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Gasbrand

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Geschrieben von
Dr. Moritz Wieser (Arzt)

Die Erkrankung Gasbrand wird durch sporenbildende, obligat anaerobe Stäbchenbakterien der Spezies Clostridium perfringens, Clostridium novyi, Clostridium septicum und Clostridium histolyticum verursacht. Die Erreger kommen überall vor und ihre Sporen entwickeln sich innerhalb von 48-72 Stunden. Die Hauptvorkommen der Sporen sind Fäzes von Mensch und Tier sowie das Erdreich. Obwohl bei Erkrankung und Tod durch Gasbrand in Deutschland eine Meldepflicht besteht, fehlen exakte epidemiologische Daten über die Häufigkeit. In der Literatur wird über eine Zunahme der Gasbrandinfektionen als Komplikation von minimalinvasiven chirurgischen Eingriffen berichtet.

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren bei Gasbrand?

Der Gasbrand (Gasödem) wird in zwei verschiedene Gruppen unterteilt. Der exogene Gasbrand nimmt seinen Ursprung in kontaminierten Wunden vor allem bei Polytraumen und Frakturen mit starken Gewebsschädigungen. Diese Umgebungen bieten den Erregern häufig ein perfektes Milieu für ihr Wachstum und ihre Toxinbildung.

Der endogene Gasbrand kann bei schweren entzündlichen Darmerkrankungen, kolorektalen Karzinomen, intestinalen Durchblutungsstörungen und unter einer immunsuppressiven Therapie auftreten.

Ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht vor allem für Menschen, die häufig Arbeiten mit Schmutz oder Erde durchführen. Gartenarbeiten, ob nun im privaten oder beruflichen Sektor, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus kann es auch bei Personen, die Kontakt zu tierischem Kot haben, zu einem deutlich erhöhten Risiko für die Ausbildung des Gasbrandes kommen. Die ursächlichen Erreger können dabei durch direkten Kontakt mit den Exkrementen über kleinste Wunden in den Körper eindringen. Zudem ist eine Ansteckung über verunreinigte Lebensmittel möglich.

Von besonderer Relevanz sind auch Unfälle, beispielsweise Verkehrsunfälle oder Sportverletzungen, bei denen Dreck und Erde in die Wunde eindringen kann. Früher wurde der Erreger häufig in Kriegsverletzungen nachgewiesen oder durch unsauberes Besteck während operativen Eingriffen übertragen. Zumindest letztere Infektionsquelle spielt hierzulande, aufgrund der hohen Hygienestandards, keine Rolle mehr.

Im Falle des Gasbrands, beziehungsweise der dafür verantwortlichen Erreger, ist es außerdem wichtig zu wissen, dass sie sich nur an Orten vermehren können, an denen es keinen/kaum Sauerstoff gibt. Clostridien sind nämlich Anaeorbier. Das hat zur Folge, dass Gasbrand nur dann entsteht, wenn die verletzte Stelle schlecht durchblutet ist und deshalb die Sauerstoffversorgung des Gewebes abnimmt. Verantwortlich dafür kann zum Beispiel eine schockbedingte Vasokonstriktion sein. Zudem kommt es im Zuge einiger Erkrankungen zu einer Abnahme der Gewebedurchblutung. Ein klassisches Beispiel dafür ist Diabetes mellitus .

Wissenswert

Die Erreger des Gasbrands produzieren Exotoxine wie beispielsweise Kollagenasen, Hyaluronidasen und Desoxyribonukleasen. Das wichtigste Toxin, das von Clostridium perfringens gebildet wird, ist das Exotoxin Lezithinase oder auch Alpha-Toxin genannt, welches hämolysierend und nekrotisierend wirkt.

Was sind die Symptome bei Gasbrand?

Die Symptome sind je nach Erreger etwas unterschiedlich. Neben einer lokalen Symptomatik zeigen sich allgemeine, septische Symptome. Bei einer ausgeprägten Toxinwirkung kann es schließlich zum Multiorganversagen mit Ikterus, Hämolyse, Nierenversagen und pulmonalem Versagen kommen.

Typisch für Gasbrand ist zum Beispiel, dass die Schmerzen, die von einer vorhandenen Wunde hervorgerufen werden, plötzlich deutlich an Intensität zunehmen. Außerdem beginnt das Areal, in dem sich die Wunde befindet, an anzuschwellen und sich bräunlich-gelb oder bläulich-schwarz zu verfärben. Bei leichtem Druck auf die Wunde, sondert diese ein trübes, sehr übel riechendes Wundsekret ab. Auch bläulich gefärbte Blasen, die sich unter der Hautoberfläche bilden, zählen zu den typischen Symptomen des Gasbrands.

Dass eine entsprechende Infektion vorliegt, wird den meisten jedoch dadurch klar, dass die Wunde bei leichter Berührung beginnt zu knistern. Dieses Geräusch ist namengebend für die Erkrankung und kann auf das durch die bakteriellen Erreger gebildete Gas zurückgeführt werden.

Bleibt die Infektion unbehandelt, so breitet sie sich nach kurzer Zeit im gesamten Organismus aus. Bei den betroffenen Patienten nimmt der Blutdruck rasant ab, während die Herzfrequenz reflektorisch schnell ansteigt. Außerdem wirkt sich die Infektion auf die Blutgerinnung aus, weshalb sich gerade in den kleinen Gefäßen häufig Blutgerinnsel bilden. Zudem kommt es zu Organblutungen, die letztendlich zu einem Multiorganversagen und dem Tod des Patienten führen.

Wie wird Gasbrand diagnostiziert?

Die Diagnose erfolgt mithilfe einer bakteriologischen Untersuchung von Wundsekret. In der Mikroskopie zeigen sich dort meistens massenhaft plumpe grampositive Stäbchen. Danach schließt sich eine mikrobiologische Erregerdiagnostik an. Bei einer Clostridien-Sepsis ist eine anaerobe Blutkultur zum Nachweis des Erregers erforderlich.

Hinweis

Radiologische Übersichtsaufnahmen zur Beurteilung von infizierten Regionen können für die Diagnose hilfreich sein und müssen gegebenenfalls alle 2-4 Stunden wiederholt werden. Sie zeigen Gasansammlung und -ausbreitung im Gewebe und eine charakteristische Fiederung der Muskulatur.

Je nach Verlauf lassen sich Patienten mit Gasbrand in vier Gruppen einteilen:

  1. 01
    Betroffene mit rascher, diffuser Ausbreitung der Infektion und Zeichen der Toxinämie (eigentlicher Gasbrand)
  2. 02
    Betroffene mit lokal begrenzter Infektion ohne Toxinämie
  3. 03
    Betroffene mit Zellulitis ohne Muskelbefall mit Toxinämie
  4. 04
    Betroffene mit Zellulitis ohne Toxinämie

Therapie bei Gasbrand

Die Therapie des Gasbrands erfolgt immer interdisziplinär mit chirurgischer, infektiologischer und intensivmedizinischer Beteiligung. Betroffene sollten so rasch wie möglich in ein entsprechendes Therapiezentrum überstellt werden. Aufgrund der raschen Ausbreitung und schlechten Prognose der Infektion ist schon bei einer Verdachtsdiagnose ein unmittelbares Handeln erforderlich.

Als Primärtherapie sollte eine chirurgische Revision unter adäquater Antibiotikatherapie erfolgen. Hier sollte eine breite Eröffnung der infizierten Region bis in gesunde Areale erfolgen. Weiters ist eine offene Wundbehandlung mit einer H2-02-Spülung notwendig. Zur Prophylaxe eines Kompartment-Syndroms sollte eine breite Fasziotomie und gegebenenfalls ein tägliches Debridement erfolgen. Erst nach einer vollständigen Abheilung der Infektion können rekonstruktive chirurgische Maßnahmen wie Faszienverschlüsse, Hautdeckungen oder Hauttransplantationen durchgeführt werden.

Die Antibiotikatherapie sollte aufgrund möglicher Mischinfektionen zunächst breit erfolgen. In der Regel wird mit Penicillin G und Metronidazol gegebenenfalls in Kombination mit einem Aminogylkosid therapiert. Alternativ sind zu Penicillin auch Carbapeneme oder Clindamycin geeignet. Wenn möglich, sollte in Kombination mit der chirurgischen und antibiotischen Therapie eine hyperbare Oxygenierung erfolgen. So können die anaeroben (sauerstofflosen) Verhältnisse in den betroffenen Körperabschnitten beseitigt werden, sodass sich die Clostridien nicht mehr vermehren können. Falls es der Allgemeinzustand zulässt, werden Patienten mehrmals am Tag bis zu 2 Stunden in die Überdruckkammer zur Behandlung eingeschleust.

Achtung

Während der Gasbrand-Therapie besteht ein erhöhter Flüssigkeits- und Kalorienbedarf, da es innerhalb von wenigen Tagen zu einer katabolen Stoffwechselsituation kommt. Die Ernährung, enteral sowie intravenös, sollte über einen ZVK erfolgen und bei Erwachsenen aus bis zu 7.000 kcal/Tag bestehen. Oft kommt es im Verlauf der Erkrankung jedoch zu einer gestörten Glukosetoleranz, sodass ein Einsatz von Insulin erfolgen muss.

Wie ist die Prognose bei Gasbrand?

Die Prognose des Gasbrands ist abhängig von der Schnelligkeit der exakten Diagnose und der Therapie. Dies bedeutet, dass bei einer Verdachtsdiagnose sofort eine entsprechende Diagnostik eingeleitet werden sollte und antibiotisch behandelt werden muss. Weiters sollte eine frühzeitige Überstellung des Patienten in ein Zentrum mit Möglichkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie erfolgen. Eine operative Revision sollte außerdem erfolgen, wobei eine großzügige Indikationsstellung erfolgen sollte.

Empfehlungen zur Nachsorge bei Gasbrand

Die Nachsorge erfolgt nach dem Ausheilen der Infektion in der behandelnden Klinik. Oft sind rekonstruktiv-chirurgische Eingriffe nötig oder bestehende internistische Probleme müssen behandelt werden.

Zusammenfassung

Gasbrand ist eine Erkrankung, die durch eine Infektion mit anaeroben Bakterien aus der Gruppe der Clostridien entsteht. Man unterscheidet zwei Formen, den exogenen und den endogenen Gasbrand. Der Gasbrand ist eine schwere Erkrankung, die häufig eine großzügige chirurgische Therapie sowie eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich macht.

Häufig gestellte Patientenfragen, beantwortet

Gasbrand heißt so, da es bei der Infektion und im Zuge der Erkrankung zu einer Gasbildung im betroffenen Gewebe kommt.

Obwohl sowohl die Erkrankung als auch ein Todesfall durch Gasbrand meldepflichtig sind, gibt es keine genauen Daten zur Häufigkeit. Es wird jedoch über eine Häufung der Fälle im Zuge der nun öfters eingesetzten minimal-invasiven Chirurgie berichtet.

Gasbrand entsteht durch eine Infektion mit anaeroben Bakterien aus der Gruppe der Clostridien. Die Sporen der Bakterien kommen überall vor (ubiquitär) und können bei einer entsprechenden Wunde (z.B. offener Knochenbruch) oder bei einem kolorektalen Karzinom in den Körper eindringen.

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Gasbrand einfach erklärt

Gasödem, malignes Ödem

Häufigkeit

  • Inzidenz: ca. 100 Fälle/Jahr

Risikofaktoren

  • verminderten Durchblutung eines Gewebes
  • Arteriosklerose
  • Diabetes mellitus

Ursachen

  • Clostridien

Pathophysiologie

  • Wunde > Saueroffmangel> Wachstum anarober Bakterien > Bildung von Toxinen und Gasen

Symptome

  • Schwellung
  • Schmerzen
  • Sekretabsonderung
  • Blasen auf der Haut
  • Knistern

Komplikationen

  • Herz-Kreislauf-Versagen
  • Ileus
  • Darmperforation
  • Massenblutungen
  • neurologische Störungen

Diagnose

  • Anamnese
    • Ist der Bereich der Wunde angeschwollen?
    • Hat der Schmerz im Bereich der Wunde wieder zugenommen?
    • Tritt übelriechendes Sekret aus der Wunde aus?
    • Bilden sich flüssigkeitsgefüllte Blasen?
    • Hören sie ein Knistern, das aus dem Bereich der Wunde kommt?
  • Körperliche Untersuchung
    • Begutachtung der Wunde
  • Abstrich
    • Abstrich aus der Wunde und Untersuchung auf Clostridien

Therapie

  • Konservative Behandlung
  • Medikamente
  • Operation

Präventionsmaßnahmen

  • Wundhygiene

Prognose

  • ohne Behandlung liegt die Letalität bei 50%

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