfunction, Sklerodaktylie, Teleangiektasien). Beim CREST-Syndrom können typischerweise Anti-Zentromer-Antikörper nachgewiesen werden, zudem tritt hier häufig ein Lungenhochdruck (
Die zweite Form der Sklerodermie ist die diffus-kutane progressive systemische Sklerodermie, wobei es hier zusätzlich zu Krankheits-Manifestationen am Körperstamm kommt. Die Hautsymptome schreiten hier schneller voran und oft kommt es auch zu einer schweren Beteiligung der Nieren oder des Herzens. Typischerweise können bei dieser Erkrankungsform Anti-SCL-70-Antikörper nachgewiesen werden. Je ausgedehnter der Hautbefall bei dieser Form ist, desto schwerer ist in der Regel auch die Beteiligung der Inneren Organe.
Klinische Merkmale oder Symptome sind hier im Verdauungstrakt (gastrointestinal Trakt) Schluckstörungen beziehungsweise Motilitätsstörungen (Bewegungsstörungen) der
Die Symptome können grob in Hautsymptome (bei 100% der Betroffenen), Gelenkbeteiligung (bei etwa 60% der Betroffenen) und die Beteiligung der inneren Organe unterteilt werden.
Die Hände von Betroffenen sind meistens ödematös verändert (geschwollen), zudem bestehen im späteren Verlauf der Erkrankung häufig atrophische und fibrosierende Hautveränderungen. Generell besitzt die Haut bei Betroffenen am gesamten Körper eine erhöhte Hautspannung, sodass Hautfalten nicht mehr abhebbar sind. Die Finger sind oft wurstförmig und bläulich verfärbt, weiters sind sie krallenartig in einer Beugestellung fixiert (Sklerodaktylie, Madonnenfinger). An den Spitzen der Extremitäten kommt es zu sogenannten akralen Ulzerationen und Rattenbissnekrosen. Zirka 90% der Betroffenen leiden im Zuge der Sklerodermie unter einem Raynaud-Syndrom, welches durch kälteinduzierte Durchblutungsstörungen in den Fingern und Zehen charakterisiert wird.
Typisch ist hier das sogennante "Trikolore-Phänomen" mit weiß, blau und rot verfärbten Fingern durch Minderdurchblutung (Ischämie), Sauerstoffmangel (Zyanose) und verstärkter Durchblutung (reaktive Hyperämie). Im Gesicht manifestiert sich die Erkrankung oft durch einen verkleinerten Mund (Mikrostomie), eine Atrophie der Lippen, einen maskenartigen Gesichtsausdruck, eine Zungenbandverdickung und Teleangiektasien (sichtbare Erweiterung der oberflächlich gelegenen Kapillaren). Zudem treten Verkalkungen unter der
Die Gelenkbeteiligungen sind häufig ein Frühsymptom der Erkrankung und treten in Kombination mit krankhaften Muskelveränderungen (Myopathien) oder eine lokalisierten Muskelentzündung (Myositis) auf.
Die häufigste Organbeteiligung bei Patienten mit systemischer Sklerose ist eine Einschränkung des Bewegungsvermögens der Speiseröhre (Ösophagusmotilitätsstörung). Hier kommt es zum Auftreten von Schluckbeschwerden (
Herzbeteiligung im Zuge der Erkrankung sind eine
Die klinische Diagnose der Sklerodermie ist vorrangig, wobei die Erkrankungen meist schon durch die typischen Hautveränderungen diagnostizierbar ist.
In der Laboruntersuchung des Blutes zeigen sich die Antinukleären-Antikörper (ANA) in über 90% der Fälle positiv.
Zudem kann es je nach Form der Sklerodermie zu einem Auftreten von Antikörpern gegen verschiedenste nukleäre Antigene kommen. Beispielsweise kommt es bei der diffus-kutanen Sklerodermie oft zu Antikörpern gegen SCL-70/Tomoisomerase 1 (40% aller Betroffenen) oder PM-SCL-Antikörper. Bei der limitierten Verlaufsform sind in bis zu 70% der Fälle Anti-Zentromer-Antikörper (ACA) nachweisbar.
Zum Ausschluss von Differentialdiagnosen sollte eine Bestimmung von Rheumafaktoren (
Weitere Untersuchungen, die je nach beteiligter Körperregion beziehungsweise der unterschiedlichen Organbeteiligungen hilfreich sein können, sind eine Computer-Tomographie des Thorax (CT-Thorax), eine Lungenfunktionsüberprüfungen, eine Bronchoskopie, Röntgenuntersuchungen der Hände (zum Nachweis von Akroosteolysen), ein Herz-Ultraschall (Echokardiographie), eine Kolonkontrastuntersuchung und eine Kapillarmikroskopie (zum Nachweis von dysmorphen und rarefizierten Kapillaren).
Eine Hautbiopsie kann zum histologischen Nachweis von lymphozytären Infiltraten, Kollagenvermehrung und zur Verdickung beziehungsweise Fibrose in den Haut-Kapillaren angezeigt sein. In der Lungenfunktionstestung zeigt sich bei Patienten oft eine restriktive Ventilationsstörung mit einer Erhöhung des Residualvolumens, sowie einer verminderten CO2-Diffusionskapazität.
Differentialdiagnosen der Sklerodermie umfassen die Sharp-Mischkollagenose, sklerodermie-artige Krankheitsbilder durch chemische Noxen (z.B. Vinyl), das Shulmann-Syndrom und die Lyme-Krankheit (
Die Therapie der Sklerodermie umfasst Medikamente gegen die Raynaud-Symptomatik, physikalische Maßnahmen, Glukokortikoide, Immunsuppressiva, ACE-Hemmer und experimentelle Therapien. Zur vasoaktiven Therapie der Raynaud-Symptomatik können Nifedipin, Nitroglyzerin oder Bosentan (Endothelin-Rezeptorantagonist) eingesetzt werden. Zudem können eventuell Prostaglandin-Analoga wie Iloprost bei trophischen Störungen zur Anwendung kommen. Sildenafil ist eine Substanz die sich zur Therapie der im Zuge der Lungenbeteiligung oft auftretenden pulmonalen Hypertonie eignet.
Eine Therapie mit Glukokortikoiden empfiehlt sich oft im Frühstadium der Erkrankung und hier eher kurzfristig einzusetzen. Zum Bespiel kann Kortison bei einer Alveolitis, einer Serositis oder einer Myositis hilfreich sein und tragt auch zu einem Rückgang der Ödeme bei. Immunsuppressiva können die Beteiligung und Schäden an den inneren Organen aufhalten oder zumindest verzögern. Hier können zum Beispiel Substanzen wie Cyclophosphamid, D-Penicillamin, Methotrexat, Ciclosporin oder Azathioprin eingesetzt werden.
Bei einer renalen Beteiligung mit einer möglichen sekundären Hypertonie empfiehlt sich der Einsatz von ACE-Hemmern, welche auch nephroprotektiv wirken. Experimentelle Ansätze zur Therapie der Erkrankung sind beispielsweise die autologe Stammzelltransplantation sowie die Antikörper Rituximab und Imatinib.
Physikalische Maßnahmen welche zu einer Linderung der Symptomatik beitragen können sind ein ausreichender Kälteschutz, die Lymphdrainage und krankengymnastische Übungen.
Der Verlauf der Sklerodermie ist extrem unterschiedlich, wobei die Erkrankung bei schwerer Ausprägung oft therapierefraktär (nicht auf eine Therapie ansprechend) ist. Für die Prognose ungünstig sind allgemein eine rasche zentripetale Fibrosierung (zum Körperstamm hin verlaufend), sowie eine Beteiligung von
Die Nachsorgeuntersuchungen erfolgen meist beim Internisten, Dermatologen oder je nach Beteiligung der inneren Organe bei den dafür zuständigen Fachärzten (Pneumologe, Nephrologe etc.).
Die Sklerodermie bezeichnet eine Erkrankung des Bindegewebes mit Fibrosierung und Sklerosierung der Haut oder gegebenenfalls des gesamten Körpers. Die Erkrankung ist sehr selten, wobei sie zirka 1-15 Menschen auf 1 Million Einwohner betrifft und sie entsteht durch Umwelteinflüsse auf Grundlage einer genetischen Veranlagung. Die Therapie der Sklerodermie erfolgt durch eine Vielzahl von Medikamente und anderen Maßnahmen, wobei die Erkrankung oft gut therapierbar, in sehr schweren Fälle jedoch leider häufig therapierefraktär ist.
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Geschrieben von
Dr. Moritz Wieser
Medizinisch geprüft am
3. Aug. 2022
Ja, bei einer sehr schweren Verlaufsform mit einer ausgeprägten Beteiligung der inneren Organe kann eine Sklerodermie auch tödlich enden.
Nach derzeitigem Stand der Medizin ist die Sklerodermie nicht heilbar. Die Erkrankung ist jedoch durch die heute zu Verfügung stehenden Medikamente und Therapieansätze oft sehr gut behandelbar.
Bei einer Sklerodermie können häufig verschiedenste Autoantikörper im Blut der Betroffenen nachgewiesen werden. Beispielsweise kommt es im Zuge der Erkrankung oft zu einer Erhöhung der Antinukäeren-Antikörper (ANA), Antikörpern gegen SCL-70/Tomoisomerase 1, PM-SCL-Antikörper oder Anti-Zentromer-Antikörper (ACA).
Ja grundsätzlich geht man derzeit davon aus, dass die Sklerodermie auf Basis einer genetischen Prädisposition entsteht, welche auch vererbbar ist oder vererbt werden kann. Unter dieser Veranlagung kommt es dann durch noch nicht genau bekannter Umwelteinflüsse (sogennante exogene Faktoren) wie beispielsweise Chemikalien oder Quarzstäuben zur Ausbildung der Erkrankung.
Erkrankung zusammengefasst
Sklerodermie
Begriffe
Borreliose
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