Geschrieben von Leonard Schwarz
Unter dem Begriff paranoide Persönlichkeitsstörung versteht man eine psychische Erkrankung, die durch ein enorm stark ausgeprägtes Misstrauen andern Menschen gegenüber gekennzeichnet ist.
Betroffene nehmen die Motive anderer von vorneherein als böswillig wahr und sie verfügen über ein ausgesprochen negatives Menschenbild.
Die paranoide Persönlichkeit zählt zu den eher seltenen Formen der Persönlichkeitsstörungen. Man geht davon aus, dass schätzungsweise zwischen 0,4 und 2,5 Prozent der Bevölkerung an dieser psychischen Störung erkrankt sind.
In der Regel sind Männer deutlich häufiger betroffen als Frauen. Es ist sehr schwierig, das exakte Vorkommen zu ermitteln. Grund dafür ist die Tatsache, dass sich nur ein Bruchteil der Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung Hilfe suchen.
Persönlichkeitsstörungen sind Verhaltensmuster und Zustände, die deutlich von den in einer Gesellschaft zu erwartenden und akzeptierten Regeln und Normen abweichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es regionale und kulturelle Besonderheiten (zum Beispiel andere Verhaltensregeln in verschiedenen Kulturen) gibt, von denen Persönlichkeitsstörungen dann abgegrenzt werden müssen.
Diese abweichenden Verhaltensmuster beginnen in der Regel gegen Ende der Jugend und sie sind in den meisten Fällen auch sehr tief verwurzelt. Das heißt, dass die betroffenen Menschen kaum dazu in der Lage sind, das gezeigte Verhalten an andere Umstände anzupassen. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie kaum zu beeinflussen sind. Das führt in aller Regel dazu, dass solche Erkrankungen nur sehr schwer zu therapieren sind.
Menschen, die an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung leiden, besitzen in der Regel keinerlei Vertrauen anderen Menschen gegenüber. Auch wenn es keine nachvollziehbaren Beweise dafür gibt, sind Betroffene fest davon überzeugt, dass andere ihnen schaden wollen. Werden sie zum Beispiel freundlich angelächelt, so nehmen sie dies als Auslachen wahr.
Auch in der Partnerschaft zeigen Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung ein übersteigertes Misstrauen. Verlässt der Partner die Wohnung, bedeutet dies für die Betroffenen, dass er sie betrügt.
Typisch für die paranoide Persönlichkeitsstörung ist auch, dass Erkrankte sehr empfindlich auf Kritik reagieren. Sie neigen dazu, jedweden Misserfolg dem Eingreifen einer anderen Person zuzuschreiben und sind nicht dazu in der Lage, Eigenverantwortung zu übernehmen.
Es handelt sich eher um eine Diagnose aus dem Bereich der Erwachsenen. Bei Kindern spricht man eher von Persönlichkeits-Entwicklungs-Störungen.
Die exakten Ursachen für die Entstehung einer paranoiden Persönlichkeitsstörung sind bisher noch nicht abschließend geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass verschiedene Einflüsse für deren Ausbildung verantwortlich sind.
Vor allem die genetische Veranlagung scheint dabei eine entscheidende Rolle zu spielen. Außerdem tragen auch die Erziehung und andere Umwelteinflüsse dazu bei, die paranoide Persönlichkeitsstörung hervorzurufen.
Besonders belastende Ereignisse scheinen eine wichtige Rolle bei der Krankheitsentstehung zu spielen. Menschen, die an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung leiden, haben häufig gemein, dass sie in ihrer Kindheit traumatische Erlebnisse hatten. Vor allem emotionaler und körperlicher Missbrauch beziehungsweise Gewalt können die Entstehung der psychischen Erkrankung fördern.
Laut einiger Experten sind auch Kinder, die ohne nennenswerte Zuwendung und Liebe heranwachsen, besonders gefährdet, paranoide Züge zu entwickeln. Sie neigen dazu, ihre Wut und Aggressionen auf andere Menschen zu projizieren. Infolgedessen kommt es zum Auftreten enormen Misstrauens.
Betroffene Menschen gehen von vorneherein davon aus, von anderen hintergangen und gedemütigt zu werden. Aus diesem Grund verhalten sie sich häufig aggressiv und abwehrend. Ebendieses Verhalten provoziert ernste Konflikte, wodurch sich die Betroffenen letztendlich in ihrer Meinung bestätigt fühlen.
Darüber hinaus stellen auch bestimmte Charaktereigenschaften einen Risikofaktor für die Entstehung einer paranoiden Persönlichkeitsstörung dar. Kinder, die ohnehin schon aggressives Verhalten an den Tag legen, sind aus diesem Grund besonders gefährdet.
Typisch ist, dass das gesellschaftlich abweichende Verhalten von den Betroffenen selbst nicht als abweichend erlebt/wahrgenommen wird. Dauerhaft kommt es meist zu Störungen im sozialen und beruflichen Leben und dadurch zu einem steigenden Leidensdruck der Betroffenen.
Die paranoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.0) zeichnet sich durch stetiges Misstrauen aus. Dabei ist es möglich, dass Ereignisse unabhängig von Zusammenhang oder Verbindung so wahrgenommen werden, als wären sie gegen die Betroffenen selbst gerichtet.
Häufig setzen sich Patienten mit paranoider Persönlichkeitsstörung auch mit „Verschwörungen“ als Erklärungen für Ereignisse in der näheren Umgebung und der Welt im Allgemeinen auseinander.
Patienten mit dieser Erkrankung zeigen im Allgemeinen ein von anderen als sonderbar und eher exzentrisch empfundenes Verhalten (Cluster A DSM-5). Auffallend ist häufig auch eine besondere Empfindsamkeit der Erkrankten gegenüber Zurückweisungen. Oft sind die Patienten nachtragend. Vereinzelt kann es zu wahnhafter Eifersucht kommen.
Betroffene können andererseits zu überhöhtem Selbstwertgefühl neigen. Beobachtet wurde außerdem die Tendenz, eigene Aggressionen den Mitmenschen zuzuschreiben und dann von Ihnen als Feindseligkeit wahrzunehmen und zu bekämpfen (Projektion).
Das Umfeld empfindet Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung oft als scharfsinnige Beobachter.
Aufgrund ihrer geringen Vertrauens-Bereitschaft und ihrer generell anklagenden und teilweise feindseligen Haltung gegenüber ihrem Umfeld haben paranoide Persönlichkeiten Schwierigkeiten, tiefgehende zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen. Häufig werden sie ausgegrenzt.
Im Vordergrund stehen das Arzt-Patienten-Gespräch. Eine Fremdanamnese mit nahestehenden Angehörigen kann ebenso hinweisgebend sein. Oft tritt eine paranoide Persönlichkeitsstörung zusammen mit anderen psychologischen/psychiatrischen Veränderungen auf (zum Beispiel bipolarer oder depressiver Störung). Es ist sehr wichtig, andere organische Ursachen auszuschließen.
Außerdem gibt es verschiedene Tests, die dabei helfen könne, einen ersten Hinweis auf das Vorliegen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung liefern können. Psychiater und Psychotherapeuten greifen im Zuge der Diagnostik besonders häufig auf das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI) zurück. Darüber hinaus können auch strukturierte klinische Interviews bei der Diagnose hilfreich sein.
Da es auch einige organische Erkrankungen gibt, die eine für die paranoide Persönlichkeitsstörung typische Symptomatik hervorrufen können, ist in der Regel auch die Durchführung einer körperlichen Untersuchung notwendig. Vor allem Blutuntersuchungen und bildgebende Maßnahmen wie MRT oder CT können beim Ausschluss hilfreich sein.
Bei paranoider Symptomatik muss zudem beachtet werden, dass der Konsum verschiedener Drogen ursächlich sein kann.
Mindestens 4 der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen laut ICD-10 vorliegen:
Laut DSM-5 handelt es sich um tiefgreifendes Misstrauen und Argwohn gegenüber anderen, sodass deren Motive als böswillig ausgelegt werden. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und das Muster zeigt sich in verschiedenen Situationen. Mindestens vier der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
Persönlichkeitsstörungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie kaum zu beeinflussen sind. Das führt in aller Regel dazu, dass solche Erkrankungen nur sehr schwer zu therapieren sind.
Persönlichkeitsstörungen sind nicht generell behandlungsbedürftig – Therapien werden dann notwendig, wenn der Leidensdruck für die Person (und/oder die Umwelt) oder die Beeinträchtigungen im sozialen und beruflichen Leben zu stark werden.
Aufgrund der tiefen „Verwurzelung“ in der Psyche ist die Therapie von Persönlichkeitsstörungen generell schwierig. Bei schweren Ausprägungen werden Therapieversuche schon aufgrund des Leidensdrucks für den Patienten (und/oder die Umwelt) oder die Beeinträchtigungen im sozialen und beruflichen Leben zumeist unumgänglich.
Es hat sich als sehr nützlich erwiesen, Betroffene über ihre Erkrankung aufzuklären und ihn und unter Umständen auch nahestehende Angehörige im Umgang mit den Erkrankungen und deren Auswirkungen zu schulen (Psychoedukation).
Zudem stehen verschiedene psychotherapeutischen Verfahren zur Verfügung, die häufig auch durch eine medikamentöse Therapie in Abhängigkeit von der Art der Symptome (z.B. Antipsychotika bei wahnhaften Aspekten) unterstützt wird. Ziel ist hierbei v.a. die Verbesserung der Lebenssituation der Patienten.
Menschen, die an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung leiden, haben in den meisten Fällen sehr große Probleme damit, zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen und beizubehalten.
Grund dafür ist vor allem ihr übersteigertes Misstrauen, denn sie treten anderen bereits mit der Erwartungshaltung, hintergangen zu werden, gegenüber. So ist es nicht verwunderlich, dass sie von Anfang an ein feindliches Klima erzeugen.
Für Angehörige und nahestehende Personen ist es in der Regel sehr belastend, mit dem erkrankten Menschen zurechtzukommen. Oftmals fühlen sie sich hilflos, denn sie sind nicht dazu in der Lage dem Misstrauen Herr zu werden.
Für sie ist es wichtig, offen mit dem Angehörigen umzugehen und ihn auf das unangebrachte Verhalten hinzuweisen. Außerdem sollten sie sich angewöhnen, die Angriffe und das abwehrende Verhalten nicht persönlich zu nehmen und nicht zu nahe an sich herankommen zu lassen.
Außerdem besteht auch für die Angehörigen von Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung die Möglichkeit, sich therapeutische Hilfe zu suchen.
Die ersten Anzeichen auf das Vorliegen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung treten in der Regel bereits in sehr jungen Jahren in Erscheinung. Von diesem Zeitpunkt an verläuft die Erkrankung chronisch.
Im Gegensatz zu einer Vielzahl von psychischen Beeinträchtigungen, können paranoide Persönlichkeitsstörungen nicht geheilt werden. Grund dafür ist die Tatsache, dass die Störung sehr tief in der Persönlichkeit der betroffenen Menschen verwurzelt ist.
Mithilfe einer geeigneten Behandlung kann aber dabei geholfen werden, dass das Verhalten der Erkrankten positiv beeinflusst wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung allgemein einen positiven Verlauf annimmt, gilt jedoch als sehr gering.
Zur Prognose lassen sich aufgrund der individuellen Ausprägung der Beschwerden leider keine Aussagen treffen. Möglicherweise gibt es Vererbungsfaktoren, die zur Entstehung paranoider Persönlichkeitsstörungen beitragen.
So kommt es zu einem gehäuften Auftreten bei Menschen mit an
Als ein Risikofaktor steht ein "ungünstiges" frühes soziales Umfeld in Verdacht, welche die Entwicklung einer paranoider Persönlichkeitsstörung zu begünstigen scheinen. Deshalb kann eine vorbeugende Maßnahme sein, das soziale Milieu besonders im Kinder- und Jugendalter positiv zu beeinflussen.
Von Nachsorge im eigentlichen Sinne ist bei paranoiden Persönlichkeitsstörungen nicht zu sprechen. In der Regel werden Erkrankte immer wieder phasenweise oder kontinuierlich therapiert.
Die paranoide Persönlichkeitsstörungen ist eine Unterform der Persönlichkeitsstörungen. Die Diagnose ist aufgrund der vielfältigen Ausprägung oft erschwert, ebenso wie die Therapie. Diese ist an einen relativ hohen Leidensdruck der Betroffenen geknüpft.
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Geschrieben von
Leonard Schwarz
Medizinisch geprüft am
14. Nov. 2022
Ja.
Genau geklärt ist das nicht. Es scheint Vererbungsfaktoren zu geben und auch das soziale Umfeld im Kindes- und Jugend-Alter scheint das Auftreten der Erkrankung zu beeinflussen.
Erkrankung zusammengefasst
Begriffe
Schizophrenie
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