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Pudendusneuralgie

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Geschrieben von
Jessica Papic (Ärztin)

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Pudendusneuralgie?

Unter dem Begriff "Pudendusneuralgie" versteht man eine Erkrankung, bei der die Betroffenen unter plötzlich einschießenden Schmerzen in dem Bereich zwischen Genital und After leiden. Es handelt sich dabei um eine sehr seltene Erkrankung, von der Frauen in der Regel doppelt so häufig betroffen sind als Männer. Die Bezeichung "Pudendusneuralgie" wurde deshalb gewählt, weil die einschießenden Schmerzen nur in jenen Bereichen auftreten, die vom Nervus Pudendus (Schamnerv) versorgt werden.

Zu diesen Bereichen gehören der After, der Damm, die Hoden und die Schamlippen. Darüber hinaus werden die Muskeln des Beckenbodens und der äußere Afterschließmuskel durch den Pudendusnerv innerviert. Aus diesem Grund nimmt der Nervus pudendus eine besonders wichtige Rolle im Bezug auf die Harn- und Stuhlkontinenz und die Sexualfunktion ein. Typisch ist außerdem, dass die Schmerzen im Sitzen stärker werden und im Liegen deutlich an Intensität abnehmen.

Für das Auftreten der Pudendusneuralgie gibt es ganz verschiedene Ursachen. Bei den meisten der Betroffenen liegt eine mechanische Blockade vor. Der Pudendusnerv wird bei diesen Menschen während seines Verlaufs durch das Becken gereizt oder eingeengt.

Wissenswert

Typische Situationen, in denen es zu einer solchen Beeinträchtigung des Nervens kommt, ist das Fahrradfahren. Denn dabei wird mituter starker Druck auf die Dammregion ausgeübt. Besonders häufig entsteht die Pudendusneuralgie auch im Zusammenhang mit operativen Eingriffen. Zur Einengung des Nervens kommt es dabei, wenn der Patient falsch oder zu lange in der gleichen Position gelagert wird. In diesen Fällen spricht man von sogenannten "Lagerungsschäden".

Betroffene entwickeln nicht immer nur die einschießenden Schmerzen zwischen After und Genital, vielmehr kann es im Zuge der Pudendusneuralgie auch zu Störungen der Sexualfunktion, Miktionsstörungen und/oder Stuhlinkontinenz kommen. Etwas verwirrend ist jedoch die Tatsache, dass hin und wieder auch unklare chronische Schmerzen im Becken oder Genitalbereich als Pudendusneuralgie bezeichnet werden.

Was sind die Symptome einer Pudendusneuralgie?

Personen, die an einer Pudendusneuralgie leiden, verspüren plötzlich in den Genital- und Dammbereich einschießende stechende Schmerzen. Typischerweise werden diese Schmerzen bei betroffenen Männern nur selten im Bereich des Penis wargenommen. Viel mehr manifestieren sie sich in der Dammregion. Ist eine Frau von der Pudendusneuralgie betroffen, so bemerkt sie die dafür typischen Schmerzen im Bereich der unteren, äußeren Vagina und dem After. Da der Nervus Pudendus auf beiden Körperseiten vorkommt, können die Beschwerden theoretisch auch beidseitig auftreten. Im klinischen Alltag zeigt sich jedoch, dass die für eine Pudendusneuralgie typischen Schmerzen entweder einseitig oder wechselseitig einschießen. Nur in den wenigsten Fällen kommt es gleichzeitig auf beiden Seiten zu einer Symptomwahrnehmung.

Hinweis

Der Charakter des Pudendus-Schmerz wird von den betroffenen Patienten als stechend, brennend und drückend beschrieben. Darüber hinaus ist besonders prägnant, dass das Symptom nicht schleichend auftritt sondern von jetzt auf gleich einschießt. Manchmal nehmen die an der Pudendusneuralgie Leidenden zudem Ausfälle der Sensibilität und/oder Missempfindungen (Parästhesien) wahr. In diesen Fällen kommt es häufig zum ungewollten Abgang von Urin und/oder Stuhl. Es tritt also eine sogenannte Harn- und Stuhlinkontinenz auf.

Die für eine Pudendusneuralgie typischen Beschwerden weisen nicht in jeder Lage die gleiche Intensität auf. Es lässt sich vielmehr beobachten, dass die Schmerzen immer dann an Intensität abnehmen, wenn es zu einer Druckentlastung im kleinen Becken, also einer Entlastung des auf den Nerven einwirkenden Drucks, kommt. Dies ist vor allem im Stehen der Fall. Beim Hinsetzen hingegen nimmt die Ausprägung der Schmerzen deutlich zu. Auch schwere Verletzungen im Bereich des Beckens können zu einer Pudendusneuralgie führen. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl anderer Ursachen für die Entstehung dieser Erkrankung.

Zu den wichtigsten Ursachen zählen:

Wie wird die Pudendusneuralgie diagnostiziert?

Die Diagnostik bei dem Verdacht auf das vorliegen einer Pudendusneuralgie gliedert sich in mehrere Schritte. Zu Beginn findet in der Regel ein umfangreiches Gespräch zwischen dem Patienten und dem behandelnden Arzt (Arzt-Patiente-Gespräch; Anamnese) statt. Die richtigen Ansprechpartner sind Urologen, Gynäkologen oder ein Proktologen und anschließend Neurologen. Während dieses Gesprächs werden die bestehenden Auffälligkeiten und deren Ausprägung geschildert. Außerdem geht der Arzt auf die Kranken- und Familiengeschichte des Betroffenen ein. Auch die Abklärung möglicher für die Entstehung einer Pudendusneuralgie relevanten Risikofaktoren ist essentieller Bestandteil des Arzt-Patienten-Gesprächs.

Im Anschluss an das Anamnesegespräch folgen verschiedene Untersuchungen und Tests, mit denen das Vorliegen einer Pudendusneuralgie geprüft werden kann. Für Urologen, Gynäkologen und Proktologen gilt es bei dem Verdacht auf eine Pudendusneuralgie vielmehr , mögliche andere Ursachen für die wahrgenommenen Schmerzen auszuschließen.

Zu den in diesem Zusammenhang relevanten Erkrankungen zählen:

  • Hautentzündungen
  • Diabetes mellitus
  • Tumoren der Nerven und des Rückenmarks (Neurinom, Ependymom)
  • psychologische Erkrankungen
  • Nervenschäden durch Strahlentherapie

Sobald sämtliche Differentialdiagnosen ausgeschlossen sind, kann der Neurologe den Betroffenen auf die Nervenerkrankung hin untersuchen.

Im Zuge einer körperlichen Untersuchung wird versucht, durch Druck auf die vom Nerven versorgten Gebiete die typischen Schmerzen zu provozieren. Danach wird mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) eine Aufnahme des Beckens und des Rückenmarks angefertigt. Auf diese Weise lässt sich die Ursache für die Pudendusneuralgie, beispielsweise Tumore oder Bandscheibenvorfälle, darstellen.

Ein wichtiger Pfeiler in der Diagnostik ist zudem die sogenannte Pudendusblockade. Bei diesem Untersuchungsverfahren wird entlang des Nervenverlaufs ein Lokalanästhetikum appliziert. Der exakte Verlauf kann dabei mittels Computertomografie (CT) nachvollzogen werden. Nun muss geprüft werden, ob es durch die Applikation des Anäthetikums zu einer Linderung und dem vollständigen Verschwinden der Beschwerden kommt.

Ist dies der Fall, gilt die Pudendusneuralgie als bewiesen. Neben der diagnostischen Funktion kann die Pudendusblockade aber auch einen therapeutischen Nutzen haben. Wird dieses Verfahren nämlich bereits kurze Zeit nach dem erstmaligen Auftreten der Schmerzen durchgeführt, kann es dadurch zu einer langfristigen Besserung oder sogar zur vollständigen Heilung kommen.

Auch die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, also der Zeit, die ein Nerv braucht um einen Reiz über eine bestimmte Strecke weiterzuleiten, ist für die Diagnostik der Pudendusneuralgie essenziell. Wenn eine Pudendusneuralgie vorliegt zeigt sich die Nervenleitgeschwindigkeit als verzögert.

Therapie bei Pudendusneuralgie

Es gibt kein einheitliches Schema zur Behandlung einer Pudendusneuralgie. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von möglichen Therapieoptionen. Sollte eine Grunderkrankung für das Auftreten der Beschwerden ursächlich sein, so ist deren Behandlung stets vorzuziehen.

Da es im Zuge der Pudendusneuralgie zu starken Schmerzen kommt, ist eine adäquate Schmerztherapie für die Betroffenen essentiell.

Die bei dieser Nervenerkrankung am Besten geeigneten Arzneimittel sind:

Erst wenn sich herausstellt, dass die Einnahme dieser Schmerzmittel nicht zielführend ist, kann der behandelnde Arzt stärkere Substanzen wie Tramadol, Dihydrocodein oder Hydromorphon verschreiben.

Derartige Arzneimittel sollten aber nicht zu lange eingenommen werden. Grund dafür ist die Möglichkeit einer Sucht- und Toleranzentstehung. Bei anhaltenden Beschwerden sollten aus diesem Grund Antidepressiva oder Antikonvulsiva eingenommen werden. Beide Substanzklassen weisen neben ihrer antidepressiven auch eine schmerzlindernde Wirkung auf. Die genannten Schmerzmittel können alleine eingenommen oder auch kombiniert werden.

Darüber hinaus kann die sogenannte TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation; Reizstromtherapie) bei der Behandlung der Pudendusneuralgie nützlich sein. Bei dieser Therapiemethode werden Elektroden an den von den Schmerzen betroffenen Regionen aufgeklebt. Über diese Elektroden können Stromimpulse abgegeben werden,  die den Pudendusnerv reizen. Langfristig kann durch die Impulse die Schmerzweiterleitung in das Gehirn reduziert werden. Der Patient empfindet während der TENS keinerlei Schmerzen.

In besonders ausgeprägten Fällen kann auch eine Operation zur Therapie der Pudendusneuralgie temporär zielführend sein. In diesem Zusammenhang stehen verschiedene invasive Verfahren zur Verfügung. Invasiv bedeutet, dass im Zuge des  Eingriffs in den Körper eingedrungen und dabei die Hautbarriere verletzt wird. Zu den im Zusammenhang mit der Pudendusneuralgie effektivsten Eingriffen gehören die Injektion eines Lokalanästhetikums und/oder Kortisons. Obwohl beide Methoden eine hohe Wirksamkeit aufweisen, können sie nur wenige Male durchgeführt werden. Grund dafür ist die Tatsache, dass es andernfalls zur Schädigung des Nervus pudendus kommen kann.

Wie ist die Prognose einer Pudendusneuralgie?

Die Prognose bei Vorliegen einer Pudendusneuralgie ist von verschiedenen Faktoren abhängig und aus diesem Grund ist es schwierig überhaupt eine Prognose abzugeben. Für die betroffenen Patienten ist es deshalb besonders wichtig die bei diese Erkrankung auftretenden Schmerzen frühzeitig zu lindern.

Wie kann man einer Pudendusneuralgie vorbeugen?

Der Entstehung einer Pudendusneuralgie kann nicht immer sicher vorgebeugt werden. Es gibt jedoch einige Risikofaktoren, deren Reduktion die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Nervenerkrankung deutlich senken kann.

Alternativmedizinische Behandlungsmöglichkeiten und Haushaltsmittel bei einer Pudendusneuralgie

Neben den schulmedizinischen Behandlungsmethoden gibt es auch eine Vielzahl von homöopathischen Mittel, die eine Besserung der Beschwerde bei Vorliegen einer Pudendusneuralgie versprechen. Die Wahl des am Besten geeigneten Mittels hängt dabei maßgeblich von der zugrundeliegenden Ursache ab.

Ist die Pudendusneuralgie beispielsweise auf eine Verletzung oder Trauma zurückzuführen, so wird die Einnahme von Arnica empfohlen.

Außerdem eignen sich verschiedene Arzneimittel aus dem Bereich der Alternativmedizin nur bei bestimmten Schmerzqualitäten. Werde der Schmerzen vom Betroffenen als drückend und/oder klopfend beschrieben, wird Belladona eingesetzt. Im Falle von Schmerzen kommt typischerweise Bryonia  zum Einsatz.

Zusammenfassung

Unter dem Begriff "Pudendusneuralgie" versteht man eine Erkrankung, bei der die Betroffenen unter plötzlich einschießenden Schmerzen in dem Bereich zwischen Genital und After leiden. Die Bezeichung "Pudendusneuralgie" wurde deshalb gewählt, weil die einschießenden Schmerzen nur in jenen Bereichen auftreten, die vom Nervus Pudendus (Schamnerv) versorgt werden. Der wichtigste Pfeiler in der Behandlung dieser Nervenkrankheit ist die Schmerztherapie.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Bei einer Pudendusneuralgie müssen verschiedene Ärzte zusammenarbeiten. Die eigentliche Erkrankung wird von einem Neurologen therapiert, während die zugrudeliegende Erkrankung von Urologe, Gynäkologe oder Proktologe behandelt werden muss.

Die motorischen Fasern des Nervus pudendus entspringen im vorderen Teil des Rückenmarks, genauer gesagt im sogenannten Onfu-Kern. Gemeinsam mit dessen sensiblen Fasern, die über das Hinterhorn zum Gehirn führen, ziehen sie durch das Foramen intrapiriforme. Der Nerv windet sich danach um einen knöchernen Vorsprung des Sitzbeins und um gelangen im Anschluss  in das Foramen ischiadicus minus.

Danach liegt der Pudendusnerv innerhalbt der Fossa ischioanalis im sogenannten Alcock-Kanal. Dort teilt er sich in verschiedne Endäste auf.

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