Geschrieben von Florian Schnabl (Student)
Schmerzen sind einerseits ein wichtiges Warnzeichen unseres eigenen Körpers, können aber andererseits auch starkes Leiden auslösen. Nachdem wir die Warnfunktion des Schmerzens also genutzt haben, ist es eine wichtig, die Schmerzen zu unterbinden.
Novalgin (Metamizol) ist eines der ältesten Schmerzmittel am Markt. Es wurde schon vor 1900 eingesetzt und ist seit 1920 im Handel. Es ist unter dem Präparatnamen Novalgin bekannt und wird in Tablettenform verabreicht.
Metamizol besitzt schmerzstillende und fiebersenkende Eigenschaften und zudem eine ganz schwache, entzündungshemmende Wirkung, die aber ohne Bedeutung ist. Zudem weist Metamizol eine leichte krampflösende Wirkung auf.
Jedoch ist dieser Wirkstoff aufgrund seiner seltenen, schwerwiegenden Nebenwirkungen kein Routinemedikament und sollte nur bei strenger Indikationsstellung eingenommen werden.
Die Wirkungen von Metamizol beruhen auf der Verminderung der Prostaglandinsynthese durch die Hemmung eines bestimmten Cyclooxygenase Enzyms. Der genaue Wirkmechanismus ist jedoch bis heut noch nicht geklärt.
Novalgin wird zumeist in Tablettenform verabreicht. Als sogenanntes Pro-Drug wird es erst in der Magensäure in seine wirksame Form umgewandelt. Dabei wird es in das sogenannte 4-Methylaminophenazon biotransformiert. Nach dieser Umwandlung kommt es zur Aufnahme über den
Novalgin wirkt vor allem im zentralen Nervensystem auf das Enzym Cyclooxygenase-2. Cyclooxygenase-2 kommt vor allem im
In weiterer Folge kommt es zur Bildung von Entzündungsbotenstoffen. Diese Entzündungsbotenstoffe sind in diesem Fall Prostaglandinge und Prostacycline, welche an den Schmerzrezeptoren eine Sensibilisierung bewirken. Das bedeutet, dass vermehrt sogenannte Schmerzmediatoren an Schmerzrezeptoren andocken und Reize auslösen, welche zum
Dadurch kommt es zu einer vermehrten Schmerzempfindung. Dieser Mechanismus wird von Metamizol unterbunden und somit die Schmerzempfindung herunterreguliert. Wie in der Einleitung schon erwähnt, ist der gesamte Wirkmechanismus noch nicht aufgeklärt.
Es wird vermutet, dass das wirksame 4-Methylaminophenazon auch andere Rezeptoren im Gehirn beeinflusst und dadurch eine Verminderung des Schmerzempfindens bewirkt. Die Wirkdauer beträgt circa 6 Stunden.
Die Fiebersenkung erfolgt ebenfalls über die Blockade der COX-2. Bei Entstehung von Fieber kommt es durch beispielsweise Viren oder Bakterien zur Anregung von sogenannten Makrophagen. Makrophagen sind Fresszellen des Immunsystems und dienen zur Beseitigung von Krankheitserregern.
Makrophagen bilden nun bei Kontakt mit Erregern die Entzündungsbotenstoffe. Diese Entzündungsbotenstoffe erzeugen dann in einem bestimmten Bereich des Gehirns die Synthese der COX-2.
Es kommt wiederum zur Bildung von PGE2 und in weiterer Folge zur Aktivierung des Hypothalamus (wichtigste Steuerzentrum im Gehirn). Über weitere Signalwege kommt es dann zur Erhöhung der Körperkerntemperatur. Die Hemmung der COX-2 und die damit verbundene Ausbleiben der Bildung von PGE2 führen somit zur Fiebersenkung.
Des Weiteren ist auch zu erwähnen, dass die krampflösenden Eigenschaften durch Blockierung bestimmter Ionenkanäle zustande kommen. Bei krampfartigen Zuständen kommt es, vereinfacht gesagt, zu einem vermehrten Einstrom von Calcium Ionen und einer Auslösung eines Signalweges. Dabei wird die glatte Muskulatur, die nicht von uns willkürlich gesteuert werden kann, kontrahiert und es kommt zu Schmerzen.
Die aktive Wirkstoffform von Metamizol führt zu einer Hemmung bestimmter Kaliumkanäle. Das hat zur Folge, dass es zu einer Verminderung des Einstroms von Calcium in die Muskelzellen kommt. Dadurch wird die glatte Muskulatur nicht kontrahiert und es kommt zum entspannenden, krampflösenden Effekt.
Aufgrund der krampflösenden Wirkung von Metamizol wird es vor allem bei Koliken der Gallen und Harnwege eingesetzt. Hier handelt es sich meist um
In der Folge verkrampft sich die Muskulatur und es kommt zu heftigen Schmerzen. Die Einnahme von Metamizol kann hier die Symptomatik verbessern. Bei kleineren Steinen ist, besonders bei Nierensteinen, keine zusätzliche Behandlung nötig und sie können mit dem Urin ausgeschieden werden. Bei Gallensteinen ist meist ein operativer Eingriff notwendig.
In beiden Fällen werden jedoch primär die Schmerzen mit Metamizol behandelt, bis weitere Behandlungsoptionen evaluiert wurden. Die Verabreichung erfolgt hier bevorzugt intravenös. Der schmerzlindernde und krampflösenden Effekt erfolgt hier schneller.
Dosierungsempfehlung bei Koliken: 0,5–2,5 g langsam intravenöse Verabreichung.
Dosierung laut: Prof. Dr. med. Ursula Gundert-Remy (auth.), Professor Dr. med. Dr. h.c. Björn Lemmer, Professor Dr. med. Dr. h.c. Kay Brune (2011), „Pharmakotherapie und Klinische Pharmakologie“, 14. Auflage, Heidelberg, Springer Verlag.
Hier gilt Metamizol eher als Reservemittel. Metamizol wird heute jedoch sehr häufig in der Behandlung von Tumorschmerzen eingesetzt. Es gibt Daten, die sogar beim langfristigen Gebrauch (und dieses ist leider häufig bei Patient mit Tumorschmerz notwendig) ein günstigeres Risikoprofil aufweisen.
Die Therapie für Patienten mit Tumorschmerz ist ein Stufenschemata. Auf der ersten Stufe befindet sich Novalgin, gemeinsam mit Paracetamol und
Reicht die Schmerzkontrolle hiermit nicht aus, kann ein weiteres Präparat der Stufe 2 (Tilidin oder Tramadol) oder Stufe 3 (höher wirksame Opioide) in Kombination zu Novalgin gegeben werden.
Es sind auch Kombinationen mit weiteren Präparaten wie z.B. Gabapentin möglich, um den Schmerz aus verschiedenen Richtungen kontrollieren zu können.
Dosierungsempfehlung in der Tumortherapie:
Dosierungsempfehlung bei akuten und chronischen Schmerzen:
Dosierung laut: Prof. Dr. med. Ursula Gundert-Remy (auth.), Professor Dr. med. Dr. h.c. Björn Lemmer, Professor Dr. med. Dr. h.c. Kay Brune (2011), „Pharmakotherapie und Klinische Pharmakologie“, 14. Auflage, Heidelberg, Springer Verlag
Hier findet Metamizol ebenfalls nur sehr selten Anwendung. Das Indikationsgebiet ist sehr streng. Der Einsatz sollte nur bei hohem
Die unerwünschten Wirkungen von Metamizol sind teilweise schwerwiegend. Unter anderem kann es bei der Gabe von Metamizol zu einer Agranulozytose kommen. Hier kommt es zu einer drastischen Verminderung von Granulozyten im Blut.
Diese Granulozyten haben die Aufgabe im Körper Bakterien, Pilze und Viren zu bekämpfen. Bei einer Minderung der Anzahl an Granulozyten kommt es zu schwerem Krankheitsgefühl, da diese Bekämpfung nicht mehr möglich ist.
Schwere Infektionen sind die Folge. Erste Anzeichen dieser schwerwiegenden Nebenwirkung sind hohes Fieber, Halsschmerzen und Veränderungen der Schleimhäute.
Tödliche Ausgänge sind möglich, obwohl bei frühzeitigem Erkennen der Agranulozytose Todesfälle verhindert werden können.
Das Absetzen des Medikaments muss dringend erfolgen, damit sich die Anzahl der Granuolzyten normalisieren kann. Diese Minderung an Granulozyten kommt durch spezifische Vorgänge des Immunsystems zustande.
Es werden Antikörper gebildet, die fälschlicherweise die körpereigenen Granulozyten angreifen.
Die Häufigkeit dieser Nebenwirkung betrifft circa einen von einer Million Patienten, die Metamizol über eine Woche einnehmen. Die genaue Quantifizierung dieser Nebenwirkung ist aber nicht möglich aufgrund des seltenen Auftretens.
Trotz des seltenen Auftretens dieser Erkrankung, ist das die Ursache, weshalb Novalgin in vielen Ländern dieser Welt verboten wurde. Es ist daher in Norwegen, Dänemark, Frankreich, Schweden, in England, in den USA, in Marokko, Singapur, Australien und Japan nicht zugelassen. Auf der anderen Seite ist es in anderen Ländern (z.B. Russland) sogar rezeptfrei erhältlich.
Zudem muss bei intravenöser Gabe mit einer Schockreaktion gerechnet werden. Hier kommt es zu einer allergischen Reaktion. Als Folge stellt sich ein sehr starker Blutdruckabfall ein und es kommt zu lebensbedrohlichen Zuständen.
Bei Novalgin sollte deshalb auf Anzeichen einer allergischen Reaktion geachtet werden, um gegebenenfalls darauf reagieren zu können. Zudem sollte die Infusion sehr langsam verabreicht werden.
Manchmal kann es infolge der Therapie mit Metamizol zu einer Verfärbung des Harns kommen. Diese ist jedoch unbedenklich.
Da die Komplikationen von Novalgin teilweise lebensbedrohlich sind, auch wenn diese natürlich sehr selten auftreten, ist es sehr wichtig, schon bei geringen Veränderungen einen Arzt aufzusuchen.
Wichtige Warnzeichen, sind dabei eine Verfärbung der
Die gleichzeitige Anwendung von Medikamenten, die eine Agranulozytose auslösen können, ist strengstens untersagt. Deshalb darf Metamizol mit den Medikamenten Carbamazepin (Antiepilepitkum), Carbimazol (Hemmung der Bildung von Schilddrüsenhormonen) und Clozapin (Therapie der
Des Weiteren wird bei gleichzeitiger Einnahme von Wirkstoffen, die die Blutgerinnung beeinflussen, das Blutungsrisiko erhöht. Die gleichzeitige Einnahme mit Medikamenten wie Thrombo ASS ist hier kontraindiziert.
Bei Erkrankungen des Blutbildes sollte von einer Behandlung mit Metamizol abgesehen werden. Hier kann es aufgrund des Einflusses auf das Blutbild durch die Minderung der Abwehrzellen zu tödlichen Nebenwirkungen kommen.
Bei Personen, die Allergiker sind, sollte die Einnahme mit Vorsicht erfolgen. Die Wahrscheinlichkeit eine allergische Reaktion zu erleiden ist hier erhöht. Besonders Asthmaanfälle mit lebensbedrohlichem Sauerstoffmangel können auftreten.
In der Schwangerschaft und Stillzeit sollte ebenfalls auf Metamizol verzichtet werden. Die Studienlage zu den möglichen Nebenwirkungen ist sehr gering. Die zahlreichen Alternativen in der Schmerztherapie sind hier die bessere Wahl.
Novalgin (Metamizol) besitzt eine sehr starke Wirkung, weist aber leider sehr schwerwiegende Nebenwirkungen auf. Es besitzt unter den nicht Opioid-Medikamenten die stärkste fiebersenkende und schmerzlindernde Wirkung.
Die zusätzlichen krampflösenden Eigenschaften machen Metamizol zum Mittel der Wahl bei Koliken, die mit starken Schmerzen einhergehen. Trotz des Vorteils gegenüber anderen Schmerzmitteln, nicht die Magenschleimhaut zu schädigen, bleibt Metamizol eher ein Reservemittel der Schmerztherapie.
Durch die gefährliche Agranulozytose ist eine Einnahme nur nach strenger Indikation gerechtfertigt. Eine längere Einnahme als nötig sollte nicht erfolgen.
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Geschrieben von
Florian Schnabl
Medizinisch geprüft am
12. März 2023
Begriffe
Fieber
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