Medisigel logo
Gesundheit von A-Z

Syphilis

Profilbild von Agsin Kjasimov

Geschrieben von
Agsin Kjasimov (Arzt)

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren bei Syphilis?

Die Syphilis - auch Lues genannt - gehört zu einer Gruppe der weltweit mehr als 30 Geschlechtskrankheiten (STI, S = sexually T = transmitted I = infections; sexuell übertragbare Infektionen). Epidemiologisch betrifft das 14:1 Männer. Meistens erkranken die Männer zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr bei einer Inzidenz von bis zu 20 Erkrankten auf 100.000 Einwohner.

Der Erreger ist ein Stäbchenbakterium mit dem Namen Treponema pallidum. Übertragen wird sie, wie die Eingruppierung der Krankheit bereits verrät, über kleinsten Wunden, sexuell über die Schleimhäute (auch Mund und Haut ). In bestimmten Stadien liegt die Ansteckungshäufigkeit beim Geschlechtsverkehr mit einer oder einem Syphilis-Erkrankten bei etwa 30 %. Möglich ist auch eine Übertragung über die Plazenta von der Mutter auf das ungeborene Kind.

In seltenen Fällen ist auch eine Ansteckung über Blutprodukte (Bluttransfusion) möglich. Die Krankheit wird jedoch meistens und fast ausschließlich über Geschlechtsverkehr übertragen. Eine einmal durchgemachte Syphilis-Infektion schützt dabei nicht vor einer erneuten Erkrankung.

Achtung

Entscheidend für Therapie und Infektiosität ist das Stadium der Krankheit bei den Betroffenen.

Es werden grundsätzlich drei Stadien unterschieden: primäre Syphilis, sekundäre Syphilis, tertiäre Syphilis und quartäre Syphilis. Zwischen dem sekundärem und tertiären Stadium kann es zu einer sogenannten latenten ("ruhenden", symptomlosen) Syphilis kommen - dazu später mehr. Die Krankheitsaktivität ist in allen drei Stadien verschieden. Ingesamt ist der Krankheitsverlauf zyklisch, wobei sich Latenzphasen abwechseln.

Die Inkubationszeit, sprich die Zeit zwischen der Infektion den Treponema pallidum und dem Auftreten erster klinischer Symptome, vergehen in der Regel 2- 3 Wochen.

  • Primärstadium (Lues I): An der Oberfläche der Eichel am Penisschaft kann sich eine schmerzlose und harte Wunde bilden ("Ulcus durum" oder auch harter Schanker). Zusätzlich können begleitenden die Lymphknoten in der Leiste vergrößert sein (inguinale Lymphadenopathie). Die Wunde im Genitaltrakt heilt in der Regel nach 6 Wochen narbig ab. In 40-60 % der Fälle bei Menschen mit Syphilis im Stadium 2 lässt sich jedoch keine Wunde im Nachhinein erheben.
  • Sekundärstadium (Lues II): In diesem Stadium präsentieren sich die Symptome zunehmend systemisch. Allgemeine grippeartige Begleitsymptome sind Lymphknotenschwellungen an unterschiedlichen Orten des Körpers (z.B. Achselhöhle, Hals), Fieber und allgemeine Abgeschlagenheit. Der Körper kämpft gegen die Infektion an. Spezifischere Symptome sind ein meist nicht juckender Hautausschlag mit späterer Schuppenbildung. Zusätzlich können an Körperfalten (z.B. Achselhöhle, Leistenbeuge, Kniekehle, Gesäßfalte) nässende Hauterhebungen und Knötchen (Papeln) auftreten. Bei schweren Verläufen können auch im gesamten Körper oberflächliche Hautwunden (Ulzera) sich präsentieren.
  • Latenzstadium (Lues latens): In diesem Stadium sind die Betroffenen monate- oder jahrelang ohne Symptome. Ein Bluttest wäre aber auch in diesem Stadium bestätigend für Syphilis.
  • Tertiärstadium (Lues III): Das Charakteristische in diesem Stadium der Syphilis sind die sogenannten Gummen. Dies sind knötchenartige Zellansammlungen und Gewebeveränderungen, die sich zu Wunden entwickeln. Wichtig für dieses Stadium ist auch zu erwähnen, dass die Auseinandersetzung mit den Treponemas zu einer Entzündung von großen Gefäßen wie die Aorta mit Kalkablagerung bei bis zu 10 Prozent der Patienten führen kann.
  • Quartärstadium/Neurosyphilis (Lues IV): Bei diesem Stadium ist nun auch das Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) mitbetroffen. Durch Entzündung von Hirngefäßen kann es in Folge von Verengungen zu Schlaganfällen kommen. Weiterhin besteht die Gefahr, dass durch den Abbau der Nervenumhüllungen (Myelinscheide) es zu Defizite bei Empfindungen und bis hin zu Sensibilitätsverlusten kommen kann (bezeichnet als Tabes dorsalis). Zusätzlich können auch im Rahmen dessen einschießende und messerstichartige Schmerzen klinisch auffallen. Eine schwere Komplikation der Neurosyphilis ist die Syphilis-Meningitis – die Entzündung der Hirnhäute. Im Folge des Befalls kann es zum Abbau von Gehirnmasse kommen, mit entsprechenden kognitiven und psychiatrischen Symptomen (z.B. Psychosen).

Die angeborene Syphilis (=Lues connata) bezeichnet eine Form der Syphilis, die von der schwangeren Mutter auf das ungeborene Kind weitergegeben wird. Diese Form der Syphilis führt zu schwersten gesundheitlichen Schäden des Kindes. Mögliche Komplikationen sind neben Organschäden eine Frühgeburt oder eine Totgeburt.

Achtung

Die Weitergabe der Syphilis-Infektion auf das ungeborene Kind kann prinzipiell in jedem Stadium der Krankheit erfolgen. Es ist jedoch wahrscheinlicher, je kürzer die Infektion der Mutter zurückliegt.

Bei der angeborenen Syphilis unterscheidet man wiederum zwei verschiedene Phasen:

  • Frühe angeborene Syphilis (Lues connata praecox)
  • Späte angeborene Syphilis (Lues connata tarda)

Bei der frühen angeborenen Syphilis zeigen die betroffenen Babys meist keine Symptome. Ab der dritten bis hin zur zehnten Lebenswoche entwickeln sich bei den Kindern dann die typischen Symptome.

Diese umfassen:

  • Verschiedene Hautveränderungen (Blasenförmig beziehungsweise Flecken)
  • Schwellung der Lymphknoten
  • Fieber
  • Blässe
  • Ikterus (=Gelbsucht)
  • Vergrößerung von Leber beziehungsweise Milz
  • Blutiges Nasensekret (kann auch eitrig und infektiös sein)
  • Gedeihstörung
  • Verminderter Appetit

Circa ab dem 2. Lebensjahr kann es daraufhin zu verschiedenen Symptomen an unterschiedlichen Organen kommen. Hier ist insbesondere der Begriff "Hutchinson-Trias" bekannt.

Er bezeichnet die charakteristischen drei Symptome, welche über einen Zeitraum von mehreren Jahren auftreten:

  • Schwere Hornhautentzündung der Augen
  • Tonnenzähne (Tonnenförmige Fehlbildung der oberen, bleibenden Schneidezähne)
  • Innenohrschwerhörigkeit bis hin zur Taubheit

Wie wird Syphilis diagnostiziert?

Zu Beginn der Diagnose steht eine gründliche Anamnese-Erhebung und eine körperliche Untersuchung durch den behandelnden Arzt. Insbesondere ist hier auch wichtig, wann zuletzt ungeschützter Geschlechtsverkehr durchgeführt wurde. Bei Verdacht auf Syphilis wird daraufhin nach den Erregern nach einem Stufenschema über eine Blutuntersuchung gesucht.

1. Suchtest: Bei einem negativen Test ist eine Infektion mit Syphilis ausgeschlossen. Einzige Ausnahme wäre, dass während der Inkubationszeit von 2 bis 3 Wochen noch keine Antikörper vom Körper gegen die Treponema gebildet worden sind.

2. Bei positivem Suchtest folgt ein Bestätigungstest: Ist der Befund hierbei positiv, bedeutet das nicht, dass eine akute Infektion vorliegt, sondern womöglich eine alte, bereits überstandene Infektion in der Vergangenheit vorlag (eine sogenannte Seronarbe). Die Therapiebedürftigkeit und damit die Aktivität der Bakterien wird im folgenden Test bestimmt.

3. Therapiebedürftigkeits- und Erfolgstest: Bei diesem Test kann schließlich zwischen einer behandlungsbedürftigen, aktiven Syphilis und einer überstandenen und inaktiven (Seronarbe) Syphilis unterschieden werden.

Es besteht zusätzlich zu Beginn der Erkrankung die Möglichkeit aus den Veränderungen der Haut, z.B. einem Ulcus durum im Genitalbereich Proben zu entnehmen. Diese können dann in einer PCR-Untersuchung auf DNA-Merkmale des Treponema pallidums getestet werden. Ein negatives Ergebnis allerdings schließt nicht eine Infektion nicht aus.

Wichtige Differenzialdiagnosen zur Syphilis umfassen im Genitalbereich:

  • Herpes genitalis
  • Chronisch rezidivierende Aphten
  • Penis-, Vulva- und Zervixkarzinome
  • Ulcus molle

Differenzialdiagnose zu extra-genitalen Manifestationen von Syphilis:

  • Lippenfurunkel
  • Herpes simplex
  • Verschiedene Karzinome (Lippen, Zungen, Rachen, Tonsillen, Rektum)
  • Angina Plaut-Vincenti
  • Verschiedene Aphten

Manchmal können auch Bildgebende-Verfahren (Ultraschall, MRT ) hinzugezogen werden, um typische Veränderungen der Syphilis (Leber- und Milzvergrößerung) feststellen zu können.

Therapie bei Syphilis

Die Therapie der Syphilis ist mit dem bekannten Antibiotikum und Mittel der 1. Wahl Penicillin heilbar. Dabei wird das Penicillin (Benzathin-Penicillin G, Depotform) intramuskulär verabreicht. Hiermit wird garantiert, dass das Penicillin über einen Zeitraum von 7 bis 10 Tagen gleichmäßig wirkt. Wenn die Therapie innerhalb eines Jahres nach der Infektion beginnt, genügt eine einmalige Gabe. Nach einem Jahr müsste die Injektion dreimalig erfolgen und bei Vorliegen der Neurosyphilis eine intravenöse Therapie mit Penicillin G beginnen werden. Sollte eine Allergie gegenüber Penicillin bestehen, ist Mittel der Wahl Doxycyclin, Erythromycin oder Ceftriaxon.

Obwohl es derzeit keine bekannten Antibiotika-Resistenzen bei Syphilis gibt, sprechen etwa 5 % der Behandelten nur schlecht auf die Standard-Therapie an. Bei HIV-Patienten sind es sogar 10-15 % der Patienten.

Nach Beginn der Therapie kann es unter Umständen zu einer sogenannten Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen. Dabei werden bakterielle Zellgifte aus dem Inneren des Bakteriums nach Einsatz von Antibiotika durch die Zerstörung freigesetzt. Diese können systemisch zu einer überschießenden Immunantwort des Körpers provozieren, die sich symptomatisch mit Fieber , Schüttelfrost, Kopf- und Muskelschmerzen präsentieren. Möglich sind auch Krampfanfälle sowie die Verschlechterung der Symptome einer laufenden Neurosyphilis.

Achtung

Es sollte zur eigenen Therapie auch eine Therapie aller Geschlechtspartner - bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr - in den letzten 90 Tagen erfolgen.

Wie kann man Syphilis vorbeugen?

Wie bei anderen Erkrankungen, die im Rahmen des Geschlechtsverkehrs auftreten, ist die Nutzung eines Kondoms sinnvoll und bietet für gewöhnlich einen sehr guten Schutz. Dies gilt für alle unterschiedlichen Sexpraktiken gleichermaßen (Oral-, Anal-, Vaginalverkehr). Trotz der großen Sicherheit bei einer korrekten Kondom-Anwendung lässt sich eine Syphilis-Infektion nie zu 100%er-Wahrscheinlichkeit ausschließen. Auch kann man sich beim Küssen, falls der Partner syphilitische Geschwüre im Mundraum hat, mit Syphilis infizieren. Bei einer Berührung von nässenden Hautstellen oder Geschwüren jeder Art sollte man die eigenen Hände deshalb unverzüglich waschen beziehungsweise desinfizieren.

Syphilis und HIV-Infektionen treten auch häufig gemeinsam auf. Die Schleimhaut-Geschwüre bei Syphilis sind nämlich für die HI-Viren besonders durchlässig. Beide Erkrankungen beeinflussen sich in ihrem Krankheitsverlauf dabei ungünstig.

Zusammenfassung

Syphilis ist eine sexuell übertragbare Erkrankung, die in vier Stadien mit einem symptomlosen Zwischenstadium verläuft. Nach dem Beginn eines typischen, nicht-juckenden Hautausschlages am Körper, bilden sich zunehmend Wunden und Schuppen. Im weiteren Verlauf kann auch das Zentrale Nervensystem betroffen sein und auch im Gesamtverlauf, selten aber möglicherweise, zum Tod führen. Mittel der Wahl der Therapie ist das Antibiotikum Penicillin beziehungsweise auch andere Antibiotika-Klassen.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Ja. Allerdings liegt das Verhältnis bei 1:14 zu Lasten der Männer.

Dies hängt maßgeblich von dem Verlauf und dem Befall lebenswichtiger Organe ab. Es wird dringend angeraten bei etwaigen Symptomen und klinischen Auffälligkeiten eine entsprechende Therapie einzuleiten.

Der sexuelle Kontakt mit einer erkrankten Person führt in etwa 30% der Kontakte zu einer Infektion.

Treponema pallidum wird über kleine Schleimhautverletzungen übertragen. Für gewöhnlich überleben diese zarten, gewundene

Stäbchen nicht auf Oberflächen nicht. Im Körper führen sie meistens zu Erkrankung und dessen Folgen bei fehlender Therapie. 

Meistens geschieht das über sexuellen Kontakt. Prinzipiell ist auch eine Ansteckung über kontaminierte Nadeln oder andere kontaminierte Gegenstände möglich.

Ja. Nach Angaben des Robert-Koch- Instituts tritt bei etwa 30 % der unbehandelten Patienten eine spontane Heilung innerhalb eines Jahres ein.

Syphilis Karteikarte

Erkrankung zusammengefasst

Medisiegel icon

Syphilis

Epidemiologie

  • Männer > Frauen (13:1)
  • Inzidenz: 5–20 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr
  • Manifestationsalter: zwischen 20 und 49

Risikofaktoren

  • wechselnde Sexualpartner
  • ungeschützter Geschlechtsverkehr
  • Homosexualität bei Männern
  • Immunschwäche

Ursachen

  • Treponema pallidum

Symptome

  • Fieber
  • Müdigkeit
  • Abgeschlagenheit
  • Kopfschmerzen
  • Gliederschmerzen
  • Muskelschmerzen
  • Vergrößerte Lymphknoten
  • Hautausschlag

Komplikationen

  • Schwellungen der Lymphknoten
  • Knochenhautentzündung
  • Entzündung der Regenbogenhaut
  • Nierenentzündung
  • Leberentzündung

Diagnose

  • Anamnese
    • Haben sie Fieber?
    • Fühlen sie sich müde und abgeschlagen?
    • Leiden sie an Kopfschmerzen?
    • Haben sie Muskel- und Gelenkschmerzen?
    • Sind ihre Lymphknoten geschwollen?
    • Findet sich ein fleckiger, rötlicher Hautausschlag im Bereich ihres Körperstamms (Rücken, Brust, Bauch)?
    • Haben sie Juckreiz? Nein!
    • Haben sie häufig Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern?
    • Hatten sie ungeschützten Geschlechtsverkehr?
  • Laboruntersuchung
    • Direkter Erregernachweis: Dunkelfeldmikroskopie oder PCR
    • AK- Suchtest: Treponema-Pallidum-Hämagglutinations-Assay (TPHA)+ Bestätigungstest

Differenzial Diagnose

  • Pityriasis versicolor

Therapie

  • Medikamente

Präventionsmaßnahmen

  • Kondome

Prognose

  • Heilungsrate unter Therapie ca. 100%

Begriffe

Fieber

Von Fieber spricht man immer dann, wenn die Körpertemperatur über das normale Maß hinaus erhöht ist. Normalerweise liegt die Körpertemperatur des Menschen zwischen 36,0 und 37,4 Grad Celsius.
Unter dem Begriff "Furunkel" (Haarbalgentzündung) versteht man eine eitrige Hautentzündung, die durch bakterielle Erreger hervorgerufen wird.
Ein Hautausschlag ist ein Zustand, den jeder Mensch kennt. Hautausschläge können sich in unterschiedlichster Form, Farbe, Verlauf, Ausprägung und Dauer zeigen.
Herpes ist eine besonders häufige Erkrankung, die durch virale Krankheitserreger hervorgerufen wird. Dabei gibt es verschiedene Typen von Herpes-Viren, die nach der Infektion zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen können.
Die Hornhautentzündung ist eine häufig vorkommende Erkrankung des vorderen Auges, welche je nach Auslöser leichte bis sehr schwerwiegende Komplikationen verursachen kann.
Der Begriff „Psychose“ ist ein Sammelbegriff für eine Reihe verschiedener psychischer Störungen, deren Symptome unter anderem Denkstörungen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen sind.
Von "Taubheit" (Gehörlosigkeit, Surditas, Anakusis) spricht man immer dann, wenn Töne oder Geräusche garnicht mehr wahrgenommen werden können.
Das Ulcus molle ist eine in den tropischen und subtropischen Gegenden der Welt vorkommende und dort relativ häufige sexuell übertragbare Erkrankung (STI), welche durch eine Infektion mit dem Bakterium Haemophilus ducreyi ausgelöst wird

Medisiegel

Newsletter anmelden

Unsere Artikel sollen Ihnen einen ersten Eindruck von einem medizinischen Thema vermitteln. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung und Beratung.
Wir übernehmen keine Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Darstellung.

Copyright © 2022, Medisiegel. All rights reserved.