Geschrieben von Leyla Al-Sayegh (Medizinstudentin im 11. Semester)
Das Kawasaki-Syndrom (auch: mukokutanes Lymphknoten-Syndrom) ist eine seltene Erkrankung, die vor allem Kinder unter dem 5. Lebensjahr betrifft,
Das Kawasaki-Syndrom wird gemeinsam mit einigen anderen Erkrankungen zur Erkrankungsgruppe der „Vaskulitiden“ zusammengefasst.
Eine
Im Falle des Kawasaki-Syndroms sind vor allem mittelgroße bis kleine Gefäße betroffen: Am aller häufigsten sind die Koronararterien, also jene Gefäße, die das
Vom Kawasaki-Syndrom sind zu 80 % Kinder im Alter von unter 5 Jahren betroffen, bei Erwachsenen findet sich die Erkrankung extrem selten. Auffallend viele Fälle kommen in Japan vor. Die Anzahl von neuen Fällen steigt im Winter im Gegensatz zum Sommer an.
Das Immunsystem des Menschen ist grundsätzlich sehr komplex. Ein Teil des Immunsystems wird als spezifisches Immunsystem bezeichnet und funktioniert vereinfacht gesagt, indem der Körper Antikörper gegen schädliche Antigene, die von Erregern von außen (z.B. Bakterien) produziert werden, entwickelt.
Diese Antikörper des menschlichen Körpers regen weitere Immunzellen und –Reaktionen an, um den Eindringling zu zerstören und den Körper vor Krankheiten zu schützen.
Von einer Autoimmunerkrankung spricht man, wenn der Körper nicht nur Antikörper gegen schädliche Erreger von außen richtet, sondern auch körpereigene Zellen als „fremd“ erkennt und deswegen angreift. Im Fall des Kawasaki-Syndroms sind die kleinen bis mittelgroßen Blutgefäße betroffen.
Meistens werden die Herzkranzgefäße, also jene Gefäße, die das Herz mit Blut versorgen, angegriffen, wodurch im schlimmsten Fall sogar Herzinfarkte ausgelöst werden können.
Wie es zur Entstehung des Kawasaki-Syndroms kommt, ist weitgehend unbekannt. Gewisse Entstehungsfaktoren werden diskutiert (genetische Voraussetzungen, externe Faktoren, vorangegangene Infektionen), sind aber noch nicht bewiesen.
Betroffene Kinder wirken oft krank, unmotiviert, müde, schlapp, appetitlos und missgestimmt.
Typischerweise verläuft die Erkrankung in 3 Phasen, aber auch atypische Verläufe werden beobachtet (v.a. bei Säuglingen).
In der Akutphase (7-14 Tage) treten die klassischen Symptome (Fieber, Lymphknotenschwellung, Rötungen an Händen und Füßen, stammbetonter
Die Subakutphase (2-3 Wochen nach Beginn) bleibt das Fieber und die Bindehautentzündung oftmals bestehen, der Ausschlag und die Halsschwellung bilden sich zurück. Die Schuppung an Fingern und Zehen beginnt. In dieser Phase bilden sich häufig die äußerst gefährlichen Aussackungen und Erweiterungen der betroffenen Gefäße (
Die Phase der Rekonvalezenz (6-10 Wochen nach Beginn) ist durch die Rückbildung der Symptome gekennzeichnet.
Bei Verdacht auf das Kawasaki-Syndrom ist eine frühzeitige Diagnosestellung für den weiteren Krankheitsverlauf extrem wichtig. Ein Kinderfacharzt oder ein spezialisiertes Krankenhaus sollte bei Auffälligkeiten sofort aufgesucht werden.
Der betreuende Arzt wird zuerst eine ausführliche Anamnese, also eine genaue Befragung zur Krankheitsgeschichte, durchführen. Informationen über Dauer, Schwere und Ausprägung der Symptome, Vorerkrankungen und –Operationen, über das familiäre und soziale Umfeld und vorangegangene Erkrankungen oder Infektionen werden gesammelt.
Eine Blutkontrolle ist darüber hinaus auch erforderlich, damit die MedizinerInnen spezielle Werte (Entzündungsparameter, Änderung der Blutzellen und spezielle Antikörper) im Blut nachweisen können. Darüber hinaus sollten etwaige Infektionen mittels Blutabnahme, Abstrichen (z.B. Rachen) und Urinuntersuchungen als andere Ursachen ausgeschlossen werden.
Sehr wichtig ist es, eine Veränderung des Herzens und seiner Gefäße ausfindig zu machen, weswegen ein EKG (Elektrokardiogramm) und eine Echokardiografie (eine spezielle Ultraschalluntersuchung des Herzens, die keine Schmerzen verursacht) durchgeführt werden.
Selten ist zur weiteren Abklärung eine Herzkatheteruntersuchung (Angiografie) notwendig. Dabei wird ein kleiner Schlauch von der Leistenarterie bis zum Herzen vorgeschoben. Dort kann dann Kontrastmittel hineingespritzt und dadurch die Verläufe und etwaige Verengungen und Minderdurchblutungen der Herzgefäße unter Röntgenstrahlen dargestellt werden.
Dies ist allerdings nur nötig, wenn der Verdacht auf eine Minderversorgung des Herzens mit Blut besteht. Dieses Verfahren wird außerdem immer häufiger durch eine CT (Computertomografie) oder MRT (Magnetresonanztomografie) Untersuchung ersetzt.
Die Diagnose wird schlussendlich klinisch gestellt, das bedeutet, dass der Arzt vor allem durch das Vorliegen der typischen Symptome das Kawasaki-Syndrom diagnostiziert. Um die Diagnose stellen zu können, müssen 5 der 6 Hauptsymptome oder 4 Hauptsymptome und gleichzeitig erweiterte Herzkranzgefäße (Aneurysmen) nachgewiesen werden. Wenn weniger Symptome auftreten, wird dieses auch als inkomplettes Kawasaki-Syndrom bezeichnet.
Wenn das Kawasaki-Syndrom diagnostiziert wurde, ist ein schneller Therapiebeginn unbedingt notwendig. Das Ziel der Akuttherapie ist, die Entzündung möglichst gut zu kontrollieren, eine Ausweitung der Herzkranzgefäße zu vermeiden sowie eine Blutplättchenverklumpung zu verhindern, da diese zu einer Verlegung der Herzgefäße und zur Verminderung der Herzdurchblutung führen kann.
Bei der Akuttherapie werden Immunglobuline über die Vene verabreicht (IVIG). Diese verhindern die überschießende Immunantwort auf die körpereigenen Blutgefäß-Strukturen. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen und Übelkeit.
Zusätzlich wird Aspirinsalicylsäure gegeben, die einerseits zur Fiebersenkung beiträgt und andererseits die Blutplättchenverklumpung verhindert. Im Allgemeinen ist Aspirin gut verträglich, als Nebenwirkungen werden allergische Reaktionen, Übelkeit, Erbrechen und
In äußerst seltenen Fällen kann bei Kindern ein
Cortison soll bei Vorliegen von Risikofaktoren (Beteiligung von Herzkranzgefäßen, Alter: <1 Jahr, schwerer Verlauf) unbedingt zusätzlich verwendet werden. Ein Einsatz von Cortison kann des Weiteren bei Betroffenen über 7 Jahren, männlichen Geschlechts, mit veränderten Laborwerten und entweder bei sehr frühen oder sehr spätem Therapiebeginn in Erwägung gezogen werden.
Falls die Symptome trotz beschriebener Therapie nicht verschwinden, kann ein Therapieversuch mit sogenanntem Tumornekorsefaktor-alpha-Inhibitor oder einem Interleukin-1-Hemmer versucht werden. Das sind Medikamente, die einer Entzündungsreaktion im Körper entgegenwirken. Nebenwirkungen sind selten und äußern sich zum Beispiel durch Infektionen der oberen Atemwege.
Bei einigen Betroffenen muss eine Dauertherapie im Anschluss durchgeführt werden. Das Ziel ist dabei eine Blutverklumpung weiterhin so gut wie möglich zu vermeiden, weswegen
Bei (drohendem) Verschluss eines Herzkranzgefäßes muss eine Operation erfolgen. Diese kann entweder als größere „Bypass-Operation“ mit Eröffnung des Brustkorbs oder minimalinvasiv mittels Katheter, Ballondilatation und Stentimplantation erfolgen. Bei der Bypass-Operation wird das betroffene Gefäß durch ein anderes Gefäß des eigenen Körpers ersetzt.
Bei der minimalinvasiven Option wird ein kleiner Draht über die Leistenvene bis verengten Herzkranzgefäß geschoben. Dort wird ein an der Spitze des Drahts sitzender Ballon an der richtigen Stelle aufgeblasen, sodass sich die verengte Stelle wieder erweitert. Diese Erweiterung kann eventuell mit dem Einsatz eines kleinen metallischen Zylinders („Stent“) unterstützt werden.
Das Sterberisiko wird auf 1-1,5 % geschätzt und ist vor allem davon abhängig, wie viel Schaden das Herz durch die Gefäßentzündung erfährt. Für die Langzeitprognose ist die bleibende Veränderung an den Herzkranzgefäßen und eine etwaige Minderdurchblutung des Herzens entscheidend. Eine anhaltende Minderversorgung des Herzens wird im Erwachsenenalter allerdings selten beobachtet.
Als schwere Komplikationen gelten Entzündungen des Herzens, die Entstehung von erweiterten Herzkranzgefäßen,
Im Rahmen des Kawasaki-Syndroms entstehen überdies gehäuft Blutgerinnsel, die die Herzkranzgefäße verstopfen und so einen
Die Ausprägung der Komplikationen ist entscheidend für die Prognose. Eine bald mögliche Therapie muss zur Vermeidung dieser Komplikationen unbedingt durchgeführt werden.
Das Kawasaki-Syndrom stellt eine schwerwiegende Erkrankung mit lebensgefährlichen Komplikationen dar, weswegen der Einsatz von Hausmitteln oder alternativmedizinischen Optionen nicht empfohlen wird. Der Verlauf der Erkrankung ist stark vom frühzeitigen Beginn der Therapie abhängig.
Sport und ausreichende Bewegung werden nach durchgemachter Krankheit und vollständiger Symptomfreiheit als äußerst positiv bewertet.
Die Nachsorge hängt generell von der Schwere der Akuterkrankung ab.
Patienten, bei denen die Herzkranzgefäße nicht betroffen waren, können das blutverdünnende Mittel Aspirin nach 6-8 Wochen absetzen. Nach einem Jahr soll eine Echokardiografie zur Kontrolle durchgeführt werden.
Betroffene, die auch eine Erweiterung der Herzkranzgefäße entwickelt haben, sollten Verlaufskontrollen regelmäßig durchführen lassen und ihr blutverdünnendes Medikament bzw. mehrere blutverdünnende Medikamente bis zum Rückgang der Blutgefäß-Erweiterung unbedingt einnehmen.
In diesen Fällen ist außerdem eine engmaschigere regelmäßige Untersuchung zum Ausschluss der Minderversorgung des Herzens für einige Jahre oder sogar lebenslang wichtig.
Nach sehr schweren Verläufen sollte immer eine Angiografie der Herzkranzgefäße (Herzkatheteruntersuchung) zum Ausschluss der Minderdurchblutung des Herzens durchgeführt werden.
Das Kawasaki-Syndrom ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die hauptsächlich bei Kindern unter 5 Jahren auftritt und eine Entzündung und Zerstörung von kleinen bis mittelgroßen Blutgefäßen (v.a. Herzkranzgefäße) verursacht.
Betroffene wirken generell krank, müde und schlaff und entwickeln hohes Fieber über 5 Tage, das auch mit fiebersenkenden Mitteln oder Antibiotikagabe nicht verschwindet, sowie Augenentzündungen, rote, geschwollene Hand- und Fußflächen, körperstammbetonte Ausschläge, Lymphknotenschwellungen und Entzündungen im Mund-Rachen-Bereich, eventuell begleitet von Komplikationen wie eine Gehirnhautentzündung oder eine Minderversorgung des Herzens (gefürchtetste und häufigste Komplikation).
Die Diagnose sollte durch die typischen Symptome, eine Blutuntersuchung und Zusatzuntersuchungen des Herzens möglichst schnell gestellt werden, um eine ausreichende Therapie mit Immunglobulinen, Aspirinsalicylsäure zur Blutverklumpungs-Vermeidung und eventuell Cortison möglichst früh starten zu können, wodurch schwerwiegende Komplikation verhindert werden können.
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Geschrieben von
Leyla Al-Sayegh
Medizinisch geprüft am
27. Okt. 2022
Nein, das Kawasaki-Syndrom ist nicht ansteckend. Das Kawasaki-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper aus noch unbekannten Gründen Antikörper gegen körpereigene Strukturen der kleinen bis mittelgroßen Blutgefäßwände entwickelt.
Einigen Quellen zufolge führt das Kawasaki-Syndrom unbehandelt in 1/3 der Fälle zu schweren Veränderungen der Herzkranzgefäße, also jener Gefäße, die das Herz mit Blut versorgen. Als Folge kann ein Herzinfarkt im weiteren Verlauf entstehen.
Durch das gute Gesundheitssystem und die ausgezeichneten Behandlungsmöglichkeiten liegt das Sterblichkeitsrisiko heutzutage allerdings bei lediglich 1-1,5%.
Nein, das Kawasaki-Syndrom wird nicht als Erbkrankheit gesehen. Eine genetische Grundlage für die Ausbildung des Kawasaki-Syndroms wird allerdings diskutiert.
Erkrankung zusammengefasst
Begriffe
Bindehautentzündung
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