Geschrieben von Bassem Maalouf (Arzt)
Der Leistenbruch (Inguinalhernie) ist eine sehr häufige Erkrankung, bei der Darmanteile durch Schwachstellen in der Bauchwand im Bereich der Leiste dringen und zu beulenartigen Aussackungen führen. Brüche (Hernie) gehören allgemein zu den häufigsten Krankheitsbildern in der Allgemeinchirurgie.
Der Leistenbruch ist die mit Abstand häufigste Hernienform. Er macht circa 75 % aller Hernien aus. Andere, viel seltenere Formen sind beispielsweise die Narbenhernie, die Nabelhernie oder die Femoralhernie.
Im Allgemeinen wird heutzutage, zur Vermeidung von Einklemmungen von Darmanteilen (=sogenannten Inkarzerationen), die Hernienoperation empfohlen. In der modernen Hernienchirurgie werden dafür heutzutage immer mehr Kunststoffnetze implantiert, die für einen spannungsfreien Bruchlückenverschluss sorgen.
Obwohl die Bauchwand aus mehreren Muskelschichten besteht, gibt es immer wieder Schwachstellen, durch die Darmschlingen gelangen können. Männer sind besonders häufig betroffen und machen etwa 90 % aller Leistenhernien-Patienten aus. Der sogenannte Leistenkanal ist eine Art Tunnel in der Bauchdecke.
Bei Männern liegt in diesem Kanal u.a. der Samenstrang, bei weiblichen Personen hingegen nur eine bandartige Struktur, das sogenannte "Mutterband". Die Bauchwand besteht im Groben aus 3 sogenannten muskelaponeurotischen Ebenen oder Schichten. Diese spezielle Konfiguration erzeugt im Bereich der Leiste den Leistenkanal.
Die Öffnung des Kanals in der Bauchhöhle ist eine der oben genannten Schwachstellen. Dringen Darmschlingen durch die Öffnung in den Leistenkanal und durchqueren in diesem die Bauchwand, kommt es von außen zu einer Beule in der Leistenregion. Dieses Phänomen nennt man "indirekte Leistenhernie". Im Gegensatz hierzu wird von einer "direkten Leistenhernie" gesprochen, wenn nicht die Kanalöffnung, sondern irgendeine andere Schwachstelle als Eintrittspforte dient und die Darmschlingen "direkt" nach außen dringen.
Häufig treten Leistenbrüche auf, wenn besonders viel Druck in der Bauchhöhle herrscht. Klassische Beispiele sind das Heben schwerer Gegenstände oder starkes Pressen beim Toilettengang. Ein Leistenbruch kann aber auch bereits angeboren sein. Besonders Kinder und ältere Menschen haben ein schwächeres Bindegewebe im Bereich der Leiste und sind somit auch anfälliger für einen Leistenbruch.
Man unterscheidet beim Leistenbruch zwischen angeborenen und erworbenen Risikofaktoren.
Bei Kindern ist ein Leistenbruch meistens angeboren. Etwa 5 von 100 Neugeborenen kommen mit einem Leistenbruch auf die Welt, wobei hier vor allem frühgeborene Jungen betroffen sind. Häufig fällt Eltern, beispielsweise beim Wickeln, eine schmerzlose Vorwölbung im Bereich der Leiste auf. Bei Jungen kann ein verdickter Hodensack und bei Mädchen verdickte Schamlippen auffallen. Oft ist der Leistenbruch auch nur in speziellen Situationen wie beim Weinen,
Bei der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung kann häufig ein Leistenbruch entdeckt werden. Betroffene Kinder werden dann meistens operiert, da sie ein größeres Risiko eine Einklemmung von Darmanteilen haben. Falls das Kind auf einmal sehr unruhig wird, schreit und weint sowie ein Leistenbruch bekannt ist, sollte unverzüglich eine ärztliche Vorstellung im Krankenhaus erfolgen, da es sich um einen eingeklemmten Bruch handeln könnte.
Meist fällt den Betroffenen plötzlich eine kugelartige Beule in der Leisten- oder Schamregion auf. Diese kann sehr klein und weich sein. Oft wird über ein unangenehmes Gefühl oder ein Druckgefühl berichtet, es kann auch zu Schmerzen kommen. Je nachdem wie groß der Leistenbruch ist, kann es auch zu sehr großen Ausbeulungen kommen, die im Alltag erheblich stören.
Je länger ein Leistenbruch unbehandelt bleibt, desto größer wird er im Laufe der Zeit. Oft fällt erst nach vielen Wochen oder Monaten eine Größenzunahme auf. Meist kann die Beule bei der Untersuchung durch einfachen Druck schmerzfrei wieder "zurückgeschoben" werden. Die Symptome verschwinden häufig in Ruhe oder im Liegen. In diesem Fall nennt man einen Leistenbruch "reponierbar".
Der Leistenbruch an sich ist kein Notfall und kann geplant behandelt werden. Allerdings gibt es Warnzeichen, die erkannt werden sollten.
Beim Durchtritt der Darmschlingen kann es zu einem Abklemmen kommen, sodass einerseits der Darminhalt nicht weiter transportiert werden kann und andererseits die Blutversorgung des Darmes abgeklemmt wird. Dies bezeichnet man als
Es handelt sich beim Leistenbruch um eine Blickdiagnose, sodass die Schilderung der Beschwerden, sowie die körperliche Untersuchung zur Diagnosestellung ausreicht. Zur Sicherung kann ggf. eine Ultraschall-Untersuchung durchgeführt werden.
Der untersuchende Arzt wird zuerst ein ausführliches Anamnese-Gespräch durchführen und daraufhin die Region des Leistenkanals abtasten. Die Untersuchung erfolgt dabei zuerst im Stehen und danach im Liegen. Falls der behandelnde Arzt zu Beginn keine Vorwölbung sieht, kann er den Patienten dazu auffordern, zu
Hierdurch zeigt sich ein kleiner Leistenbruch oft deutlicher. Führen die oben genannten Schritte nicht zu einer eindeutigen Diagnose, kann in Ausnahmefällen auch eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) der entsprechenden Region durchgeführt werden.
Die für die möglicherweise notwendige Operation erfolgt die Einteilung aufgrund der Lage der Leistenhernie. Hier unterscheidet man:
Die mediale Leistenhernie liegt hierbei medial (=zur Mitte hin) der epigastrischen Gefäße (=Venen und Arterien des Bauchraums). Die Hernie durchdringt hier auf geradem oder direkten Weg den äußeren Leistenring der Bauchwand. Sie wird daher auch als "direkte Hernie" bezeichnet.
Die laterale Leistenhernie liegt lateral (=seitlich) der epigastrischen Gefäße und durchdringt den Leistenkanal schräg durch die Bauchdecke. Sie wird deshalb auch als "indirekte Hernie" bezeichnet.
Bei der letzten Form, der Skrotalhernie (=Hodenbruch), ist der Bruchsack schließlich bis ins Skrotalfach gewandert. Diese Hernie kann daher im Hodensack getastet werden.
Andere Erkrankungen, die sich oft von den Symptomen wie eine Hernie darstellen sind die
Grundsätzlich gilt: Betroffene mit einer nicht in die ursprüngliche Position zurückbringbaren, schmerzhaften Leistenhernie, müssen unverzüglich operiert werden.
Grundsätzlich gilt, dass Leistenbrüche ausschließlich mit einer Operation geheilt werden können. Dabei wird vor allem wegen der Gefahr eines Darmverschlusses immer eine Operation empfohlen. Diese wird in der Regel minimalinvasiv durchgeführt. Das bedeutet, dass der Bauch nicht groß aufgeschnitten wird, sondern drei kleine Löcher ausreichen, um eine Kamera-assistierte Operation durchzuführen ("Laparoskopie").
In komplizierten Fällen oder Notfällen kann auch eine offene OP erfolgen. Meist werden die inneren Schwachstellen der Bauchwand während einer Operation verstärkt oder mit einem Netz verschlossen, sodass kein erneuter Leistenbruch erfolgt.
Heutzutage unterscheiden sich Leistenbruch-Operationen danach, wie der Zugangsweg gewählt wird (entweder anterior oder posterior) und ob ein Kunststoffnetz (=nicht resorbierbarer Kunststoff wie Polypropylen) eingesetzt wird. Insgesamt führt die Verwendung von Kunststoffnetzen zu weniger Rezidivraten (=Rückfällen), sie sollten allerdings bei Frauen im gebärfähigen Alter, sowie bei Menschen unter dem 35. Lebensjahr aufgrund von fehlenden Langzeitstudien, nicht eingesetzt werden. Nur sehr selten in Ausnahmefällen – beispielsweise bei sehr alten Patienten – kommt heutzutage noch das Tragen eines Bruchbandes zum Einsatz.
Die sogenannten anterioren Verfahren (=Lichtenstein und Shouldice) können in einer Lokalanästhesie durchgeführt werden. Bei den posterioren Verfahren (=EEHP, TAPP) ist eine Allgemeinnarkose notwendig.
Trotz der mittlerweile guten OP-Ergebnisse kommt es häufig zu wiederholten Leistenbrüchen. Unbehandelt heilt ein Leistenbruch allerdings nie, sondern wird meist größer. Bei etwa 1-5 von 100 operierten Personen tritt einige Zeit nach der Operation ein erneuter Leistenbruch auf. Bei der Verwendung eines Kunststoffnetzes zum Verschluss ist diese Rate jedoch deutlich geringer. Das Wiederauftreten des Leistenbruchs hängt von vielen Faktoren ab. Einige dieser Faktoren können auch selbst beeinflusst werden. Beispielsweise hilft ein Rauchstopp die Wundheilung positiv zu beeinflussen und bei anderen Erkrankungen, die zu einem erhöhten Leistenbruch-Risiko führen, ist die genaue Einhaltung der Therapie vorbeugend.
Tritt ein Leistenbruch nochmals auf, wird meist eine andere Operationsmethode als beim ersten Eingriff verwendet, um das Risiko für ein Wiederauftreten zu senken.
Das Tragen von verschiedensten Bändern, Gürteln und Schienen bietet keine Heilung, sondern kann höchstens das Risiko einer Darmeinklemmung vermindern. Allerdings werden diese von den führenden medizinischen Fachgesellschaften nicht mehr empfohlen.
Fachleute gehen derzeit davon aus, dass sich gesunde Menschen mit einem intakten Bindegewebe und normaler Muskulatur, entgegen der häufigen Vorstellung, keinen "Bruch heben" können. Beispielsweise beim schweren Schleppen oder Tragen.
Nach einer Operation kann eine hausärztliche Abschluss- und Wundkontrolle erfolgen, weitere Nachsorge-Untersuchungen sind nicht notwendig.
Der Leistenbruch ist eine häufige Erkrankung, die durch Schmerzen oder Schwellung in der Leistenregion auffällt. Sie kann und sollte mit einer Operation geheilt werden.
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Geschrieben von
Bassem Maalouf
Medizinisch geprüft am
17. Sept. 2022
Leistenbrüche heilen nie von alleine.
Eine Krankschreibung richtet sich immer nach Art und Umfang der Beschwerden, sowie voraussichtlicher Heilungsdauer und Beruf.
Meist fällt eine Beule im Bereich der Leisten- oder Schamregion auf.
Betroffene berichten über einen Druck, Schmerzen oder unangenehmes Fremdkörpergefühl.
Grundsätzlich sollten Leistenbrüche immer operiert werden. Dafür kann aber, sofern keine starken Beschwerden bestehen, eine geplante Operation stattfinden. Diese kann auch einige Wochen nach Auftreten erfolgen, sofern keine Beschwerden bestehen.
Meist fällt eine Beule im Bereich der Leisten- oder Schamregion auf.
Erkrankung zusammengefasst
Leistenhernie, Hernia inguinalis
Begriffe
COPD
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