Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Endokarditis?
Eine Endokarditis ist eine Entzündung der innersten Schicht des Herzens (Endokard) unter Beteiligung der Herzklappen. Diese akuten oder chronischen Entzündungen können infektiöser oder nicht infektiöser Genese sein. Nicht-infektiöse Ursachen einer Entzündung sind das rheumatische , ein oder auch allergisch bedingte Formen.
Damals stellte die rheumatisch bedingte Endokarditis eine der häufigsten Verlaufsformen dar. Heutzutage spielen die infektiösen Entzündungen die wichtigste Rolle. Männer sind doppelt so häufig von einer Endokarditis betroffen wie Frauen. Der Altersgipfel hat sich von damals 40 Jahren auf heutzutage 60 Jahre verschoben.
Die infektiöse Endokarditis wird meistens durch Bakterien verursacht (bakterielle Endokarditis) und seltener durch Pilze. Der häufigste Erreger einer Endokarditis ist das Bakterium Staphylococcus aureus (45-60 %), gefolgt von dem Bakterium Streptococcus viridans (30 %).
Das Bakterium Staphylococcus aureus ist der häufigste Auslöser einer akuten Verlaufsform (Endocarditis acuta), welche innerhalb von wenigen Stunden zu einer Zerstörung der Herzklappe bis hin zu einer Herzschwäche () führt. Das Bakterium ist bei 30 % aller gesunden Menschen in der Nase nachweisbar. Streptococcus viridans ist der häufigste Erreger einer langsam verlaufenden Endokarditis (Endokarditis lenta).
Das Bakterium Staphylococcus epidermidis wird am häufigsten durch einen infizierten Venenverweilkatheter übertragen, da dieser zu den normalen Hautkeimen zählt. In weniger als 10 % der Fälle sind Enterokokken die Ursache, was bei der Therapie bedacht werden sollte, da diese Bakterien viele Antibiotikaresistenzen aufweisen.
Enterokokken zählen zur natürlichen Flora des Darmes. Wird Streptococcus bovis nachgewiesen, sollte an einen bösartigen Darmtumor gedacht werden, da diese meist gemeinsam auftreten.
Darüber hinaus existieren seltene Erreger, wie bestimmte Erreger aus dem Mund – Rachen – Raum (Haemophilus aphrophilus, Aggregatibacter actinomycetemcomitans, Cardiobacterium hominis, Eikenella corrodens, Kingella kingae) oder das Bakterium Pseudomonas aeruginosa, die für jeweils 3 % der Entzündungen verantwortlich sind. Pilze, wie der Hefepilz (Candida) oder der Schimmelpilz (Aspergillus) kommen gehäuft bei Immunsuppression oder nach operativen Eingriffen am Herzen vor.
In 10 % der Fälle gelingt es nicht, den verursachenden Erreger im Blut nachzuweisen (kulturnegative Endokarditis).
Die Bakterien gelangen über verschiedene Eintrittsstellen in den Körper und werden über das Blut zum Herzen transportiert (Bakteriämie). Dort heften sie sich an vorgeschädigte Herzklappen an, da sich dort auf Grundlage der Schädigung bereits Blutverklumpungen (Thromben) angelagert haben. Insbesondere die Klappen des linken Herzens, die Mitralklappe und die Aortenklappe, sind am häufigsten betroffen.
Bei einem intravenösen Drogenabusus ist die Trikuspidalklappe am häufigsten betroffen. Da die Herzklappen nicht durchblutet werden, fällt es dem Körper schwer, die Infektion zu erkennen und zu bekämpfen. Besonders gefährdet sind Patienten mit einer künstlichen Herzklappe, einer bereits durchgemachten Endokarditis oder schweren angeborenen Herzfehlern.
Gründe für den Eintritt der Bakterien in das Blut sind:
- Ein infizierter Venenverweilkatheter
- Unsterile Injektionen von Drogen in die Venen
- Eingriffe an den Zähnen
- Operationen
- Bakterielle Infektionen anderer Organe
Was sind die Symptome einer Endokarditis?
Zu den Symptomen einer allgemeinen Entzündung zählen in 90 % der Fälle Fieber, Schüttelfrost und ein Anstieg der Herzfrequenz (Tachykardie). Die Patienten berichten über einen spürbaren Leistungsknick. Sie fühlen sich körperlich schwach und sehen blass aus. Häufig tritt Fieber als einziges Symptom auf und es wird daher keine Ursache gefunden. Man nennt diesen Zustand auch „fever of unknown origin“.
Am Herzen entwickeln sich Herzgeräusche und Zeichen einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Normalerweise kann man beim Abhören des Herzens zwei Herztöne hören. Herzgeräusche sind immer pathologisch und sollten abgeklärt werden. Eine Herzschwäche bezeichnet einen Zustand, bei dem die Pumpleistung des Herzens nicht ausreichend ist, um den Blutkreislauf zu erhalten.
Das Blut staut sich in den Gefäßen zurück und durch den erhöhten Druck innerhalb der Gefäße kommt es zu Wasseransammlungen im Körper. Kommt es zu einer kompletten Zerstörung der Herzklappe (Klappenperforation) oder einem Abriss der Klappe, ist dies ein akutes Krankheitsbild mit einer Wasseransammlung in der Lunge (), was die Patienten als Luftnot spüren.
Die Symptome, die nicht das , sondern andere Organe des Körpers, betreffen, sind Ursache einer Gefäßverstopfung (Embolie), durch die Verteilung der Bakterien über das Blut, und einer Ablagerung von Komplexen aus Antigenen und Antikörpern (Immunpomplexe). Ist das betroffen, kann es zu einer Hirnentzündung (Embolische Herdenzephalitis) oder einer Verstopfung der Hirnvenen (Sinusvenenthrombose) mit bleibenden Defiziten kommen.
An den Augen können sich sogenannte „Roth's spots“ bilden, die Einblutungen in die Netzhaut darstellen. Vergrößert sich die (), besteht die Gefahr, dass sie reißt (Milzruptur), was zu lebensbedrohlichen Blutungen führen kann. Es kann zu Niereninfarkten und zu Entzündungen innerhalb der Niere (Nephritis) kommen. Anzeichen hierfür sind das Ausscheiden von Blut und Proteinen im Urin.
An den Nägeln zeigen sich stecknadelkopfgroße rote Pünktchen (Petechien), die kleinen Einblutungen entsprechen, ebenso wie dünne vertikale Einblutungen im Nagelbett (Splinter – Hämorrhagien). Des Weiteren kann es zu schmerzlosen Einblutungen an den Handflächen und Fußsohlen kommen (Janeway-Läsionen), sowie zu schmerzhaften knotigen Einblutungen an den Fingern und Zehen (Osler-Knötchen).
Wie wird die Endokarditis diagnostiziert?
In einem Gespräch mit dem Patienten sollten Risikofaktoren erfragt werden. Es ist wichtig zu wissen, ob innerhalb der letzten Wochen operative Eingriffe stattfanden oder ob der Patient sich regelmäßig intravenöse Drogen spritzt. Auch bekannte Herzerkrankungen und das Vorliegen einer künstlichen Herzklappe sind von Bedeutung.
Meistens berichtet der Patient, dass er an hohem Fieber leidet. Ist in der körperlichen Untersuchung ein neues Herzgeräusch zu hören, bestätigt das den Verdacht einer Endokarditis.
Um eine Endokarditis zu diagnostizieren, sollte der verursachende Erreger im Blut nachgewiesen werden. Dazu werden mehrere Blutkulturen vor Beginn einer Antibiotikatherapie entnommen und bebrütet, in der Hoffnung, einen Erreger nachweisen zu können.
Spezifische Entzündungszeichen, wie eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, ein erhöhtes CRP und eine Verminderung der roten Blutkörperchen () können nachgewiesen werden.
Die Diagnosestellung erfolgt anhand der Duke-Kriterien, die sich in Hauptkriterien und Nebenkriterien unterteilen lassen. Eine Endokarditis liegt vor, wenn zwei Hauptkriterien, ein Hauptkriterium und drei Nebenkriterien oder fünf Nebenkriterien zutreffen.
Zu den Hauptkriterien zählen:
- Der Nachweis von typischen Erregern in zwei separaten Blutkulturen
- Der Nachweis einer Herzklappenbeteiligung in der Bildgebung. Es können Abszesse, Herzklappenzerstörungen oder Aussackungen von Blutgefäßen (Aneursymen) sichtbar werden. Zugelassen sind die Verwendung eines Herzultraschalls (Echokardiografie) und eine CT – Untersuchung:
- Der Herzultraschall von außen (transthorakale Echokardiografie) sollte bei jedem Verdacht einer Endokarditis durchgeführt werden
- Zur Bestätigung sollte im Verlauf ein Herzultraschall über die (transösophageale Echokardiografie) durchgeführt werden, da sie eine bessere Sicht auf das Herz und die Herzklappen bietet.
- Um das genaue Ausmaß und die Folgen einer Zerstörung des Endokards festzustellen, kann sich einer CT-Untersuchung bedient werden
Zu den Nebenkriterien zählen:
- Das Vorliegen einer Herzerkrankung oder eines intravenösen Drogenabusus
- Fieber
- Gefäßveränderungen, wie Hirnblutungen oder Infarkte verschiedener Organe
- Immunologische Störungen durch die Bildung von Antikörperkomplexen (Immunkomplexe)
- Ein Erregernachweis in einer Blutkultur, die nicht zu einem Hauptkriterium passt
Therapie bei Endokarditis
Eine Endokarditis sollte schnellstmöglich behandelt werden, da dies entscheidend für den Verlauf und die Prognose ist. Die Therapie sollte von einem Endokarditis-Team überwacht werden. Das Team besteht aus Kardiologen, Herzchirurgen, Mikrobiologen und Infektiologen. Nach Entnahme der Blutkulturen sollte direkt mit einer Antibiotikatherapie gestartet werden.
Die Gabe der Antibiotika erfolgt hierbei über die Vene, weshalb die Patienten während der gesamten Dauer stationär überwacht werden müssen. Eine Kombination aus Ampicillin und Gentamicin wird empfohlen. Sobald die Ergebnisse des zugrundeliegenden Erregers und der vorliegenden Resistenzen vorhanden sind, sollte die Antibiotikatherapie angepasst werden.
Handelt es sich um , sollte das Ampicillin durch Flucloxacillin bzw. Vancomycin ersetzt werden. Die Dauer der Therapie beträgt im Regelfall zwei bis sechs Wochen. Hat der Patient eine Infektion seiner künstlichen Herzklappe, sollte die Therapie eine Dauer von mindestens sechs Wochen haben. Es sollten weiterhin regelmäßig Kontrollen der Blutkulturen und der Laborwerte erfolgen.
Das Auftreten von Komplikationen sollte regelmäßig durch einen Herzultraschall überprüft werden. Treten Komplikationen auf, erfolgt in 50 % der Fälle eine operative Therapie, bei der das infizierte Material entfernt wird und die betroffenen Klappen repariert werden.
Indiziert ist eine Operation bei einer bereits vorliegenden Herzschwäche (Herzinsuffizienz), nicht beherrschbaren Infektionen in Form eines Abszesses oder einer (Sepsis) und bei drohender Gefahr von einer Verschleppung von Blutgerinnseln (Embolien).
Wie ist die Prognose einer Endokarditis?
Durch den bakteriellen Befall der Herzklappen, die zu einer Zerstörung dieser führt, besitzen die Klappen im Anschluss häufig nur noch eine eingeschränkte Funktion (Klappeninsuffizienz) und müssen im Verlauf ersetzt werden. Die Prognose ist abhängig von der Vorschädigung des Herzens, dem Alter und der Stärke des Immunsystems, dem Erreger und dem Zeitpunkt des Behandlungsbeginns.
Eine schlechte Prognose haben Patienten mit künstlichen Herzklappen, angeborenen Herzfehlern und wenn ein akuter Verlauf oder eine Infektion mit Pilzen vorliegt. Ohne Therapie endet die Erkrankung meist tödlich.
Wird eine Therapie rechtzeitig gestartet, überleben mehr als 75 % der Betroffenen. Die häufigste Todesursache stellt das Herzversagen, durch die Zerstörung der Herzklappen und durch die Herzmuskelschädigung, dar.
Empfehlungen zur Nachsorge bei einer Endokarditis
Wurde das Bakterium Streptococcus bovis im Blut nachgewiesen, sollte im Anschluss an die Endokarditistherapie zügig eine Darmspiegelung durchgeführt werden. Diese dient dem Ausschluss einer bösartigen Krebserkrankung des Darms, da der Nachweis von Streptococcus bovis häufig mit pathologischen Veränderungen des Darms einhergeht.
Da Patienten mit vorgeschädigten Herzklappen ein hohes Risiko besitzen, an einer Endokarditis zu erkranken, sollte bei diesen Patienten eine Endokarditisprophylaxe im Rahmen von Hochrisikoeingriffen erfolgen.
Besonders gefährdet sind hierbei Patienten mit künstlichen Herzklappen, einer bereits durchgemachten Endokarditis oder schweren angeborenen Herzfehlern. Es wird eine einmalige Gabe von Ampicillin etwa eine Stunde vor dem jeweiligen Eingriff empfohlen. Zu den Hochrisikoeingriffen zählen hauptsächlich Eingriffe im Mund-Rachen-Raum.
Zusammenfassung
Eine Endokarditis ist eine meist bakteriell hervorgerufene Entzündung der innersten Schicht der Herzwand (Endokard) mit Beteiligung der Herzklappen. Ursachen der bakteriellen Absiedlung sind operative Eingriffe und unsterile Injektionen. Allgemeine Beschwerden wie Leistungsabfall, oder Blässe treten auf, sowie Herzgeräusche bis hin zu einer .
Auch die oder die können geschädigt werden. Die Diagnose wird anhand der „Duke-Kriterien“ gestellt. Ein bakterieller Nachweis im Blut (positive Blutkulturen) und ein Nachweis in der Bildgebung sind wegweisend.
Therapeutisch kann eine mehrwöchige intravenöse Antibiotikatherapie oder eine operative Behandlung durchgeführt werden. Eine antibiotische Endokarditisprophylaxe ist Hochrisikopatienten bei besonderen Eingriffen angeraten.