Medisigel logo
Gesundheit von A-Z

Schilddrüsenüberfunktion

Profilbild von Bassem  Maalouf

Geschrieben von
Bassem Maalouf (Arzt)

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Schilddrüsenüberfunktion?

Die Schilddrüsenüberfunktion ("Hyperthyreose") bezeichnet die übermäßige Produktion von Schilddrüsenhormonen in der Schilddrüse. Die Schilddrüsenhormone sind wichtige und auch unverzichtbare Hormone im Körper. Zu ihren Funktionen gehören unter anderem die Steuerung des Stoffwechsels und des Wachstums.

Es gibt zahlreiche Ursachen, die zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen können. Eine sehr häufige Form ist die Basedow-Krankheit, eine Autoimmunerkrankung, bei der ständig die Produktion von Schilddrüsenhormonen angekurbelt wird. Sie ist die mit Abstand häufigste Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion. Der Basedow-Krankheit liegt eine Störung des Immunsystems zugrunde, bei der bestimmte Antikörper im Blut, die Schilddrüsenzellen zur Hormonproduktion anregen.

Andere Ursachen sind besonders aktive Schilddrüsen oder kleine Knoten und Tumore, die besonders viel Schilddrüsenhormon produzieren können ("funktionelle Autonomie"). Hier produziert Schilddrüsengewebe, entkoppelt von der Steuerung des Gehirns, ununterbrochen Hormone. Dies können einzelne Knoten sein, oder auch mehrere Knoten, welche sich über die gesamte Schilddrüse verteilen. Die Autonomie wird dabei meist durch einen langfristigen Mangel von Jod hervorgerufen. Insbesondere in Gebieten mit einem Jodmangel in der Nahrung stellt die Autonomie eine häufige Ursache der Schilddrüsenüberfunktion dar.

Auch Schilddrüsenkrebs kann sich zu Beginn wie eine Schilddrüsenüberfunktion bemerkbar machen. Seltener können auch Medikamente (z.B. Amiodaron) oder die übermäßige Einnahme von Jod (z.B. über Kontrastmittel) eine Schilddrüsenüberfunktion auslösen. Amiodaron ist ein bekanntes Antiarrhythmikum zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen . Es enthält Jod und kann bei einer Vorbelastung zu einer manifesten Schilddrüsenüberfunktion führen (=amiodaroninduzierte Hyperthyreose Typ 1). Bei der amiodaroninduzierten Schilddrüsenüberfunktion Typ 2 zerstört ein Metabolit des Medikaments Schilddrüsen-Zellen und führt so zu einer starken Freisetzung von Schilddrüsenhormonen.

Wissenswert

In etwa 1-2 % der Bevölkerung leiden an einer Schilddrüsenüberfunktion. Die Hälfte der Fälle wird durch immunogene Ursachen verursacht (etwa Autoimmunerkrankungen oder Morbus-Basedow), die andere Hälfte von einer Schilddrüsen-Autonomie, welche insbesondere im hohen Lebensalter auftritt. Frauen sind in etwa 5-mal so häufig - im Gegensatz zu Männern - von der immunogenen Schilddrüsenüberfunktion betroffen. Die Schilddrüsenüberfunktion wird aufgrund erhöhter Spiegel von Schilddrüsenhormonen im Blut (fT3 und fT4) diagnostiziert. Das T in diesen Hormonen steht dabei für den Namen des Hormons, Thyroxin.

Anatomie

Die Schilddrüse befindet sich an der Vorderseite des Halses, unmittelbar unterhalb des Schildknorpels des Kehlkopfes. Sie setzt sich aus zwei Lappen, die durch eine Gewebebrücke, dem sogenannten Isthmus, verbunden sind, zusammen. Die Hauptlappen der Drüse liegen an der rechten und linken Seite der Luftröhre (Trachea), während der Isthmus über diese hinweg verläuft.

Eine gesunde Schilddrüse ist ungefähr daumengroß und wiegt bei einer erwachsenen Frau circa 18 und bei einem Mann bis zu 25 Gramm. In der engen Nachbarschaft der Schilddrüse befinden sich Strukturen, die für die Stimm- und Sprachbildung essenzielle sind. Besondere Erwähnung verdient dabei der Stimmbandnerv, der sehr eng hinter der Drüse entlang verläuft und bei einer Operation gefährdet ist.

Hinter den beiden Hauptlappen liegt an deren oberen und unteren Pol die sogenannte Nebenschilddrüse. Dabei handelt es sich um ein ungefähr reiskorngroßes Drüsenorgan, dessen Aufgabe die Synthese von Parathormon ist. Nur rund 90 Prozent aller Menschen besitzen vier Nebenschilddrüsen. Die übrigen 10 Prozent verfügen entweder über mehr oder aber über weniger Nebenschilddrüsen.

Hinweis

Die Hauptaufgabe der Schilddrüse besteht darin, aus Jod und anderen Substanzen die Schilddrüsenhormone T-3 und T-4 zu bilden. Die Schilddrüsenhormone haben im menschlichen Körper eine Vielzahl wichtiger regulatorische Aufgaben. Sie wirken sich unter anderem auf das Herz , das Gefäßsystem, den Fett- und Bindegewebestoffwechsel, die Schweiß- und Talgdrüsen der Haut sowie die Nieren- und Darmtätigkeit aus. Darüber hinaus sind die Schilddrüsenhormone an vielen Wachstumsprozessen maßgeblich beteiligt und steigern den körperlichen Grundumsatz und Energieverbrauch.

Steuerung der Hormonproduktion

Eine gesunde Schilddrüse ist dazu in der Lage, pro Tag ungefähr 80 bis 100 Mikrogramm T4 und zwischen 10 und 50 Mikrogramm T3 zu synthetisieren. Die exakte Syntheseleistung der Drüse wird dabei vom Gehirn , genauer gesagt vom Hypothalamus, einem Teil des Zwischenhirns, und der Hypophyse gesteuert.

Die Hirnanhangdrüse ist im Regelkreislauf der Schilddrüsenhormone die zentrale Steuerstelle. In ihr wird das Hormon TSH (Thyroid Stimulating Hormon) gebildet, das dafür verantwortlich ist, die Hormonproduktion der Schilddrüse zu steigern. Wenn der T4/T3-Spiegel im Blut absinkt, beginnt die Hirnanhangdrüse damit, TSH zu synthetisieren. Auf diese Weise wird die Schilddrüse stimuliert und steigert ihrerseits die Hormonproduktion. Wenn die T4/T3-Konzentration im Blut hingegen zu hoch ist, so drosselt die Hirnanhangdrüse die TSH-Produktion, wodurch auch die Stimulation der Schilddrüse und damit die Synthese der Schilddrüsenhormone abnimmt.

Die Synthese von TSH wiederum wird über das Thyreotropin Releasing Hormon (TRH), das vom Hypothalamus abgegeben wird, gesteuert. Auf diese Weise kann die Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blut auf einem relativ konstanten Level gehalten werden.

Schilddrüsenüberfunktion und Kinderwunsch

Frauen, die einen Kinderwunsch hegen, sollten vor der Erfüllung des Kinderwunsches den TSH-Spiegel im Blut kontrollieren lassen. Eine Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion führt häufig zu Fehl- oder Frühgeburten. Es ist außerdem möglich, dass es durch das hormonelle Ungleichgewicht keine Schwangerschaft eintreten kann. Das Risiko kann durch eine adäquate medikamentöse Therapie stark reduziert werden. In Rücksprache mit dem Arzt stellt die medikamentöse Therapie einer Schilddrüsenüberfunktion während der Schwangerschaft kein Problem dar und darf eingenommen werden.

Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft

Das Schwangerschaftshormon Beta-HCG, das in der Frühschwangerschaft in hohen Konzentrationen im Blut nachweisbar ist und gebildet wird, wirkt stimulierend auf die Schilddrüse. Dabei kann es in der Frühschwangerschaft manchmal zu einer Schilddrüsenüberfunktion kommen. Die Überfunktion ist dabei meist mild und bildet sich häufig selbstständig zurück. Im Notfall kann auch ein leichter Beta-Blocker angewendet werden, wenn es zu beschleunigtem Herzschlag, Nervosität oder übermäßigem Schwitzen kommt. Eine engmaschige Kontrolle der Schilddrüsen-Funktion über die ganze Schwangerschaft ist in solchen Fällen dringend notwendig. In den meisten Fällen klingen diese Symptome nach der 20. Schwangerschaftswoche aber wieder ab.

Wissenswert

5-9 % aller Frauen erleiden nach der Geburt eine sogenannte post-partum Thyreoditis, eine Entzündung der Schilddrüse, die durch die veränderten hormonellen Zustände nach der Geburt zustande kommt. In den meisten Fällen bildet sich diese Veränderung von allein zurück, es kann sich allerdings auch ein manifester Morbus Basedow ausbilden, was die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion darstellt.

Was sind die Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion?

Die Beschwerden sind aufgrund der vielfältigen Funktionen der Schilddrüsenhormone zahlreich und höchst unterschiedlich.

Durch die dauerhafte Hormonproduktion kann die Schilddrüse größer werden und als weiche Vergrößerung oder Schwellung am vorderen Hals ("Struma") erscheinen. Betroffene klagen über Schwitzen, Zittern, Herzrasen, Bluthochdruck und einem ständigen Wärmegefühl. Oft besteht Durchfall und eine ungewollte Gewichtsabnahme . Häufig kommt es auch zu psychischer Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen . Insbesondere bei der Basedow-Krankheit kann es zu hervorstehenden Augen kommen, sodass ein "Starren" auffällt.

Im höheren Alter zeigt die Schilddrüsenüberfunktion häufig einen symptomarmen Verlauf mit Kräfteverfall, Apathie und Gewichtsverlust.

Eine genaue Auflistung der möglichen Symptome:

  • Beschleunigter und unrhythmischer Herzschlag
  • Erhöhter Blutdruck
  • Zittern, Schwitzen, vermehrte Unruhe
  • Abnahme von Gewicht trotz normaler Ernährung
  • verstärkte Gereiztheit
  • diverse Schlafstörungen
  • warme, schwitzende Haut
  • Müdigkeit und Schwäche
  • Leistungsminderung
  • Haarausfall

Achtung

Selten kann es im Zuge einer Schilddrüsenüberfunktion zu einer sogenannten thyreotoxischen Krise kommen. Die thyreotoxische Krise ist eine lebensbedrohliche Situation und muss immer stationär (=im Krankenhaus) behandelt werden.

Symptome, die im Zuge einer thyreotoxischen Krise auftreten können sind:

  • Erhöhte Temperatur
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Unruhe
  • Starke Angstzustände
  • Bewusstseinsveränderungen
  • Koma
  • Kreislaufversagen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Herzinfarkt

Wie wird die Schilddrüsenüberfunktion diagnostiziert?

Die Diagnostik bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Schilddrüsenüberfunktion gliedert sich in verschiedene Schritte. Bereits im Zuge eines ausführlichen Arzt-Patienten-Gesprächs (Anamnese) kann ein wichtiger Hinweis auf die Erkrankung gewonnen werden. Grund dafür ist die Tatsache, dass die für eine Überfunktion der Schilddrüse typischen Symptome den Verdacht schnell nahelegen. Es kann zwar auch bei anderen Erkrankungen zu derartigen Beschwerden kommen. Jedoch steht diese Fülle an Symptomen in der Regel in einem Zusammenhang mit der Hormonsynthese der Schilddrüse.

Die Verdachtsdiagnose kann dann meist relativ leicht mit einer Blutuntersuchung bestätigt werden. Dabei können viele verschiedene Parameter zur genauen Diagnose führen. Ein wichtiger Parameter ist das TSH (thyreoid-stimulierendes Hormon). Hierbei handelt es sich um ein Hormon, das im Gehirn gebildet wird und die Schilddrüse stimuliert bzw. dort die Produktion der Schilddrüsenhormone (T4 und T3) ankurbelt. Die Schilddrüsenhormone selbst unterdrücken wiederum das TSH. Liegt also eine Überfunktion mit zu viel T3 und T4 vor, so wird das TSH meist erniedrigt gemessen.

Zusätzlich fallen im Falle einer Basedow-Krankheit Antikörper im Blut auf (TRAK-Antikörper und TPO-Antikörper), die typisch für die Erkrankung sind. Gegebenenfalls können hier auch Antikörper gegen die Thyreoperoxidase (Anti-TPO-AK) nachgewiesen werden, das ist in etwa 60 % der Fälle möglich.

Bei der Auskultation der Schilddrüse mit dem Stethoskop kann man häufig ein Schwirren über der Schilddrüse hören. Zusätzlich sollte immer eine Augenuntersuchung im Zuge einer Schilddrüsenüberfunktions-Abklärung stattfinden. Vor allem im Zuge des Morbus Basedow kommt es immer wieder zu einer sogenannten endokrinen Orbitopathie. Die genauen Ursachen für diese Augenbeteiligung bei Morbus Basedow wird derzeit noch erforscht. Die Veränderung entsteht durch eine entzündliche Veränderung des Gewebes um den Augapfel. Zudem kommt es hier oft zu einer Fibrose (=kranhafte Veränderung des Bindegewebes) der Augenmuskeln. Oft manifestiert sich die endokrine Orbitopathie innerhalb von 6 Monaten vor beziehungsweise nachdem eine Schilddrüsenüberfunktion aufgetreten ist.

Verschiedene Untersuchungsmethoden bei Schilddrüsenüberfunktion:

In der Regel wird - gerade bei der Erstdiagnose - auch eine Ultraschall-Untersuchung der Schilddrüse gemacht. Im Ultraschall zeigt sich hier manchmal eine diffuse echoarme Schilddrüse und in der Farbduplexsonographie (=Messung der Durchblutung), eine verstärkte Durchblutung.

Verschiedene Kriterien (beispielsweise Verkalkungen, Größe, Ausläufer) geben dem Arzt Hinweise auf einen gutartigen oder bösartigen Prozess. Weitere Untersuchungen können im Anschluss an die Ultraschalluntersuchung folgen. Eine vergrößerte Schilddrüse liegt bei der Frau bei einem Volumen von über 18ml und bei einem Mann von über 25ml vor.

In einigen speziellen Fällen kann auch eine sog. "Szintigraphie" gemacht werden, die die Aktivität der Schilddrüsenzellen darstellt. Hier zeigt sich eine vermehrte, homogene Radionuklidanreicherung bei einer Immunhyperthyreose. Zur Darstellung wird über die Vene meistens Tc-99m-Pertechnetat gegeben, dass der Gammastrahler für die Szintigrafie detektieren und abbilden kann. Auch kann mithilfe der Szintigraphie eine Autonomie der Schilddrüse abgegrenzt werden. Dabei werden zwischen heißen und kalten Knoten unterschieden. Vor einer Szintigraphie muss die bestehende Schilddrüsenhormonmedikation in der Regel abgesetzt und eine strikte Jodkarenz von 4 Wochen eingehalten werden. Eine Schwangerschaft muss ausgeschlossen sein.

Heiße Knoten weisen in der Szintigrafie eine große Aufnahme des vorher aufgenommenen Radionuklids auf. Dies führt in der Regel zu einer Schilddrüsenüberfunktion, da sie autonom, also unabhängig vom Rest des Körpers, Hormone freisetzen. Sie sind in der Regel gutartig. Sofern normale TSH-Werte beim Hausarzt festgestellt wurden, bedarf es in der Regel keiner Therapie, aber einer regelmäßigen Überwachung der Schilddrüsenwerte. (siehe Therapie)

Eine flächige und gleichmäßige Anreicherung hingegen lässt auf einen Morbus Basedow hindeuten.

Kalte Knoten hingegen sind stoffwechselinaktiv, das heißt, im Szintigramm weisen sie keinerlei oder wenig Aufnahmefähigkeit des Radionuklids auf. Generell sind kalte Knoten malignomverdächtig. Aber da nur 2 % aller kalten Knoten bösartig sind, wird der Arzt weitere Kriterien in die Diagnosefindung einbeziehen. Eventuell können dazu weitere Untersuchungen wie eine Ultraschalluntersuchung oder eine Feinnadelpunktion zur Abklärung notwendig werden. Sollte der Verdacht auf einen bösartigen Prozess ausgeschlossen sein, kann der kalte Knoten auch medikamentös therapiert werden (siehe Therapie). Neben bösartigen Prozessen kann ein kalter Knoten auch ein Hinweis für eine Zyste, also einen wassergefüllten Raum, oder einer Entzündung oder Einblutung sein.

Bei der Feinnadelpunktion handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren zur genaueren Diagnostik von Knoten in der Schilddrüse. Sie dient vor allem zum Ausschluss eines bösartigen Prozesses. Wenn bestimmte Kriterien erfüllt worden sind, ist es möglich, dass ihr Arzt sich für eine Feinnadelpunktion entscheidet. Eine Narkose ist nicht notwendig. Der durchführende Arzt wird die Punktion mithilfe eines Ultraschallgerätes durchführen. 8,9 % aller Patienten berichten über einen leichten Schmerz. Größere Komplikationen sind nicht zu erwarten.

Seltene Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion sind die Thyreoiditis de Quervain oder Hashimoto-Thyreoiditis , die Hyperthyreosis factitia, die Hyperthyreose aufgrund eines TSH-produzierenden Hypophysenadenoms und die schwangerschaftsassoziierte Schilddrüsenüberfunktion.

Differenzialdiagnosen der Schilddrüsenüberfunktion sind die subakute Schilddrüsenentzündung, Kokain- beziehungsweise Amphetaminabusus und eine Psychose .

Therapie bei Schilddrüsenüberfunktion

Eine Schilddrüsenüberfunktion wird meist nach einer genauen Anamnese durch den behandelnden Arzt, einer körperlichen Untersuchung und einer Blutabnahme gestellt.

Die Behandlung beinhaltet in der Regel entweder die Einnahme von Medikamenten oder eine Operation. Es gibt verschiedene Medikamente, die entweder direkt an der Schilddrüse oder erst im Blut wirken und verschiedene Wirkmechanismen haben, allerdings ist das Ziel immer die Normalisierung der Schilddrüsenhormon-Werte im Blut.

Medikamente, die hier zur Anwendung kommen sind sogenannte Thyreostatika. Sie greifen in der Schilddrüse an und hemmen die Produktion von Schilddrüsenhormonen. Medikamente mit diesem Wirkmechanismus sind beispielsweise Carbimazol, Thiamazol und Propylthiouracil. Diese Medikamente werden zu Beginn der Behandlung hoch dosiert und im Zuge der Therapie dann schrittweise reduziert. In über 50 % der Fälle führt eine Behandlung mit diesen Präparaten zu einer dauerhaften Heilung der Schilddrüsenüberfunktion. Je nach Ursache kann unter ärztlicher Aufsicht die medikamentöse Therapie nach etwa einem Jahr probeweise ausgeschlichen werden.

Bei einem Anstieg der Herzfrequenz aufgrund von einem Überangebot von Schilddrüsenhormonen im Blut können Beta-Blocker eingesetzt werden. Beispielsweise das Präparat Propranolol zeigt hier eine gute Wirkung.

Bei einer Operation kann entweder ein Teil der Schilddrüse oder im Verlauf die ganze Schilddrüse entfernt werden. In letzterem Fall müssen dann lebenslang Hormone als Tablette genommen werden. Auch ist eine Operation in jedem Fall notwendig bei einem verdrängenden Kropf, einem Verdacht auf einen bösartigen Schilddrüsentumor und bei wiederholten thyreotoxischen Krisen. Die Schilddrüsen-OP findet immer in Vollnarkose statt.

Je nach Erkrankung kommt es dabei zu unterschiedlichen Operationstechniken:

  • Entfernung der gesamten Schilddrüse (=Thyroidektomie)
  • Entfernung eines Schilddrüsen-Lappens (=Lobektomie)
  • Entfernung eines Teilsegments der Schilddrüse (=Teilresektion)
  • Entfernung eines einzelnen Knotens (=Enukleation)

Hinweis

Grund für einen operativen Eingriff kann neben dem Verdacht auf einen bösartigen Prozess auch die subjektive oder objektive Einengung durch ein vergrößertes Struma (Schwellung), eine chronische Heiserkeit oder Schluckstörungen sein. Vor der Operation sollte eine euthyreote, also normale, Stoffwechsellage mithilfe von Medikamenten erreicht werden, damit es nach der Operation zu keiner hormonellen Entgleisung (thyreotoxische Krise) kommt.

Risiken der Operation

Sollte zu viel Gewebe entnommen werden, kann sich nach der Operation eine Hypothyreose, eine Schilddrüsenunterfunktion einstellen, die gegebenenfalls medikamentös therapiert werden muss. Typische Risiken wie das allgemeine Narkoserisiko, Infektion an der Operationsstelle oder Blutungen treten selten auf, bedürfen aber einer sofortigen Therapie.

Eine gefürchtete Komplikation bei der Schilddrüsenentfernung ist die Verletzung des Nervus recurrens, der anatomisch die Schilddrüse begrenzt. Der Nervus recurrens steuert mitunter den Kehlkopf an, der für die Sprachentwicklung und das Atmen notwendig ist. Sollte dieser Nerv bei der Operation geschädigt werden, kann es zu Heiserkeit oder bei beidseitiger Verletzung zur Lähmung des Kehlkopfes und damit zur Luftnot führen. Glücklicherweise kann dies mittlerweile während der Operation gut kontrolliert werden und tritt somit nur noch selten auf.

Wissenswert

Bei einer Schilddrüsenoperation empfiehlt es sich dennoch, vor und nach deren Durchführung einen Logopäden einzuschalten und die Funktionstüchtigkeit des Nerven zu überprüfen.

Radioiodtherapie

Es gibt in einigen Fällen auch die Möglichkeit einer sog. Radioiodtherapie. Hierbei wird radioaktives, also zellschädigendes, Jod verabreicht, das sich nur in der Schilddrüse ansammelt und dort einen Teil der Schilddrüse zerstört, sodass weniger Hormone produziert werden. Jod ist ein lebenswichtiges Element, das über die Nahrung aufgenommen wird. Bei einer Radiojodtherapie wird ein Isotop des "normalen" Jods, Jod-131 eingesetzt. Die vollständige Wirkung der Radiojodtherapie zeigt sich meist nach drei bis sechs Monaten. Bei Schwangeren ist diese Behandlungsoption nicht möglich, da das radioaktive Jod eine Gefahr für das ungeborene Kind darstellen kann.

Ablauf

Patienten kommen zur stationären Aufnahme in ein Krankenhauszimmer, indem sie circa 3-6 Tage verbringen werden. Die Zeit ist abhängig von Kontrollwerten und der Strahlenbelastung, die täglich gemessen werden. Es wird eine individuelle Dosis von J-131 verabreicht, die dazu führt, dass die Schilddrüse von innen bestrahlt wird. Da andere Organe wenig Iod aufnehmen, ist diese Therapieform sehr schonend für andere Organe.

Hinweis

Nach 6 Monaten kann die Therapieform erneut durchgeführt werden.

Endokrine Orbitopathie

Kommt es im Zuge der Schilddrüsenüberfunktion zu einer sogenannten endokrinen Orbitopathie mit Exophthalmus (=Beteiligung der Augen mit einem Hervortreten der Augäpfel), so sollte eine lokale Therapie mit Augensalbe und künstlicher Tränenflüssigkeit durchgeführt werden. Weiters sollte eine systemische Therapie mit Kortikosteroiden oder eine operative Dekompression erwogen werden.

Im Falle einer thyreotoxischen Krise sollte eine intensivmedizinische Therapie im Krankenhaus stattfinden.

Wie ist die Prognose einer Schilddrüsenüberfunktion?

Bei engmaschiger Behandlung ist die Prognose der Schilddrüsenüberfunktion sehr gut. In den meisten Fällen ist die Krankheit nicht heilbar, aber es lässt sich meist ohne Probleme mit ihr leben.

Empfehlungen zur Nachsorge bei einer Schilddrüsenüberfunktion

Es sollten regelmäßige Blutkontrollen stattfinden, um die richtige Menge an Hormonen sicherzustellen. Dafür kann über einen langen Zeitraum immer wieder an der Dosis "geschraubt" werden, bis die perfekte Dosis gefunden wird.

Morbus Basedow

Bei der unter dem Begriff „Morbus Basedow“ bekannten Krankheit handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die eine Schilddrüsenüberfunktion zur Folge hat. Der Körper der betroffenen Menschen bildet spezifische Abwehrstoffe, sogenannte Antikörper, die dazu in der Lage sind, die Hormonproduktion der Schilddrüse zu stimulieren. Dabei handelt es sich um die sogenannten TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK). Diese Abwehrstoffe richten sich gezielt gegen die Rezeptoren, an die das Hormon TSH andocken kann. Auf diese Weise bewirken die Antikörper genau wie das eigentliche Hormon eine Steigerung der Schilddrüsenaktivität. Infolgedessen beginnt die Schilddrüse damit vermehrt T3 und T4 in den Blutkreislauf abzugeben, wodurch es bei den betroffenen Personen zur Entstehung einer Schilddrüsenüberfunktion kommt.

Hinweis

Auf Grund der Tatsache, dass sich die Antikörper bei Morbus Basedow gegen körpereigene Rezeptoren richten, spricht man von einer sogenannten Autoimmunkrankheit. Morbus Basedow tritt vor allem bei Frauen zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr auf und kommt familiär gehäuft vor. Die Erkrankung ist demnach vererbbar. Grund sind bestimmte Genmutationen, die einen Morbus Basedow begünstigen.

Es kommt jedoch nicht bei jedem Menschen, der das veränderte Gen trägt, zum Ausbruch der Erkrankung. Ob und wann die Autoimmunerkrankung beim einzelnen Menschen austritt, kann nicht vorhergesagt werden. In einigen Fällen kommt es im Zuge einer gewöhnlichen viralen Infektion zum Krankheitsausbruch. Auch psychische Belastungen können das Auftreten der Erkrankung triggern. Darüber hinaus kann diese spezielle Form der Schilddrüsenüberfunktion auch aus vollkommenem Wohlbefinden heraus in Erscheinung treten.

Typisch für Morbus Basedow ist das Auftreten von drei Symptomen, die unter dem Namen Merseburg Trias bekannt sind. Betroffene Menschen entwickeln im Zuge der Erkrankung eine Vergrößerung der Schilddrüse (Struma), ein auffälliges Hervortreten der Augen (Exophthalmus ) und eine stark gesteigerte Herzfrequenz (Herzrasen, Tachymkardie). Darüber hinaus kommt es bei einer Vielzahl der Betroffenen zu deutlichen Lidschwellungen und wiederkehrenden Bindehautentzündungen. In diesem Zusammenhang spricht man von einer sogenannten endokrinen Orbitopathie. Auch trockene Augen, Lichtscheu, vermehrte Tränenproduktion und ein Druck- beziehungsweise Fremdkörpergefühl in den Augen, sind bei Menschen, die an Morbus Basedow leiden, keine Seltenheit.

Darüber hinaus kommt es wie bei jeder Form der Schilddrüsenüberfunktion auch bei Morbus Basedow zum Auftreten von starkem Gewichtsverlust, Schlafstörungen, Wärmeüberempfindlichkeit, Schweißausbrüchen, Hypertonie, Haarausfall , häufigem Stuhlgang, Muskelschwäche, innere Unruhe , Reizbarkeit, Angstzustände und Konzentrationsprobleme. Bei Frauen, die an der Basedowschen Krankheit leiden, treten häufig Zyklusstörungen, die bis hin zur Unfruchtbarkeit führen können, auf.

Zusammenfassung

Die Schilddrüsenüberfunktion ist eine Erkrankung, bei der aus unterschiedlichen Gründen erhöhte Mengen Schilddrüsenhormon im Körper vorliegen. Die Beschwerden sind Schwitzen, Zittern, Herzrasen, Gewichtsverlust oder Nervosität. Mit einer Blutentnahme kann die Krankheit diagnostiziert und danach sehr gut behandelt werden.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

In jedem Fall ist die hausärztliche Praxis bei oben genannten Beschwerden die erste Anlaufstelle. Dort kann die Diagnose gestellt und eine Behandlung begonnen werden.

Die Schilddrüsenüberfunktion kann zu schweren Herzrhythmusstörungen, Stoffwechsel-Entgleisungen und indirekt auch zum Tode führen. Besonders gefürchtet sind sog. thyreotoxische Krisen, bei denen plötzlich übermäßig viel Hormon frei wird.

Es handelt sich um eine Erkrankung, die in der Regel bestehen bleibt und einer Behandlung bedarf.

Eine einfache Blutentnahme kann die Diagnose sichern.

Die Hormone T4 und T3 sind in der Regel erhöht. TSH hingegen ist meist erniedrigt.

Die Schilddrüsenhormone haben Einfluss auf den komplizierten Stoffwechsel unseres Körpers. Unter hohen Schilddrüsenhormonen wird der Energieumsatz des Körpers stark erhöht, sodass auch Fett- und Muskelmasse als Energiespeicher benutzt werden.

Medisiegel icon

Schilddrüsenüberfunktion einfach erklärt

Hyperthyreose

Betroffene

Organe(e):

Schilddrüse

Häufigkeit

  • Inzidenz: 40/100.000 Einwohner pro Jahr
  • Frauen > Männer (5:1)
  • Manifestationsalter: größer 35 Jahre

Risikofaktoren

  • genetische Prädisposition
  • psychische Belastung
  • Rauchen

Ursachen

  • autoimmun
  • iatrogen (z.B. Zufuhr von SD-Hormonen)
  • entzündlich
  • neoplastisch

Symptome

  • Struma
  • Bluthochdruck
  • Schwitzen
  • Haarausfall
  • Reizbarkeit
  • Gewichtsverlust

Komplikationen

  • Thyreotoxische Krise

Diagnose

  • Anamnese
    • Ist ihre Schilddrüse sichtbar vergrößert?
    • Haben sie Schmerzen auf der Brust?
    • Leiden sie an Bluthochdruck?
    • Leiden sie an Haarausfall?
    • Sind sie schnell reizbar?
    • Haben sie ungewollt Gewicht verloren?
    • Schwitzen sie stark?
  • Laboruntersuchung
    • Blutuntersuchung: fT3/fT4 TSH, SD-AK (STH-Rez.Autoantikörper, Thyreoperoxidase Antikörper)

Laborwerte

  • fT3 Erhöht
  • fT4 Erhöht
  • TSH Erniedrigt

Therapie

  • Medikamente
  • Radioiodtherapie
  • Operation

Prognose

  • normale Lebensführung unter Behandlung
  • gute Prognose

Medisiegel

Newsletter anmelden

Unsere Artikel sollen Ihnen einen ersten Eindruck von einem medizinischen Thema vermitteln. Sie ersetzen keine ärztliche Untersuchung und Beratung.
Wir übernehmen keine Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Darstellung.

Copyright © 2022, Medisiegel. All rights reserved.