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CIDP

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Geschrieben von
Agsin Kjasimov (Arzt)

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer CIDP?

Die CIDP (chronisch inflammatorisch demyelinisierende Polyradikuloneuropathie) verrät bereits im Namen die Eigenschaften der Krankheit. Dabei handelt es sich um eine chronisch- entzündliche (inflammatorische) Erkrankung der Nerven, die sich meist über mindestens zwei Monate (8 Wochen) entwickelt und fortschreitet.

Während der Krankheitsaktivität kommt es zum Abbau des Umhüllungsgewebes (Myelinscheide) der Nervenzellen, die man sich wie die Isolierung von Stromleitungskabeln vorstellen kann. Die Strukturen, die diese Myelinscheide mutmaßlich angreifen sind sogenannte Autoantikörper; sprich Produkte und Abwehrproteine unseres Körpers, die unsere Immunzellen produziert haben, richten sich gegen körpereigene Strukturen.

Wissenswert

Die konkrete Ursache für die Entstehung einer CIDP ist bisher nicht hinreichend geklärt. Jedoch ist das Prinzip wie bei vielen anderen autoimmunbedingten Krankheiten ähnlich: zunächst infiziert sich der Körper mit einem Erreger oder Bestandteilen eines Errergers.

Gegen diesen werden über T- und B- Lymphozyten, die zum erworbenen Teil des Immunsystems zählen, Antikörper (Immunglobuline) produziert. Von diesen Immunglobulinen gibt es unterschiedliche Klassen (IgM, IgA, IgG, IgD und IgE). In der Regel richten sich diese Immunglobuline beispielsweise IgM oder IgG gegen die Erreger.

In seltenen Fällen kann es nun zu einem Ereignis kommen, was die Medizin und Wissenschaft als "molecular mimikry" bezeichnet. Dabei neben einzelne Bestandteile des Pathogens, beispielsweise eine Virus, Ähnlichkeiten mit körpereigenen Strukturen an.

Dies führt nun dazu, dass nicht nur das Virus angegriffen wird, sondern auch der Köroer und seine Organe. In diesem Fall betrifft die autoreaktive Reaktion der Immunglobuline die Nervenhüllen.

Im folgenden sind einige Erreger und Erkrankungen aufgelistet, bei denen ein Zusammenhang zu CIDP vermutet wird und teilweise auch wissenschaftlich bewiesen worden ist:

Was sind die Symptome einer CIDP?

Die ersten Symptome entwickeln sich über mindestens zwei Monate. Die anschließenden Verlaufsformen können einerseits eine stetige und fortschreitende Zunahme der Symptome sein (chronisch- progedient) und andererseits sich schubförmig präsentieren.

Hinweis

Allgemein kann formuliert werden, dass es aufgrund der Schädigung der Umhüllung (Meylinscheide) zu Reizleitungsstörungen und Ausfällen kommt, die dabei das motorische und sensible System betreffen.

Symptome im Überblick

Die Symptome im Einzelnen sind:

  • meist symmetrische Muskelschwäche beginnend an den Beinen
  • abgewächte oder fehlende Muskeleigenreflexe
  • im Verlauf schlaffe Lähmungen (Paresen)
  • Missempfindungen (bspw. Ameisenlaufen)

Wie wird die CIDP diagnostiziert?

Zuvorderst ist eine klinisch- neurologische Körperuntersuchung notwendig. Dabei werden Muskelkraft, Muskelreflexe sowie die Sensbilität untersucht.

Zusätzlich zur klinischen Untersuchungen kommt die Beurteilung des Blutbildes. Dabei sind allgemeine und orientierende Werte zum Blutsystem, der Niere und der Leber notwendig. Wenn der konkrete Verdacht einer CIDP aufgrund der Unterschung besteht, wird ein spezielles Labor angefordert. Dabei wird nach entsprechenden Antikörpern, die im Verdacht mit der Ursache der CIDP stehen, gesucht.

Es handelt sich dabei um die besagten Autoantikörper, die gegen die Myelinscheide (genauer: gegen die Ganglioside) gerichtet sind:

  • Anti-GM1-IgM
  • Anti-GM2-IgM
  • Anti-NF155
  • Anti-CNTN1

Bei unklaren Polyneuropathien wird regelmäßig auch die Untersuchung der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit, dem sogenannten Liquor, benötigt. Dabei wird untersucht, ob möglicherweise Eiweiße in der entsprechenden Flüssigkeit vorhanden sind.

Zusätzlich werden die Leitungsfähigkeiten der einzelnen Nerven mittels Elektroneurografie (ENG) und die Muskelaktivität mit einer Elektromyografie (EMG) gemessen und bestimmt. Meist werden diese Untersuchungen im Verlauf der Erkrankung wiederholt, um einen möglichen Progress oder aber auch Besserung beschreiben zu können.

Hinweis

In einigen Fälle ist auch eine Bildgebung mit einer Magnetresonanztomografie (MRT) oder einer Nervensonografie zur Darstellung der Nervenhülle ergänzend notwendig.

Da auch andere Ursachen für Polyneuropathien, zu denen CIDP zählt, verantwortlich sein können, ist es wichtig bei den Untersuchungen und Analysen andere oder klinisch verwandte Erkrankungen auszuschließen. Allen voran zählen hierzu:

  • Guillian- Barré- Syndrom. Diese Krankheit hat eher einen akuten und ebenfalls autoimmunvermittelten Verlauf. Häufig geht dem ein Gastrointestinalinfekt voraus. Zusätzlich haben Patienten Schmerzen am Rücken oder in den Beinen.
  • Diabetische Erkrankungen. Die erhöhten Blutzuckerspiegel führen auf Dauer zu einem verminderten Stoffwechsel der Nervenzellen, diese können aufgrund mangelnder Energieversorgung dauerhaft geschädigt werden. Hierzu eignet sich die die Bestimmung eines Langzeitwertes, dem HbA1c (Normwerte: <5,7% (<38,8 mmol/mol Hb)) oder ein Blutzuckertagesprofil.
  • Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis/ Kollagenosen. Immunglobuline, die im Rahmen von Erkrankungen wie beispielsweise Lupus erythematodes entstehen, können sich ebenfalls gegen Strukturen der Nerven richten und ein klinisch- neurologisch ähnliches Bild machen.
  • Borreliose ("Akute Neuroborreliose"). Übertragung von Borrelia burgdorferi sensu latu meist über den Gemeinen Holzbock (in Europa). Die Neuroborreliose kann sich auch polyneuropathieähnliche Symptome mit Kribbelmissempfindungen und motorischen Schwächen präsentieren.

Therapie bei CIDP

Bei der Therapie der CIDP sind zwei maßgebliche Strategien und Prioritäten zu berücksichtigen: Akuttherapie und Langzeittherapie.

Bei akuten Beschwerden/Schüben werden Glucocorticoide (Kortison) verbreicht. Dabei wird eine Dosis im Sinne einer Stoßtherapie zu akuten Unterdrückung des Immunsystems gewählt, beispielsweise 1000 mg Methylprednisolon über die Vene oder als Tablette 40 mg Dexamethason.

Liegen Gründe gegen eine Gabe von einem Kortison Präparat, so können auch Immunglobuline gegebene werden, beispielsweise humanes Immunglobulin 10% ( Privigen®). Wirken beide Verfahren in der akuten Phase nicht, so steht als weitere Möglichkeit die sogenannten Plasmapherese über bspw. 3 Wochen zur Verfügung. Bei diesem Verfahren werden dem Patienten die krankmachenden Blutbestandteile entfernt und das gefilterte Blut dem Patienten wieder zugeführt.

Hinweis

Zur Langzeittherapie werden Wirkstoffe aus ähnlichen phamakologischen Substanzklassen eingesetzt, allerdings nicht nur bei akuten Verschlechterungen, sondern insbesondere zur Stabilisierung der Krankheitsaktivität und die Aufrechterhaltung der körperlichen Funktionen.

Dabei werden Kortisone, Immunglobuline und das Immunsystem- unterdrückende (Immunsuppressiva)- wie beispielsweise Azathioprin oder Rituximab eingesetzt. Diesen werden allerdings meist in Kombination mit Kortison gegeben.

Wie ist die Prognose einer CIDP?

Eine Heilung der CIDP ist aktuell noch nicht möglich. Das liegt nicht zultzt daran, dass die eingesetzten Wirkstoff zwar regelmäßig gut wirken, diese aber nicht spezifisch bei den die CIDP verursachenden Antikörper zielgenau helfen. Diese Autoantikörper sind aktuell Gegenstand der Forschung, mit der Hoffnung eine zielgerichtete Therapie bald etabilieren zu können.

Jedoch ist die statische Datenlage hinsichtlich des geringen Ausmaßes der Behinderung gut: so haben bis zu 60 Prozent der Betroffenen bei entsprechender und zeitiger Therapie keine alltagsbehindernde Einschränkung.

Zusammenfassung

Die Chronisch- Inflammatorisch- demyelinsierende Polyradikuloneuropathie (CIDP) ist eine Erkrankung, die die umhüllenden Strukturen der Nervenzellen im Rahmen einer autoimmunen Reaktion betrifft.

Sie wird meist im Laufe von acht Wochen mit Schwäche oder Lähmungen der Beine und Missempfindungen präsent. Die Verläufen sind meist inderviduell. Zur Therapie werden Kortisone und Immunsuppressiva angewandt. Aktuell ist die Krankheit nicht heilbar.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Eine Polyneuropathie ist der Untergang von Nervenzellen und Nervenbahnen, die für Motorik und Sensibilität zuständig sind. Häufig sind die umhüllenden Strukturen der Nervenzellen- die Myelinscheide- betroffen. Diese kann im Rahmen einer Infektion oder Autoimmunreaktion nachhaltig geschädigt werden.

Für Kaffee ohne Zusätze wie beispielsweise Zucker liegen keine belastbaren Daten für eine schädigende Eigenschaft vor. Im Gegenteil: das Koffein im Kaffee kann sowohl Stimmung als auch das schwächelnde Herzkreislauf- System positiv beeinflussen.

Bei schweren Verläufen kann es im Rahmen der Lähmung der Atemmuskulatur und dem Verschlucken von Nahrungsbestandtteilen zu komplizierten Lungenentzündungen kommen, die zum Tod führen können.

Nach aktuellem klinisch- wissenschaftlichem Forschungsstand ist die CIDP nicht heilbar, aber in vielen Fällen gut zu kontrollieren und therapieren.

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