Was sind die Ursachen und Risikofaktoren eines Rotavirus?
Bei einem Virus handelt es sich um einen Mikroorganismus, welcher keinen eigenen Stoffwechsel besitzt und somit zur Vermehrung (Replikation) auf eine Wirtszelle angewiesen ist. Im Falle des Rotavirus handelt es sich um dreischichtige, nicht umhüllte Viruspartikel, deren Erbgut (Genom) aus doppelsträngiger RNA besteht. Das Rotavirus gehört der Familie der Reoviridae an.
Es wird in 7 Serogruppen (A-G) eingeteilt, wobei der Serogruppe A die größte epidemiologische Bedeutung zukommt. In Deutschland sind zumeist Rotaviren der Serogruppe G für Rotaviruserkrankungen verantwortlich.
Rotaviren stellen den häufigsten Auslöser für virale Darminfektionen mit Brechdurchfall, medizinisch akute infektiöse Gastroenteritis genannt, im Kindesalter (rund 60 %) weltweit dar, wobei in den westlichen Industrienationen am häufigsten Kinder im Alter von 6 Monaten bis zwei Jahren erkranken, da diese noch kein ausreichendes Immunsystem ausgebildet haben. In Entwicklungsländern tragen Rotavirusinfektionen maßgeblich zur Kindersterblichkeitsrate bei. Schätzungen zufolge versterben in Afrika, Asien und Lateinamerika jährlich etwa 350.000 bis 600.000 Kinder unter 5 Jahren durch Rotavirusinfektionen.
Im Erwachsenenalter verlaufen Rotaviruserkrankungen oft milder und treten primär als Reisedurchfälle, bei Eltern von erkrankten Kindern oder im Rahmen von Ausbrüchen in Altenheimen auf. Ein weiterer Erkrankungsgipfel wird in Patienten über 60 Jahren verzeichnet. Obgleich Rotaviruserkrankungen das ganze Jahr über auftreten können, besteht eine saisonale Häufung von Februar bis April.
Die Ausscheidung der Viren erfolgt über den Stuhl oder Erbrochenes. Die Aufnahme in den Körper erfolgt wiederum meist über den Mund. Im Körper angekommen, vermehren sich die Viren in den differenzierten Epithelzellen an den Dünndarmzottenspitzen. Die oft durch das Virus ausgelösten wässrigen Durchfällen und Erbrechen führen zu der Ausscheidung der Viren. Die Übertragung erfolgt somit fäkal-oral, also durch eine Kontakt- und Schmierinfektion durch Stuhl, erbrochenes oder kontaminierte Flächen und einer anschließenden oralen Aufnahme. Auch mittels kontaminierten Trinkwassers und Lebensmitteln ist eine Übertragung möglich.
Die Infektiosität, also wie viele Erreger benötigt werden, um eine Ansteckung herbeizuführen, ist beim Rotavirus besonders hoch; bereits 10 Viruspartikel sind ausreichend, um ein Kind zu infizieren. Bei einem akut Infiziertem kommt es zu einer Virusausscheidung von etwa 109–1011 Viren pro Stuhl-Gramm. Aufgrund der sehr hohen Infektiosität verbreitet sich eine Rotaviruserkrankung besonders schnell in Einrichtungen mit nahem Kontakt zu anderen, wie Altersheimen oder Kindergärten.
Als Hauptreservoir, also der Ort, an dem ein Erreger überleben, sich vermehren und von wo aus er zu Infektionen führen kann, dient im Falle des Rotavirus überwiegend der Mensch. Obgleich Rotaviren auch bei Haus- und Nutztieren nachgewiesen werden konnten, kommen diesen als Ursache für die Erkrankung beim Menschen jedoch eine geringe Bedeutung zu.
Was sind die Symptome eines Rotavirus?
Nach einer oralen Aufnahme von Rotaviruspartikeln durch eine Kontakt- und Schmierinfektion, oder durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser oder Lebensmitteln, beträgt die Inkubationszeit, also der Zeitraum von Aufnahme des Erregers bis zum Ausbruch der Erkrankung, 1 bis 3 Tage. Im Körper vermehren sich die Viren in den differenzierten Epithelzellen an den Dünndarmzottenspitzen, was zu einem pathologischen Zelltod (Nekrose) und einer damit verbundenen Abstoßung der oberen Zellschicht führt. Dies kann wiederum eine Malabsorption, eine verminderte Aufnahme von Substraten, bedingen.
Der Verlauf einer Rotavirusinfektion ist nicht prognostizierbar und kann sehr unterschiedliche Ausprägungen haben und von leichten, subklinischen Beschwerden, über leichte Diarrhoen (Durchfälle) bis hin zu schweren Verläufen reichen. Meist präsentiert sich die Erkrankung mit wässrigen Durchfällen, oft mit Schleimbeimengungen, und Erbrechen.
Hinzu können und abdominelle Schmerzen (Schmerzen im Bauchbereich) kommen. In etwa 50 % der Erkrankungen kommt es zudem zu unspezifischen respiratorischen Symptomen. In besonders schweren Fällen kann es durch einen ausgedehnten Flüssigkeits- und Elektrolytverlust zu einer , einer Verminderung des Wassergehaltes im Körper, kommen, welche unbehandelt tödlich enden kann.
Klinisch lässt sich eine Rotavirusinfektion mit Brechdurchfällen nicht von akuten Gastroenteritiden anderer Erreger unterscheiden. Ein Anhaltspunkt auf eine Rotavirusinfektion kann der schwerwiegendere Verlauf bei Säuglingen und Kleinkindern sein. Der Nachweis einer rotavirusbedingten Gastroenteritis erfolgt durch labordiagnostische Methoden.
Die gastrointestinalen Beschwerden halten etwa 2 bis 6 Tage an. In diesem Zeitraum und ggf. darüber hinaus, so lange die Viren über den Stuhl ausgeschieden werden, besteht eine akute Ansteckungsfähigkeit. Die Virusausscheidung beträgt normalerweise nicht länger als 8 Tage, kann in wenigen Fällen jedoch auch wesentlich länger beobachtet werden (beispielsweise bei immungeschwächten Personen).
Die Durchseuchungsrate ist hoch; bis zum fünften Lebensjahr haben fast alle Kinder eine Rotavirusinfektion durchgemacht. Im Erwachsenenalter besitzt nahezu jeder Antikörper gegen Rotaviren. Dennoch sind Rotaviruserkrankungen in jedem Alter möglich. Bei Erwachsenen verlaufen diese jedoch oft asymptomatisch, wobei auch Erwachsene ohne Symptome das Virus übertragen können.
Wie wird das Rotavirus diagnostiziert?
Die klinischen Symptome einer Rotavirusinfektion mit Brechdurchfällen lassen sich von denen akuter Gastroenteritiden, welche durch andere Erreger ausgelöst werden, nicht unterscheiden. Ein Anhaltspunkt auf eine Rotavirusinfektion kann ein schwerwiegenderer Verlauf bei Säuglingen und Kleinkindern sein.
Im Gespräch zwischen dem Arzt und der Eltern (oder dem Betroffenen), der Anamnese, liegt der Fokus auf dem Beginn und der Häufigkeit der Symptome ( und Erbrechen), der bestehenden bzw. möglichen Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme, der Abnahme der Urinproduktion als Anzeichen von einem ausgeprägten Flüssigkeitsverlust, dem Bestehen von und der Kontakt zu Erkrankten oder anderen Expositionsmöglichkeiten.
Anschließend sollte das Kind körperlich untersucht und unbekleidet gewogen werden. Das Wiegen dient einer möglichen Verfolgung von Flüssigkeitsverlusten und dem Erfolg einer Rehydrierung.
Der Nachweis einer rotavirusbedingten Gastroenteritis erfolgt durch labordiagnostische Methoden. Verfahren zur Diagnosesicherung erfolgen primär, um Infektketten zu klären oder beim Auftreten von Epidemien. Die Methode der Wahl ist hier der Rotavirus-Antigen-Nachweis mittels „Enzym-Immun-Test“ (EIA) aus einer Stuhlprobe. Ein direkter Virusnachweis unter dem Elektronenmikroskop wäre ebenfalls leicht möglich, findet jedoch aufgrund des hohen Aufwandes nur selten Anwendung.
Zur Verfolgung von Infektketten stehen zudem molekularbiologische Untersuchungsverfahren wie eine Reverse Transkription-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR) und Sequenzierung des Amplifikats zur Verfügung. Bei größeren Ausbrüchen ist ein Nachweis des Virus nicht bei jedem Betroffenen nötig – es bedarf lediglich 5 Nachweise verschiedener erkrankter Personen, um beim weiteren Auftreten ähnlicher Symptome im engen Umkreis eine Rotavirusinfektion zu diagnostizieren.
Gemäß des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) besteht eine namentliche Meldepflicht durch den Arzt sowie für Leiterinnen und Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen bei Verdachts- oder Krankheitsfall mit Rotaviren und durch das Labor bei Erregernachweis.
Therapie bei Rotavirus
Die Therapie einer rotavirusbedingten akuten Gastroenteritis erfolgt symptomatisch. Zunächst erfolgt diese durch eine ausreichende orale Substitution (Ersatztherapie) von Flüssigkeit und Elektrolyten. Bei Kleinkindern erfolgen kleine häufige Gaben einer oralen Rehydrationslösung innerhalb von 3 bis 4 Stunden, was in über 90 Prozent zu einer adäquaten oralen Rehydrierung führt. Im Anschluss sollte regulär eine altersgerechte Nahrung angeboten werden.
Bei schwachen Patienten, oder diesen, denen eine ausreiche Flüssigkeitsaufnahme über den Mund nicht möglich ist, wie etwa bei Kleinkindern, kann eine stationäre Aufnahme zur intravenösen Flüssigkeitsgabe indiziert sein. In besonders schweren Fällen kann es zu mehr als 20 Brechdurchfälle in 24 Stunden kommen, was ebenfalls eine Indikation zu einer stationären Aufnahme darstellt.
Im Falle einer Rotavirusinfektion liegt die Hospitalisierungsrate bei Kindern bei 10 Prozent. Je jünger das Kind, desto höher ist das Risiko großer Flüssigkeits- und Elektrolytverluste und einer Hospitalisierung. Durch einen ausgeprägten Flüssigkeits- und Elektrolytverlust kann es zu einer , einer Verminderung des Wassergehaltes im Körper, kommen, welche unbehandelt tödlich enden kann. Der Erfolg einer oralen Rehydrierung sollte durch erneute Untersuchungen und Wiegen des Kindes (im Vergleich zum Ausgangsgewicht) überprüft werden.
Bei unstillbarem Erbrechen können zudem Medikamente gegen Übelkeit, sogenannte Antiemetika, zum Einsatz kommen. Bei schwerwiegenden Verläufen sind zudem Laborkontrollen durchzuführen, um beispielsweise Elektrolyte und die Nierenwerte zu kontrollieren. Ebenso sollte die Urinausscheidung beim Vorliegen einer schweren Dehydrierung überwacht werden.
Wie ist die Prognose eines Rotavirus?
Die Erkrankung verläuft in den meisten Fällen unter ausreichender Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution selbstlimitierend. Nach Ablauf der Erkrankung ist eine Immunität nachweisbar, welche jedoch nicht dauerhaft ist.
In besonders schwerwiegenden Verläufen kann es durch ausgeprägte Wasser- und Elektrolytverluste zu einer Dehydratation kommen. Wird diese nicht rechtzeitig und adäquat behandelt, kann sie im schlimmsten Fall zum Tod führen.
Wie kann man einem Rotavirus vorbeugen?
Seit 2013 ist eine routinemäßige Rotavirus-Impfung von Säuglingen unter 6 Monaten Bestandteil des Impfkalenders und wird von der ständigen Impfkommission STIKO empfohlen. Bei der Rotavirus-Impfung handelt es sich um eine Schluckimpfung mit oralem Lebendimpfstoff, welche je nach Impfstoff in einer Serie von 2 bzw. 3 Impfungen im Abstand von je 4 Wochen erfolgen sollte. Es besteht jedoch das Risiko einer Darminvagination.
Während der Ausscheidung der Impfviren ist der Stuhl infektiös, weshalb ein Kontakt zu immungeschwächten Personen in diesem Zeitraum gemieden werden sollte. Es wird davon ausgegangen, dass die Impfung nach Abschluss der Immunisierung 2 bis 3 Saisons Schutz vor einer Infektion bietet.
Aufgrund der hohen Infektiosität, des Vermögens des Virus auf kontaminierten Flächen lange infektionstüchtig zu bleiben, stehen Hygienemaßnahmen als Prävention weiterhin an vorderster Stelle. Insbesondere in Gemeinschaftseinrichtungen ist es wichtig, den Übertragungsweg zu durchbrechen.
Hierzu werden folgende Hygienemaßnahmen angewandt:
- Isolierung von Erkrankten
- Tragen von Einmalhandschuhen, Schutzkitteln und ggf. geeignetem Atemschutz
- Sorgfältige Händehygiene mit gegen Viren wirksame Präparate (begrenzt viruzid plus oder viruzid)
- Desinfektion von Flächen unter Einsetzen von gegen Viren wirksamen Präparaten (begrenzt viruzid plus oder viruzid)
Zudem ist es gemäß § 34 nicht zulässig, dass an einer akuten Gastroenteritis erkrankte Kinder unter 6 Jahren eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen. Frühstens 48 Stunden nach Abklingen der Symptome darf eine Wiederzulassung erfolgen.
Desweiteren dürfen Personen, welche im Lebensmittelbereich arbeiten, beim Bestehen einer akuten Gastroenteritis nicht tätig sein. Auch hier darf die Tätigkeit frühstens 2 Tage nach Abklingen der Symptome wieder aufgenommen werden.
Zudem greifen weiterreichende Maßnahmen bei Ausbrüchen, insbesondere in Gemeinschaftseinrichtungen, Krankenhäusern, Altenheimen etc.
Zu diesen gehören unter anderem:
- Wird aufgrund der typischen Symptome und epidemiologischen Merkmale eine Rotavirusinfektion vermutet, so sollten die oben genannten präventiven Maßnahmen zügig und konsequent zum Einsatz kommen, um einer Epidemie entgegenzuwirken, auch wenn noch keine laborchemische Bestätigung des Virus vorliegt.
- Durchführung konsequenter Händedesinfektion mit adäquatem viral wirksamem Desinfektionsmittel auch nach Ablegen der Einweghandschuhe und vor dem Verlassen des Isolationszimmers.
- Das Reinigen kontaminierter Flächen, beispielsweise durch Stuhl, sollte umgehend erfolgen.
- Gegenstände zur Pflege nur personenbezogen benutzen und anschließend desinfizieren.
- Patienten- und Bewohnerbewegung (zwischen den Stationen) gering halten, um eine Ausbreitung zu vermeiden.
An einer akuten Gastroenteritis erkrankten Mitarbeiter, selbst wenn diese nur wenige Symptome zeigen, sollten zur Vermeidung von epidemischen Ausbrüchen von der Arbeit frei gestellt werden und frühstens 2 Tage nach Abklingen der Symptome die Arbeit wieder aufnehmen.
Empfehlungen zur Nachsorge bei einem Rotavirus
Es sollte auch nach Abklingen der Symptome eine sorgfältige Händedesinfektion erfolgen, da eine Virusausscheidung im Stuhl über die akute Symptomatik hinaus bestehen kann. Zum Aufbau der Darmflora kann ggf. Lactobacillus rhamnosus GG eingenommen werden.
Zusammenfassung
Rotaviren stellen den häufigsten Auslöser für virale Darminfektionen mit Brechdurchfall im Kindesalter (mit rund 60 %) weltweit dar und sind in Entwicklungsländern noch immer eine der häufigsten Todesursachen im Säuglings- und Kindesalter. Besonders schwer betroffen sind Kinder im Alter von 6 Monaten bis zwei Jahren erkranken, da diese noch kein ausreichendes Immunsystem ausgebildet haben, ein weiterer Erkrankungsgipfel wird in Patienten über 60 Jahren verzeichnet. Erwachsene weisen meist eher milde Verläufe auf. Rotaviren sind weit verbreitet und weisen eine besonders hohe Infektiosität auf.
Die Viren werden über den Stuhl ausgeschieden und mittels einer Kontakt- und Schmierinfektion über einen Hand-zu-Mund-Kontakt übertragen. Die Symptomatik kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein, präsentiert sich meist aber mit wässrigen Durchfällen, oft mit Schleimbeimengungen, und Erbrechen, zudem können , abdominelle Schmerzen und unspezifische respiratorische Symptome hinzukommen.
Die Behandlung erfolgt rein symptomatisch durch eine Ersatztherapie (Substitution) von Flüssigkeit und Elektrolyten. In schwerwiegenderen Fällen kann eine stationäre Aufnahme indiziert sein.