Geschrieben von Lena Rummler (Medizinstudentin 6. Fachsemester)
Der Begriff Dissoziation wird aus dem Lateinischen abgeleitet und bedeutet so viel wie Zerfall. Unter einer Dissoziation versteht man im medizinischen Kontext das psychologische Phänomen, dass bestimmte Teile des Lebens einer Person „abgespaltet werden“. Diese abgespaltenen Anteile der Betroffenen sind meistens Erinnerungen, in extremen Fällen kann es aber auch zu der Dissoziation von Teilen der Persönlichkeit kommen. Dissoziative Störungen sind demnach eine Reihe von psychologischen Erkrankungen.
Diese Störungen entstehen meist durch sehr traumatische Erlebnisse, die durch diese Dissoziation ausgeblendet werden können und somit nicht von den Patienten verarbeitet werden müssen.
Die Bezeichnung „Dissoziative Störung“ ist ein Sammelbegriff für zahlreiche spezifische Störungen, die im Folgenden etwas genauer erläutert werden.
Eine der häufigsten Erscheinungsformen ist die dissoziative Amnesie. Betroffene erleiden hierbei einen Gedächtnisverlust in Bezug auf ein erlebtes Ereignis, das für sie belastend war. Dieser Verlust des Gedächtnisses kann je nach Patienten nur teilweise oder auch komplett erfolgen. Ein typisches Beispiel für diese Art der dissoziativen Störung: Patienten, die beispielsweise einen Autounfall hatten, können sich oft nicht mehr genau daran erinnern, wie dieser überhaupt zustande gekommen ist.
Eine weitere Möglichkeit ist die dissoziative Flucht, bei der Patienten keine andere Möglichkeit darin sehen, dem traumatisch Erlebten zu entkommen, als vor diesem zu flüchten. Diese Patienten bauen plötzlich und ohne Vorankündigung eine neue Identität auf und sind oft bereit, dafür auch an neuen Ort zu ziehen und einer neuen beruflichen Tätigkeit nachzugehen. An die Vergangenheit und das „Alte Ich“ können sich die Patienten meist dann gar nicht mehr erinnern.
Dissoziative Bewegungsstörungen resultieren meist in keiner Amnesie, die betroffenen Patienten sind allerdings bei dieser Art von Störung nicht mehr in der Lage, gewisse Muskeln selbstständig zu bewegen und sind somit in ihrer Bewegung beeinträchtigt. Welche Bewegungsmuster betroffen sind, ist ganz individuell. Manche Patienten können nicht mehr selbstständig sehen, andere können die Gesichtsmuskeln nicht mehr richtig bewegen und somit nicht mehr reden und ihnen fehlt die Mimik.
Unter dissoziativem Stupor werden Verhaltensmuster verstanden, bei denen der Patient allgemein nur noch sehr gering auf äußere Einflüsse reagiert. Betroffene sprechen meist nicht mehr, bewegen sich kaum noch und reagieren sonst auch auf keine Reize wie beispielsweise auf Licht. Theoretisch wäre der Patient aber zu all den Handlungen fähig, er leidet nicht an einer medizinischen Lähmung – der Hintergrund ist rein psychologischer Herkunft.
Ebenfalls möglich ist das Auftreten von dissoziativen Sensibilität- und Empfindungsstörungen. Diese Störungen können ebenfalls je nach Patienten nur vereinzelt oder am kompletten Körper auftreten.
Die wohl außergewöhnlichste Art der dissoziativen Störungen ist die dissoziative Identitätsstörung. Bei dieser haben betroffene Patienten meist mehrere verschiedene Persönlichkeiten. Hierbei hat dann jede Persönlichkeit ein eigenes Gedächtnis, eigene Meinungen und Interessen und auch eigene Charakterzüge. Die Persönlichkeiten sind komplett voneinander getrennt, treten also nie gleichzeitig auf und wissen auch nichts von der Existenz der anderen Persönlichkeiten.
Die Erkrankung manifestiert sich meist zum ersten Mal vor dem Antreten des 30 Lebensjahres. Frauen sind deutlich häufiger von dissoziativen Störungen betroffen als Männer.
Die Symptome sind abhängig davon, welche Art der dissoziativen Störung vorliegt. Sie können also variieren von Gedächtnisverlust über Bewegungsbeeinträchtigungen zu Sensibilitätsstörungen oder anderem. Auch verminderte Reaktionen auf äußere Reize kann ein Anzeichen für eine dissoziative Störung sein. Vor allem bezüglich der dissoziativen Identitätsstörung kann ein Gefühl des „Neben sich Stehens“ ein wichtiges Indiz für diese Erkrankung sein. Betroffene äußern meist etwas fragwürdige Aussagen, wie beispielsweise „Ich spüre mich selbst nicht.“ oder „Ich bin gar nicht richtig da.“
Der behandelnde Arzt oder auch Therapeut beginnt vorerst mit der Anamnese. Dadurch können wichtige Symptome und Indizien für eine dissoziative Störung ans Licht gebracht werden. Mögliche Fragen können folgende sein: „Können Sie sich an bestimmte Abschnitte Ihres Lebens nicht wirklich erinnern?“, „Fühlen Sie sich manchmal so, als wären Sie urplötzlich eine komplett andere Person?“ oder „Befinden Sie sich manchmal an Orten, ohne wirklich zu wissen, wie Sie an diese Orte gekommen sind?“.
Zudem wird der Arzt oder Therapeut ebenfalls nach möglichen Ereignissen in der Vergangenheit fragen, die diese Störungen eventuell ausgelöst haben könnten. Hierbei bietet es sich zusätzlich auch an, nahestehende Personen der Patienten nach Hintergrundinformationen zu befragen, sofern dies möglich ist.
Ebenfalls wichtig bei der Diagnose ist es sicherzustellen, dass es sich wirklich um eine psychische Erkrankung handelt und die bestehenden Symptome wie beispielsweise Bewegungsstörungen nicht durch Schädigungen der Organe, wie zum Beispiel eine Muskellähmung, zustande kommen.
Da es sich bei dissoziativen Störungen um eine psychische Erkrankung und nicht um organische Schäden handelt, werden diese Krankheiten mithilfe einer Psychotherapie behandelt. Im Vorderpunkt der Behandlung steht vor allem die Verarbeitung von traumatischen Ereignissen des Patienten sowie eine Stabilisierung der Identität. Je nach Schweregrad und Kooperieren des Patienten kann diese Therapie ambulant, teils stationär oder komplett stationär erfolgen.
Generell gilt: je früher eine dissoziative Störung erkannt und behandelt wird, desto höher die Chancen einer Heilung. Sollte ein Patient lange unbehandelt bleiben, so ist es wahrscheinlich, dass dieser an weiteren psychischen Krankheiten erkrankt, wie beispielsweise der
Da dissoziative Störungen meist auf negative Erlebnisse in der Vergangenheit zurückzuführen sind, setzt man in der Therapie immer mehr darauf, den Betroffenen eventuell Medikamente zu verschreiben, die deren Serotoninkonzentration im Körper etwas steigern. Dieses Hormon ist nämlich auch unter dem Namen „Glückshormon“ bekannt und kann somit möglichen depressiven Stimmungen der Patienten entgegenwirken.
Die Patienten sollten regelmäßig zur Therapie gehen, um einen guten Verlauf der Krankheit zu begünstigen. Zusätzlich sollte gleich Hilfe aufgesucht werden, sollten Patienten das Gefühl haben, dass dissoziative Störungen durch vermehrtes Auftreten von Symptomen wieder aufkommen beziehungsweise sich erneut verschlimmern. Sehr wichtig bei dieser Erkrankung ist ein stabiles Umfeld und die Unterstützung von nahestehenden Personen.
Dissoziative Störungen ist ein Oberbegriff für zahlreiche psychologische Erkrankungen, die auf traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit der Betroffenen zurückzuführen sind. Die Symptome sind ganz unterschiedlich und können sich beispielsweise als Gedächtnisverlust, Sensibilitätsstörungen oder Bewegungsbeeinträchtigungen äußern. Je früher die Krankheit erkannt und durch Psychotherapie behandelt wird, desto wahrscheinlicher ist ein harmloser Verlauf und eine mögliche Heilung.
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Geschrieben von
Lena Rummler
Medizinisch geprüft am
9. Okt. 2022
Die beste Möglichkeit, um gegen eine dissoziative Störung anzukämpfen, ist das regelmäßige Besuchen einer Psychotherapie.
Ob diese Krankheit heilbar ist, hängt meist von der Schwere, dem Fortschritt und der Art der Störung ab. Generell gilt aber, dass die Chance auf eine Heilung am wahrscheinlichsten ist, wenn die Störung sehr früh behandelt wird mit Hilfe von Psychotherapie.
Die Symptome einer dissoziativen Störung sind abhängig von der Art der Erkrankung. Typische Symptome sind aber beispielsweise ein Gedächtnisverlust, die Unfähigkeit, sich zu bewegen oder eine verminderte Reaktion auf Reize aus der Umwelt.
Erkrankung zusammengefasst
Begriffe
Depression
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