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Morbus Sudeck

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren bei Morbus Sudeck?

Hinter dem Begriff Morbus Sudeck verbirgt sich das komplexe regionale Schmerz-Syndrom (Complex regional pain syndrome, CRPS). Betroffene haben beispielsweise nach Operationen oder Unfällen Schmerzen, für die sich keine Ursache finden lassen.

Zur Entstehung des Morbus Sudeck kann es nach Verletzungen der Gliedmaßen (Arme, Beine) kommen. Im Prinzip handelt es sich bei dieser Erkrankung um eine schmerzhafte Funktions-Störung des sympathischen Nervensystems. 2 bis 5 % der Patienten mit Verletzungen einer Gliedmaße entwickeln ein komplexes Schmerz-Syndrom.

Für die unwillkürlichen Abläufe im menschlichen Körper, also alles, was wir nicht willentlich steuern können, ist das sogenannte vegetative Nervensystem zuständig. Das vegetative Nervensystem besteht wiederum aus 2 Teilen: dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem. Das sympathische versetzt den Körper in Aktionsbereitschaft (früher der Flucht-Modus). Das parasympathische Nervensystem ist der Gegenspieler, der dem Körper Entspannung und Erholung ermöglicht.

Beim Morbus Sudeck funktioniert der sympathische Teil des Nervensystems nicht mehr richtig. Der genaue Hergang der Erkrankung ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Lange Ruhigstellung der betroffenen Gliedmaße erhöht die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung der Erkrankung.

Auch eine Beschädigung der Nerven im Rahmen der Verletzung ist ein Risikofaktor. Wird bei Knochen-Brüchen mehrfach hintereinander versucht, die Bruchteile mechanisch von außen wieder in die richtige Stellung zu bringen, erhöht dies ebenfalls die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Morbus Sudeck.

Zu den Risikofaktoren gehören auch die langandauernde Ruhigstellung in engen Verbänden oder zu engem Gips, sowie die nicht ausreichende Behandlung von Schmerzen durch den Knochen-Bruch. Letztendlich wird der akute Schmerz nach einem Knochenbruch nicht vollständig angeschaltet und der Schmerz wird chronisch, also dauerhaft anhaltend.

Wissenswert

Die Erkrankung tritt bei Erwachsenen etwa doppelt so häufig an den oberen Gliedmaßen/ Armen als an den unteren (Beinen) auf; besonders oft nach bestimmten Knochenbrüchen am Unterarm (nahe der Hand). Frauen sind generell häufiger betroffen. Besonders häufig findet sich die Erkrankung zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.

Was sind die Symptome bei Morbus Sudeck?

Man teilt das komplexe regionale Schmerz-Syndrom in zwei Klassen ein. Zum einen gibt es das CRPS I, welches ohne nachweisbare Nervenschäden auftritt. Streng genommen gehört der Morbus Sudeck nur zu dieser Klasse I des CRPS. Die zweite Klasse ist das CRPS II, das mit nachweisbaren Nervenschäden verbunden ist.

Beschwerden, die auftreten können, sind im Fall des Morbus Sudeck Schwellungen, Schmerzen, Durchblutungsstörungen und Überwärmung. Überempfindlichkeit gegenüber Berührungen und Hautveränderungen in Bezug auf die Farbe, eine verminderte Widerstandsfähigkeit und eingeschränkter Beweglichkeit sind ebenfalls meistens anzutreffen.

Auffällig sind dazu ein asymmetrisches Nagel- und Haarwachstum, asymmetrisches Schwitzen und Einschränkungen der Kraft und Beweglichkeit.

Stadien

Theoretisch durchläuft die Erkrankung mehrere Stadien:

Im ersten Stadium besteht bei den Erkrankten ein brennender Ruheschmerz in der betroffenen Körperregion. Entzündliche und teigige Schwellungen sowie dunkle Hautverfärbungen entstehen hier durch eine verstärkte Durchblutung. Es kommt nun nämlich zu einer Fehlregulierung der Temperatur. Ein Beispiel wäre für eine solche Fehlregulation, dass sich ein Arm wesentlich wärmer anfühlt als der andere.

Die ursprünglichen Schmerzen sind im zweiten Stadium eher rückläufig. Eine Versteifung der Gelenke setzt ein und die Knochen werden brüchiger. Häufig verkümmern in diesem Stadium die Muskeln in der betroffenen Region. Die Haut der Erkrankten wirkt zunehmend kalt und blass.

Es bestehen im letzten Stadium oftmals keine Schmerzen. Der betroffene Arm oder das betroffene Bein beispielsweise sind im Stadium drei in seiner Funktion eingeschränkt und können nicht mehr richtig bewegt werden.

Es kommt zu einer starken Entkalkung der Knochen und demzufolge werden diese deshalb brüchiger. Die Muskeln und Weichteile der Patienten verkümmern in diesem Stadium weiter und an den betroffenen Gliedmaßen verkrampft sich die übrige Muskulatur. Nun erscheint die Haut oft sehr dünn und glänzend.

Wie wird Morbus Sudeck diagnostiziert?

Die Diagnosestellung orientiert sich an den sogenannten Budapest-Kriterien. Damit kann die Erkrankung mithilfe des Arzt-Patienten-Gesprächs und unter Berücksichtigung der ursprünglichen Verletzung und bestehenden Symptome erfolgen.

Im Zweifelsfall können verschiedene bildgebende Verfahren hinzugezogen werden können. Mit dem Ausdruck "bildgebende Verfahren" meint man in der Medizin verschiedene Methoden, mit denen Bilder vom Inneren des Körpers gemacht werden können.

Therapie bei Morbus Sudeck

In Kliniken mit entsprechender Spezialisierung kann die Behandlung ambulant durchgeführt werden, bei Therapieresistenz oder Verschlimmerung der Symptomatik ist eine stationäre Therapie indiziert. Eine frühzeitige, multimodale Therapie kann die Prognose verbessern.

Hinweis

Wichtig ist, die Patienten über den Verlauf des Krankheitsbildes und die potenziell begünstigenden Faktoren aufzuklären. Man unterscheidet hierbei zwischen Basis-Therapie und weiterführender Therapie.

Basis-Therapie

Die Basis-Therapie besteht vor allem in der Anwendung von Physio- (Kranken-Gymnastik) und Ergotherapie. Diese sollen helfen, Alltagsfunktionen und Beweglichkeit wieder herzustellen. Ein weiteres Ziel der Ergotherapie ist es, die gesteigerte Berührungs-Empfindlichkeit wieder auf ein normales Niveau zu senken. Lymphdrainage kann helfen, Schwellungen zu vermindern. Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF) ist eine weitere Behandlungs-Möglichkeit.

Wie ist die Prognose bei Morbus Sudeck?

Bei frühzeitiger Diagnose und entsprechend angepasster Therapie ist die folgenlose Ausheilung möglich. Dennoch gibt es leider einige Einflüsse, wie die genetische Veranlagung des Einzelnen, seine psychischen Begleiterkrankungen, vorangegangenen schmerzhafte therapeutische Maßnahmen oder unnötige operative Eingriffe, die ein dauerhaftes bis lebenslängliches Anhalten der Beschwerden (Chronifizierung) begünstigen.

Alternativmedizinische Behandlungsmöglichkeiten und Haushaltsmittel bei einer Morbus Sudeck

Es gibt Möglichkeiten, der Entwicklung eines komplexen regionalen Schmerz-Syndroms entgegenzuwirken. Vorbeugend sollten Schmerzen nach Operationen adäquat behandelt werden. Selbiges gilt für Schmerzen nach Reponierung der Knochen bei einem Bruch (Knochenteile wieder in die richtige Position zueinander bringen ohne Operation).

Achtung

Generell sollten Operationszeiten so kurz wie möglich gehalten werden und wenn möglich sollte der Einsatz von lokal-wirksamen Betäubungsmitteln erfolgen.

Empfehlungen zur Nachsorge bei einer Morbus Sudeck

Auch der Krankheitsverlauf des CRPS ist höchst individuell und reicht von völliger Ausheilung bis zum schweren chronischen Verläufen mit bleibenden Einschränkungen und Schmerzen. Derzeit geht man davon aus, dass ein möglichst frühzeitiger Therapiebeginn die Prognose verbessert. 

In einer Langzeitstudie mit über 100 Patienten verbesserten sich die Beschwerden von Betroffenen im Verlauf einiger Jahre bei fast 85 % der Patienten so weit, dass die Diagnosekriterien des CRPS nicht mehr erfüllt waren.

In 41 % der Fälle bleiben jedoch noch Schmerzen unterschiedlichen Ausmaßes bestehen. Die durchschnittliche Zeit bis zur „Ausheilung“ betrug in der gleichen Studie circa 11 Monate.

Zusammenfassung

Hinter dem Begriff Morbus Sudeck verbirgt sich das komplexe regionale Schmerz-Syndrom (Complex regional pain syndrome, CRPS). Zur Entstehung des Morbus Sudeck kann es nach Verletzungen der Gliedmaßen (Arme, Beine) kommen.

Die Erkrankung kann zu bleibenden Schäden führen, vor allem wenn sie nicht frühzeitig behandelt wird.

Morbus Sudeck Karteikarte

Erkrankung zusammengefasst

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Morbus Sudeck

engl. complex regional pain syndrome, CRPS

Epidemiologie

  • Inzidenz: ca 5.5 bis 26.2 von 100000 Menschen/Jahr
  • Manifestationsalter: zwischen 40 und 70 Jahre
  • Frauen > Männer

Risikofaktoren

  • Langanhaltende, unbehandelte Schmerzen nach einem Knochenbruch
  • Schmerzhafte Reposition von luxierten Gelenken
  • Gelenknahe Knochenbrüche
  • Einengende Verbände oder Schienen
  • Traumata

Ursachen

  • weitestgehend unklar
  • Fehlregulation des autonomen Nervensystems

Symptome

  • Schmerzen
  • Überwärmung
  • Bewegungseinschränkung
  • Kraftverlust
  • Ödeme
  • Schwitzen

Diagnose

  • Anamnese
    • Hatten sie innerhalb der letzten Wochen / Monate eine schwere Verletzung (z.B. einen Knochenbruch)?
    • Reagieren sie schon immer empfindlich auf Schmerzen und/oder Berührungen?
    • Gibt es einen Unterschied im Bezug auf die Hautfärbung oder die Temperatur zwischen der betroffenen Körperstelle und den umliegenden Arealen?
    • Haben sie Schwierigkeiten die betroffene Gliedmaße zu bewegen?
    • Ist die Kraft der betroffenen Gliedmaße reduziert?
    • Haben sie ein verändertes Haar- und Nagelwachstum an der betroffenen Gliedmaße bemerkt?
    • Schwitzen sie im Bereich der betroffenen Gliedmaße stärker als am Rest ihres Körpers?
    • Lagern sie im Bereich der betroffenen Gliedmaße Flüssigkeit ein (Ödem)?
    • Leiden sie im Bereich der betroffenen Gliedmaße unter Schmerzen, die sich mit der ursprünglichen Verletzung nicht mehr erklären lassen?
  • Röntgenuntersuchung
    • An der betroffenen Extremität bilden sich kleinfleckige Entkalkungen des Knochens, vor allem im Seitenvergleich gibt es große Unterschiede.
  • Knochenszintigrafie
    • Mehrphasenszintigramm (Drei-Phasen-Skelettszintigrafie): Bandförmige Anreicherungen des Radiotracers
  • Körperliche Untersuchung
    • Hauttemperaturmessung: Dauerhafter Temperaturunterschied von 1-2 Grad Celsius

Therapie

  • Medikamente
  • Physiotherapie
  • Ergotherapie
  • Psychotherapie
  • Interventionelle Therapie

Präventionsmaßnahmen

  • schonender Umgang mit Knochenbrüchen
  • Analgesie bei Repositionsversuchen

Prognose

  • chronischer Verlauf
  • Bei Kindern ist die Prognose günstig.

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