Was sind die Ursachen und Risikofaktoren einer Divertikulitis?
Unter einer Divertikulose versteht man das Auftreten mehrerer Ausstülpungen (Divertikel) der Darmwand. Eine Entzündung im Bereich dieser Divertikel und ihrer Umgebung wird als Divertikulitis bezeichnet.
Bei den meisten Divertikeln handelt es sich um sogenannte „Pseudodivertikel“. Es sind erworbene Ausstülpungen der Darmschleimhaut durch muskelschwache Lücken in der Darmwand. Diese muskelschwachen Bereiche der Darmwand sind bedingt durch Gefäße, die an dieser Stelle durch die Darmwand durchtreten. Die Darmschleimhaut stülpt sich demnach in die schwachen Stellen der darunter liegenden Muskelwand.
Eine häufige Ursache dafür ist ein hoher Druck im , der zu dieser Ausstülpung kommt. Ein hoher Druck entsteht in der Regel durch eine einseitige Ernährung und ist deshalb der Grund, weshalb die Divertikulitis eine Volkserkrankung ist und in den westlichen Ländern häufiger auftritt, als in der asiatischen Welt. Ein weiterer Risikofaktor ist eine mangelnde Bewegung, die zu einer Trägheit des Darms führt.
Zu unterscheiden sind komplette von inkompletten Divertikeln. Komplette Divertikel sind als Ausbuchtung über der Darmwand sichtbar, wohingegen inkomplette Divertikel innerhalb der Darmwand verbleiben und nicht sichtbar sind. Pseudodivertikel finden sich zu 80-90 % im Krummdarm (Sigma). Echte Divertikel, gekennzeichnet durch eine Ausstülpung aller Wandschichten, sind seltener und treten häufig im Blinddarm und im aufsteigenden Teil des Dickdarms auf.
Zur Bildung von Divertikeln kommt es durch eine Druckerhöhung innerhalb des Darms in Kombination mit der Abnahme der Darmwandelastizität, was der altersbedingten Degeneration des Bindegewebes geschuldet ist. Die häufigste Ursache einer Druckerhöhung innerhalb des Darmlumens ist eine chronische , bedingt durch eine falsche, ballaststoffarme Ernährung.
Kommt es zu einem Stuhlaufstau innerhalb des Darms können sich Bakterien in den Divertikeln vermehren und zu einer Entzündung (Divertikulitis) führen. Werden in den Randbereichen der Divertikel die dort verlaufenden Gefäße durch den Entzündungsprozess angegriffen (Gefäßarrosionen), resultieren Blutungen in das Darmlumen.
Die Divertikulose ist eine Zivilisationskrankheit und es leiden in Deutschland ca. 50 % der über 70-Jährigen an dieser Erkrankung. Nicht beeinflussbare Risikofaktoren stellen demnach das steigende Lebensalter und genetische Faktoren dar.
Zu den beeinflussbaren Risikofaktoren zählen Übergewichtigkeit, Bewegungsmangel und eine falsche Ernährung. Rauchen zählt ebenfalls zu den Risikofaktoren, da es zu einer Schwächung des Bindegewebes führt, was maßgeblich zu der Entstehung der Divertikel beiträgt.
Was sind die Symptome einer Divertikulitis?
Eine Divertikulose verläuft meist asymptomatisch. Es kann zu einem linksseitigen Unterbauchschmerz kommen.
In der Regel wird die Erkrankung häufig erst durch eine Entzündung symptomatisch. Eine Entzündung wird als Divertikulitis bezeichnet. Eine Divertikulitis zeigt sich durch akute, sich verschlimmernde Schmerzen im linken Unterbauch, was als „Linksappendizitis“ bezeichnet wird. Hinzu kommen , Stuhlveränderungen, wie Verstopfungen oder Durchfälle, .
Sind die entzündeten Divertikel im Blinddarm lokalisiert, so treten die Beschwerden rechtsseitig im Unterbauch auf und können auch leicht mit einer (Appendizitis) verwechselt werden. Der Begriff Linksappendizitis soll dieses gegenüber der klassischen Blinddarmentzündung, die vor allem im rechten Unterbauch lokalisiert ist, differenzieren. Jedoch können beide Krankheitsbilder auch an anderen Stellen Schmerzen verursachen.
Bei älteren oder immunsupprimierten Patienten ist zu beachten, dass diese oft geringe oder atypische Beschwerden zeigen. Das bedeutet, dass trotz objektiv gefundener Erkrankung die Betroffenen in der Regel keine Symptome haben.
Dieses ist besonders wichtig, da natürlich Komplikationen auch ohne vorherige Symptome auftreten können und eine entsprechende Vorsorge einen wichtigen Stellenwert hat.
Wie wird die Divertikulitis diagnostiziert?
Eine Divertikulose wird häufig als Zufallsbefund während einer Darmspiegelung (Koloskopie) oder während einer CT-Untersuchung entdeckt.
Anhand der Erfragung der Schmerzsymptomatik, des Fiebers und der Stuhlunregelmäßigkeiten kann die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Divertikulitis abgeschätzt werden. In der körperlichen Untersuchung ist der Bauch der Betroffenen druckschmerzhaft und eine walzenförmige Resistenz im linken Unterbauch ist tastbar.
Zeigt der Patient eine Abwehrspannung und einen lokalen Loslassschmerz, sind dies wegweisende Zeichen einer Bauchfellentzündung (Peritonitis). Es besteht der dringende Verdacht auf einen Darmdurchbruch, weshalb notfallmäßig eine Röntgenuntersuchung gemacht werden sollte, um freie Luft sichtbar zu machen.
In einer digital-rektalen Untersuchung können die beschriebenen Schmerzen ggf. durch den Druck mit dem Finger reproduziert werden, falls der betroffene Darmabschnitt tief liegt.
Im Labor sind die Entzündungszeichen (Leukozyten, CRP) erhöht.
Bei Verdacht auf eine Divertikulitis ist der Bauchultraschall die Methode der 1. Wahl, denn es lassen sich entzündete Divertikel direkt nachweisen. Zeichen für eine Entzündung sind Wandverdickungen des Darms mit einer aufgehobenen Schichtung der Darmwand und freie Flüssigkeit im Bauchraum. Falls die Ultraschalluntersuchung nicht eindeutig ist, kann eine kontrastmittelgestützte CT-Untersuchung erfolgen.
Auch hier zeigen sich, als Zeichen der Entzündung, Schwellungen und Wandverdickungen des Darms. Komplikationen wie eine Abszessbildung oder ein Darmdurchbruch lassen sich mithilfe einer CT-Untersuchung sehr sicher diagnostizieren bzw. ausschließen.
Eine Darmspiegelung sollte im Anschluss, im entzündungsfreien Intervall nach Abklingen der Symptome, durchgeführt werden, um als Ursache auszuschließen. In der Akutsituation sollte keine Darmspiegelung erfolgen, da das Risiko für einen Darmdurchbruch durch die Entzündung stark erhöht ist.
Die Divertikulose und die Divertikulitis können nach klinischen Aspekten in verschiedene Stadien eingeteilt werden:
Typ 0 ist eine asymptomatische Divertikulose, die meist als Zufallsbefund entdeckt wird.
Typ 1 bezeichnet eine akute, unkomplizierte Divertikulitis.
Typ 2 ist eine akute, komplizierte Divertikulitis mit einer begleitenden Abszessbildung oder einem Durchbruch des Darms.
Typ 3 bezeichnet eine chronische, wiederkehrende Divertikulitis.
Typ 4 charakterisiert eine Divertikelblutung. Blutungen aus Divertikeln sind die häufigste Ursache für eine Blutung des unteren Darmabschnittes und treten bei ca. 5 % der Patienten mit Divertikulose als Komplikation auf. In 70-80 % der Fälle stillt sich die Blutung von selbst.
Um die Blutungsquelle ausfindig zu machen, erfolgt eine Koloskopie oder eine CT-Angiografie. Eine Angiografie ist eine radiologische Untersuchung mithilfe von Kontrastmittel, um Gefäße darstellen zu können und die Blutungsquelle ausfindig zu machen.
Therapie bei Divertikulitis
Allgemeine Maßnahmen in der Therapie der Divertikulitis sind eine Nahrungskarenz und eine hohe Flüssigkeitszufuhr. Um den Darm ruhigzustellen kann eine parenterale Ernährung erfolgen oder in weniger schweren Fällen eine ballaststoffarme Kost erfolgen, um den Darm zu entlasten. Außerdem bedarf es einer Schmerzmedikation.
Die gezielte Therapie erfolgt abhängig vom Stadium der Erkrankung:
Bei Typ 1 kann eine ambulante Therapie erfolgen. Liegen Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf vor, sollte eine antibiotische Therapie erfolgen. Empfohlen wird die Kombination aus Cefuroxim und Metronidazol. Bringt die konservative Therapie keine Besserung, kann eine minimal-invasive operative Entfernung des Krummdarms geplant werden.
Typ 2 erfordert ebenfalls eine antibiotische Therapie, jedoch sollte der Patient stationär behandelt werden. In leichten Fällen kann eine minimal-invasive Operation geplant werden. Liegt bereits ein Durchbruch des Darms oder eine (Sepsis) vor, so muss eine Notfall-Operation erfolgen. Abszesse sollten interventionell (CT-gesteuert) entlastet werden.
Im Falle einer chronisch wiederkehrenden Divertikulitis (Typ 3) sollte individuell abgewogen und entschieden werden, inwiefern ein operativer Eingriff infrage kommt oder ob eine alleinige antibiotische Behandlung der Schübe ausreichend ist. Treten Komplikationen auf, sollten diese operativ versorgt werden.
Bei der Operation wird der Bereich des Darms entfernt, an dem die Divertikel vorliegen. Vor einer solchen Operation sollte unbedingt geprüft werden, ob auch eine Entzündung vorliegt. Es ist nicht unbedingt ratsam eine offene Operation in dem Bereich durchzuführen, der entzündet ist und kann das operative Risiko deutlich steigern.
Treten Darmblutungen auf, wird notfallmäßig eine und Darmspiegelung durchgeführt, um herauszufinden, wo die Blutungsquelle lokalisiert ist. Handelt es sich um eine Blutung aus Divertikeln (Typ 4), so kann diese während der Darmspiegelung gestillt werden. Falls dies nicht möglich sein sollte, wird versucht, die Blutung angiografisch zu embolisieren, sprich künstlich, unter Verwendung bestimmter Medikamente, zu verschließen. Versagt auch diese Methode, bleibt als letzte Möglichkeit eine operative Versorgung der Blutung.
Wie ist die Prognose einer Divertikulitis?
Je früher und je schwerer die erste Divertikulitis im Leben eines Menschen auftritt, umso größer ist die Chance, dass im späteren Leben eine Operation erfolgen muss. Nach einer stattgehabten Divertikulitis liegt das Risiko eines erneuten Schubes bei etwa 30 %. Die Sterblichkeitsrate ist bei Typ 1 nicht erhöht, wohingegen sie ab Typ 2 stetig ansteigt. Dennoch sinkt das Risiko an Komplikationen mit zunehmender Anzahl an Schüben.
Zu den Komplikationen zählen zum einen die bereits erwähnte Divertikelblutung (Typ 4). Zum anderen kann es zu einem Durchbruch des Darms, einer sogenannten Perforation, kommen. Da der Darm ein Hohlorgan ist, kommt es bei einem Einriss des Darms zum Entweichen der darin enthaltenen Luft, was im Röntgen sichtbar gemacht wird und einen operativen Notfall darstellt.
Liegt eine inkomplette, gedeckte Perforation mit einem umgebenden vor, besteht die Gefahr, dass die Entzündung sich in das umliegende Gewebe und Organe ausbreitet. Des Weiteren kann es zu einer Fistelbildung, einer röhrenförmigen Verbindung, zwischen dem und den umliegenden Organen kommen.
Meist ist hiervon die Blase betroffen (kolovesikale Fistel), was sich in immer wiederkehrenden Harnwegsinfekten präsentiert. Selten ist auch die Vagina (kolovaginale Fistel) oder die (kolokutane Fistel) betroffen.
Durch den stattgefundenen Entzündungsprozess kann es im Nachhinein zu einer Verklebung des Darms (Darmstenose) und einem daraus resultierenden (mechanischer Ileus) kommen.
Empfehlungen zur Nachsorge bei einer Divertikulitis
Es existiert keine Therapiemöglichkeit zur Rückbildung der Divertikel, jedoch kann prophylaktisch versucht werden, das Auftreten bzw. das Fortschreiten bestehender Divertikel zu verhindern. Hierzu sind Bewegung und Reduktion des Körpergewichtes von Bedeutung. Auch stuhlregulierende Maßnahmen zur Verhinderung einer helfen, indem sie den Druck innerhalb des Darmlumens reduzieren.
Auf Rauchen sollte verzichtet und es sollte auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden. Auf fetthaltige Nahrung und rotes Fleisch sollte verzichtet werden und dafür vermehrt Flüssigkeit und ballaststoffreiche Nahrung zu sich genommen werden. Das Vorbeugen eines Fortschrittes der Erkrankung ist demnach auch für andere Erkrankungen von großem Vorteil und kann diesen vorbeugen.
Es ist deshalb unabhängig von den einzelnen Risikofaktoren ratsam, sich entsprechend zu ernähren und regelmäßige Bewegung in den Alltag zu integrieren.
Zusammenfassung
Die Divertikulose bezeichnet das vermehrte Auftreten von Darmwandausstülpungen (Pseudodivertikeln) meist im Krummdarm (Sigma), die durch einen erhöhten Druck innerhalb des Darms zustande kommen.
Risikofaktoren stellen ein hohes Alter, Bewegungsmangel, Verstopfungen und eine ballaststoffarme Ernährung dar. Klinisch fällt die Erkrankung häufig erst durch eine Blutung oder Entzündung der Divertikel (Divertikulitis), welche mit linksseitigen Unterbauchschmerzen, und Stuhlveränderungen einhergeht.
Diagnostisch sind erhöhte Entzündungswerte und morphologische Veränderungen im Ultraschall und der CT wegweisend. Unkomplizierte akute Entzündungen werden antibiotisch behandelt und komplizierte Verläufe bedürfen einer Operation bzw. Intervention.