Geschrieben von Leyla Al-Sayegh (Medizinstudentin im 11. Semester)
Bei der Autoimmunerkrankung idiopathische thrombozytopenische Purpura (auch
Die Blutplättchen sind primär dafür verantwortlich, dass Verletzungen und Blutungen schnellstmöglich verschlossen werden. Vereinfacht gesagt passiert das dadurch, dass sich die Blutplättchen aneinanderkleben und dadurch einen Propf bilden, der die neu entstandene Wunde verschließen kann. Das geschieht in der Regel innerhalb von Sekunden und ist lediglich der 1. Schritt einer langen Reaktion, die das Stoppen von Blutungen zum Ziel hat.
Wenn jetzt die Blutplättchenzahl (massiv) sinkt, kann das zur Fehlfunktion des blutungsstillenden Systems führen und in spontanen Blutungen enden.
Das Immunsystem des Menschen ist grundsätzlich sehr komplex. Ein Teil des Immunsystems wird als spezifisches Immunsystem bezeichnet und funktioniert vereinfacht gesagt, indem der Körper Antikörper gegen schädliche Antigene, die von Erregern von außen (z.B. Bakterien) produziert werden, entwickelt. Diese Antikörper des menschlichen Körpers regen weitere Immunzellen und –reaktionen an, um den Eindringling zu zerstören.
Von einer Autoimmunerkrankung spricht man, wenn der Körper nicht nur Antikörper gegen schädliche Erreger von außen richtet, sondern auch körpereigene Zellen als „fremd“ erkennt und deswegen angreift. Im Falle der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura sind diese Antikörper gegen die Blutplättchen und unter Umständen auch gegen die Vorstufen dieser Blutplättchen gerichtet. Sowohl die verminderte Produktion als auch der verfrühte Abbau der Blutplättchen führt dann dazu, dass die Blutplättchenzahl sinkt („Thrombozytopenie“).
Vor allem Kinder sind von der Erkrankung betroffen – jedes Jahr werden 7 Neudiagnosen pro 100 000 Menschen gestellt. Aber auch Erwachsene können von der Erkrankung betroffen sein. Die Neudiagnosen pro Jahr liegen hier allerdings bei „nur“ 2-4 Betroffene pro 100 000 Menschen. Die Entstehungsursache ist dabei weitgehend unbekannt. Eine
Im Gegensatz zur idiopathischen thrombozytopenischen Purpura (bei der keine Ursache gefunden werden kann) gibt es auch noch die Möglichkeit, dass die
Die normale Blutplättchenzahl liegt bei 150 000 – 300 000 Blutplättchen pro Mikroliter Blut. Grundsätzlich führt eine geringe Zahl an Blutplättchen – wie man sich schon denken kann – zu vermehrten spontanen Blutungen und Störungen bei der Wundheilung. Diese Symptome beginnen allerdings erst bei einer Blutplättchenanzahl von ungefähr 30 000 Plättchen pro Mikroliter Blut, das heißt, erst bei 20% (!) der ursprünglichen Blutplättchenanzahl treten spontan Probleme auf. Eine leichte bis mittelgradige Senkung macht in der Regel also keine Symptome. Wichtig ist allerdings, dass das Blutungsrisiko bei operativen Eingriffen auch schon bei Blutplättchenwerten <70 000 erhöht ist.
Erste Anzeichen einer Immunthrombozytopenie sind also vermehrte Blutungen: Schleimhautbluten, z.B. durch Zahnfleischblutungen bemerkbar, häufiges
Bei Erwachsenen fällt eine Thrombozytopenie, also eine Verminderung der Blutplättchenanzahl häufig schon vorher, zum Beispiel im Rahmen einer Gesundenuntersuchung, auf. Grund dafür ist, zum einen, dass Erwachsene öfter eine Routineuntersuchung (mit Blutabnahme) in Anspruch nehmen und zum anderen, dass die Senkung der Blutplättchen bei Erwachsenen eher langsam verläuft.
Eine Schwellung von
Wenn rote Pünktchen oder Flecken an der
Der Arzt/ die Ärztin werden im 1. Schritt eine ausführliche Anamnese, also eine detaillierte Befragung zur Krankheitsgeschichte durchführen. Dabei werden Daten zu den genauen Symptomen, zum Beginn und Dauer der Symptomatik, zum Familien-, Sozial- und Arbeitsleben, zur Medikamenteneinnahme und zu Vorerkrankungen und –operationen gestellt. Immer wichtig zu erwähnen ist überdies, falls vor kurzem ein Infekt der Atemwege oder des Magendarmtrakts oder seltener auch eine Impfung aufgefallen ist, da diese Faktoren häufig dem Abfall der Blutplättchen vorausgehen.
Nach der Anamneseerhebung folgt eine körperliche Untersuchung, bei der alles Wichtige von Kopf bis Fuß genau inspiziert wird. Eine Blutabnahme gibt häufig entscheidende Hinweise auf das Vorliegen einer
In selteneren Fällen werden Ärzte/Innen unter Umständen einen Ultraschall des Bauchs, vor allem der Milz, eine Testung auf das „Magen-Bakterium“ Helicobacter pylori oder eine Punktion des Knochenmarks zur Diagnosesicherung veranlassen.
Wichtig ist, dass es keine spezifischen Tests oder Untersuchungen gibt, die das Vorliegen einer idiopathischen thrombozytopenischen Purpura beweisen. Die Diagnose ergibt sich immer durch Ausschluss aller anderen möglichen Erkrankungen und einem Zusammenspiel der Symptome.
Zur Therapie stehen mehrere Optionen zur Verfügung.
Sollte die Blutplättchenanzahl über 30 000 pro Mikroliter Blut betragen, ist die beste Möglichkeit abzuwarten und engmaschige Blutkontrollen durchzuführen, da eine spontane Besserung sehr häufig – vor allem bei Kindern – eintritt.
Wenn die Möglichkeit besteht, dass der Abfall der Blutplättchenanzahl durch Medikamente oder Vorerkrankungen (z.B. Magenschleimhautentzündungen durch das Bakterium Helicobacter pylori) verursacht wurde, kann eine Beseitigung dieser Faktoren zur Besserung führen.
Bei einer Blutplättchenzahl von <30 000 pro Mikroliter Blut oder massiver Blutungsneigung muss eine spezifische Therapie begonnen werden. Als Therapie der Wahl gilt die Gabe von Cortison in Tablettenform für 1-2 Wochen in hoher Dosis und anschließender schrittweiser Dosisminderung für 2-3 Monate. Das Cortison wird unter kurzfristiger Gabe grundsätzlich gut vertragen.
Wenn keine Besserung eintritt, können Arzneimittel, die die Produktion von Blutplättchen anregen, verabreicht werden (entweder als Spritze oder Tablette). Diese Therapie führt zwar bei 80% der Erkrankten zur Erhöhung der Blutplättchenzahl, allerdings nur solange wie das Medikament auch gegeben wird. Als weitere Option steht die Einnahme von Immunsuppressiva, also Mitteln, die das Immunsystem unterdrücken, zur Verfügung. Als Nebenwirkung kommen hier
Als weitere Möglichkeit können spezifische Antikörper als Infusion verabreicht werden, die den verfrühten Abbau der Blutplättchen verhindern („IVIG“). Zu den unerwünschten Wirkungen zählen beispielsweise Kopfschmerz,
Bei anhaltenden Blutungen gilt als beste Therapie eine Cortison-Gabe über die Vene in hoher Konzentration, Gabe von IVIG über die Vene und – wenn nötig – die Gabe von Blutplättchen von Spendern um die Blutplättchenzahl im Blut zu erhöhen.
Bei Anhalten der geringen Blättchenzahl und schweren Blutungen wird eine Entfernung der Milz („Splenektomie“) durchgeführt. Das hilft, da die Milz der Hauptabbauort der Blutplättchen ist und ein verfrühter Abbau damit verhindert wird.
Bei Kindern und Jugendlichen kommt es in vielen Fällen spontan zur Verbesserung der Blutwerte und der Symptome, die durch die Immunthrombozytopenie ausgelöst werden. Die Erkrankung verschwindet häufig komplett von selbst. Laut aktueller Datenlage, haben 90% der Kinder und Jugendlichen schon nach 12 Monaten wieder mehr als 100 000 Thrombozyten. Schlechtere Prognose haben laut Studien ältere Kinder und Jugendliche und jene, bei denen die Symptome nicht plötzlich, sondern schleichend aufgetreten sind.
Unter optimaler Therapie kommt es bei 70% der erwachsenen Betroffenen zur kompletten Heilung. Bei den restlichen 30% tritt die Erkrankung allerdings erneut auf, wobei es bei 50% dieser in einen chronischen Verlauf übergeht. Die Lebenserwartung ist in der Regel dennoch nicht vermindert!
Laut aktueller Datenlage kommt es bei 1% der Fälle zu tödlichen Blutungen im Akutstadium.
Grundsätzlich sind keine alternativmedizinischen Mittel bei der Immunthrombozytopenie zu empfehlen.
Es gibt allerdings einige einfache Dinge, an die man sich halten kann, um besser mit dieser Erkrankung leben zu können:
Leider gibt es keine Möglichkeit die Erkrankung hervorzusehen oder sogar vorzubeugen. Eine regelmäßige Gesundenuntersuchung (zirka 1x/Jahr) ist allerdings für jeden empfohlen, da die Erkrankung (und auch einige andere) so frühzeitig erkennt werden kann!
Unabhängig von der Therapiewahl sind regelmäßige Kontrollen mit Blutabnahme beim Hausarzt/der Hausärztin immer wichtig. Vor allem beim abwartenden Behandlungsweg muss die Blutplättchenzahl engmaschig überwacht werden. Da auch nach erfolgreicher Erhöhung der Blutplättchen und Heilung der Erkrankung ein Wiederkehren der Krankheit bei bis zu 30% der Patienten/Innen beobachtet wird, ist auch in diesem Fall die jährliche Gesundenuntersuchung durchaus zu empfehlen!
Die idiopathische thrombozytopenische Purpura – auch Immunthrombozytopenie genannt – ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich körpereigene Antikörper gegen die Blutplättchen und deren Vorstufen richten, wodurch die Anzahl der Blutplättchen im Blut sinkt. Das führt bei massiver Senkung der Blutplättchenanzahl zu Blutungen, die durch rote Pünktchen oder Flecken der
Die Erkrankung verschwindet – vor allem bei Kindern – häufig von selbst und unter optimaler Therapie mit Cortison, Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken oder Mitteln, die die Blutplättchen-Produktion ankurbeln, kann eine normale Lebenserwartung erreicht werden (tödliche Blutungen treten in 1% der Fälle auf).
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Geschrieben von
Leyla Al-Sayegh
Medizinisch geprüft am
9. Aug. 2022
Erkrankung zusammengefasst
Immunthrombozytopenie
Begriffe
Fieber
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