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Morbus Osler

Die Erbkrankheit Morbus Osler (lat. Morbus = Krankheit) wird auch Osler-Rendu-Weber-Krankheit oder hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT) genannt und beschreibt eine genetisch bedingte Bindegewebserkrankung der kleinsten Blutgefäße des menschlichen Körpers. Im Rahmen der Erkrankung kommt es zuerst auf Grund von krankhaften Erweiterungen der kleinen Blutgefäße zu häufigen, spontan auftretenden Blutungen, vor allem in den Schleimhäuten des Nasen-Rachen-Raums (Nasenbluten!), des Mundes, der Zunge und des Magen-Darm-Trakts, aber auch an der Haut der Finger und Zehen. Im weiteren Verlauf werden außerdem abnormale Verbindungen zwischen Blutgefäßen gebildet, die vor allem in Gehirn , Lunge und Leber zu schwerwiegenden Komplikationen (z.B. Blutungen) führen können.

Wissenswert

Schätzungsweise leiden zurzeit insgesamt zwischen 1 von 5000 bis 1 von 10 000 Menschen aller Ethnien und geschlechtsunabhängig an der Erkrankung. Bei optimaler Versorgung ist die Lebenserwartung nicht beeinträchtigt.

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren bei Morbus Osler?

Die Ursache der Entstehung von Morbus Osler ist eine Veränderung im Erbgut, eine sogenannte „Gen-Mutationen“, die autosomal-dominant vererbt werden. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung beim Nachkommen (geschlechtsunabhängig) auftritt, bei 50% liegt, wenn einer der beiden Elternteile von Morbus Osler betroffen sind. Wenn beide Elternteile an der Erkrankung leiden, steigt die Wahrscheinlichkeit sogar auf 75%. Allerdings haben auch 20% der Betroffenen keinen einzigen Verwandten, der an Morbus Osler leidet – man sprich dann von einer de-novo-Mutation. Es wurden mindestens 5 Gene gefunden, die verändert sein können. Sie sind alle für die korrekte Gefäßentwicklung zuständig sind, die dann durch die Gen-Mutation nicht mehr gewährleistet wird.

Beim gesunden Menschen ist der Aufbau des Kreislaufsystems wie folgt: Das Blut (mit Sauerstoff angereichert) fließt vom Herzen weg durch sogenannte Arterien, die sich immer weiter aufzweigen und gleichzeitig dünner werden, bis sie schließlich Arteriolen genannt werden. Die Arteriolen zweigen sich weiterhin auf und verlieren an Durchmesser bis sie schlussendlich als Kapillaren bezeichnet werden. Durch dieses dünnste Blutgefäßgeflecht wird der Nährstoff- und Sauerstoffaustausch im Gewebe gesichert. Im weiteren Verlauf verbinden sich die einzelnen kleinen Gefäße der Kapillaren wieder – der Durchmesser wird wieder größer und die Anzahl der Gefäße kleiner: Zuerst werden die Blutgefäße, die nun sauerstoffarmes Blut führen, Venolen genannt und durch weiteres Zusammenfließen entstehen schlussendlich die größeren Venen, die das Blut wieder zum Herzen führen.

Die Gen-Mutationen im Rahmen von Morbus Osler führt zur schrittweisen Erweiterung von dünnsten Venolen – also jenen Blutgefäßen, die direkt an den Kapillaren anschließen. Dadurch werden einerseits die Kapillaren in ihrer Funktion als Nährstoff- und Sauerstoff austauschende Gefäße gestört. Andererseits führt die Ausdehnung der Blutgefäße an sich zu vermehrter Blutungsneigung.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Erkrankung also von Geburt an in den Genen verankert ist, was allerdings nicht automatisch heißt, dass sie sich schon im Kindesalter zeigen MUSS. Man hat im Laufe der Zeit beobachtet, dass sich bei <90% der Betroffenen bis zum Alter von 40 Jahren zumindest 1 Symptom der Erkrankung entwickelt. In der Hälfte aller Fälle zeigen sich erste Symptome (meistens Nasenbluten ) vor dem 20. Lebensjahr.

Ein gehäuftes Auftreten von Morbus Osler kombiniert mit der Blutgruppe 0 wurde beobachtet.

Was sind die Symptome bei Morbus Osler?

Wie stark die Symptome im Rahmen von Morbus Osler ausgeprägt sind, ist von Person zu Person sehr verschieden – sogar innerhalb von Familien, bei denen mehrere Mitglieder von der Erkrankung betroffen sind, konnten starke Unterschiede verzeichnet werden.

Hinweis

Die Häufigkeit vom Auftreten der Symptome reicht von 1x im Jahr bis zu mehrmals täglich. Auffällig ist, dass in zirka 2/3 der Fälle die Anzahl und auch die Schwere der einzelnen Episoden im Laufe des Lebens zunimmt.

Das Symptom, das in 90% der Fälle als erstes bemerkt wird, ist häufiges, immer wieder kommendes, spontan beginnendes Nasenbluten, das aufgrund der veränderten, zu Blutungen neigenden Blutgefäße in der Nasenschleimhaut zurückzuführen ist. Insgesamt leiden 96% der Betroffenen darunter.

Eine weitere, häufige Auffälligkeit ist die Entstehung von Hautveränderungen („Teleangiektasien“), die sich als kleinste Blutungen der Schleimhäute und der Haut zeigen: Sie präsentieren sich als rote Pünktchen, die man vor allem auf der Lippe, der Zunge, der Mundhöhle, im Gesicht, in der Bindehaut des Auges, aber manchmal auch auf der Haut der Körpermitte oder der Finger und Zehen (v.a. unter den Fingernägeln) finden kann. Diese Hautveränderungen beginnen meistens später als das Nasenbluten – zwischen dem 30.-50. Lebensjahr. 50-80% der Betroffenen leiden darunter.

Sowohl das Nasenbluten, als auch die Hautveränderungen stellen an sich kein akutes medizinisches (wenn auch eventuell ein kosmetisches!) Problem dar. Allerdings kann der Blutverlust zu einer chronischen Blutarmut („Anämie“) führen, die wiederum zu Müdigkeit , Blässe, Leistungsknick, Herzrasen und Kurzatmigkeit führen kann.

Schwerwiegendere Komplikationen stellt die Organbeteiligung im Rahmen der Blutgefäßveränderung bei Morbus Osler dar. Es können zwar alle Organe betroffen sein, jedoch bringt vor allem eine Beteiligung von Lunge, Gehirn , Leber oder des Magen-Darm-Trakts eine hohe Gefahr mit sich. Einerseits kommt es zu ständigen, spontan einsetzenden Blutungen (hauptsächlich im Magen-Darm-Trakt oder beim Husten durch Veränderungen der Lungen-Blutgefäße), die die Blutarmut natürlich massiv verstärken. Andererseits können durch die Erweiterungen der Blutgefäße direkte Verbindungen zwischen Arteriolen und Venolen entstehen – die wichtigen, nährstoff- und sauerstoffaustauschenden Kapillaren werden also umgangen und verkümmern. Das führt vor allem in Leber, Gehirn und Lunge zu gröberen Problemen, die sich durch Leberfunktionsstörungen, Migräne , Krampfanfälle oder Schlaganfälle oder Atemnot und Herzversagen äußern können. Diese Symptome sind meistens ab dem 40. – 60. Lebensjahr zu finden.

Wie wird Morbus Osler diagnostiziert?

Untersuchungen bei Morbus Osler

Bei häufigen, spontan entstehenden Nasenbluten schon in jungen Jahren und spätestens beim Auftreten von roten Pünktchen auf der Haut und Schleimhaut, sollte an die Diagnose hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (Morbus Osler) gedacht werden. Die Diagnostik bei dem Verdacht auf das Vorliegen von Morbus Osler gliedert sich in der Regel in verschiedene Schritte:

Zu Beginn findet zumeist ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese) statt. Im Zuge dieses Gesprächs sollten alle bei dem Patienten vorliegenden Krankheitszeichen so genau wie möglich beschrieben werden. Dabei werden Fragen zu Symptomen (Art, Auftreten, Dauer, Beginn,..), Vorerkrankungen oder –operationen, das soziale, familiäre und berufliche Umfeld, Veränderungen beim Stuhlgang oder Urin lassen und – besonders wichtig – in der Familie auftretende Erkrankungen (oder Symptome) gestellt.

Danach folgt eine ausführliche körperliche Untersuchung. Der Patient/die Patientin sollte sich dabei komplett bis auf die Unterwäsche entkleiden, sodass die Haut genau untersucht und etwaige Veränderungen festgestellt werden können.

Beim Verdacht auf Morbus Osler kann der Arzt/die Ärztin mehrere Untersuchungen anfordern, die weitere Hinweise zur Diagnosestellung geben.

Beim Verdacht auf Morbus Osler kann der Arzt/die Ärztin mehrere Untersuchungen anfordern, die weitere Hinweise zur Diagnosestellung geben. Eine Blutkontrolle, eine Ultraschalluntersuchung des Bauches (vorwiegend um eine Leberbeteiligung erkennen zu können) sowie ein Lungenröntgen (um eine Beteiligung der Lunge zu überprüfen) sind einfache, schnelle Verfahren, die routinemäßig eingesetzt werden.

Zusätzlich können zum Beispiel eine sogenannte „Rhinoskopie“ – eine Untersuchung bei der die Nasenschleimhaut mittels kleinem starren Rohr, das durch ein Nasenloch geführt wird – zur genaueren Beurteilung der Nasenschleimhaut oder eine Magen-Darm-Spiegelungen, um Hinweise auf Teleangiektasien im Magen-Darm-Trakt zu bekommen, zum Einsatz kommen. Nach Ermessen des BehandlersIn können im Bedarfsfall nach detaillierter Aufklärung und Einverständnis-Unterzeichnung weitere diagnostische Verfahren notwendig sein (Computertomographie, Magnetresonanztomographie, Angiographie,…).

Im Endeffekt wird die Diagnose aus einem Zusammenspiel von Symptomen und erhobenen Befunden gestellt.

Unterstützend dabei können die sogenannten Curacao-Kriterien wirken:

  • Nasenbluten: spontan und immer wieder kommend
  • Teleangiektasien: viele kleine Hautveränderungen vor allem an Lippen, Mundhöhle, Finger, Nase
  • Organbeteiligung:
    • Magen-Darm-Trakt: Teleangiektasien
    • Lunge: Verbindungen zwischen Venen und Arteriolen
    • Leber: krankhafte Gefäßveränderungen
    • Gehirn: krankhafte Gefäßveränderungen
  • Positive Familienanamnese: ein Verwandter 1. Grades mit der Diagnose Morbus Osler ist bekannt.

Die Diagnose ergibt sich wie folgt nach Anzahl der erfüllten Curacao-Kriterien:

0-1 Kriterium zutreffend: unwahrscheinlich

2 Kriterien zutreffend: möglich/verdächtigt

3-4 Kriterien zutreffend: sicher

Heutzutage ist auch der Einsatz von genetischen Tests zur Diagnosestellung von Morbus Osler möglich. Allerdings ist die alleinige genetische Untersuchung (z.B. bei symptomlosen PatientenInnen) noch nicht aussagekräftig genug: eine negative Genanalyse schließt das Vorliegen von Morbus Osler nicht aus. Ihren Einsatz findet sie vor allem, um bei Familienangehörigen eines sicher Betroffenen, die Gen-Mutation und damit die Erkrankung nachweisen zu können (oder auch nicht).

Bei Schwangeren Betroffenen (oder falls die Väter betroffen sind) kann eine Pränataldiagnostik durchgeführt werden, was aber für die Schwangerschaft- und das Geburtsmanagement nicht unbedingt erforderlich ist.

Therapie bei Morbus Osler

Bis heute ist leider keine Therapie bekannt, die die Erkrankung Morbus Osler heilen kann. Die Behandlung zielt deswegen auf eine Verbesserung der Symptome und die Verhinderung von Komplikationen ab. Im Vordergrund steht die Blutstillung.

Hinweis

Als vorsorgende Basis-Maßnahmen können fettende Nasensalben das Blutungsrisiko von Nasenbluten minimieren. Bei Frauen hat die Einnahme der Pille positive, Gefäßwand-stärkende Wirkungen gezeigt (durch das enthaltende Hormon Estradiol). Langzeitfolgen – wie die chronische Blutarmut – können mittels Eisen-Tabletten oder –Infusionen behandelt werden.

Falls im Rahmen der Diagnose krankhafte Gefäßveränderungen gefunden wurden, sollten diese auf jeden Fall regelmäßig kontrolliert, aber an sich noch nicht behandelt werden. Erst wenn Blutungen auftreten, sind Eingriffe notwendig. Dann kommen Medikamente (Fibrinolyse-Hemmer) oder Laserbehandlungen, mittels welcher die blutenden Gefäße verödet werden, sowie chirurgische Therapieverfahren (z.B. Entfernen der blutenden Blutgefäße) zum Einsatz. Im Falle von Gehirn-Blutungen kann auch eine gezielte Strahlentherapie Verbesserungen erzielen. Bei einer schweren Beteiligung der Leber kann außerdem eine Leber-Transplantation in Erwägung gezogen werden.

Alle therapeutischen Maßnahmen werden gemeinsam vom BehandlerIn und Betroffenen nach detaillierter Aufklärung und nach genauesten Abwägen entschieden.

Wie ist die Prognose bei Morbus Osler?

Achtung

Nicht diagnostizierte, unbehandelte Patienten/Innen haben eine verkürzte Lebenserwartung. Bei optimaler Therapie und regelmäßigen Kontrolluntersuchungen (um bei Komplikationen frühzeitig eingreifen zu können) ist die Lebenserwartung allerdings mit der der Allgemeinbevölkerung vergleichbar.

Durch die genetischen Analyseverfahren ergibt sich heutzutage die Möglichkeit, auch betroffene Familienmitglieder frühzeitig zu identifizieren und somit regelmäßig kontrollieren zu können, wodurch Komplikationen und schwere Verläufe verhindert werden können.

Sonderform von Morbus Osler: Selten kann zwischen der hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie ein Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung, der juvenilen Polyposis, festgestellt werden. Das ist eine Erkrankung, bei der es durch einen Gendefekt schon im Jugendalter zur Entstehung von zahlreichen Polypen (vereinfacht gesagt „Darmausstülpungen“) kommt, die zur bösen Entartung und schließlich zu Tumorbildung neigen. Mithilfe der Genanalyse kann diese Variante der hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Alternativmedizinische Behandlungsmöglichkeiten und Haushaltsmittel bei Morbus Osler

Morbus Osler ist eine relativ schwerwiegende, genetische Erkrankung, die für einen optimalen Krankheitsverlauf eine vorsorgende und symptom-lindernde Therapie bedingt, weswegen alternativmedizinische Ansätze alleine nicht angewendet werden sollten.

Grundsätzlich können Schleimhaut-fettende Nasensalben die Häufigkeit und die Schwere des Nasenblutens minimieren. Des Weiteren sollten bestmöglich regelmäßige ärztliche Kontrollen durchgeführt werden.

Empfehlungen zur Nachsorge bei Morbus Osler

Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen sind ein absolutes Muss, da es im Laufe der Erkrankung in den allermeisten Fällen zwangsweise zur Verschlechterung der krankhaften Gefäß-Fehlbildungen und auch damit der Symptome kommt. Im Rahmen von Follow-up-Untersuchungen werden am häufigsten Bauch-Ultraschall, Lungen-Röntgen, Blutkontrollen und gegebenenfalls Computertomographien oder Magnetresonanztomographien wiederholt.

Zusammenfassung

Morbus Osler (oder auch hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie) ist eine Erbkrankheit, bei der es durch einen Gendefekt im Laufe des Lebens zur Fehlausbildung der kleinsten Blutgefäße kommt, was im weiteren Verlauf zu häufigen, spontan auftretenden Blutungen (Leitsymptom: Nasenbluten , aber auch Haut- und Schleimhautblutungen im Mund, der Zunge oder den Fingern und Zehen) und krankhaften Veränderungen der Blutgefäße führt. Komplikationen sind massive Blutungen (z.B. in der Lunge , der Leber und dem Gehirn ) oder auch der chronische Blutverlust (z.B. durch Blutungen im Magen-Darm-Trakt), der sich durch Leistungsschwäche, Müdigkeit und Blässe äußert.

Die Diagnose wird durch ein Zusammenspiel von Patienten-Erzählungen, Erscheinungsbild, Blutwerten und bildgebenden Verfahren (Röntgen, Ultraschall, CT, MRT,…) unter Hilfestellung der sogenannten Curacao-Kriterien gestellt und die Therapie erfolgt lediglich prophylaktisch (regelmäßige Kontrollen und schleimhautfettende Salben) und symptomatisch (Blutstillung mittels Medikamenten, Laser oder kleinen Operationen und chirurgische Behandlung von krankhaft veränderten Gefäßen).

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