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Seronegative Spondyloarthritis

Profilbild von Agsin Kjasimov

Geschrieben von
Agsin Kjasimov (Arzt)

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Seronegativen Spondyloarthritis?

Die seronegative Spondyloarthritis gehört zu einer Gruppen von chronisch- entzündlichen Autoimmunerkrankungen, die die Wirbelsäule betreffen und zusätzlich bei den Blutwerten typische gemeinsame Eigenschaften.

Zu dieser Gruppe gehören:

  • Morbus Bechterew (axiale Spondyloarthritis)
  • Psoriasis- Arthritis
  • Enteropathische Arthritis
  • Reaktive  Arthritis (bei voller Ausprägung: "Morbus Reiter")
  • nicht näher eingeordnete Spondyloarthritis

Zu den einzelnen Erkrankungen hier ein kurzer Überblick (zu Morbus Bechterew gibt es einen eigenständigen Artikel) :

Reaktive Arthritis (Syn.: postinfektiöse Arthritis; Gelenkentzündung nachfolgend einer Infektion): Bei dieser Form der Spondyloarthritis kommt es nach wenigen Tagen oder Wochen nach ein einer bakteriellen Infektion, die ihren Fokus entweder im Darm oder in der Harnröhre hatte, zu einer entzündliche Erkrankung der Gelenke und unter Umständen auch der Wirbelsäule. Zu den typischen Darmerregern, die mit der reaktiven Arthritis assoziiert sind und zu einer Darmentzündung (Enteritis) führen, zählen Campylobacter jejuni (häufigster Durchfallerreger in Deutschland), Shigellen, Yersinien und Salmonellen.

Wissenswert

Bei der Entzündung der Harnröhre (Urethritis) sind es typischerweise entweder Gonokokken (Gonorrhoe, umgangssprachlich auch Tripper genannt) oder Chlamydien .

Psoriasis- Arthritis (Schuppenflechte mit Gelenksentzündung): Bei der Psoriasis handelt es sich um eine chronisch- entzündliche Erkrankung der Haut . Sie zeichnet sich durch Schuppenherde auf den Streckseiten der Arme und Beine aus, die häufig mit Juckreiz einhergehen. 5-45% der Patienten bekommen zusätzlich auch eine Gelenkbeteiligung. Es ist allerdings für eine Psoriasis- Arthritis nicht zwingend notwendig, dass auch die Haut betroffen ist. Typischerweise sind die kleinen Gelenke der Extremitäten (Finger beispielsweise) betroffen. Klinisch imponieren diese nicht selten als sogenannten "Wurst-Finger", wenn der Finger in seiner gesamten Länge betroffen ist. Seltener ist der Befall der Wirbselsäule (Spondyloarthritis). Die Symptome ähneln dann dem des Morbus Bechterew .

Was sind die Symptome einer Seronegativen Spondyloarthritis?

Der nähere Verdacht kommt klinisch bei gewissen Merkmalen und Symptomen au. Wenn bereits in der Familie eine Erkrankung aus der oben genannten Gruppe vorliegt, dann ist bei entsprechenden Symptomen der Verdacht diagnostisch zu erhärten. Typisch wäre auch ein Beginn vor dem 40. Lebensjahr und die Beteiligung der Wirbelsäule mit Rückenschmerzen , die schleichend begonnen haben und auf Mittel wie Ibuprofen oder Diclofenac ansprechen, einer Morgensteifigkeit und der Besserung der Schmerzen und Steifigkeit im Tagesverlauf.

Hinweis

Zusätzlich kann es zu entzündlichen Gelenken kommen, die eher einseitig aufterten, beispielsweise nur das linke Knie. Bei Morbus Bechterew treten auch beispielsweise Entzündungen der Augen und Sehnen zusätzlich auf.

Typische Symptome der einzelnen Erkrankungen:

Reaktive Arthritis: einseitige (asymmetrische) Gelenksentzündung der unteren Extremitäten- am häufigsten betroffen ist das Kniegelenk + Entzündung der Bindehaut (Konjunktivitis) + Entzündung der Harnröhre + Entzündliche Veränderungen der Haut mit starken Verhornungen der Handinnenflächen und Fußsohlen und schuppige Veränderungen an der Eichel beim Mann. Zusätzliche Symptome sind Rückenschmerzen (Sakroiliitis) und Schmerzen an den Sehnen.

Psoriasis- Arthritis: Gelenkschmerzen und Morgensteifigkeit + ggf. entsprechendes Hautbild

Wie wird die Seronegative Spondyloarthritis diagnostiziert?

Die laborchemische Gemeinsamkeit, die die Gruppe der seronegativen Spondyloarthritiden auszeichnet sind:

  • die Rheumafaktoren sind negativ (daher der Name "seronegativ")
  • Zusammenhang zu speziellen Oberflächenproteinen (HLA-  B27, von engl. human leukocyte antigen B27)

Die HLA- B27 Oberflächenproteine gehören zum Teil des erworben ("gelernten") Immunsystems. Sie präsentieren in fast allen kernhaltigen Zellen Bestandteile von Erregern an der Oberfläche der jeweiligen Zellen, um diese als verdächtig für die Immunzellen zu machen. Gleichzeitig ist diese spezielle Variante HLA- B27 mit Erkrankungen aus der Gruppe der seronegativen Spondyloarthritiden assoziiert- allerdings mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten:

Bei Nachweis von HLA-B27 ist das relative Risiko 90fach für Morbus Bechterew erhöht, 30fach für eine reaktive Arthritis und ca. 5fach für eine Psoriasis Arthritis.

Einzelnen diagnostische Besonderheiten der oben genannten Erkrankungen:

Blutuntersuchung mit Entzündungswerten wie dem CRP (C-reaktives Protein, wird von der Leber bei Entzündungen im Leber produziert, um die Erreger für die Immunzellen zu markieren). Zusätzlich kann eine Stuhl- und Urinanalyse Aufschluss über den ursächlichen oder auch bestehenden Erreger geben.

Diagnostisch sollte neben dem Gelenk auch entsprechend die Haut und die Nägel (typische Veränderungen bei Psoriasis) untersucht werden. Neben der HLA-B27 Bestimmung im Labor können auch Entzündungsparameter erhöht sein. Als bildgebendes Verfahren eignen sich Röntgen und CT zur Darstellung der Knochen- und Gelenksstrukturen.

Therapie bei Seronegativer Spondyloarthritis

Die Therapie richtet sich nach der jeweilige Erkrankung:

Reaktive Arthritis: Sollte die Darm- oder Harnröhreninfektion weiterhin bestehen, dann ist eine entsprechende antibiotische Therapie einzuleiten. Ansonsten sollte die Gelenksschwellung symptomatisch mit einem nicht- steroidalen Antirheumatikum (z.B. Ibuprofen oder Diclofenac) und ggf. einer Kältetherapie gelindert werden. Sollte sich ein schwerer Verlauf einstellen, kann eine vorübergehenden Unterdrückung des Immunsystems mit einem Kortison angezeigt sein.

Psoriasis- Arthritis: Bei Gelenksschwellungen und radiologischem Nachweis der Veränderung am Gelenke sollte neben einer Schmerzmedikation auch die Gruppe der sogenannten DMARD (= disease-modifying antirheumatic drug), die auch bei der klassischen Rheumatherapie zum Einsatz kommen, eingesetzt werden. Diese sollen die Krankheitsaktivität herunterfahren und bestenfalls vollständig bremsen. Ein typischer Wirkstoff aus dieser Klasse ist Methotrexat. Bei nicht-Ansprechen können biologische DMARDs wie beispielsweise Adalimumab eingesetzt werden.

Wie ist die Prognose einer Seronegative Spondyloarthritis?

Die Prognose richtet sich bei den seronegativen Spondyloarthritiden auch nach den einzelnen Erkrankungen:

Reaktive Arthritis: In ca. 80 % der Fälle kommt es innerhalb eines Jahrs zu einer Rückbildung der Gelenksentzündung. Sollte bei dem Patienten eine HLA-B27 positives Blutergebnis diagnostiziert worden sein, kann eine reaktive Arthritis auch in eine rheumatische Erkrankung übergehen.

Psoriasis- Arthritis: Bei Kontrolle der Symptome gut.

Zusammenfassung

Zu der Gruppe der seronegative Spondyloarthritis-Erkrankungen gehören: Morbus Bechterew, Psoriasis- Arthritis, Reaktive Arthritis, Enteropathische Arthritis und einige unspezifische Gelenkentzündungen. Ihnen gemein ist eine ähnliche Klinik aus asymmetischer Gelenkentzündung, typischem Labor und gelegentlicher Beteiligung der Wirbelsäule. Therapie und Prognosen richten sich nach dem jeweiligen Krankheitsbild.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Nein. Eine Spondyloarthritis kann auch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten. Die axiale Spondyloarthritis ist allerdings Morbus Bechterew.

Bei der peripheren Spondyloarthritis sind neben der Wirbselsäule auch andere gelenkige Strukturen betroffen. Beispielsweise einseitig das rechte oder linke Kniegelenk. Dies wird als periphere Variante bezeichnet und ist nicht immer scharf von der axialen ("zentralen") Spondyloarthritis klinisch zu trennen.

Ja. Die Spondyloarthritiden gehören zu einer heterogenen Gruppen von chronisch- entzündlichen Autoimmunerkrankungen, die laborchemisch und klinisch Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweisen.

Zwar zählen diese zu dem sogenannten rheumatischen Formenkreis, haben allerdings einige Besonderheiten wie, dass die Rheumafaktoren charakteristischerweise negativ sind ("seronegativ").

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Seronegative Spondyloarthritis einfach erklärt

Häufigkeit

  • Prävalenz: 0,4 bis zwei Prozent der Bevölkerung
  • Männer > Frauen (2:1)

Risikofaktoren

  • Träger des Merkmals HLA B-27 im Blut

Ursachen

  • unklar
  • vermutet wird Zusammenhang zu HLA B-27 im Blut

Symptome

  • Gelenkschmerzen
  • Morgensteifigkeit
  • Müdigkeit
  • Schwellung

Diagnose

  • Anamnese
    • Haben sie Gelenkschmerzen?
    • Haben sie Schmerzen im Kniegelenk?
    • Fühlen sich ihre Gelenk morgens steif an?
    • Nimmt die Beweglichkeit im Verlauf des Tages zu?
    • Fühlen sie sich müde und abgeschlagen?
    • Sind ihre Knie geschwollen?
  • Körperliche Untersuchung
    • Untersuchung der Beweglichkeit der Gelenke
  • Laboruntersuchung
    • Blutuntersuchung: Testung auf das HLA-B27-Merkmal im Blut
  • Röntgenuntersuchung
    • Beurteilung der Gelenke
  • MRT
    • Mittels MRT sind aktive Entzündungen bereits im Frühstadium erkennbar.

Therapie

  • Lebensstiländerung
  • Physiotherapie
  • Medikamente
  • Operation

Präventionsmaßnahmen

  • Bewegung
  • Gelenkschonende Sportarten (z.B. Schwimmen)
  • Gewichtsreduktion bei Adipositas
  • Nikotinverzicht
  • gesunde Ernährung

Prognose

  • abhängig vom Zeitpunkt der Diagnose und des Therapiebeginns

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