Geschrieben von Leyla Al-Sayegh (Medizinstudentin im 11. Semester)
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA; veraltet: Churg-Strauss-Syndrom) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der Gefäße von körpereigenen Zellen angegriffen, entzündet und schließlich zerstört werden. Als Granulom werden kleine knötchenförmige Neubildungen aus Entzündungszellen beschrieben.
Eine Polyangiitis bedeutet so viel wie eine Entzündung mehrerer Blutgefäße. Bei der eosinophilen Granulomatose mit Polyangitiis sind die kleinen, bis mittelgroße Gefäße des Atemtraktes, vor allem der
Grundsätzlich ist das Immunsystem des Menschen sehr komplex. Ein Teil des Immunsystems wird als spezifisches Immunsystem bezeichnet und funktioniert vereinfacht gesagt, indem der Körper Antikörper entwickelt, die schädliche Antigene, die von Erregern von außen (z.B. Bakterien) produziert werden, erkennt und sich dann an diese bindet. Das lockt weitere Immunzellen an, die den Eindringling schließlich zerstören.
Von einer Autoimmunerkrankung spricht man, wenn die Antikörper des Körpers nicht nur schädliche Erreger von außen, sondern auch körpereigene Zellen als „fremd“ erkennen und deswegen angreifen. Im Fall der Granulomatose mit Polyangiitis sind diese körpereigenen Abwehrzellen gegen die Wand von Blutgefäßen (vor allem der kleinen bis mittelgroßen Gefäße des Atemwegs) gerichtet. Auffällig ist, dass spezielle weiße Blutkörperchen, sogenannte „eosinophile Granulozyten“ sowohl im Blut erhöht sind, als auch in Gewebe um befallene Blutgefäße einwandern können und dort für Entzündungen sorgen.
Wieso genau die Erkrankung entsteht, ist nach jetzigem Stand der Forschung noch nicht geklärt. Eine eventuelle Verbindung mit der Einnahme des Asthma-Medikaments Montelukast wird diskutiert.
Die EGPA bricht vor allem im Alter von 49-59 Jahren aus, ist aber mit einer Neuerkrankung unter 1 000 000 Menschen innerhalb eines Jahr äußerst selten.
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangitiis äußert sich zu Beginn meistens mit allergischem Schnupfen und Asthma-Symptomatik. Das ist der Grund, warum sie häufig erst im späteren Verlauf diagnostiziert werden kann. Auffällig ist auch, dass die „eosinophilen Granulozyten“ (eine Unterart von weißen Blutkörperchen) im Blut erhöht sind. Das wird oft „zufällig“ bei Routineblutabnahmen erkannt.
Im weiteren Verlauf treten weitere Probleme auf. Diese betreffen in den meisten Fällen folgende Organe:
Bei allen Patienten, die über Asthma – Atemnot, trockener
Die Diagnostik bei dem Verdacht auf das Vorliegen bei einem Churg-Strauss-Syndrom gliedert sich in der Regel in verschiedene Schritte:
Der Arzt/Die Ärztin wird als 1. Schritt eine ausführliche Anamnese (also eine Krankheitsgeschichte) erheben. Dazu werden Fragen über die Erkrankung selbst (Erstauftreten, Dauer, Symptome, Begleiterscheinungen,…), aber auch über das Sozial- und Arbeitsumfeld, familiäre Erkrankungen, Vorerkrankungen und –operationen gestellt.
Dann folgt eine körperliche Untersuchung, wo vor allem auf den oberen Atemtrakt und die Lunge geachtet wird.
Im weiteren Schritt wird eine Blutabnahme durchgeführt. Dabei ist in den allermeisten Fällen eine Erhöhung der „eosinophilen Granulozyten“, sowie der sogenannten Immunglobulinen E (eine besondere, vor allem bei Allergien erhöhte Form von Antikörpern) auffällig. Des Weiteren wird versucht, sogenannte ANCAs im Blut nachzuweisen, die erste genauere Beweise auf eine eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis liefern. ANCA ist eine Abkürzung für antineutrophile cytoplasmatische Antikörper, was einfach erklärt eine besondere, für diese Form der Erkrankung spezifische Art von Antikörpern ist, die durch eine Blutuntersuchung gefunden werden können. Bei Ausbleiben eines ANCA-Nachweises ist die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis allerdings nicht ausgeschlossen!
In bildgebenden Verfahren, wie Lungenröntgen oder Computertomographie (Schnittbildröntgen) können typische Veränderungen ausfindig gemacht werden.
Der Arzt/die Ärztin könnte außerdem eine Biopsie, also eine Gewebeentnahme des betroffenen Areals (z.B. der Lunge) durchführen, um die Diagnose zu sichern. Auch in diesen Gewebeproben können hohe Werte der eosinophilen Granulozyten festgestellt werden.
Ein Zusammenspiel aus Befragung, Blutwerte und der Ergebnisse der Gewebeentnahme ergeben dann die Diagnose der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis.
Aufgrund der Seltenheit dieser Erkrankung sollten Diagnoseabklärung und Therapie in spezialisierten Zentren von einem interdisziplinären Team, optimalerweise unter der Führung eines internistischen Rheumatologen durchgeführt werden.
Leider gibt es aufgrund von Studien-Daten-Mangel immer noch keine konkreten Therapiewege, da die EGPA so selten auftritt. Aus jetzigem Stand ist Cortison das am besten wirkende Medikament, mit dem in den meisten Fällen eine rasche Besserung der Symptome erreicht werden kann. Unter der Cortison-Therapie wird allerdings trotz anfänglicher guter Wirkung häufig ein Wiederkehren der Symptome beobachtet. Deswegen wird Cortison in Kombination mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, eingesetzt.
Dazu zählen Methotrexat (ein Medikament, dass das Wachstum von Zellen verhindert), Cyclophosphamid und Azathioprin (diese Mittel führen zum Absterben von Zellen). Bei fortgeschrittener Erkrankung mit drohendem Organversagen kommt zusätzlich zu Cyclophosphamid auch Rituximab (dieses Medikament ist gegen die Zellen, die die überschießende Immunabwehr verursachen, gerichtet) zum Einsatz.
Bei Organversagen kann zu dieser medikamentösen Therapie zusätzlich eine Plasmaseparation erfolgen. Das ist ein aufwendiges Verfahren, bei dem das Blut aus dem Körper geführt und dann in seine Bestandteile getrennt wird um die darin befindlichen, schädlichen Antikörper zu entfernen. Das „gewaschene Blut“ wird dann wieder in den Körper geleitet.
Grundsätzlich hat die Therapie hohe Erfolgschancen. Wegen der häufig auftretenden Rezidiven, also Neuaufflammen der Symptome, sollte die Kombinationstherapie für zumindest 1-2 Jahre fortgesetzt werden, bevor eine Therapiereduktion vorgenommen werden kann.
Da die eingesetzten Medikamente Zellgifte sind, kommt es möglicherweise zu einigen unterwünschten Wirkungen. Dazu zählen unter anderem Nieren- und Leberschäden, Schmerzen im Magen-Darm-Trakt, Blasenentzündungen, Herzbeschwerden, Infektanfälligkeit, Auslösung eines Cushing-Syndroms (Stammfettsucht, Mundgesicht, Büffelnacken) und
Bei optimaler Behandlung ist die Prognose recht gut. Eine anfängliche Besserung kann bei 90% der Betroffenen erreicht werden und die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei über 80%. Die häufigsten Todesursachen sind Herzversagen, weswegen regelmäßige Kontrollen unbedingt notwendig sind!
Da die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis eine schwerwiegende, ohne Therapie in einigen Monaten tödlich verlaufende Erkrankung ist, sollte man bei den 1. Symptomen (immer wiederkehrende Schnupfen oder Asthmasymptomatik mit Bluthusten) unbedingt einen Arzt/eine Ärztin aufsuchen. Jegliche Hausmittel oder Eigenbehandlung sind bei dieser Erkrankung nicht empfohlen!
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis erfordert eine für die Zellen giftige Medikation. Die Therapie sollte außerdem lange (mindestens 1-2 Jahre) durchgeführt werden, um ein erneutes Ausbrechen der Erkrankung zu verhindern. Aus diesen Gründen sind regelmäßige Kontrollen beim behandelnden Arzt unbedingt notwendig und können nicht vernachlässigt werden!
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis ist eine äußerst seltene Autoimmunerkrankung, bei der körpereigene Antikörper die kleinen und mittleren Blutgefäße des Atemtrakts, allen voran der
Die Erkrankung beginnt meist im mittleren Lebensalter und äußert sich anfänglich vor allem durch Asthma-Symptome und chronischem Schnupfen, verursacht im weiteren Verlauf allerdings auch Hautveränderungen sowie schwerwiegendere Komplikationen am Herzen, den Nieren oder den Nerven. Eine Therapie ist aufgrund der Seltenheit der Krankheit noch Gegenstand der Forschung – die heutzutage besten Chancen (90% der Betroffenen sprechen sehr gut darauf an!) werden mit einer Kombination aus Cortison und Immunsystem-unterdrückenden Medikamenten erzielt.
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Geschrieben von
Leyla Al-Sayegh
Medizinisch geprüft am
6. Sept. 2022
Begriffe
Herzmuskelentzündung
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