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Porphyrie

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Geschrieben von
Jessica Papic (Ärztin)

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Porphyrie?

Unter dem Begriff "Porphyrie" versteht man eine Reihe genetischer Erkrankungen, die durch einen Mangel an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) gekennzeichnet sind. Es handelt sich dabei um ziemlich seltene Stoffwechselerkrankungen, die vor allem Beschwerden im Bereich der Haut und des Nervensystems zur Folge hat.

Der rote Blutfarbstoff besteht unter anderem aus einem Stoff namens Porphyrin. Dieses Substrat wird also im Zuge der Hämoglobin-Synthese zwingend benötigt, um das Endprodukt bilden zu können. Bei Patienten mit Porphyrie ist es nicht so, als stünde ihnen nicht genug Porphyrin zur Verfügung, vielmehr liegt der Defekt aufseiten der essenziellen Enzyme. Eines der für die Weiterverarbeitung von Porphyrin notwendigen Enzyme ist bei den Betroffenen defekt, wodurch sich die Häm-Vorstufen im Körper ansammeln und die Menge an Hämoglobin sinkt. Der Großteil der Vorstufen sammelt sich in der Leber und der Haut an.

Bei den unter einer Porphyrie leidenden Menschen kann durch den Mangel an Hämoglobin keine einwandfreie Hämoglobinsynthese stattfinden. Grund dafür ist die Tatsache, dass sich die roten Blutkörperchen aus einem Eiweißgerüst mit zentral eingelagerter Hämoglobingruppen zusammensetzen. Nur mit diesem Hämoglobinanteil kann molekularer Sauerstoff gebunden und transportiert werden. Darüber hinaus spielt der rote Blutfarbstoff ebenfalls eine wichtige Rolle in Bezug auf die menschliche Muskulatur. Das in den Muskeln befindliche Myoglobin setzt sich, ebenso wie das Hämoglobin, aus einem Eiweißgerüst mit zentralem Hämoglobin zusammen.

Insgesamt gibt es sieben verschiedene Formen der Porphyrie. Vier davon verlaufen akut und führen deshalb zu plötzlich auftretenden Beschwerden. Von den sieben bekannten Formen kommen lediglich zwei, die Porphyria cutanea tarda (PCT) und die akute intermittierende Porphyrie (AIP), im Erwachsenenalter in nennenswerter Häufigkeit zum Tragen.

Wissenswert

Ungefähr zwei von 100.000 Menschen leiden an einer Porphyria cutanea tarda und etwa einer von 1.000.000 Menschen an einer akute intermittierende Porphyrie. Die akute intermittierende Porphyrie ist die häufigste bekannte akute Porphyrie. Von dieser Erkrankung sind Frauen ungefähr dreimal häufiger betroffen als Männer. Die Symptome dieser Form der Porphyrie liegen nicht ab der Geburt vor. Vielmehr manifestieren sie sich erst in einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren.

Die meisten bekannten Porphyrien sind erblich bedingt und aus diesem Grund nicht heilbar. Bei den Betroffenen erfolgt lediglich eine symptomatische Behandlung. Ausgelöst wird das Auftreten der Erkrankung durch den exzessiven Konsum von Alkohol. Aber auch bestimmte Medikamente und Infektionen können die mangelnde Hämoglobin-Bildung triggern.

Was sind die Symptome einer Porphyrie?

Welche Symptome bei einem Betroffenen auftreten, hängt vor allem von der Art der Porphyrie ab. Dabei entscheidend ist, welche für die Hämoglobinbildung essenziellen Enzyme einen Defekt aufweisen.

Akute intermittierende Porphyrie Im Falle der akut intermittierende Porphyrie können die Symptome vielfältig sein. Aus diesem Grund ist es besonders schwer, sie als solche zu diagnostizieren. In erster Linie geht man bei Betrachtung der beim Patienten vorliegenden Symptome von diversen anderen Erkrankungen aus.

Außerdem sind die Beschwerden abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und dieser kann sehr stark variieren. Ungefähr 90 % der an der akut intermittierenden Porphyrie leidenden Patienten sind zeit ihres Lebens asymptomatisch. Bei den übrigen 10 % können die Symptome mäßig oder stark ausgebildet sein.

Betroffene leiden häufig unter Bauchschmerzen . Außerdem bilden sie besonders oft neurologische und/oder psychiatrische Symptome aus. Die Beschwerden bestehen aber nicht kontinuierlich, sondern treten schubweise auf. Zwischen den einzelnen Schüben sind die Patienten asymptomatisch. Das Einsetzen eines solchen Schubs wird getriggert. Dabei lösen Alkohol, Medikamente, hormonelle Veränderungen, Stress oder Kohlenhydratmangel durch Diäten oder Fasten die akuten Schübe der Porphyrie aus. Darüber hinaus können die Beschwerden der akut intermittierenden Porphyrie vielfältig sein.

Zu den wichtigsten Symptomen zählen:

  • kolikartige Unterbauchschmerzen
  • Fieber
  • Erbrechen und chronische Verstopfung
  • rötlicher verfärbter Urin
  • unvollständige oder vollständige Lähmungen
  • Muskelschwäche
  • Beeinträchtigungen der Sinnesorgane und des Gleichgewichtssinns (sensorische Störungen)
  • Wahnvorstellungen
  • Koma und Delir
  • Herzkreislaufprobleme

In besonders schweren Fällen führt diese Form der Porphyrie bei den Betroffenen zur Lähmung. Sollten die Atemmuskeln davon betroffen sein, hat dies zwangsläufig den Tod zur Folge.

Porphyria cutanea tarda Bei der Porphyria cutanea tarda handelt es sich sowohl um die häufigste chronische Porphyrie als auch um die häufigste Porphyrie überhaupt. Sie zählt zu den sogenannten hepatischen Porphyrien und betrifft Männer ungefähr doppelt so häufig wie Frauen. Auch diese Form der Porphyrie zeigt nicht sofort Symptome. Bei starker Leberbeanspruchung (beispielsweise bei exzessivem Alkoholkonsum) treten die Beschwerden in der Regel bis zum 40. Lebensjahr auf.

Grund für den Zusammenhang zwischen Porphyrie und Alkoholkonsum ist die Tatsache, dass sie die Zwischenprodukte des Hämoglobin-Stoffwechsel vor allem in einer beanspruchten Leber ansammeln und von dort in die Haut gelangen. Die betroffenen Patienten entwickeln aus diesem Grund eine enorme UV-Empfindlichkeit. Wird die Haut dennoch dem Sonnenlicht ausgesetzt, so bilden sich an den beschienenen Partien Blasen aus. Auch kleine Verletzungen sorgen dafür, dass  sich Bläschen auf der Haut ausbilden. Neben den Hautauffälligkeiten weisen einige Betroffenen an Stirn, Wangen und rund um die Augen eine übermäßige Behaarung auf (Hypertrichose). Der Urin ist zudem durch die ausgeschiedenen Porphyrine braun-rot gefärbt.

Erythropoetischen Protoporphyrie Die erythropoetische Protoporphyrie ist die einzige Porphyrieform, die sich schon im Kindesalter manifestiert. Auch bei dieser Form ist die Haut der Betroffenen extrem empfindlich gegenüber Sonnenlicht. Grund ist die Tatsache, dass sich, sobald die Haut beschienen wird, Sauerstoffradikale bilden. Sauerstoffradikale sind aggressive chemische Verbindungen, die verbrennungsähnlichen Erscheinungen mit Jucken und Schmerzen verursachen.

Wie wird die Porphyrie diagnostiziert?

Untersuchungen bei Porphyrie

Die Diagnostik bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Porphyrie gliedert sich in der Regel in verschiedene Schritte:

Zu Beginn findet ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese) statt. Sollte ein Minderjähriger betroffen sein, findet dieses Gespräch zwischen dem Arzt und einem Sorgeberechtigten statt. Während dieses Gesprächs werden die vorliegenden Symptome erfragt. Es ist besonders wichtig zu eruieren, wann die Beschwerden auftreten, wie intensiv sie sind und ob sie sich durch irgendwelche Maßnahmen lindern oder intensivieren lassen. Auf Grund der vielfältigen und komplexen Symptome ist es auch für erfahrene Ärzte nicht immer einfach, eine Porphyrie zu erkennen.

Aus diesem Grund ist die Familienanamnese in diesem Fall essenziell. Sollte es innerhalb der Familie bereits Porphyriefälle geben, sollte der Arzt davon unbedingt erfahren. Darüber hinaus werden die betroffenen Patienten körperlich untersucht. Um die Diagnose "Porphyrie" stellen zu können, sind Blut-, Urin- und Stuhlproben wichtig. Vor allem innerhalb der Schübe lassen sich dort in der Regel Porphyrine nachweisen. Alle weiteren diagnostischen Maßnahmen unterscheiden sich zwischen den möglicherweise vorliegenden Porphyrieformen.

Zur Diagnostik der akut intermittierenden Porphyrie werden vor allem Urinuntersuchungen herangezogen. Bei dieser Porphyrieform färbt sich der Urin typischerweise hell bis dunkelrot, wenn er über einen längeren Zeitraum steht. Da dieser Test jedoch nicht immer anschlägt, wird zusätzlich die umgekehrte Ehrlich-Aldehydprobe angewendet. Bei diesem Test gibt der Arzt einen Tropfen Urin zu einem Milliliter einer speziellen Lösung, dem sogenannten Ehrlich-Reagenz. Liegt eine akute intermittierende Porphyrie vor, ergibt sich eine kirschrote Farbe.

Die an dieser Form der Porphyrie leidenden Patienten weisen eine deutlich vergrößerte Leber auf. Sonografisch lässt sich dabei in der Regel eine Fettleber oder Leberzirrhose darstellen. Zur genaueren Diagnostik kann die Punktion der Leber mit Gewinnung einer Gewebeprobe (Leberbiopsie) sinnvoll sein. Diese Gewebeprobe beginnt, wenn sie unter UV Licht gelegt wird, rot zu fluoreszieren. Darüber hinaus sind bei der Porphyria cutanea tarda im Blutbild erhöhte Leberwerte zu finden.

Therapie bei Porphyrie

Da es sich bei allen Formen der Porphyrie um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, kann sie nicht geheilt werden. Bei der Behandlung der betroffenen Patienten geht es deshalb vielmehr darum, die bestehenden Symptome zu lindern.

Achtung

Der wichtigste Schritt in der Therapie der Porphyrien ist das Meiden der auslösenden Faktoren. Betroffene sollten aus diesem Grund den Genuss von Alkohol meiden. Vor der Einnahme von Medikamenten sollte zudem immer abgeklärt werden, ob diese eine Porphyrie triggern können. Auch die Wahl der am besten geeigneten Behandlungsmethode ist abhängig von der vorliegenden Form.

Akut intermittierende Porphyrie Während der akuten Schübe können die Beschwerden derart ausgeprägt sein, dass eine intensivmedizinische Überwachung der Patienten notwendig wird. In der Klinik wird dem Betroffenen eine Infusion mit Glucose und Häm-Arginin zugeführt. Auf diese Weise können die im Körper angesammelten Vorstufen des roten Blutfarbstoffs ausgeschieden werden. Zur Linderung der häufig auftretenden Bauchschmerzen werden Schmerzmittel und Krampflöser eingesetzt. Sollte der Patient zusätzlich unter Herzrasen und/oder Bluthochdruck leiden, kommen Betablocker zum Einsatz.

Porphyria cutanea tarda Im Falle der Porphyria cutanea tarda bedarf es nicht immer einer Behandlung. In den meisten Fällen ist es ausreichend, die Triggerfaktoren zu meiden. Darüber hinaus sollte der Körper gegen das UV-Licht geschützt werden.

Wie ist die Prognose einer Porphyrie?

Je nach Form unterschiedlich, meist ist aber ein weitgehend normales Leben möglich, wenn Betroffene bestimmte Vorsichtsmaßnahmen konsequent einhalten und die Auslöser meiden.

Wie kann man einer Porphyrie vorbeugen?

Da die Erkrankung genetisch bedingt ist, ist es nicht möglich ihr vorzubeugen. Oft lassen sich Krankheitsschübe aber mit einfachen Maßnahmen verhindern. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass ein Schub nicht aus dem Nichts entsteht, sondern über verschiedene Faktoren getriggert wird. Wenn die betroffenen Patienten diese Faktoren meiden, kann einem Schub effektiv vorgebeugt werden.

Zusammenfassung

Unter dem Begriff "Porphyrie" versteht man eine Reihe genetischer Erkrankungen, die durch einen Mangel an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) gekennzeichnet sind. Es handelt sich dabei um ziemlich seltene Stoffwechselerkrankungen, die vor allem Beschwerden im Bereich der Haut und des Nervensystems zur Folge hat. Da es sich bei allen Formen der Porphyrie um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, kann sie nicht geheilt, sondern nur symptomatisch behandelt werden.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Bei einer Autoimmunerkrankung greifen körpereigene Abwehrzellen den Körper an. Dies ist bei einer Porphyrie nicht der Fall, denn bei dieser Erbkrankheit liegt ein Enzymdefekt vor, der die korrekte Häm-Synthese behindern.

Die Porphyrie kann durch eine Vielzahl von Arzneimitteln getriggert werden. Sollte die Einnahme eines Medikaments notwendig werden, muss dringend mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden, ob dieses gefhrlos angewendet werden darf.

Bei der akut intermittierenden Porphyrie handelt es sich um eine seltene Generkrankung, bei der die Enzyme zur Synthese des roten Blutfarbstoffs beeinträchtigt sind. Die akute intermittierende Porphyrie verläuft in Schüben und beschwerdefreien Intervallen.

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Porphyrie einfach erklärt

Häufigkeit

  • Prävalenz ( Porphyria cutanea tarda): 1:2 000
  • Prävalenz (kongenitale erythropoetische Porphyrie ): 1:2 000 000

Risikofaktoren

  • Verwandte mit Porphyrie
  • Akohol
  • verschiedene Medikamente
  • Infektionen

Ursachen

  • Mutation im Genom

Symptome

  • Bauchschmerzen
  • Magen- Darm- Beschwerden
  • Muskelschwäche
  • Lähmungen
  • Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • Lichtempfindlichkeit
  • rötlich verfärbter Urin

Komplikationen

  • Medikamentenunverträglichkeit
  • Lähmungen
  • Bewusstseinsstörungen
  • Hyponatriämie
  • Krampfanfälle

Diagnose

  • Anamnese
    • Haben sie häufig Bauchschmerzen?
    • Leiden sie im Allgemeinen häufig unter Magen-Darm-Problemen?
    • Haben sie eine Muskelschwäche?
    • Liegen bei ihnen Lähmungen vor?
    • Haben sie Herz-Kreislauf Beschwerden?
    • Ist ihre Haut sehr lichtempfindlich?
    • Hat ihr Urin eine rötliche Färbung?
    • Gibt es in ihrer Familie Menschen mit Porphyrie?
  • Laboruntersuchung
    • Blut-, Urin-, Stuhluntersuchung: Nachweis von Porphyrinen
    • Test auf Urinverfärbung
  • Ultraschalluntersuchung
    • Ausschluss anderer Erkrankungen
  • Genetische Testung
    • Suche nach relevanter Mutation

Therapie

  • Meidendes Verhalten
  • Medikamente

Prognose

  • Je nach Form sehr unterschiedlich
  • Meist ist ein einigermaßen normales Leben möglich

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