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Legasthenie

Kurzgesagt

Menschen mit einer Lese- und Rechtschreibstörung haben Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen Sprache in geschriebene Sprache (und umgekehrt). Die Legasthenie ist in der Regel nicht heilbar, mithilfe einer gezielten und frühen Förderung und speziell ausgebildeten Therapeuten lassen sich die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben jedoch meist deutlich vermindern.

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Legasthenie?

Die Legasthenie ist besser bekannt als Lese-Rechtschreib-Störung (LRS). Dabei handelt es sich um Störungen, die das Lesen und Schreiben betreffen. Sie sind nicht gleichzusetzen mit einer Minderung der Intelligenz. Menschen mit einer Lese- und Rechtschreibstörung haben Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen Sprache in geschriebene Sprache (und umgekehrt).

Hinweis

Bei Kindern mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) kommen Lese-Rechtsschreib-Störungen häufiger vor.

Als mögliche Ursache werden verschiedene Probleme diskutiert:

  • genetische Veranlagung, Veränderungen in den Erb-Anlagen. Tatsächlich wurden verschiedene Gene identifiziert, die einen Einfluss auf die Lese- und Rechtschreib-Fähigkeit haben. Diese sind für die Entwicklung der Hirnbereiche verantwortlich,  die gesprochene Sprache wahrnehmen und sie in die geschriebene Sprache umwandeln. Diese Bereiche sind bei Legasthenikern meist schlechter vernetzt und arbeiten weniger synchron.
  • Probleme bei der Verarbeitung von hörbaren (akustischen/auditiven) und sichtbaren (visuellen) Wahrnehmungen (Wahrnehmungs- und Blickfunktions-Störungen)
  • Störungen bei der Verarbeitung von Sprache im Gehirn
  • Störungen bei der phonologischen Bewusstheit (Fähigkeit, bei der Aufnahme, der Verarbeitung, dem Abruf und der Speicherung von sprachlichen Informationen; Wissen über die lautliche Struktur der Sprache heranzuziehen)
  • Sprach-Entwicklungs-Verzögerungen: Normalerweise beginnen Kinder im Alter von 18 bis 24 Monaten mit 2-Wort-Sätzen. Sie verfügen recht schnell über einen Wortschatz von etwa 50 verschiedenen Wörtern. Etwa 20 Prozent der Kinder weisen aber eine verzögerte Sprach-Entwicklung auf. Etwa die Hälfte dieser Kinder, also 10 Prozent insgesamt, leiden unter Legasthenie.

Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie geht davon aus, dass in Deutschland 4 Prozent der Schüler von einer Legasthenie betroffen sind.

Gelegentlich leiden Menschen mit LRS auch unter einer verminderten Fähigkeit zu rechnen (Dyskalkulie - deutliche Schwierigkeiten bei grundlegenden Rechenarten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division). Legasthenie ist abzugrenzen von der Lese-Rechtschreib-Schwäche.

Die Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Störung ist eine massive und lang andauernde Störung des Erwerbs der Schriftsprache (geschriebenen Sprache). Eine Lese-Rechtschreib-Schwäche ist hingegen häufig nur vorübergehend. Genetische Faktoren spielen hierbei keine Rolle.

Vielmehr spielen bei der Lese-Rechtschreib-Schwäche sogenannte psychosoziale Faktoren eine Rolle, wie zum Beispiel ein Wohnortwechsel oder eine Scheidung der Eltern, aber auch das Bildungsniveau der Eltern scheint eine entscheidende Rolle zu spielen.

Wissenswert

Ein weiterer Unterschied ergibt sich in der Behandlung. Die Lese-Rechtschreib-Schwäche kann oft erfolgreich mit kinder-psychologischer Begleitung therapiert werden.

Was sind die Symptome einer Legasthenie?

Die Betroffenen erleben häufig Probleme mit dem Lesen und haben eine Rechtschreibstörung. Erste Anzeichen für eine Lesestörung zeigen sich, in dem die Patienten häufig sehr viel Zeit benötigen, das Lesen zu erlernen. Wenn die Betroffenen dann das Lesen erlernt haben, benötigen sie meistens sehr viel Zeit zum Lesen. Das erschwert bereits die Schulzeit.

Während die anderen Kinder viel früher mit einem Kapitel oder mit einer Hausaufgabe durch sind, ist das betroffene Kind meistens noch verzweifelt am Lesen.

Und obwohl sich der Betroffene eigentlich ziemlich viel Zeit beim Lesen gelassen hat, ist das Verständnis, über das, was gelesen wurde, häufig reduziert. Das zeigt sich darin, dass Worte häufig völlig falsch wiedergegeben werden. Fragen zum Text können die Kinder meistens gar nicht beantworten.

Um diese Wissenslücke aber zu kompensieren, beantworten sie die Fragen mit eher allgemein vorhandenen Wissen, als mit dem, was tatsächlich in dem Text drinstand.

In der Schule werden Kinder häufig gebeten, Teile vorzulesen. Dieses ist für betroffene Kinder häufig eine große Herausforderung, die auch mit sehr viel Scham verbunden sein kann.

Die Kinder lassen Wortteile häufig komplett aus. Auch das Zuhören ist sehr anstrengend, denn es handelt sich meist um einen sehr monotonen Vortrag, bei dem der Text völlig unrhythmisches (dysrhythmisches) ohne Betonung vorgelesen wird.

Auch die Rechtschreibstörung zeigt sich bereits in der Schule und kann auch für die Kinder mit sehr viel Scham belastet sein. Die Handschrift ist meistens völlig unleserlich. Die Lehrer denken daher oft, die Kinder würden sich keine Mühe geben und schluderig arbeiten.

Es ist daher ein großes Feingefühl, bei Lehrern und Eltern gefragt, die Kinder richtig einschätzen zu können, um sie dann auch bedarfsgerecht fördern zu können.

Bei einer genauen Betrachtung des Textes fällt auf, dass die Betroffenen häufig Buchstaben, die klang- oder form-ähnlich sind, verwechseln (etwa b mit p, c mit k oder p mit q) . Buchstaben, die beim Sprechen nicht betont werden, werden häufig ausgelassen (beispielsweise Wahrheit ohne „h“). Viele Fehler ergeben sich auch durch eine falsche Groß- und Kleinschreibung. Grammatik und Zeichensetzung sind meistens völlig fehlerhaft.

Hinweis

Legasthenie ist für betroffene Schulkinder in der Regel eine große Belastung. Sie geraten bei Aufgaben und insbesondere bei Klassenarbeiten häufig unter Zeitdruck, da sie sich unbekannte Wörter mühsam erarbeiten müssen. Eine zusätzliche Belastung entsteht durch das häufige Fehler-Machen und Wiederholen dieser Fehler.

Entsprechend haben (junge) Legastheniker oft wenig Selbstbewusstsein und Schamgefühle beim Schulbesuch bis hin zur Angst vor der Schule. Das kann sich vor Prüfungen beispielsweise in Form von Panik-Attacken zeigen und/oder sich als physische Symptome wie Bauchschmerzen und Übelkeit äußern. Über die Zeit ist auch die Entwicklung Depressionen möglich.

Wie wird die Legasthenie diagnostiziert?

Die Diagnostik beginnt mit einem Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese-Gespräch), bei Kindern unter Einbeziehung der Eltern (Fremd-Anamnese). Die Einschätzung von Lehren kann ebenfalls hilfreich sein. Es werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, um die Ursache der Lese-Rechtschreib-Störungen zu finden.

Dazu gehören:

  • Seh- und Hörtests: Damit lässt sich herausfinden, ob die Leseprobleme auf einer Seh- oder Hörschwäche beruhen.
  • Elektroenzephalografie (EEG): Die Messung der Hirn-Ströme macht eventuell vorhandene strukturelle oder funktionelle Störungen des Gehirns sichtbar.
  • Intelligenz-Test: Mit einem sogenannten IQ-Test kann ausgeschlossen werden, dass eine verminderte Intelligenz das Lesen-Lernen behindert.
  • Lese- und Rechtschreibfähigkeit:
  • Psychische Befindlichkeit und Konzentrationsfähigkeit: spezielle Tests zur Feststellung, wie stark sich die Probleme des Lesens und Schreiben auf das Befinden und die Konzentrationsfähigkeit der Betroffenen auswirkt. Dazu zählen zum Beispiel der "Depressionstest für Kinder" (DTK, ein Fragebogen) sowie die sogenannte "Testbatterie für Aufmerksamkeits-Defizite" (TAP).

Therapie bei Legasthenie

Lese-Rechtschreib-Störungen sind für die Betroffenen eine große psychische Belastung und mit Angst und Scham-Gefühl verbunden. Leistungsdruck, beispielsweise in der Schule, belasten die Betroffenen oft extrem, sodass eine (kinder-)psychologische Betreuung eine wichtige Therapie-Säule darstellt.

Steht die Diagnose fest, sollte das soziale Umfeld des Kindes (Lehrer, Mitschüler, Verwandte, Freunde) informiert werden. Den Betroffenen wird mit viel Verständnis und eine spezielle Förderung, sowie eine angepasste Leistungs-Bewertung in der Schule meist deutlich geholfen. Kinder mit Lese-Rechtschreib-Störungen sollten außerdem innerhalb und außerhalb der Schule gezielt gefördert werden.

Wissenswert

Damit sollen Lese-Erfolge ermöglicht werden und so das Selbstbewusstsein und die Freude am Lesen gesteigert. Es gibt darüber hinaus verschiedene Lernmaterialien und Computer-Programme, die an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der betroffenen Kinder angepasst sind und spielerisch beim Lernen helfen können.

Wie ist die Prognose einer Legasthenie?

Bei frühzeitiger Erkennung können die Probleme in vielen Fällen kompensiert werden. Je später eine Therapie einsetzt, desto geringer sind in der Regel die erzielbaren Effekte. Unbehandelte Lese- und Rechtsschreibstörungen können bei den Betroffenen Unsicherheit, Ängste und andere psychische Probleme verursachen. Magendarm-Beschwerden und Schlafstörungen können die immense psychische Belastung der Betroffenen zusätzlich verdeutlichen.

Diese erschweren im Allgemeinen die Therapie. Wenn das Umfeld geduldig und verständnisvoll reagiert, kann dies das Kind erheblich entlasten und eine Stigmatisierung verhindern.

Sonderfall: Dyslexie

Eine Dyslexie ist eine Lesestörung, die häufig im Rahmen einer Legasthenie auftritt. Sie kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Wie die Lese-Rechtsschreib-Störung wird sie durch genetische Faktoren begünstigt. Dann spricht man von einer sogenannten angeborenen Dyslexie.

Häufiger als eine solche angeborene Dyslexie ist jedoch die erworbene Dyslexie. Ursächlich bei der erworbenen Dyslexie ist eine Schädigung des Gehirns, beziehungsweise der Regionen des Gehirns, die für das Lesen verantwortlich sind. 

Zu derartigen Schädigungen kann es beispielsweise durch einen Unfall oder Schlaganfall (Hirn-Infarkt) kommen. Schätzungen gehen von 5 bis 15 Prozent Anteil an Betroffenen in der Gesamt-Bevölkerung aus. Zu unterscheiden von der Dyslexie ist die Alexie, bei der die Patienten gar nicht lesen können.

Bei der Dyslexie werden zwei Formen unterschieden. Die phonologische Alexie und die semantische Alexie. Bei der phonologischen Alexie können die Betroffenen einzelne Buchstaben erkennen, diese aber nicht zu einem Wort verbinden. Bei der semantischen Alexie können die Betroffenen zwar die Buchstaben zu Wörtern zusammensetzen, das Gelesene aber nicht verstehen.

Dieses führt zu drastisch verlangsamter Lese-Geschwindigkeit mit Verständisproblemen des Gelesenen. Der Patient verrutscht in den Zeilen, verdreht Buchstaben und zeigt gelegentliche Einschränkungen der Schreibfähigkeit. In der Regel liegt ein normales Hören und Sehen vor.

Alternativmedizinische Behandlungsmöglichkeiten und Haushaltsmittel bei einer Legasthenie

Eltern von an Dyslexie und anderen an Lese-Rechtschreib-Störungen erkrankten Kindern können einen sogenannten Nachteils-Ausgleich beim Kultus-Ministerium beantragen. Dieser setzt sich beispielsweise für eine andere Bewertung der schulischen Leistungen der Betroffenen im Bereich Lesen und/oder Schreiben ein.

Ein weiteres Beispiel für entlastende Maßnahmen in diesem Zusammenhang ist beispielsweise die Freistellung der Kinder vom lauten Vorlesen. Das kann zu einer deutlichen Entlastung der jungen Patienten beitragen.

Für den entsprechenden Antrag auf Nachteils-Ausgleich muss dem zuständigen Schul-Psychologen ein ärztliches Attest vorgelegt werden. Durch die Maßnahmen kommt es häufig zur Stärkung des Selbstvertrauens, was im Verlauf die Chancen auf einen Ausbildungs-Platz und einen erfolgreichen Berufs-Abschluss deutlich erhöht.

Es gibt allerdings auch Kinder, die den Nachteils-Ausgleich als Abwertung empfinden, was dann einen negativen Effekt auf Lern-Motivation haben kann.

Wissenswert

Hilfreich ist meist auch die Teilnahme an Selbsthilfe-Gruppen. Informationen dazu bietet beispielsweise der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V.: https://www.bvl-legasthenie.de/bundesverband.html.

Empfehlungen zur Nachsorge bei einer Legasthenie

Es gibt keine speziellen Nachsorge-Schemata. Eine psychologische Betreuung kann auch nach Besserung der Beschwerden hilfreich beziehungsweise erforderlich sein.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Eine Legasthenie ist in der Regel nicht heilbar. Mit Hilfe einer gezielten und frühen Förderung und speziell ausgebildeten Therapeuten lassen sich die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben deutlich vermindern.

Welcher Facharzt die Behandlung der Legasthenie durchführt ist unterschiedlich. Der behandelnde Kinderarzt hilft dabei die Diagnose zu stellen und eine geeignete Weiterbahendlung einzuleiten. Ist Legasthenie angeboren?

Die meisten Formen der Lagasthenie sind angeboren. Bei der Sonderform Dyslexie gibt es allerding auch eine erworbene Form. Diese kommt beispielsweise durch Schäden des Gehirns im Rahmen von Unfällen oder Schlag-Anfällen zustande.

Die Intelligenz von Legasthenikern entspricht der Verteilung von Intelligenz in der Normal-Bevölkerung. Es kommt nicht vermehrt zu Sötrungen der Intelligenz.

Tatsächlich wurden verschiedene Gene identifiziert, die einen Einfluss auf die Lese- und Rechtschreib-Fähigkeit haben. Diese sind für die Entwicklung der Hirnbereiche verantwortlich,  die gesprochene Sprache wahrnehmen und sie in die geschriebene Sprache umwandeln. Diese Bereiche sind bei Legasthenikern meist schlechter vernetzt und arbeiten weniger synchron.

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Legasthenie einfach erklärt

Lese-Rechtschreibstörung, LRS

Häufigkeit

  • 2–6% der Bevölkerung betroffen

Risikofaktoren

  • genetische Vorbelastung
  • Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung
  • ungünstiges soziales Milieu
  • Sehstörungen

Ursachen

  • genetische Faktoren
  • Sehstörungen
  • geschwächtes phonologisches Bewusstsein

Symptome

  • eingeschränkte Lautverschmelzung
  • niedrige Lesegeschwindigkeit
  • häufiges Stocken
  • Austauschen von Wörtern
  • meidendes Verhalten

Komplikationen

  • Depressive Verstimmungen
  • psychosomatische Beschwerden

Diagnose

  • Anamnese
    • Liest ihr Kind Buchstaben als Einzellaute?
    • Liest ihr Kind auffällig langsam?
    • Stockt ihr Kind auffällig häufig beim Lesen oder verliert Teile des Textes?
    • Tauscht ihr Kind beim Vorlesen häufig Wörter aus und/oder vertauscht Silben und einzelne Buchstaben?
    • Versucht ihr Kind auffällig häufig das Vorlesen zu vermeiden?
    • Erfindet ihr Kind Ausreden?
    • Gibt es in ihrer Familie Fälle von Legasthenie?
    • Geht Ihr Kind gerne zur Schule?
  • Elektroenzephalografie (EEG)
    • Ausschluss einer möglichen Schädigung der Hirnstruktur
  • Spezifische Tests
    • Testung der Hör- und Seh-Fähigkeit
    • Intelligenz-Test
    • Prüfung der Lese- und Rechtschreibfähigkeit

Therapie

  • Konservative Behandlung
  • Hilfsmittel

Prognose

  • Durch verschiedene therapeutische Maßnahmen gut behandeln
  • Je früher die Therapie beginnt desto besser ist die Prognose

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