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Reizdarm

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren eines Reizdarms?

Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich um eine häufig auftretende Erkrankung des Magen-Darm-Traktes (Gastrointestinaltraktes), welche bei etwa der Hälfte aller Patienten, welche an Beschwerden des Magen-Darm-Traktes leiden, diagnostiziert wird.

Es handelt sich um eine funktionelle Erkrankung des Magen-Darm-Traktes (Gastrointestinaltraktes), die durch abdominelle Beschwerden, wie etwa Bauchschmerzen , Blähungen und Veränderungen des Stuhlverhaltens gekennzeichnet ist.

Ein Reizdarmsyndrom kann diagnostiziert werden, wenn die Symptomatik (Stuhlveränderungen, Bauchschmerzen, Blähungen) länger als 3 Monate besteht, der Patient aufgrund dieser Beschwerden einen Arzt aufsucht und sich in seiner Lebensqualität eingeschränkt fühlt, sowie ein Ausschluss eines Vorliegens einer anderen Genese, also anderer medizinischer Gründe, vorliegt.

Wissenswert

Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Es findet sich bei Frauen insbesondere eine Häufung in der 2. und 3. Lebensdekade, sodass in diesem Lebensabschnitt sogar doppelt so häufig Frauen betroffen sind als Männer.

Das Reizdarmsyndrom kann in die 6 Syndrome unterteilt werden:

  • Störungen der Speiseröhre (Ösophagusstörungen),
  • Störungen des Magens und des Zwölffingerdarms (funktionelle Dyspepsie),
  • Störungen des Darms,
  • funktionelle Bauchschmerzen,
  • Störungen der Gallenwege,
  • anorektale Störungen

Wobei ein gehäuftes Vorkommen einer Kombination eines Reizdarmsyndroms gepaart mit anderen funktionellen Beschwerden des Magen-Darm-Traktes beobachtet wurde, sodass eine klare Abgrenzung der unterschiedlichen Untergruppen nicht immer sicher möglich ist.

Ursachen eines Reizdarmsyndroms

Die Ursachen für die Entstehung eines Reizdarmsyndroms sind noch nicht vollständig geklärt. Auch wenn die Störung im Darm auftritt, kann die Störung natürlich auch in Organen sein, die den Darm steuern oder beeinflussen. Somit sind verschiedene Ursachen bekannt, die alleine oder in Kombination ein Reizdarmsyndrom auslösen können.

Es besteht eine Assoziation mit psychischen Störungen. Akut auftretende oder lang anhaltende psychische Faktoren können maßgeblich an einer Entstehung, aber auch am Fortbestehen, eines Reizdarmsyndroms beteiligt sein. Zudem nehmen diese ungünstigen Einfluss auf Verlauf und Prognose. So können beispielsweise Stress , Belastungssituationen, depressive Störungen und Angststörungen eine Entstehung mitbedingen, umgekehrt können aber auch depressive Störungen aufgrund eines vorliegenden Reizdarmsyndroms entstehen.

Auch zeigten sich strukturelle Veränderungen, sowie veränderte Signalverarbeitungen, in verschiedenen Regionen des Gehirns. Viele Studien wiesen eine Überaktivierung des sympathischen Systems, welches als Teil des vegetativen Nervensystems für eine Aktivitätssteigerung verantwortlich ist, auf. Damit verbunden scheint es bei Patienten mit Reizdarmsyndrom auch zu einer reduzierten Aktivität des Gegenspielers vom Sympathikus, dem Parasympathikus, welcher in Ruhephasen überwiegt, zu kommen. Auch neuroendokrine (Hormone des Nervensystems) Ursachen sind beschrieben worden. Es wird ein Einfluss von Sexualhormonen vermutet, da eine Häufung bei Frauen in der 2. und 3. Lebensdekade verzeichnet wird.

Bewegungsstörungen (Motilitätsstörungen) des Dünn- und Dickdarms, sowie eine Veränderung der Reflexe des Darms auf durch den Darm ausgelöste Impulse (intestino-intestinale Reflexe), wie beispielsweise eine Dehnung. Eine schnelle Dickdarmpassage kann durch einen gestörten Gallensäuremetabolismus mitbedingt werden. Molekulare Veränderungen bedingen eine intestinale Barrierefunktionsstörung. Es kann eine erhöhte intestinale Schleimhautdurchlässigkeit (-permeabilität) beobachtet werden, welche wiederum mit Sensitivitätsveränderungen in der Magen-Darm-Wand (einer viszeralen Hypersensitivität) assoziiert ist.

Durch einen bakteriellen oder viralen Magen-Darm-Infekt kommt es zu einer Immunantwort im Gewebe, was nach mehreren Monaten zu einer Reizdarmsyndrom-Symptomatik führen kann. Es wurde eine Immunaktivierung im Gewebe des Magen-Darm-Traktes beschrieben. Auch wurden Veränderungen der Nerveninnervation der Darmwand beschrieben. Veränderungen enteroendokriner Zellen, welche durch die Produktion von Botenstoffen auf mechanische und chemische Reize reagieren, können Ursachen darstellen.

Es besteht eine genetische Veranlagung (Prädisposition), welche im Zusammenspiel mit verschiedenen Umwelteinflüssen zu der Erkrankung führen kann. Zu diesen Umwelteinflüssen können unter anderem körperlicher oder psychischer Stress , Zustand nach Antibiotikatherapie, Zustand nach bakteriellen oder viralen Darminfektionen mit Brechdurchfall, medizinisch akute infektiöse Gastroenteritis genannt, gehören.

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Was sind die Symptome eines Reizdarms?

Die Patienten leiden unter diffusen Bauchschmerzen (abdominellen Schmerzen), welche im gesamten Magen-Darm-Trakt vorkommen können und oft krampfartig auftreten. Es wird von einem Völlegefühl berichtet, welches oft vor allem nach den Mahlzeiten auftritt. Oft wird eine Besserung der Bauchschmerzen und des Völlegefühls nach dem Stuhlgang berichtet. Die Betroffenen leiden häufig unter teils starken Blähungen , dem Gefühl zu viel Luft im Bauch zu haben und dem Gefühl stark aufgebläht zu sein.

Die Stuhlfrequenz und Stuhlkonsistenz können Veränderungen aufweisen. Es können Durchfälle (Diarrhoen) mit mehr als 3 Stuhlentleerungen pro Tag, oft verbunden mit breiig-wässriger Konsistenz, Verstopfungen (Obstipationen) mit teils weniger als 3 Stuhlentleerungen pro Woche, von harter klumpiger Konsistenz und mühsamer Defäkation oder Mischformen, bestehend aus einem Wechsel beider Beschwerden, auftreten. Der Stuhl kann Schleimbeimengungen aufweisen, ggf. kann ein peranaler Schleimabgang beobachtet werden.

Die Patienten berichtet zudem von einem vermehrten Stuhldrang und dem Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung nach dem Stuhlgang. Basierend auf den Stuhlveränderungen kann eine Einteilung in verschiedene Reizdarm-Typen vom Diarrhoe-Typ (Durchfall ), Obstipationstyp (Verstopfung ) oder Mischtyp erfolgen.

Die Symptome des Reizdarmsyndroms führen oft zu starken Einschränkungen im Leben und können verbunden damit zu einer ausgeprägten Einschränkung der Lebensqualität führen.

Ein Reizdarmsyndrom ist oft mit somatoformen Störungen, auch als somatische Belastungsstörung bezeichnet, oder psychischen Störungen assoziiert. Psychische Faktoren können maßgeblich an einer Entstehung, aber auch am Fortbestehen, eines Reizdarmsyndroms beteiligt sein, können umgekehrt aber auch aufgrund der teils gravierenden Symptomatik eines Reizdarmsyndroms entstehen.

Kriterien für ein Reizdarm-Syndrom

Grundsätzlich können die Symptome bei einem Reizdarm-Syndrom sehr unspezifisch sein, was eine genaue Diagnostik erschwert. Die Rom IV-Kriterien sollen einen Anhaltspunkt zur Diagnostik des Reizdarm-Syndroms bieten und stellen damit die Leitsymptome dar.

Die Beschwerden haben vor mehr als sechs Monaten begonnen.

Beschwerden treten im Durchschnitt an mindestens einem Tag pro Wo­che in den letz­ten 3 Mona­ten auf.

Die wiederkehrenden Bauchschmerzen haben einen Zusammenhang zum Stuhlgang (zwei von drei Kriterien müssen erfüllt sein):

  • Zusammenhang mit der Stuhlentleerung
  • eine Änderung der Stuhlfrequenz
  • Änderung der Stuhlkonsistenz.

Wie wird der Reizdarm diagnostiziert?

Untersuchungen bei Reizdarm

Die Diagnostik bei dem Verdacht auf ein Reizdarm-Syndrom gliedert sich in der Regel in verschiedene Schritte:

Eine Diagnosestellung beginnt zunächst mit einem Arzt-Patienten-Gespräch, der Anamnese, um die Beschwerden des Patienten in Erfahrung zu bringen. Im Vordergrund stehen die Symptome und das Ausmaß der Beschwerden, die Dauer und Dynamik sowie das Erfragen nach auslösenden Ereignissen (beispielsweise ein Darminfekt). Zudem sollten psychische Faktoren erhoben werden.

Der Anamnese folgt eine körperliche Untersuchung, welche auch eine rektale Untersuchung beinhaltet. Die körperliche Untersuchung beinhaltet in der Regel eine ausführliche Untersuchung des Bauches. Der Arzt wird die Bauchdecke ausführlich untersuchen und den Enddarm mit einer rektalen Untersuchung abtasten. Wichtig ist es, andere Erkrankungen, welche (zumindest anfänglich) gemeinsam mit einem Reizdarmsyndrom auftreten können, oder Erkrankungen, die sich mit Symptomen ähnlich denen eines Reizdarmsyndroms präsentieren, auszuschließen.

Zu diesen gehören unter anderem ein kolorektales Karzinom, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Zoeliakie, symptomatische Lactose- und Fructose-Malabsorption, symptomatische unkomplizierte Divertikelkrankheit. Daher sollte einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung eine gründliche Basisdiagnostik folgen, insbesondere beim Vorliegen von Diarrhoen (Durchfällen).

Die Laboruntersuchung besteht aus einer Blutentnahme und Stuhlprobe. Dass Reizdarm-Syndrom weiterhin eine Ausschlussdiagnose ist, sollen hiermit andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Eine spezielle Biomarker Untersuchung im Blut ist derzeit nicht möglich. Erst nach Ausschluss anderer Ursachen für die Symptomatik, also wenn jegliche Diagnostik ohne pathologische Befunde verbleibt, kann die Diagnose eines Reizdarmsyndroms gestellt werden.

Vornehmlich in Studien wurden erhöhte Proteasekonzentrationen im Stuhl von Reizdarmsyndrompatienten nachgewiesen. Proteasen sind Verdauungsenzyme, welche auch als Signalmoleküle eine wichtige Rolle spielen. Es können veränderte Muster von kurzkettigen Fettsäuren im Stuhl auftreten.

Eine Ultraschalluntersuchung des Darms sollte im Rahmen einer Abklärung für ein Reizdarm-Syndrom unbedingt erfolgen

Bei entsprechenden Symptomen einer Magenspiegelung von der Speiseröhre bis hin zum Zwölffingerdarm (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie) ggf. mit Probeentnahme (Biopsie), einer Darmspiegelung vom After bis zum Endteil des Dünndarms (Ileokoloskopie) ggf. mit Probeentnahme (Biopsie).

Die Diagnosestellung ist bei Kindern anders. Bei Kindern müssen alle der folgenden diagnostischen Kriterien vorliegen, um ein Reizdarmsyndrom diagnostizieren zu können:

  • Bestehen von Bauchschmerzen (abdominellen Schmerzen) an mindestens 4 Tagen im Monat in Kombination mit einer veränderten Stuhlfrequenz und/oder veränderten Stuhlkonsistenz und/oder die abdominellen Beschwerden sind assoziiert mit der Defäkation.
  • Beim Vorliegen einer Obstipation (Verstopfung) werden die Schmerzen nach Behebung der Obstipation nicht besser.
  • Ein Vorliegen anderer medizinischer Gründe für die bestehenden Beschwerden konnte trotz hinreichender Diagnostik nicht gefunden werden.

Therapie bei Reizdarm

Aufgrund der stark unterschiedlichen Mechanismen und Faktoren, welche zu der Entstehung des Reizdarmsyndroms beitragen, den unterschiedlichen Symptomen und Ausprägungen dieses Krankheitsbildes, kann auch die Therapie stark variieren.

Eine Standardtherapie existiert in diesem Sinne nicht. Die Versuchsdauer jeder Therapieform kann mit dem Patienten individuell abgestimmt werden. Lediglich eine erfolglose medikamentöse Therapie sollte nach spätestens 3 Monaten beendet bzw. verändert werden.

Als Erstes sollte ein aufklärendes Gespräch, Patientenedukation genannt, stattfinden. In diesem soll vermittelt werden, dass die Symptome ernst genommen werden, körperliche Veränderungen tatsächlich nachweisbar sind und dass daher die Beschwerden nicht eingebildet sind. Zudem sollte der Patient über seine Erkrankung aufgeklärt und ihr/ihm mitgeteilt werden, dass keine Einschränkungen in der Lebenserwartung und kein erhöhtes Risiko für das Auftreten anderer körperlichen Krankheiten bestehen.

Die Patienten sollten ermutigt werden, dass sie selbst über die Möglichkeiten eine Linderung der bestehenden Symptome herbeizuführen und ihre Lebensqualität zu verbessern verfügen.

Zur genauen Identifizierung der Symptome und was diese individuell verbessern oder verschlechtern (beispielsweise unterschiedliche Nahrungsmittel oder Stressoren) kann, kann das Führen eines Symptomtagebuchs hilfreich sein.

Je nach Symptomatik (beispielsweise Ausmaß der Beschwerden, Dauer und Dynamik, Leidensdruck des Patienten, Abklärungswunsch) kann im Einzelfall auch ohne ausführliche Ausschlussdiagnostik eine probatorische Behandlung über maximal 2 Monate medizinisch vertretbar sein.

Es gibt keine Ernährungsempfehlung zur Vermeidung eines Zustandekommens eines Reizdarmsyndroms, also präventiv. Jedoch können individuelle Ernährungsumstellungen/ Anpassungen der Ernährung zu einer Symptomlinderung führen. Bei Patienten, welche überwiegend unter Verstopfung (Obstipation) leiden, kann eine ballaststoffreiche Diät mit löslichen Ballaststoffen, wie Flohsamen, eine ergänzende Therapie darstellen. Aber auch Patienten vom Diarrhoe-Typ können von löslichen Ballaststoffen profitieren.

Hierbei sollte immer auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.

Wissenswert

Eine sogenannte Low-FODMAP-Diät kann bei Schmerzen, Blähungen, Diarrhoe, aber auch bei Obstipation empfohlen werden. FODMAP steht für verschiedene kurzkettige Kohlenhydrate (Fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole= FODMAP), welche beispielsweise in Weizenbrot, Gerste, Nudeln aus Hartweizen, Pflaumen oder Frischkäse vorkommen. FODMAPs werden im Dünndarm schlecht absorbiert und führen später im Dickdarm durch rasche Fermentierung zu Blähungen, Bauchschmerzen und voluminösem Stuhlgang.

Es empfiehlt sich bei Patienten, welche unter entsprechender Symptomatik leiden, eine Ernährung mit Lebensmitteln, welche wenig dieser kurzkettigen Kohlenhydrate enthalten. Die Ernährungsanpassung erfolgt in 3 Phasen und sollte gemeinsam mit medizinischen Ernährungsberatern besprochen werden, um eine Fehl- und Mangelernährung zu vermeiden. In den ersten 6-8 Wochen erfolgt die Phase der Elimination, in der Lebensmittel, welche reich an FODMAPs sind, vollends vermieden werden sollten.

Anschließend findet in der Phase der Toleranzfindung nach und nach eine langsame Wiedereinführung dieser Lebensmittel statt. Hierbei wird darauf geachtet, welche Lebensmittel besser oder weniger gut vertragen werden. In der letzten Phase der Langzeiternährung werden diese Kenntnisse angewandt und auf die individuell weniger gut vertragenden Lebensmittel weitgehend verzichtet. Zudem kann eine Vermeidung gasbildender Lebensmittel versucht werden.

Eine moderate körperliche Betätigung fünfmal wöchentlich für je 30 Minuten kann sich positiv auf eine Verstopfungssymptomatik (Obstipation) auswirken und kann insgesamt zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen.

Es stehen eine Vielzahl verschiedener Medikamente zur Behandlung des Reizdarmsyndroms zur Verfügung. Eine medikamentöse Therapie sollte nach den jeweiligen Symptomen gerichtet eingesetzt werden. Sie kann teilweise eine Off-Label-Benutzung oder Medikamente, welche in Deutschland keine Zulassung besitzen und aus dem Ausland bestellt werden müssen (beispielsweise Lubiproston, welches bei Verstopfung eingesetzt werden kann), beinhalten.

Sollte eine Verbesserung der Symptome unter gleichzeitiger guter Verträglichkeit nach spätestens 3 Monaten nicht erzielt werden, so können unterschiedliche oder kombinierte medikamentöse Therapien erwogen werden.

Mögliche Medikamente, welche in der medikamentösen Behandlung eingesetzt werden können:

  • Bei einem therapierefraktärem Reizdarmsyndrom ohne Verstopfungssymptomatik kann eine medikamentöse Therapie mit dem Antibiotikum Rifaximin in Betracht gezogen werden. Patienten, welche unter Durchfällen leiden, können von dem Medikament Loperamid profitieren. Bei Patienten mit einer Durchfallsymptomatik und Gallensäurenverlusten zeigte sich eine Behandlung mit Colestyramin in Studien als erfolgreich. Bei selbiger Patientengruppe kann auch das Medikament Colesevelam eingesetzt werden. Sollten andere Therapien bei Patienten mit Durchfallsymptomatik erfolglos bleiben, so kann eine Behandlung mit Eluxadolin erwogen werden.
  • Patienten mit einer Verstopfungssymptomatik sollten zunächst eine Behandlung mit löslichen Ballaststoffen versuchen. Auch kann das Laxans Macrogol eingesetzt werden. Prucaloprid sollte lediglich dann therapeutisch versucht werden, wenn andere Laxantien ungenügsam wirken oder nicht vertragen werden. Sollten andere Laxantien nicht wirken, bei zusätzlicher Bauchschmerz- und Blähungssymptomatik, so kann Linaclotid empfohlen werden.
  • Patienten, die unter Bauchschmerzen leiden, wird eine Therapie mit krampflösenden Medikamenten, Spasmolytika, empfohlen. Ebenfalls krampflösende Wirkung haben magenresistente Pfefferminzölkapseln, welche sich in einer Studie kurzfristig als effektiv gezeigt haben bezüglich Schmerzen und Blähungen .
  • Zur Therapie von Schmerzen zeigte sich das Antidepressivum Amitriptylin als wirksam.
  • Bei psychischen Faktoren und psychischer Komorbidität können verschieden Antidepressiva unterstützend eingesetzt werden.

Bestimmte Probiotika, also bestimmte probiotische Stämme (wie etwa Laktobazillen oder Bifidobakterien), welche je nach Symptomatik ausgewählt werden, können in der Therapie des Reizdarmsyndroms hilfreich sein.

Beim Vorliegen psychischer Faktoren kann eine psychologische Mitbetreuung von Vorteil sein. Bei psychischer Komorbidität oder bei Bedarf kann auch eine Überweisung an psychiatrische oder psychosomatische Ärzte von Nutzen sein. Eine psychotherapeutische Behandlung kann auch durch eine Psychopharmakotherapie ergänzt werden.

Strategien zur Stressvermeidung und Stressreduktion können in einer Psychotherapie herausgearbeitet werden. Darüber hinaus können auch weitere entspannungsfördernde Angebote, beispielsweise autogenes Training, hilfreich eingesetzt werden. Yoga kann ergänzend eingesetzt positive Auswirkungen haben.

Mineralien, wie Magnesium oder Natriumsulfat, weisen bei Patienten mit Verstopfungssymptomatik nach einer Behandlungsdauer von 3 Monaten positive Effekte auf bezüglich der Verstopfung, Schmerzen und Blähungen .

Komplementärmedizinische Mittel, wie etwa Pfefferminzölkapseln oder Berberin, können ergänzend in der Therapie des Reizdarmsyndroms eingesetzt werden. Akupunktur und Moxa-Therapie (auch Moxibustion genannt), eine Erwärmung bestimmter Punkte entlang der Meridiane auf dem Körper, kann zu einer Steigerung der Lebensqualität bei Reizdarmsyndrom beitragen. Zudem können Patienten von viszeraler Osteopathie und Darmmassagen profitieren.

Achtung

In besonders schwerwiegenden therapierefraktären Fällen, bei hochsymptomatischen Patienten, welche unter Durchfällen leiden, kann ein chirurgischer Eingriff erwogen werden.

Wie ist die Prognose eines Reizdarms?

Bei einem Teil der Patienten kann eine spontane Besserung, teils bis hin zur Beschwerdefreiheit, beobachtet werden. Oftmals verläuft ein Reizdarmsyndrom jedoch chronisch, also andauernd. Die Lebenserwartung wird durch die Erkrankung jedoch nicht vermindert und es besteht kein erhöhtes Risiko für das Auftreten anderer körperlichen Krankheiten.

Akut auftretende oder lang anhaltende psychische Faktoren können maßgeblich an einer Entstehung, aber auch am Fortbestehen, eines Reizdarmsyndroms beteiligt sein. Zudem nehmen diese ungünstigen Einfluss auf den Verlauf und die Prognose.

Wie kann man einem Reizdarm vorbeugen?

Hinweis

Psychische Faktoren, wie etwa Stress, Belastungssituationen, depressive Störungen und Angststörungen, können an einer Entstehung und dem Fortbestehen eines Reizdarmsyndroms beteiligt sein und können den Verlauf und die Prognose ungünstig beeinflussen.

Eine frühzeitige Psychotherapie und Stressbewältigungsstrategien können den Verlauf eines Reizdarmsyndroms günstig beeinflussen.

Alternativmedizinische Behandlungsmöglichkeiten und Haushaltsmittel bei einem Reizdarm

Als ergänzendes, komplementärmedizinisches Mittel kann Pfefferminzöl in Form von magensaftresistenten Kapseln bei Bauchschmerzen und Blähungen hilfreich sein. Berberin zeigt bei Schmerzen und Durchfällen positive Effekte. Bei Bauchschmerzen (abdominellen Schmerzen) können verschiedene phytotherapeutische Präparate wie Kamillenblüten, Kümmelfrüchte, Melissenblätter und Süßholzwurzel lindernd wirken. Zudem kann Yoga das komplementärmedizinische Konzept ergänzen. Akupunktur und Moxibustion kann zu einer Steigerung der Lebensqualität bei Reizdarmsyndrom beitragen. Auch eine viszerale Osteopathie kann von Vorteil sein.

Empfehlungen zur Nachsorge bei einem Reizdarm

Psychische Faktoren, wie etwa Stress, kann zu der Entstehung eines Reizdarmsyndroms beitragen, aber auch den Verlauf der Krankheit maßgeblich beeinflussen. Daher kann eine Psychotherapie von Nutzen sein. Zudem sollten Strategien zu Stressvermeidung und Stressreduktion erarbeitet werden. Autogenes Training kann zusätzlich hilfreich sein. Yoga kann ergänzend eingesetzt positive Auswirkungen haben. Auch moderate körperliche Aktivität mehrmals wöchentlich kann sich positiv auswirken.

Zusammenfassung

Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich um eine häufig auftretende funktionelle Erkrankung des Magen-Darm-Traktes (Gastrointestinaltraktes), die durch abdominelle Beschwerden, wie etwa Bauchschmerzen , Blähungen und Veränderungen des Stuhlverhaltens gekennzeichnet ist. Ein Reizdarmsyndrom kann diagnostiziert werden, wenn die Symptomatik länger als 3 Monate besteht, der Patient aufgrund dieser Beschwerden einen Arzt aufsucht und sich in seiner Lebensqualität eingeschränkt fühlt, sowie ein Ausschluss eines Vorliegens einer anderen Genese, also anderer medizinischer Gründe, vorliegt.

Das Reizdarmsyndrom wird als eine Störung der Darm-Hirn-Achse angesehen und obgleich die krankmachenden Mechanismen (Pathophysiologie) im Magen-Darm-Trakt noch nicht vollständig identifiziert sind, bestehen dennoch eine Vielzahl identifizierter molekularer und zellulärer Faktoren, welche beim Reizdarmsyndrom auftreten können. Aufgrund der stark unterschiedlichen Ursachen, Symptome und Ausprägungen dieses Krankheitsbildes, kann auch die Therapie stark variieren und kann eine Low-FODMAP-Diät, eine Psychotherapie, Stressbewältigungsstrategien, medikamentöse Therapien, komplementärmedizinische Mittel sowie die Einnahme von Probiotika beinhalten.

Reizdarm Ratgeber durch deine Erkrankung

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Es können sowohl Stuhlfrequenz als auch Stuhlkonsistenz verändert sein. Patienten können unter Durchfällen (Diarrhoen) mit mehr als 3 Stuhlentleerungen pro Tag, oft verbunden mit breiig-wässriger Konsistenz, Verstopfungen (Obstipationen) mit teils weniger als 3 Stuhlentleerungen pro Woche und von harter klumpiger Konsistenz oder unter Mischformen mit einem Wechsel beider Beschwerden leiden. Der Stuhl kann Schleimbeimengungen aufweisen, ggf. kann ein peranaler Schleimabgang beobachtet werden. Die Patienten berichtet zudem von einem gesteigerten Stuhldrang und dem Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung nach dem Stuhlgang.

Die Bauchschmerzen (abdominelle Schmerzen) können im gesamten Magen-Darm-Trakt vorkommen und oft krampfartig auftreten. So kann es zu Schmerzen und Störungen in der Speiseröhre, dem Magen und Zwölffingerdarm, des Darms, der Gallenwege und anorektal kommen. Es können auch mehrere Areale bei einem Patienten betroffen sein.

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Reizdarm einfach erklärt

Reizdarm Syndrom, Colon irritabile

Betroffene

Organe(e):

Darm

Häufigkeit

  • 10 bis 20 von 100 Menschen betroffen
  • Frauen > Männer

Risikofaktoren

  • Stress
  • Rauchen
  • Alkoholkonsum

Ursachen

  • Motilitätsstörung
  • Erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand
  • Erhöhte Immunaktivität in der Darmschleimhaut
  • Infektionen
  • gestörte Darmflora
  • Gestörter Serotoninhaushalt
  • Stress

Symptome

  • Durchfall
  • Verstopfung
  • Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Völlegefühl
  • Stuhl mit Schleimauflagerung
  • Kolikartige Bauchschmerzen

Komplikationen

  • Gewichtsverlust
  • Minderung der Lebensqualität

Diagnose

  • Anamnese
    • Leiden sie unter Durchfall?
    • Haben sie häufig Verstopfungen?
    • Leiden sie an Blähungen?
    • Haben sie häufig Bauchschmerzen?
    • Haben sie häufig ein Völlegefühl?
    • Haben sie bemerkt, dass auf ihrem Stuhl Schleim aufgelagert ist?
    • Kommen die Bauchschmerzen in Wellen?
    • Haben sie häufig Stress im Job oder im Privatleben?
    • Ist Ihnen ein Zusammenhang der Schmerzen mit bestimmten Nahrungsmitteln aufgefallen?
  • Körperliche Untersuchung
    • Untersuchung des Abdomens
    • Digital rektale Untersuchung (DRU)
  • Ultraschalluntersuchung
    • Beim Reizdarm Syndrom nur bedingt aufschlussreich
  • Laboruntersuchung
    • Hinweise auf Infektionen und/oder Entzündungen im Blut, im Urin oder im Stuhl
  • Koloskopie
    • Darmspiegelung
  • Spezifische Tests
    • Tests auf Nahrungsmittelunverträglichtkeiten
    • H2-Test: verschiedene Kohlenhydrat-Unverträglichkeiten
    • Lactulose-Mannitol-Tests: Test auf Störung der Barrierefunktion des Darms

Differenzial Diagnose

  • Zöliakie
  • Salmonellenvergiftung

Therapie

  • Lebensstiländerung
  • Medikamente

Präventionsmaßnahmen

  • gesunde ausgewogene Ernährung
  • Bewegung
  • Stressreduktion

Prognose

  • bleibt lebenslang
  • durch Anpassung der Lebensgewohnheiten gut behandelbar

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