Was sind die Ursachen und Risikofaktoren bei Dekubitus?
Ein Dekubitus bezeichnet eine Schädigung der und der darunterliegenden Gewebeschichten, wie das Unterhautfettgewebe und Knochen, Muskeln und Sehnen. Die Geschwüre treten meistens über knöchernen Vorsprüngen auf, welche man als Druckstellen bezeichnet.
Dekubitalgeschwüre sind häufig bei alten, bettlägerigen Patienten in Krankenhäusern und Pflegeheimen anzutreffen. Man schätzt die Prävalenz in Krankenhäusern auf etwa 8 % und für Pflegebedürftige in häuslicher Umgebung auf 20 %.
Ursache für die Entstehung solcher Geschwüre ist eine Minderdurchblutung an den druckbelasteten Stellen. Durch diese Minderdurchblutung kommt es zu einem irreversiblem Gewebsuntergang, auch als Nekrose bezeichnet.
Drei Hauptfaktoren sind zu nennen: der Druck, die Reibung und die wirkenden Scherkräfte.
Unter dem Faktor Druck wird der Aufliegedruck des betroffenen Körperteils verstanden oder der erhöhte Gewebedruck, der durch Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe, sogenannte Ödeme, entsteht. Dieser erhöhte Druck in Kombination mit den Scherkräften kann die Gefäße abdrücken, wodurch es zur Minderdurchblutung der dahinterliegenden Strukturen kommt und die verschiedenen Hautschichten voneinander ablösen. Der kritische Druck, ab welchem dies zu befürchten ist, liegt bei ca. 32mmHg.
Ein weiterer wichtiger Faktor in der Entstehung eines Dekubitus ist die Dauer dieser Minderdurchblutung. Normale Hautzellen können etwa 2-4 Stunden lang unter dieser mangelnden Sauerstoffzufuhr überleben. Sind die Haut oder die darunterliegenden Strukturen bereits vorgeschädigt, durch eine Infektion oder eine Wunde, so kann diese Toleranzgrenze weitaus niedriger sein. Risikofaktoren für die Entstehung eines Dekubitalgeschwüres stellen somit ein hohes Alter, Immobilität (Bettlägerigkeit) und eine Mangelernährung dar. Mangelernährung ist insofern von Bedeutung, da die Betroffenen häufig kein Unterhautfettgewebe besitzen und somit die Knochen direkt Druck auf die Haut ausüben können.
Auch eine erhöhte Feuchtigkeit auf der Haut im Analbereich, bedingt durch eine , erhöht das Risiko eines Dekubitus. Durch die Feuchtigkeit quellt die oberste Hautschicht auf und ist somit verletzlicher. Ein weiterer Risikofaktor stellen Durchblutungsstörungen, durch einen Diabetes oder eine arterielle Durchblutungsstörung (pAVK) bedingt, und ein chronischer Alkohol-, Drogen- oder Nikotingebrauch dar.
Um das Risiko eines Dekubitus einschätzen zu können, gibt es verschiedene Skalen, die regelmäßig von professionellen Pflegekräften angewandt werden.
- Die Braden-Skala setzt sich aus sechs Unterskalen zusammen (sensorisches Empfindungsvermögen, Aktivität, Mobilität, Feuchtigkeit, Ernährung, Reibung und Scherkräfte), die ein Maß für die Druckeinwirkung und die Gewebetoleranz darstellen. Je geringer der erreichte Punktewert, desto höher ist das Risiko einer Dekubitusentwicklung.
- Die alternativ eingesetzte Norton-Skala kann nur bei Betroffenen bis zu einem Alter von höchstens 60 Jahren angewandt werden.
Was sind die Symptome eines Dekubitus?
Betroffen von einem Dekubitus sind Regionen über knöchernen Vorsprüngen.
Dazu zählen:
- Das Kreuz- und Steißbein
- Das Sitzbein
- Der knöcherne Vorsprung am Oberschenkelknochen (Trochanter major)
- Die Ferse
- Der Außenknöchel
Die Beschwerden können von einer nicht wegdrückbaren Rötung und einer Blasenbildung, bis hin zu einer toten, schwarz verfärbten Haut mit frei liegendem Knochen reichen. Diagnostisch teilt man einen Dekubitus daher in verschiedene Stadien ein.
Wie wird der Dekubitus diagnostiziert?
Untersuchung Dekubitus
Die Diagnose eines Dekubitus lässt sich am besten direkt klinisch stellen.
Durch eine genaue Untersuchung der Haut, kann man betroffene Stellen ausfindig machen. Dabei sollte man nicht nur die oben aufgeführten Druckstellen inspizieren, sondern die gesamte Haut. Auch an atypischen Stellen, wie dem Ellenbogen oder an der Wirbelsäule können sich Dekubitalgeschwüre manifestieren.
Zeigen sich bereits Anzeichen für eine Infektion (Rötung, Schwellung, Überwärmung, Schmerzen) so kann ein Abstrich zur bakteriologischen Untersuchung abgenommen werden.
Um herauszufinden, welche Hautschichten durch das Geschwür betroffen sind, ist eine Ultraschalluntersuchung sinnvoll. Zur genaueren Beurteilung eignet sich auch eine MRT Untersuchung. Ein konventionelles Röntgen dient zur Abklärung einer knöchernen Beteiligung. Wie stark der Knochen bereits betroffen ist, kann durch eine CT Untersuchung genauer bestimmt werden.
Dekubitalgeschwüre lassen sich in verschiedene Stadien nach europäischen (EPUAP), nationalen (NPUAP) und pan-pazifischen (PPIA) Leitlinien einteilen:
- Grad I ist durch eine nicht-wegdrückbare Rötung der Haut gekennzeichnet. Die Haut ist gesund und es liegen keine Wunden oder offenen Stellen vor.
- Grad II ist eine Schädigung der obersten Hautschicht mit einer flachen Wundbildung. Das flache Geschwür hat ein rosafarbenes Wundbett und es liegen keine Beläge vor.
- Grad III kennzeichnet eine Zerstörung aller Hautschichten mit einer Freilegung des Unterhautfettgewebes. Knochen, Sehnen und Muskeln sind in diesem Stadium nicht zu sehen.
- Grad IV ist ein vollständiger Gewebeverlust, sodass Knochen, Sehnen und Muskeln frei liegen. Das Geschwür kann mit Belägen oder Schorf bedeckt sein. Die Beläge oder den Schorf sollten nur unter ärztlicher Aufsicht entfernt werden.
In einigen Fällen lässt sich das Geschwür keinem Stadium zuordnen, da die Wunde mit Schorf belegt ist und somit keine Angaben über die Tiefe und Ausdehnung gemacht werden können. Auch kann es vorkommen, dass die obere intakt ist und unter der Haut ein Bluterguss oder eine Verfärbung sichtbar wird.
Die Tiefe lässt sich auch in diesem Fall nicht bestimmen. So kann es passieren, dass eine solche Verfärbung fälschlicherweise als Bluterguss verkannt wird. Unter der intakten Hautdecke können jedoch bereits die Fettschichten oder gar Muskel- und Knochengewebe zerstört sein.
Daher sollte man einer bekannten Risikokonstellation, hohes Alter in Kombination mit einer Bettlägerigkeit, immer an einen Dekubitus denken.
Therapie bei Dekubitus
Die Therapie eines Dekubitus richtet sich nach dem jeweiligen Stadium. Grundsätzlich ist jedoch das Hauptprinzip sowohl in der Therapie, als auch in der Prophylaxe, eine möglichst vollständige Druckentlastung, um eine verbesserte Durchblutung zu gewährleisten.
Im Stadium I ist die absolute Druckentlastung die Methode der Wahl, bis zur vollständigen Abheilung. Im Stadium II kommt ein Wundmanagement hinzu, da hier bereits die obersten Hautschichten zerstört sind. Kühlende Wundauflagen, wie Hydrogele oder Hydrokolloide, sollten nach Reinigung aufgetragen werden. In Grad III und IV wird ein Wunddebridement durchgeführt. Es handelt sich hierbei um eine operative Therapie, bei der das untergegangene Gewebe herausgeschnitten wird und anschließend eine feuchte Wundbehandlung erfolgt. Dadurch wird das Gewebe angeregt, sich selbst zu regenerieren und zu heilen. Liegt bereits eine Infektion vor, die auf den Körper übergegangen ist, so können Antibiotika zum Einsatz kommen.
Die effektivste Dekubitusbehandlung stellen jedoch die Prophylaxeprogramme dar. Die Hauptsäulen dieser Programme beruhen einer Lagerung zur Druckentlastung und der Identifikation und der Behandlung von bekannten Risikofaktoren.
Wie ist die Prognose eines Dekubitus?
Die Abheilungsphase ist von vielen Faktoren abhängig. Zum einen spielt das Alter und der Ernährungszustand eine Rolle, zum anderen auch die Vorerkrankungen. Andere Vorerkrankungen, wie z.B. ein Diabetes, eine arterielle Durchblutungsstörung (pAVK) oder ein , verhindern eine schnelle Heilung und sollten daher ebenfalls behandelt werden. Je schlechter die Durchblutung an dem geschädigten Ort ist, desto langsamer ist der Heilungsprozess.
Je früher ein Dekubitus entdeckt wird, desto größer ist die Aussicht auf eine schnelle Heilungschance. Ein fortgeschrittener Dekubitus heilt jedoch auch bei einer optimalen Behandlung nur langsam. Auch nach einem Abheilen haben die Betroffenen ein erhöhtes erneut an einem Dekubitus zu erkranken, weshalb eine Dekubitusprophylaxe so wichtig ist.
Empfehlungen zur Nachsorge bei einem Dekubitus
Ist das Geschwür bereits weit fortgeschritten, kann eine lang andauernde Wundbehandlung vonnöten sein. Da die Betroffenen meist an Vorerkrankungen, wie einem Diabetes oder einer arteriellen Durchblutungsstörung (pAVK), leiden, die zu einer Minderdurchblutung beitragen, ist der Heilungsprozess meist langwierig.
Daher sollte das Pflegepersonal über ein Wundmanagement aufgeklärt werden und dies regelmäßig durchführen. Um erneute Dekubitalgeschwüre zu verhindern, ist die Erkennung des Risikos von großer Bedeutung.
Daher sollten die Braden- oder die Norton-Skala regelmäßig bestimmt werden. Ausgebildetes Pflegepersonal sollte zweimal pro Pflegeschicht die komplette des Betroffenen inspizieren, um kleinste Veränderungen zeitnah wahrnehmen zu können und frühzeitig handeln zu können. Regelmäßige Lagerungen nach einem festen Zeitschema sind wichtig, um das Gewebe zu entlasten und für eine gute Durchblutung zu sorgen. Dabei sollte bei der Mobilisation darauf geachtet werden, dass das Gewebe geschont wird und der Patient nicht zusätzlich verletzt wird. Ein Lagerungsplan sollte erstellt werden.
Es sollten keine Fremdkörper im Bett liegen, die den Patienten verletzen könnten, bzw. auf denen der Patient liegt. Ist das Bettzeug oder die Matratze feucht, sollte diese ebenfalls ausgewechselt werden. Die Dekubitusprophylaxe ist aufwendig, jedoch gibt es einige Lagerungshilfsmittel, wie z.B. Weichlagerungsmatratzen oder Wechseldrucksysteme, welche zum Einsatz kommen können. Darüber hinaus sollte die regelmäßig gepflegt werden, denn eine gesunde und intakte Haut ist die Voraussetzung zur Verhinderung eines Dekubitus.
Um eine Mangelernährung zu verhindern, sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen, Proteinen und Mineralien geachtet werden.
Über all diese Maßnahmen sollten die Angehörigen in Kenntnis gesetzt werden. Es besteht die Möglichkeit einer Schulung und Anleitung, sodass die Prophylaxe eigenständig zu Hause weitergeführt werden kann. Die prophylaktischen Maßnahmen sollten kontinuierlich durchgeführt und regelmäßig auf ihre Effektivität überprüft werden.
Zusammenfassung
Unter einem Dekubitus versteht man eine Läsion der Haut und des Unterhautfettgewebes aufgrund von druckbedingten Störungen in der Durchblutung. Die Hauptrisikofaktoren sind das Alter, die Immobilität und eine Unterernährung. Ein Geschwür tritt meist an Druckstellen, wie dem Kreuzbein, dem Sitzbein, der Ferse und dem Außenknöchel, auf und lässt sich je nach Tiefe in vier Stadien einteilen.
Sind in Stadium I noch alle Hautschichten intakt, so ist die Haut in Stadium III und IV vollständig zerstört. Ist das Geschwür weit fortgeschritten, so muss eine operatives Wunddebridement erfolgen und eine übergreifende Infektion sollte verhindert werden. Die wichtigste Therapie hierbei ist jedoch eine gute Prophylaxe mit einem festen Lagerungsschema.