Geschrieben von Jessica Papic (Ärztin)
Von einer Wundheilungsstörung spricht man immer dann, wenn eine Wunde nicht adäquat innerhalb eines normalen Zeitraums abheilt. Besonders häufig stehen Probleme mit der Wundheilung mit einem geschwächten Immunsystem in Zusammenhang.
Eine Wunde, also eine Durchtrennen des Gewebes an der äußeren oder inneren Körperoberfläche, heilt normalerweise problemlos ab. Das gilt vor allem dann, wenn die Wunde keimfrei gehalten werden kann und sich nicht infiziert. Sollte die Wundheilung jedoch schlecht, langsam oder nicht vollständig ablaufen, spricht man von einer sogenannten Wundheilungsstörung.
In der Medizin unterscheidet man zwischen der akuten und der chronischen Wundheilungsstörung. Chronisch wird die Problematik dann, wenn die innere oder äußere Gewebeschichten länger als acht Wochen nicht adäquat verbunden sind.
Wundheilungsstörungen sind nicht so häufig, wie man annehmen würde. Lediglich drei bis zehn Prozent aller Wunden heilen nicht in einem normalen Zeitraum ab. Nur rund ein Prozent der Menschen, die in den westlichen Industrieländern leben, weisen eine Wundheilungsstörung auf.
Das Risiko für das Auftreten von einer Wundheilungsstörung steigt mit nehmendem Alter deutlich an. Menschen, die das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben, leiden ungefähr drei mal so häufig an Problemen beim Abheilen von Wunden, als jüngere Menschen.
Wunde ist nicht gleich Wunde. In der Medizin unterscheidet man zwischen verschiedenen Formen, die unterschiedliche Behandlungsstrategien notwendig machen. Dabei unterscheidet man zwischen Schürfwunden, Schnittwunden, Stichwunden, Risswunden, Platz- und Quetschwunden, Schusswunden und Ablederungen.
Auch sogenannte Amputationsverletzungen werden zu den verschiedenen Formen von Wunden gezählt.
Eine Schnittwunde wird von einem Messer oder einem anderen scharfen Gegenstand hervogerufen. Genauer gesagt, wird die Haut und das darunterliegende Gewebe durchschnitten. Schnittwunden weisen glatte Wundränder auf und bluten in der Regel sehr stark.
Bei einer Stichwunden handelt es sich um die Folge einer scharfen Gewalteinwirkung mit einem Messer oder einem anderen scharfen Gegenstand. Die Wundränder einer Stichverletzung sind glatt begrenzt. Außerdem sind derartige Wunden an der Oberfläche häufig klein, wohingege sie in der Tiefe durchaus großflächiger sein können.
Wenn es zur Entstehung einer Stichwunde kommt, ist es besonders wichtig, dass das Stichwerkzeig im Wundkanal belassen und nicht einfach rausgezogen wird. Grund dafür ist die Tatsache, dass der Fremdkörper eine Blutung gegebenenfalls aufhält.
Wird der Gegenstand dann entfernt, kann das Blut ungehindert austreten und im schlimmsten Fall zum Verbluten führen. Die Entfernung darf deshalb erst im Krankenhaus in Operations-Bereitschaft erfolgen.
Bei einer Risswunde reißt die Haut durch eine Zugwirkung auf das Gewebe. In der Regel geschieht dieses Reißen ungleichmäßig. Im Gegensatz zur Schnitt- oder Stichverletzung entstehen bei einem Riss Gewebsbrücken und körnige Wundflächen. Die Wundränder sind also unscharf und können mit enormen Blutungen einher gehen.
Eine Platz- oder Quetschwunde entsteht immer dann, wenn stumpfe Gewalt auf die Körperoberfläche einwirkt. Besonders häufig zeigen sich solche Wunden dort, wo knöcherne Strukturen dicht unter der
Bei einer Schusswunde handelt es sich technisch gesehen um eine Kombination aus Riss- und Quetschwunden. Typischerweise zeigt sich an der Stelle wo das Geschoss in die
Der Begriff Ablederung beschreibt das Abreißen von Haut und Unterhaut-Fettgewebe mitsamt der Gefäße der darunterliegenden Faszie.
Amputationsverletzungen werden in eine totale und eine subtotale Form eingeteilt. Bei einer totalen Amputationsverletzung ist das Körperteil komplett abgetrennt. Wohingegen bei einer subtotalen Amputationsverletzung Gewebebrücke noch mit dem abgetrennten, meist absterbenden Gewebe verbunden sind.
Darüber hinaus gibt es weiter Formen von Wunden, wie zum Beispiel Verbrennungen und Verätzungen.
Die Wundheilung unterteilt sich in drei Phasen:
Blutstillung Verengung der Blutgefäße und damit Verringerung der Durchblutung, zusätzlich lagern sich blutungs-stillende Blutplättchen zusammen an den Defekt und verschließen ihn. Im Anschluss weiten sich die Blutgefäße wieder und Zellen der Immunabwehr sammeln sich im Bereich des Defekts an um potentiellen Infektionen frühzeitig entgegenzuwirken.
Dann kommt es zur Bildung von Wundsekret aus Blut und Lymphe (wässrige, leicht milchig getrübte Körperflüssigkeit mit Elektrolyten, Proteinen, Fetten und Zellen der Immunabwehr.
Granulationsgewebe entsteht durch Fresszellen und Zellen der Haut und des Bindegewebes.
Die reparative Phase der Wundheilugn wird auch als Epithelisierungsphase oder Wundkontraktion bezeichnet. In dieser Phase zieht sich die Wunde zusammen und schrumpft. Darufhin nimmt die Wundsekretion ab. Das Granulationsgewebe wandelt sich zu Narbengewebe um, weil Kollagenfasern ausreifen.
Bei einer Wundheilungsstörung laufen die normalen Phasen der Wundheilung nicht richtig ab. Dadurch kommt es unter anderem zu erhöhter Empfindlichkeit in den betroffenen Arealen, zunehmenden Schmerzen, Entzündungszeichen und Infektionen mit verstärktem Nässen oder/und Eiter-Bildung, absterbenden Gewebe-Bereichen und mitunter auch zu Verfärbungen der
Die betroffenen Stellen können dauerhaft überwärmt, gerötet, geschwollen und sehr schmerzhaft sein. Auch ein unangenehmer Geruch der Wunde ist möglich.
Für die Ausbildung einer solchen Wundheilungsstörung gibt es in der Regel einen Grund. Es konnten mittlerweile einige Faktoren genannt werden, die das Risiko für die Entstehung einer Wundheilungsstörung deutlich erhöhen.
Besonders relevant ist dabei die mangelnde Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff (zum Beispiel durch vorbestehende Erkrankungen der Blutgefäße). Auch Personen, die an der Zuckerkrankheit (
Darüber hinaus lässt sich beobachten, dass die Wahrscheinlichkeit einer Wundheilungsstörung mit steigendem Alter zunimmt. Auch Fettleibigkeit und der Konsum von Nikotin und/oder Alkohol spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Die Diagnostik bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Wundheilungsstörung gliedert sich in der Regel in verschiedene Schritte:
Zu Beginn findet zumeist ein ausführliches Arzt-Patienten- Gespräch (Anamnese) statt. Im Zuge dieses Gesprächs sollten alle bei dem Patienten vorliegenden Beschwerden so genau wie möglich beschrieben werden. Darüber hinaus ist es besonders wichtig, auch die möglicherweise vorliegenden Begleitbeschwerden zu benennen.
Im Anschluss ist es die Aufgabe des Arztes zu prüfen ob diese Beschwerden mit einer Wundheilungsstörung in Zusammenhang stehen können oder ob die Zusammenschau aller vorliegenden Symptome eher auf eine andere Erkrankung hindeutet.
Während des Arzt-Patienten-Gesprächs stellt der Arzt unter anderem folgende Fragen:
Im Anschluss an das Arzt-Patienten-Gespräch findet eine orientierende körperliche Untersuchung statt, bei der der behandelnde Arzt sowohl die nicht verheilte Wunde begutachtet als auch prüft, ob weitere verdächtige Verletzungen zu finden sind. Außerdem prüft der Arzt, ob Durchblutung, Motorik und Sensibilität in dem Bereich um die Wunde herum beeinträchtigt sind.
Darüber hinaus ist auch die Beurteilung des Wundzustands besonders wichtig. Der Arzt muss darauf achten, ob sich Eiter, Rötungen und/oder abgestorbenes Gewebe gebildet haben.
Auf diese Weise ist es ihm möglich genau abzuschätzen, ob die Wunde des Patienten aseptisch, also keimfrei, kontaminiert oder septisch (infiziert) ist. Zudem muss auch die Phase der Wundheilung anhand der typischen Merkmale abgeschätzt werden.
Bei einer infizierten Wunde kann ein Wundabstrich, der anschließend im Labor untersucht wird, besonders hilfreich sein. Wenn es sich um eine tiefe Wunde handelt, ist die Durchführung bildgebender Maßnahmen sinnvoll.
Auf diese Weise kann abgeschätz werden wie tief die Verletzung tatsächlich ist und welche Strukturen beeinträchtigt wurden. Dazu sind vor allem die Magnetresonanztomografie (MRT), die Computertomografie (CT) und die Anfertigung einer Röntgenaufnahme besonders gut geeignet.
Ob sich eine bestehende Infektion bereits ausgebreitet hat, kann anhand einer Blutabnahme eruiert werden. In der Blutprobe zeigen sich dann angestiegene Leukozyten, ein erhöhter CRP und eine verkürzte Blutsekungsgeschwindigkeit.
Die Behandlung einer Verletzung bei Menschen, die an einer Wundheilungsstörung leiden, kann sehr langwierig sein. Zuerst wird versucht akute Blutungen zu stillen. Dies geschieht mit Hilfe von Druckverbänden und Hochlagerungsteriles.
Außerdem ist es wichtig die Wunde steril abzudecken um weitere Verschmutzung zu vermeiden. Auch der Schutz vor Infektions- oder Begleitkrankheiten (z.B. antibiotische Therapie, Impfungen gegen
Grund dafür ist die Tatsache, dass die Barriere-Funktion der Haut durch die Verletzung gestört ist.
Sollte eine unfallbedingte Verletzung vorliegen, erfolgt in der Regel eine chirurgische Wundversorgung. Bei chronischen Wunden und chronischen offenen Wunden steht meist ein nicht-operatives Vorgehen (z.B. feuchte Wundauflagen) im Vordergrund.
Bei ausgeprägten oder dauerhaft bestehenden Schäden kann eine chirurgische Wundsanierung mit Débridement (Spühlen der Wunde und Entfernung von Verschmutzung und abgestorbenen Gewebeteilen) notwendig werden.
Außerdem nimmt die Therapie von Grund-Erkrankungen oder die Reduktion von Faktoren, die die Wundheilung negativ beeinflussen, einen besonderen Stellenwert in der Behandlung von Wundheilungsstörungen ein.
Wie gut chronische Wunden oder Wundheilungs-Störungen behandelt werden können ist leider sehr individuell und von verschiedensten Faktoren abhängig (s. oben).
Wundheilungs-Störungen kann vorgebeugt werden durch Verzicht auf inhalatives Zigarettenrauchen, eine kontrollierte Behandlung eines bestehenden Diabetes mellitus (Zucker-Krankheit). Außerdem sollten Wunden vor Verschmutzungen geschützt werden und vor schädlichen Einflüssen wie mechanischer Belastung und beispielsweise hoher Sonneneinstrahlung.
Die Wundheilung unterstützen können beispielsweise Lebensmittel, die anti-entzündlich wirken, wie Ingwer, Kamille und Salbei. Es gibt außerdem verschiedene Cremes auf natürlicher Basis. Narbenpflege kann durch Kakao-Butter positiv beeinflusst werden. In einigenfällen haben sich Olivenöle als hilfreich erwiesen. Welche Mittel im Einzelfall sinnvoll sind, sollte mit einem Arzt oder medizinischem Fallpersonal entschieden werden.
Welche Nachsorge Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind, sollte mit einem Arzt oder medizinischem Fallpersonal entschieden werden. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist eine unterstützende Hautpflege empfehlenswert. Dieser Zeitpunkt ist aber ebenso individuell und nicht per se vorhersagbar.
Wundheilungs-Störungen sind ein vielfältiges Erkrankungsbild, bei dem der Körper den Verschluss der Wunde nicht mehr allein bewerkstelligen kann. Dieses Erkrankungsbild wird von sehr vielen Faktoren beeinflusst. Es kann zu weitreichenden Folgen kommen, wenn Wunden nicht fachgerecht behandelt werden.
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Geschrieben von
Jessica Papic
Medizinisch geprüft am
30. Aug. 2022
Erkrankung zusammengefasst
Begriffe
Diabetes mellitus
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