Was sind die Ursachen und Risikofaktoren bei Morbus Hodgkin?
Das Hodgkin-Lymphom gehört zu der Gruppe der Lymphdrüsenkrebserkrankungen. Sie stammt aus den B-Zellen, die durch ihre Antikörperproduktion bei Gesunden ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems sind. Die B-Zellen gehören, genau wie die T-Zellen, zu der Gruppe der Lymphozyten. Gemeinsam stellen sie die erworbene Immunabwehr dar.
Bei dem Hodgkin-Lymphom kommt es häufig bei jungen Erwachsenen zu schmerzlosen (indolenten) Lymphknotenvergrößerungen. Diese Lymphknotenpakete finden sich meist im Bereich des Halses. Etwas mehr als Frauen sind Männer in einem Verhältnis ungefähr von 3:2 betroffen, wobei meistens die Erkrankung entweder zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr oder nach dem 55. Lebensjahr auftritt. Pro Jahr erkranken hochgerechnet auf 100.000 Einwohner in Deutschland ungefähr drei Menschen an dieser Form des Lymphdrüsenkrebses.
Wie bei einigen anderen Krebserkrankungen sind die Ursachen für die Entstehung eines Hodgkin-Lymphoms nicht gänzlich geklärt, jedoch konnte eine Reihe an Risikofaktoren ausgemacht werden:
Klinische Beobachtungen und wissenschaftliche Untersuchungen sahen den Hinweis, dass Erkrankten häufig im Vorfeld in Ihrer Krankengeschichte eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) hatten.
Dabei muss der Virus selbst keine Erkrankung ausgelöst haben, jedoch zeigten Blutuntersuchungen den stattgehabten Kontakt mit dem Erreger. Neben EBV gehören auch HI-Viren (Auslöser der AIDS-Erkrankung) zu bekannten assoziierten Faktoren. Weitere Risikofaktoren sind das Rauchen und die genetische Empfänglichkeit (bekannte Erkrankungen in der Familie).
Was sind die Symptome bei Morbus Hodgkin?
Typische für das Hodgkin-Lymphom sind, anders als bei Infekten, schmerzlose und derbe Lymphknotenvergrößerungen, die länger als vier Wochen anhalten. Diese Lymphknoten können auch zu „Paketen“ verschmelzen. In der Regel haben sie einen Durchmesser von mehr als 1- 1,5 cm. Die häufigste Lokalisation sind bei über 70 % der Patienten die Halslymphknoten, gefolgt von Lymphknoten hinter dem Brustbein. Die Lymphknoten hinter dem Brustbein führen wiederum zu Symptomen wie Brustenge, Atemnot und Reizhusten. Gelegentlich oder bei fortgeschrittenen Krankheitsstadien sind auch Lymphknoten im Bauch- und Beckenraum vergrößert, die zu Abflussstörungen von Verdauungssäften (Gallenflüssigkeit) oder Harn führen können.
Neben diesen teilweise sicht- und tastbaren Veränderung treten bei Hodgkin-Lymphomen typischerweise sogenannte B-Symptome auf. Diese können jedoch auch bei anderen Tumor- oder Infektionserkrankungen auftreten. Zu den klassischen B-Symptomen gehören: , ungewollter Gewichtsverlust (>10 % des Körpergewichts in den letzten sechs Monaten) und .
Wie wird Morbus Hodgkin diagnostiziert?
Untersuchungen bei Morbus Hodgkin
Die Diagnostik eines Hodgkin-Lymphoms ist in fachübergreifenden Schritte gegliedert: Allen voran steht die genaue, feingewebliche (histologische) Untersuchung eines auffälligen Lymphknotens im Vordergrund. Dabei wird der Lymphknoten chirurgisch entfernt und von einem erfahrenen Pathologen mikroskopisch auf typische Charakteristika eines Hodgkin-veränderten Lymphknotens untersucht.
Ein anschließendes und wichtiges Verfahren untersucht das mögliche Ausmaß des Lymphoms: das sogenannte "Staging". Dabei werden das Blut, der Brustkorb, Bauch und Becken auf raumfordernde und verdächtige Veränderungen untersucht. Im Folgenden sind krankheitstypische, jedoch nicht zwingende Untersuchungsergebnisse:
- Blutuntersuchung: deutlicher Mangel an Lymphozyten (<1000/μL), LDH (Lactatdehydrogenase ist erhöht; dies spricht für einen hohe Zellbildungs- und Abbaurate), Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
- Bildgebung:
- Röntgen des Brustkorbes (es sind häufig die nicht sichtbaren Lymphknoten hinter dem Brustbein betroffen, die im Röntgen dargestellt werden können)
- PET-CT (Positronenemissionstomografie) des Körpers: stellt die stoffwechselaktiven Hodgkin-Veränderungen im gesamten Körper leuchtend dar.
- CT oder MRT mit Kontrastmittel des Halses, Brustkorbes und des Abdomens bei weiteren detaillierteren Fragen
- Knochenmarkspunktion: wenn das PET-CT keine ausreichenden und weiterführenden Hinweise geben kann, muss unter Umständen das Knochenmark über eine Knochenmarksstanze punktiert werden. Dies ist in der Regel aufgrund der modernen Technik häufig vermeidbar.
Da die im Rahmen der Therapie eingesetzten Medikamente (Chemotherapeutika) teilweise organschädigende Eigenschaften als Nebenwirkung aufweisen, ist es wichtig, wichtige Organe und deren Status vor Beginn einer etwaigen Therapie festzuhalten. Daher sind für das ein EKG sowie ein Herzultraschall (Echokardiografie), für die eine Lungenfunktion und für die Schilddrüse die Schilddrüsenwerte (TSH) wichtig.
Es werden für das jeweilige Geschlecht auch geschlechterspezifische Laborwerte untersucht und festgehalten. Beim Mann beispielsweise Testosteron und bei der Frau FSH (Follikel-stimulierendes Hormon; lässt die Eizellen reifen) und LH (luteinisierendes Hormon; führt zum Eisprung).
Therapie bei Morbus Hodgkin
Die Hauptsäulen der Therapie des Hodgkin-Lymphoms sind
- Chemotherapie und
- spezielle Bestrahlung, sog. Involved Site Radiatio
Bei der Chemotherapie gibt es je nach Zusammenschau des Blutbildes, der bildgebenden Untersuchung und der pathologischen Beurteilung unterschiedliche Therapiekonzepte. Diese richten sich bei der Stadiumseinteilung nach der sogenannten Ann-Arbor-Klassifikation.
Diese Einteilung kennt Stadium I-IV.
Stadium I/II (frühes Stadium): betroffen ist lediglich eine Lymphknotenregion und/oder zusätzlich ein auffälliger Herd im Brustkorb oder Bauchraum ist zu finden.
- Therapie: Bestrahlung ausschließlich dieser Region und die Chemotherapeutika Adriamycin®, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin (ABVD- Schema).
Stadium I/II + Risikofaktoren (Zwischenstadium): viele betroffene Lymphknoten hinter dem Brustbein oder hohe Blutsenkungsgeschwindigkeit (≥50 mm/h)
- Therapie: Bleomycin, Etoposid, Adriamycin®, Cyclophosphamid, Oncovin® Procarbazin und Prednisolon (BEACOPP- Schema) + ggf. Bestrahlung
Stadium II/III (fortgeschrittenes Stadium):
- Therapie: Eskalation des BEACOPP-Schemas und Bestrahlungstherapie
Wichtig: Unabhängig davon, welches Stadium diagnostiziert wurde, die Therapie hat immer einen kurativen (vollständig heilenden) Ansatz.
Sollte allerdings aufgrund anderer Erkrankung des Patienten der Einsatz der oben genannten Chemotherapeutika nicht möglich sein, wird ein palliatives Konzept angestrebt. Zur Lebenszeitverlängerung können je nach individueller Beurteilung auch einzelne Chemotherapeutika eingesetzt werden oder eine lokale Bestrahlung erfolgen.
Zur Unterstützung beider Konzepte, kurativ und palliativ, werden Antibiotika, blutbildungsstimulierende Faktoren und ggf. Blutprodukte gegeben. Dies ist erforderlich, da der Patient unter dem Einsatz der Chemotherapeutika immungeschwächt ist und anfälliger für virale besonders bakterielle Erreger ist.
Besonderheit: Schwangerschaft
Ist der Patient bei der Diagnose eines Hodgkin-Lymphoms schwanger, so sollte nach Möglichkeit nicht in den ersten drei Monaten (1. Trimenon) mit der Therapie begonnen werden. Die Dosis der Chemotherapie sowie der Zeitpunkt der Bestrahlung (vorzugsweise nach der Entbindung) müssen entsprechend angepasst werden. Insgesamt muss die individuelle Situation für das ungeborene Kind sowie die werdende Mutter gemeinsam eingeschätzt werden.
Wie ist die Prognose bei Morbus Hodgkin?
Die Prognose des Hodgkin-Lymphoms ist sehr gut und geht mit Überlebensraten von über 90 Prozent nach 5 Jahren Diagnosezeitpunkt einher. Bei einem wiederkehrendem Lymphom reduziert sich die Zahl auf eine 5-Jahresüberlebensrate von ca. 50 %. Diese Zahlen sind weit über dem Durchschnitt sonstiger bösartiger Erkrankungen.
Wie kann man Morbus Hodgkin vorbeugen?
- Vermeiden von Nikotin
- Sportliche Aktivität
Empfehlungen zur Nachsorge bei Morbus Hodgkin
In einigen Fällen kann das Lymphom wiederkehren (Rezidiv). Dabei unterscheidet man Frührezidiv (nach 3- 12 Monaten) und Spätrezidiv (nach 12 Monaten). Ist das Lymphom unter Therapie nicht rückläufig, beschreibt das einen Progress (sprich bei einem "Rezidiv" vor 3 Monaten). Nach der pathologischen Sicherung dieses Rezidivs wird u.a. eine autologe Stammzelltransplantation empfohlen (vom Patienten selbst-stammende blutbildende Stammzellen).
Um ein mögliches Rezidiv zeitnah zu erfassen, sind wichtige Zeitpunkte in der Nachsorge zu beachten. So sind folgenden Kontrollen wichtig:
- Im ersten Jahr: alle drei Monate
- im 2.-4. Jahr: alle sechs Monate
- ab dem 5. Jahr: einmal im Jahr
Zu den Untersuchungen, die hausärztlich abgedeckt werden können, gehören die Schilderung von neue Symptomen wie Fieber, Nachtschweiß, ungewollte , vermehrte (Fatigue) und körperlich sowie Blut- und Bildgebungsuntersuchungen. Im Labor werden die Zahl der Lymphozyten, die Blutsenkungsgeschwindigkeit und Elektrolyten beispielsweise gemessen.
Bei Frauen wird aufgrund der möglichen Bestrahlung des Brustkorbes empfohlen, einerseits selbstständig die Brust regelmäßig abzutasten und Frauen ab dem 25. Lebensjahr alle 6 Monate eine gynäkologische Früherkennungsdiagnostik mit Ultraschall und Mammografie (einmal jährlich) beim Frauenarzt durchführen zu lassen.
Leider besteht durch die etlichen Chemotherapeutika und die Bestrahlung ein gewisses Risiko eines sogenannten Sekundärtumors. Diese könnten unter Umständen nach mehreren Jahren bis Jahrzehnten auftreten. Dabei handelt es sich meist um Leukämien, , oder . Nach einer Studie betrifft dies ungefähr 3 Prozent der Hodgkin-Patienten.
Zusammenfassung
Das Hodgkin-Lymphom gehört zu der Gruppe der Lymphdrüsenkrebserkrankungen. Sie wird meist im jungen Alter zwischen dem 20.- und 30. Lebensjahr diagnostiziert. Die Diagnose wird feingeweblich sicher festgestellt. Bei entsprechender Staging-Untersuchungen und zügiger Therapie hat die bösartige Erkrankung eine sehr gute Prognose – selbst im fortgeschrittenen Stadium.