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Kallmann-Syndrom

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren eines Kallmann-Syndroms?

Das Kallmann-Syndrom gehört zu den angeborenen Erkrankungen. Ein weiterer Name dafür ist Olfaktogenitales Syndrom.

Wissenswert

Das Neuauftreten der Erkrankung pro Jahr wird auf 1 zu 10.000 bei männlichem oder 1/40.000 bei weiblichem Geschlecht geschätzt. Das Kallmann-Syndrom kommt somit bei Männern häufiger vor als bei Frauen.

Es kommt bei dem Kallmann-Syndrom zu einer Störung der Hoden (bei Jungs, Männern) oder der Eierstöcke (bei Mädchen, Frauen). Es kommt insgesamt zu einer gestörten Entwicklungsfunktion der Keimdrüsen (Gonaden) zusammen mit einer Störung des Geruchssinnes. Die Keimdrüsen beherbergen die Keimzellen, die für die Fortpflanzung notwendig sind. Ihre Aufgabe ist die Produktion von Sexual-Hormonen (Botenstoffen).

Die Geschlechts-Hormone werden also in den Keim-Drüsen produziert. Bei den Männern entspricht das den Hoden, bei den Frauen sind damit die Eierstöcke gemeint. Männer und Frauen verfügen über unterschiedliche Mengen unterschiedlicher Hormone. Während bei Männern das Testosteron (Hormon) eine große Rolle spielt, ist das Pendant bei Frauen das Östrogen, oder die Östrogene. Bei beiden Geschlechtern kommen aber beide Hormone prinzipiell vor. Die Botenstoffe des Gehirns, die die Keimdrüsen zur Hormon-Produktion anregen, heißen LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel-stimulierendes Hormon).

Die Geschlechts-Hormone  sind beispielsweise für die Fruchtbarkeit, die Libido und den Knochen-Stoffwechsel bedeutsam. Eine besondere Rolle nehmen Sie bei der Entwicklung in der Pubertät ein. Der Beginn und Verlauf der Pubertät wird vor allem durch Geschlecht-Hormone gesteuert. Die Produktion und die Ausschüttung der Hormone im Allgemeinen wird durch das Gehirn gesteuert. Das Gehirn schüttet Botenstoffe aus, die zum Beispiel die Keimdrüsen veranlassen, Ihre Hormone zu produzieren und freizusetzen.

Die so produzierten Hormone kommen über die Blutbahn letztendlich auch wieder am Gehirn an und signalisieren diesem so, wie viele welcher Hormone aktuell im Blut sind. Das Gehirn passt darauf hin dann seine Botenstoff-Ausschüttung an. Sind genug Hormone produziert, werden also weniger Botenstoffe vom Gehirn freigesetzt, die die Produktion ankurbeln. Das wird auch Feedback-Schleife genannt.

Die Störung der Keim-Drüsen beim Kallmann-Syndrom kommt durch einen Mangel an GRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon, Gonadoliberin) zustande. GRH ist ein Botenstoff, mit dem das Gehirn die Keim-Drüsen steuert. Genauer gesagt stimuliert es die Freisetzung der Fruchtbarkeits-Hormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel-stimulierendes Hormon).

Es gibt familiäre Häufungen, in der Mehrzahl der Fälle entsteht die Erkrankung aber spontan bzw. zufällig. Das Kallmann-Syndrom entsteht durch Mutationen bestimmter Erbinformationen. Diese Erbinformationen sind in diesem Fall wichtig für die Entwicklung von Strukturen, die für den Geruchssinn wichtig sind. Gleichzeitig kommt es auch zu einer Störung der Entwicklung der Regionen im Gehirn (Hypothalamus), die später für die Ausschüttung des GRHs verantwortlich werden sollen. In der Folge bleibt dann die pulsartige, regelrechte Ausschüttung von GRH aus. In der Pubertät kommt es so dann nicht  zur Produktion der nötigen Sexual-Hormone und die Reifung der Keim-Drüsen bleibt aus.

Durch die gestörte Freisetzung kommt es zum hypogonadotrophen Hypogonadismus. Patienten mit Hypogonadismus weisen Störungen der Libido und Potenz auf und leiden daher oft an einem unerfüllten Sexual-Leben. Unfruchtbarkeit kann ein weiteres Symptom sein. Unspezifischer sind Beschwerden wie Müdigkeit , Abgeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Die Entwicklung depressiver Störungen wird gefördert.

Die Ursachen für das Kallmann-Syndrom kann also in verschiedenen Chromosomen liegen. Chromosomen enthalten den "Bauplan" des Menschen. Sie bestehen aus der DNA. Die DNA enthält Informationen über den Aufbau von Zellen. Die DNA ist sehr lang und würde sehr viel Platz benötigen. Um Platz zu sparen ist die DNA eng zusammengepackt. Dadurch entstehen die Chromosomen. Die Chromosomen sind in fast jeder Zelle enthalten. Der Mensch hat normalerweise 46 Chromosomen. 2 davon bestimmen das Geschlecht: XX für Frauen und XY für Männer.

Seltenere Symptome des Kallmann-Syndroms sind Fehlbildungen in den Händen und Füßen und Herzerkrankungen.

Was sind die Symptome eines Kallmann-Syndroms?

Unbehandeltes Kallmann-Syndrom- Symptome

Wird das Kallmann-Syndrom nicht erkannt und behandelt, verbleibt es bei Kindern bis zu der Pubertät oft symptomlos. Beginnt die Pupertät haben sowohl die betroffenen Jungen, wie auch die betroffenen Mädchen Probleme mit einer lückenhaften bis zu ausbleibenden Entwicklung zu Mann und Frau.Bei Jungen treffen in dem Zeitraum der eigentlichen Pubertät Symptome ein, wie kleinbleibende Hoden mit erhöhtem Krebs-Risiko, spärliche sekundäre Geschlechts-Merkmale, wie den ausbleibenden Stimmbruch, die fehlende Körper-Behaarung und ein ausbleibender Bartwuchs.

Bei Mädchen kommt es zu einer geringeren Entwicklung der östrogen-bedingten sekundären Geschlechts-Merkmale. Das bedeutet, dass die Entwicklung zur Frau gestört oder verhindert ist. Diese Entwicklungsstörung zeigt sich durch das Ausbleiben der Regelblutung, Unfruchtbarkeit und Störungen der Sexualfunktionen. Bei beiden Geschlechtern kann es zu Störungen des Geruchssinnes bis hin zum Fehlen des Geruchssinnes kommen. Die geistige Entwicklung, die Intelligenz und die Lebenserwartung sind normal. Patienten mit dem Kallmann-Syndrom erkranken etwas häufiger an Depression , und leiden überdurchschnittlich oft an Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Typ 1 und Typ 2- weitere Veränderungen

Bei dem Typ 1 des Kallmann-Syndroms gibt es zusätzlich Nieren-Fehlbildungen und auch Schädigungen in benachbarten Chromosomen-Regionen. Bei dem Typ 2 kommt es zu weiteren Veränderungen wie einer verminderten Anzahl der Zähne bishin zum Fehlen von Zahnanlagen. Auch eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und Form-Veränderungen von Gesicht und Kopf können bei diesem Typ auftreten. Fehlbildung der Verbindung von rechter und linker Gehirn-Hälfte, Störungen der Schall-Empfindung, Störungen der Bewegungs-Koordination sind bei beiden Typen möglich.

Im Krankheitsverlauf können weitere (sekundäre) Symptome auftreten wie eine Blutarmut, erhöhte Knochen-Brüchigkeit, insbesondere bei zu später Therapie und durch vorangegangende mangelhafte sportliche Betätigung. Es kommt selten zu einer beidseitige Vergrößerung der Brust beim Mann, zu einer starken Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, ein verstärkes Schamgefühl und Probleme bei der Intimität. Hormonellbedingt kommt es auch zu Stimmungs-Schwankungen.

Wie wird das Kallmann-Syndrom diagnostiziert?

Die Diagnose erfolgt oft verzögert, da es anfänglich nur sehr wenige Symptome gibt, mitunter erst im dritten Lebens-Jahrzent. Im Zentrum steht die Blut-Analyse. Das Blut wird auf die entsprechenden betroffenen Hormone untersucht. In der Blut-Untersuchung finden sich verminderte oder niedrig-normale Spiegel von LH und FSH und vorpubertäre der Geschlechts-Hormone. Außerdem sind verschiedene Untersuchungen zur Überprüfung des Geruchssinnes möglich/sinnvoll. Solche Untersuchungen sind ab einem Alter von circa 5 Jahren möglich. Hinweise können die fehlende Pubertäts-Entwicklung oder auch Leistenhoden sein (Hoden stehen dabei in der Leiste und haben sich nicht in den Hodensack gesenkt.).

Mithilfe von Röntgenbildern kann eine verzögerte Entwicklung des Knochen-Skeletts festgestellt werden, in der Magnetresonanztomographie (Untersuchung mithilfe von magnetischen Feldern) kann der fehlende Bulbus olfactorius (wichtige Struktur im Gehirn für den funktionierenden Riechsinn) nachgewiesen werden.

Mutationen und Geschlechts-Chromosomen in der humangenetischen Untersuchung genauer betrachtet werden.

Abzugrenzen vom Kallmann-Syndrom sind sehr viele andere Erkrankungs-Bilder: dabei vorallem andere Ursachen eines Hypogonadismus , der Isolierte kongenitale Gonadotropin-Mangel (ohne Riechstörung) und das CHARGE-Syndrom.

Therapie bei Kallmann-Syndrom

Zur Behandlung stehen verschiedene Hormon-Präparate mit unterschiedlicher Zusammensetzung zur Verfügung. Inzwischen stehen Tabletten, Spritzen oder Gele zur Verfügung. Ob eine Hormonersatz-Therapie infrage kommt, ist unter anderem von Alter des Patienten abhängig. Je nach Ursache des Hypogonadismus sind auch operative Behandlungen (zum Beispiel Entfernung eines Tumors) oder die Behandlung der Grunderkrankung notwendig. Eine psychologische Mitbetreuung/ Behandlung ist im Fall des Kallmann-Syndroms besonders wichtig.

Wie ist die Prognose eines Kallmann-Syndroms?

Zur Prognose lohnt sich für viele Betroffene eine Humangenetische Beratung.

Hinweis

Ein Hypogonadismus lässt sich in der Regel gut behandeln. Die Beschwerden der Betroffenen bessern sich durch die Therapie und auch das Risiko für eine erhöhte Brechlichkeit der Knochen (Osteoporose ) verringert werden kann. Ergebnisse von Studien lassen auch vermuten, dass eine Hormonersatz-Therapie eventuell auch das Risiko, eine Fettleibigkeit (Adipositas ) auszubilden, senken kann.

Hypogonadismus kommt auch im Rahmen anderer Erkrankungs-Bilder vor. Dann weicht die Prognose entsprechend der Grunderkrankung ab.

Durch heutige Therapie-Maßnahmen ist auch eine Familien-Planung möglich. Es sind auch Fälle erfolgreicher Kinds-Zeugung ohne Therapie bekannt, diese sind aber eher die Ausnahme.

Empfehlungen zur Nachsorge bei einem Kallmann-Syndrom

Besteht die Behandlung in einer medikamentösen Therapie, sind Verlaufskontrollen beim behandelnden Arzt wichtig. Ebenso verhält es sich, wenn die Störung durch andere Grunderkrankungen verursacht wird oder im Rahmen anderer Erkrankungen auftritt.

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Kallmann-Syndrom einfach erklärt

Häufigkeit

  • ca. 1 von 10.000 Männern betroffen
  • ca. 1 von 50.000 Frauen betroffen
  • Männer > Frauen

Risikofaktoren

  • betroffene Angehörige

Ursachen

  • Bekannte Mutationen: KAL1, FGFR1, FGF8, CHD7, SOX10, PROKR2 und PROK2.
  • Genmutation

Symptome

  • Ausbleibende Pubertätsentwicklung
  • Unerfüllter Kinderwunsch
  • Störung des Geruchssinns

Komplikationen

  • einseitige Agenesie der Niere

Diagnose

  • Anamnese
    • Ist ihre Schambehaarung nur gering ausgebildet?
    • bei Frauen: Ist ihre Brust nur gerin ausgebildet? Haben sie bereits ihre erste Monatsblutung gehabt?
    • bei Männern: Haben sie Bartwuchs?
    • Besteht bei ihnen ein unerfüllter Kinderwunsch?
    • Ist ihr Geruchssinn beeinträchtigt?
    • Gibt es in ihrer Familie Mitglieder, die am Kallmann Syndrom leiden?
  • Körperliche Untersuchung
    • Auffällige Unterentwicklung der Geschlechtsorgane und der Schamhaarausbildung
  • Genetische Testung
    • Nachweis einer relevanten Genmutation
  • Laboruntersuchung
    • Blutuntersuchung: Hormonanalyse

Therapie

  • Medikamente

Präventionsmaßnahmen

  • keine

Prognose

  • sehr unterschiedliche Ausprägung der Symptome

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